Читать книгу Deutsche Besatzungsherrschaft in der UdSSR 1941–45 - Группа авторов - Страница 10
Оглавление26) Fernschreiben Einsatzgruppe A an Reichssicherheitshauptamt II vom 21.7.1941: Errichtung eines Konzentrationslagers in Riga
Fernschreiben | Riga, den 21. VII. 1941 |
An das Reichssicherheitshauptamt IIz.Hd. von Ministerialrat Dr. Siegert1, Berlin Dringend sofort vorlegen |
Betrifft: Errichtung eines Konzentrationslagers in Riga2
In Riga sind Gefängnisse vorhanden, die zur Aufnahme von rund 4000 Häftlingen ausreichen. Während der ersten Tage nach der Besetzung der Stadt waren die Gefängnisse restlos überfüllt. Infolge der Raumnot herrschte in den Gefängnissen während der ersten Zeit keinerlei Übersicht. Die hygienischen und Verpflegungsverhältnisse waren mehr als notdürftig. Durch die erfolgten Liquidationen ist inzwischen zwar einige Auflockerung eingetreten. Die ständig laufenden Festnahmeaktionen haben aber zur Folge, dass schon jetzt wieder der Raum in keiner Weise mehr ausreicht. Da damit zu rechnen ist, dass auch in nächster Zeit die Zahl der Häftlinge ständig erheblich grösser sein wird als die Aufnahmefähigkeit der bestehenden Gefängnisse, halte ich es für dringend erforderlich, die Errichtung eines Konzentrationslagers in Angriff zu nehmen. Auf diese Weise würde einerseits den auf die Dauer untragbaren Zuständen in den bisherigen Gefängnissen entgegengearbeitet werden können. Ausserdem würde sich erst dann die Möglichkeit ergeben, die Häftlinge systematisch zu überprüfen und diejenigen abzusondern, die zu weiteren Ermittlungen und Vernehmungen benötigt werden. Es ist außerdem notwendig, die benötigten Arbeitskräfte zusammenzufassen, woran auch der Höhere SS- und Polizeiführer bezüglich der Arbeiter der Ziegeleien, Steinbrüche usw. besonders interessiert ist. Ich halte es für geboten, die Leitung dieses Konzentrationslagers ausschliesslich in die Regie der Sicherheitspolizei zu nehmen und zur Bewachung zunächst lettische Hilfspolizei mit heranzuziehen.3 Ich bitte um Ermächtigung, die Vorbereitung zur Errichtung des Konzentrationslagers zu treffen. Ferner wäre ich dankbar, wenn ein erfahrener Spezialist von dort aus auf einige Wochen für diesen Zweck nach Riga abgeordnet werden könnte. Mir ist bekannt, dass der SS-Stubaf. Kriminalrat Möller, Stapoleitstelle Berlin, bei der Errichtung des Arbeitserziehungslagers Wuhlheide4 maßgebend und erfolgreich mitgearbeitet hat. Ich bitte zu erwägen, Krim.Rat Möller auf 4 Wochen hierher abzuordnen, um den Aufbau des Lagers in die Wege zu leiten.
gez. Dr. Stahlecker
SS-Brigadeführer
RGVA, 500–2–8 u. USHMMA, RG11.001M
1 Dr. Rudolf Siegert, geb. 1899, Ministerialrat u. Staf., Gruppenleiter II C (Haushalt u. Wirtschaft der Sipo) im RSHA, 1941–1943 Amtschef II, gest. 1945; BAB, BDC, SSO Dr. Rudolf Siegert; BAL, ZK: Dr. Rudolf Siegert.
2 Zum Kontext der Planungen vgl. Jürgen Matthäus: Konzentrationslager Kauen (Kaunas), in: Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 8, München 2008, S. 189–208. Das Fernschreiben wurde wahrscheinlich erst am 23.7. an das RSHA abgesandt; s. Dok. 34.
3 Letztendlich zielte diese im Einvernehmen zwischen EG A u. HSSPF betriebene Politik darauf ab, dem SS-HA Verwaltung u. Bauten bei der Ausbildung von KL-Strukturen im Osten entgegenzutreten. Der SS-Wirtschafter beim HSSPF Nord, Stubaf. Alwin Reemtsma, sollte deshalb bis Sept. 1941 diverse Wirtschaftsbetriebe beschlagnahmen lassen u. zugleich mit Rudolf Lange vom Stab der EG A nach einem geeigneten Platz zur Errichtung eines zentralen, der EG Aunterstehenden Juden- bzw. Häftlingslagers Ausschau zu halten. Ihre Wahl fiel auf die Ortschaft Salaspils, ca. 20 km südöstlich von Riga, in deren Nähe das Stalag 350 angesiedelt war; vgl. Angrick/Klein: Die „Endlösung“ in Riga, S. 122f., 210f.
