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Kult und Fest in der Bibel

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Auf der Grundlage gemeinsamer Feiern und Opferdarbringungen einzelner Familien und Sippenverbände gewann während der Königszeit Israels der regelmäßige Opfergottesdienst am Jerusalemer Tempel als dem materiellen und empirisch fassbaren Zentrum der gemeinschaftlichen Gottesverehrung Gestalt und Bedeutung. In der nachexilischen Zeit wurde der Aspekt der allgemeinen Sühnefunktion des Opferkultes (Lev 17,11Lev 17,11; Ps 65,2–5) immer wichtiger und das Streben nach Sühne und Sündenvergebung zum Beweggrund und Zweck vieler Opferhandlungen. Beides wurde der Festgemeinde durch fortwährende und korrekt vollzogene rituelle Tieropfer immer wieder von neuem vermittelt. Im Mittelpunkt des täglichen Opfergottesdienstes in Jerusalem, der am frühen Morgen und am späten Nachmittag stattfand, standen die Darbringung des Brandopfers auf dem Altar im Priestervorhof (Lev 1Lev 1; 6Lev 6) und des Räucheropfers im Heiligtum (Ex 30Ex 30). An Sabbat- und Festtagen fanden zusätzliche Opfer statt (Num 28Num 28). Besonders zu den drei großen Wallfahrtsfesten (Pesachfest, Wochenfest, Laubhüttenfest; vgl. Ex 23Ex 23; 34Ex 34; Dtn 16Dtn 16) wurden die täglichen Opfer um private Dank- und Schuldopfer der Festpilger ergänzt (Lev 7Lev 7). Im Rahmen ihrer heilsgeschichtlichen Bedeutung dienten die Wallfahrtsfeste der Vergegenwärtigung des Bundes, den Gott mit seinem Volk Israel geschlossen hatte. Dabei wurde die Festtagsfreude als unverzichtbarer Bestandteil der Festtage hervorgehoben (Dtn 16,14f.).

|59|Seit der Makkabäerzeit (s.u.) wurde der Jerusalemer Tempel zum zentralen Identifikationssymbol und zum religiösen Mnemotop, an das sich die geschichtlichen Ursprungserfahrungen des Judentums knüpften. Die besondere Bedeutung des Opferbetriebs blieb kennzeichnend für die gesamte hasmonäische Ära, obwohl der Tempelkult bald auch zum umstrittenen Symbol für gruppenspezifische Interessenlagen wurde. Gerade die Hasmonäerherrschaft (160–63 v. Chr.) bedeutete für Teile des Judentums eine bedrohliche Infragestellung der Traditionsbindung des praktizierten Tempelkultes. Seine Suffizienz wurde deshalb von traditionstreuen und antipriesterlichen Kreisen mehrfach bestritten bzw. durch die utopische Konzeption eines idealen endzeitlichen Tempelkultes negiert. In der christlichen Evangelienüberlieferung wurde der jüdische Opferkult wiederholt vorausgesetzt (Mk 1,44parMk 1,44parr..; Mt 23,18–20; Lk 17,14Lk 17,14); auch die ersten christlichen Gemeinden nahmen am Tempelkult in Jerusalem teil (Apg 2,46Apg 2,46; 3,1; 5,21Apg 5,21).

Die jüdischen Feste waren ursprünglich zumeist mit Naturerfahrungen wie dem Lauf von Sonne, Mond und Sternen oder dem Vegetationszyklus und dem agrikulturellen Jahreslauf der Bauern und Hirten verbunden. Sie wurden erst sekundär durch die Erinnerung an ein göttliches Erscheinen und Handeln (insbesondere im Exodusgeschehen) begründet, die ihre ursprüngliche Bedeutung überlagerte und verdrängte. In mehreren Schüben erfolgte ihre Verbindung mit kulturell gewachsenen Symbolen, um fortan die regelmäßig wiederkehrende Erneuerung und Vergegenwärtigung dieser Heilsereignisse darzustellen.

