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1.2 Schritte zur veganen Ernährung

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Die Entwicklung hin zu einer veganen Lebensweise mit ihren vielfältigen Ausprägungen ist ein sehr individueller Weg. Meist beginnt die Umstellung mit einer kritischen Betrachtung der bisherigen Essgewohnheiten. Sie werden als [19] Folge einer intensiven Selbstreflexion und eines Bewusstwerdungsprozesses infrage gestellt und in einem anschließenden Umsetzungsprozess modifiziert (BEARDSWORTH und KEIL 1991 a; RUBY 2012). Hierbei spielen zum einen intrinsische Faktoren wie individuelle Moralvorstellungen, die eigene Gesundheit, Geschmack oder Abneigung gegenüber Fleisch, aber auch extrinsische Faktoren wie Freunde, Peer Groups, die Familie oder soziale Medien eine wichtige Rolle (GUERIN 2014).

Der Weg zum Veganismus wird durch die Biografie und die Erlebnisse des Einzelnen wesentlich mitbestimmt. Dabei können die bewusst wahrgenommenen positiven und negativen Erfahrungen stimulierend bzw. inhibierend auf die Ernährungsumstellung wirken (LARSSON et al. 2003). MC DONALD (2000) sieht die Verhaltensveränderung als Resultat eines Lern- und Erfahrungsprozesses, der auch mit der Frage nach der eigenen Identität und dem Kohärenzgefühl einhergeht (vgl. Kap. 4). Der Lernprozess wird dabei von verschiedenen Eindrücken und Erfahrungen beeinflusst, die katalytische Wirkung haben können. Berichte über Massentierhaltung können z. B. das Bewusstsein für die mitunter brutale Behandlung von Nutztieren sensibilisieren und entweder Verdrängungsreaktionen oder den Wunsch nach mehr Information und möglichen Gegenmaßnahmen auslösen (MC DONALD 2000).

Die vegane Ernährungsumstellung kann schrittweise oder abrupt erfolgen (vgl. Abb. 1-2). Meist handelt es dabei jedoch um einen schrittweisen Prozess mit einer sukzessiven Veränderung der Ernährungsgewohnheiten; meist ausgehend von einem moderaten Fleischkonsum über den vollständigen Verzicht auf Fleisch (Vegetarismus), dem teilweisen Verzicht auf tierische Produkte (Teilzeit-Veganismus) bis hin zur Entscheidung, gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten (Veganismus). Anfänglich wird der Fleischkonsum über einen Zeitraum von 6 Monaten bis 3 Jahren reduziert und später je nach Konsequenz teilweise oder ganz vom Speiseplan gestrichen. In dieser Umstellungsphase wird das Fleisch oft durch einen erhöhten Konsum von Milchprodukten bzw. Fleischersatzprodukten kompensiert. Danach folgt das Weglassen von Fisch und letztendlich aller Produkte tierischen Ursprungs (vgl. BECVAR und RADOJICIC 2008; MACNAIR 2001). Eine abrupte Umstellung erfolgt in der Regel in zwei Schritten und wird häufig durch ein bestimmtes einschneidendes Erleben, wie z. B. die Konfrontation mit dem Leid von Tieren in der Massentierhaltung, ausgelöst (JABS, DEVINE und SOBAL 1998; BEARDSWORTH und KEIL 1991b). Auch die Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung, bei der die vegane Ernährung als sinnvolle Therapiealternative und/oder Ergänzung angesehen wird, kann zu einem plötzlichen Lebenswandel führen (RUBY 2012; CAMPBELL [20] und CAMPBELL 2011). Vornehmlich ethisch motivierte Personen verzichten zunächst auf Fleisch (Vegetarismus) und treffen schon bald danach die Entscheidung, vollständig auf tierische Produkte zu verzichten.


Abb. 1-2: Wege zur veganen Ernährung.

Bewusstwerdungsprozess und Verhaltensänderung

Wichtigste Voraussetzung für eine stabile Verhaltensveränderung ist die Information und Motivation.

In den Veränderungsstadien der Bewusstwerdung und Handlungsvorbereitung suchen die Klienten zunächst kognitive Strategien der Wissens- und Informationsvermittlung. Hier ist die Ernährungsberatung gefordert, professionelle Anleitung zu nutritiven, wissenschaftlich fundierten Maßnahmen zu liefern, um möglichen Mangelerscheinungen einer veganen Ernährung vorzubeugen.

Um eine verstetigte Veränderung mit neuen neuronalen Verhaltensmustern zu bewirken, reicht eine verbal geäußerte Bereitschaft nicht aus. Jede einzelne Erfahrung, ob gut oder schlecht, ist in den Synapsen des menschlichen Gehirns als neuronales Erregungsmuster abgespeichert. Je häufiger diese abgerufen werden, desto stabiler sind [21] sie («our brain becomes who we are»). Veränderungsprozesse benötigen «neue Spuren» im menschlichen Gehirn. Studien bestätigen, dass Nervenzellen bei «angemessener Stimulation» neue Gensequenzen abschreiben bzw. nicht benutzte stilllegen. Dies geschieht bis ins hohe Alter und bildet die Basis für ein lebenslanges Veränderungspotenzial. Untersuchungen haben gezeigt, dass Sicherheit und Vertrauen (sichere Bindung) bei gleichzeitiger Motivation (emotionaler Beteiligung) einen optimalen Mix an Neurotransmittern evoziert, welcher über bildgebende Verfahren nachweisbare, strukturelle Umbauprozesse im Gehirn hervorruft (HÜTHER 2006).

In den Veränderungsstadien der Handlung und Aufrechterhaltung suchen die Betroffenen vermehrt nach «behavioralen Strategien» als «Motoren» des Veränderungsprozesses. Der salutogene Ansatz nach Antonovsky stellt Veränderungsprozesse, wie die Veränderung der Lebensstil- und Essgewohnheiten, in einen übergreifenden, positiven biografischen Zusammenhang und verfolgt das Ziel der Bewusstseinsbildung und Mobilisierung eigener Ressourcen zur aktiven Bewältigung der momentanen Lebenssituation. Dabei spielt die vertrauensvolle Orientierung im Leben (Kohärenz), die sich aus der Verstehbarkeit (ich weiß, wieso ich etwas tue), der Handhabbarkeit (ich weiß, was ich tun muss) und der Sinnhaftigkeit (z. B. ich nehme nicht ab, weil der Arzt es mir angeordnet hat, sondern weil ich für meine Enkel fit sein möchte …) eine wichtige Rolle.

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