Das Neujahrsfest Rosch ha-Schana (September/Oktober) gilt als Gerichtstermin und als Zeit der Verkündigung der Königsherrschaft Gottes (vgl. Lev 23Lev 23; Num 29Num 29). Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht das Blasen auf einem Widderhorn (vgl. Lev 23,24Lev 23,24). Es gilt als Pflicht, den Ruf des Schofars bewusst zu hören. Zu den populären Festbräuchen gehört das Eintauchen von Brot und Apfelstücken in Honig, was die Hoffnung auf ein „süßes Jahr“ symbolisiert. Der Versöhnungstag Jom ha-Kippurim, der in biblischer Zeit mit einem besonderen Opferritual verbunden war (vgl. Lev 16Lev 16), ist Höhepunkt und Abschluss der zehn Bußtage, die mit dem Gericht Gottes am Neujahrsfest eingeleitet werden. Sein Ritual soll durch aufrichtige Reue und Läuterung des Menschen seine Versöhnung mit Gott bewirken. Der Versöhnungstag ist traditionell durch Fasten und Selbstprüfung gekennzeichnet. Die Kasteiungen symbolisieren die Abwendung vom Alltäglichen und Materiellen. Während des Laubhüttenfestes Sukkot (September/Oktober), das mit der göttlichen Bewahrung der Israeliten während der Zeit des Exodus (Lev 23,42f.) verknüpft wurde, errichtet man zur Erinnerung an Gottes Bewahrung beim Auszug aus Ägypten auf Balkonen, Höfen oder in Gärten Laubhütten. In den festlich geschmückten Hütten wird geschlafen und gegessen. Das Fest vergegenwärtigt den Bund, den Gott mit seinem Volk Israel geschlossen hat. Thema des Chanukkafestes (Dezember), des jüngsten Festes im jüdischen Kalender, ist die Wiedereinweihung des durch die Syrer entweihten Jerusalemer Tempels durch die Makkabäer im Jahre 164 v. Chr. (vgl. 1 Makk 41 Makk 4). Es ist heute ein beliebtes Familienfest. Zentrales Gebot ist das Anzünden der |60|Festlichter. Das Aufstellen des Chanukkaleuchters eröffnet die achttägige Festzeit. Das Purimfest (Februar/März) erinnert an die im biblischen Buch Esther erzählte Bewahrung der persischen Juden. Es wird als ein Tag der Freude und der Heiterkeit gefeiert. Kinder verkleiden sich. Ein Festmahl mit ausgiebigem Essen und Trinken, vor allem von Wein, ist an diesem Festtag ein Gebot. Das Pesachfest (März/April) geht auf einen kanaanäischen Nomadenbrauch zurück. In der Tora wurde das Fest mit der Erinnerung an das wichtigste Heilsereignis in der Geschichte Israels verknüpft, dem Auszug des Volkes Israel aus Ägypten (Ex 12,1–28Ex 12,1–28; Dtn 16,1Dtn 16,1) und als Wallfahrtsfest am Jerusalemer Tempel gefeiert. Der Termin des Wochenfestes Schavuot (Mai/Juni) markierte ursprünglich das Ende der Weizenernte. Bereits in der Zeit kurz nach dem babylonischen Exil wurde die Sinaioffenbarung von den Priestern auf den Termin des Wochenfestes gelegt (vgl. Ex 19,1Ex 19,1). Im 2. Jh. wurde es zu einem allgemeinen Fest des Gedenkens der Sinaioffenbarung und der Erwählung Israels. Traditionell werden die Synagogen und Häuser mit Blumen und Früchten geschmückt. Der Sabbat als wichtigster jüdischer Feiertag, entstanden als Bundeszeichen und identitätsstiftendes Gruppenmerkmal wahrscheinlich zur Zeit des babylonischen Exils, wurde durch seine Verankerung im Schöpfungs- (Ex 20Ex 20) und im Exodusgeschehen (Dtn 5Dtn 5) zum erinnernden Zeichen der Treue Gottes und gilt als ein wöchentlicher Tag der körperlichen und seelischen Ruhe, der Freude, des Torastudiums und des Gebets.

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