4 Das im Berliner Osten gelegene u. im April 1940 eröffnete „Erweiterte Polizeigefängnis“ Wuhlheide bestand aus mehreren von der Reichsbahn errichteten Baracken u. war zunächst mit ca. 200 „Arbeitsscheuen“ belegt worden. Das Wachpersonal stellte die Berliner Schutzpolizei. Dieses Lagermodell wurde von Heydrich als derart erfolgreich angesehen, daß das Lager Wuhlheide zur ‚Blaupause‘ für andere Polizeihaftstätten u. den Stapo-Stellen zur Nachahmung empfohlen wurde. Das Musterlager expandierte seit August 1941; zu Kriegsende sollen um die 30.000 männliche Gefangene Wuhlheide durchlaufen haben; vgl. Wolfgang Wippermann: Nationalsozialistische Zwangslager in Berlin II: Das „Arbeitserziehungslager Wuhlheide“, in: Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Berlin-Forschungen, Bd. 2, Berlin 1987, S. 179–188; Gabriele Lotfi: KZ der Gestapo. Arbeitserziehungslager im Dritten Reich, Stuttgart-München 2000, S. 78–80, 340.
27) Notiz Einsatzgruppe B für Heeresgruppe Mitte vom 22.7.1941
Einsatzgruppe B | den 22.7.41 |
Notiz für Heeresgruppe Mitte
1.) Der Pilot der mir zugeteilten Maschine Fi. 156 GA TU meldet mir, daß am 16.7.41 auf dem Flugplatz Bialystok von einem Flugzeugführer einer Kl. ca. 40 Liter Brennstoff aus dem Fieseler entwendet wurden. Beim Start der Fi. wurde noch rechtzeitig bemerkt, daß der Filter nicht angezogen war und daher Brennstoffverlust während des Fluges hätte eintreten müssen, der zu einer Notlandung gezwungen hätte. Der Pilot, SS-Untersturmführer Manske, hat in Bialystok feststellen können, daß der Flugzeugführer, der sich in dieser Weise an der Fi. zu schaffen gemacht hatte, Oberst Gutzeit gewesen sei. Wie ich erfahre, ist Oberst Gutzeit beim Herrn Befehlshaber des rückw. Heeresgebietes 102 tätig. Ich wäre dankbar, wenn der Oberst Gutzeit auf das Unmögliche seiner Handlungsweise mit aller Entschiedenheit hingewiesen werden könnte. Eine Meldung beim OKH, von der ich absehe, hätte seine Bestrafung zur Folge.
2.) Polizeiliche Angelegenheiten (Letzte Meldungen):
Außer Berichten aus Brest-Litowsk, Minsk und Bialystok, Baranowicze und Slonim gingen Meldungen ein über die Tätigkeit der EKs aus Nowogrodek, Brazianka, Lizejki, Wsielub, Nichniewicze, Korelicze, Stankiewicze, Zdzienciol, Lida und Lachowicze. Es gelang, 67 NKWD-Agenten und Funktionäre, darunter 3 rote Kommissare, in diesen kleineren Orten festzunehmen und zu liquidieren. Das in Baranowicze stationierte Kommando des EK 8 arbeitet besonders erfolgreich zusammen mit den zuständigen Dienststellen der Wehrmacht. Gemeinsam mit den Feld- und Ortskommandanturen wurde die Bildung von Judenräten, die Registrierung und wohnliche Zusammenlegung der Juden und die Neuaufstellung der Einwohnermeldelisten durchgeführt. Unter Heranziehung der GFP, der Abwehrtrupps und der Feldgendarmerie wurden die laufenden Aktionen gegen bolschewistische Agenten, politische Kommissare, NKWD-Angehörige usw. fortgesetzt. In Baranowicze wird durch den komm. Bürgermeister eine unseres Erachtens unzulängliche Flüchtlingsregistrierung vorgenommen. Jeder Flüchtling, der über die in Frage kommende Registrierungsstelle läuft, wird registriert, ohne daß von ihm ein Ausweis verlangt wird. Er brauche nur seinen Namen und Zielort anzugeben, um einen provisorischen Ausweis zu erhalten. Ferner stehe ihm das in Baranowicze errichtete Zufluchtsheim zur Verfügung. Auf diese Weise besteht die Gefahr, daß jeder bolschewistische Agent oder russische Offizier in Zivil sich mit Hilfe einer Legitimation, hinter der die deutsche Wehrmacht steht, unbehelligt im rückwärtigen Heeresgebiet bewegen könne. Abstellung erscheint mir dringend notwendig, nicht nur für Baranowicze, sondern vielleicht durch allgemeine Anweisung für alle Orte des rückw. Heeresgebietes, die eine derartige Institution schaffen, evtl. Anweisung an die Landräte und dergleichen. In Baranowicze wurden weiter zahlreiche jüdische Aktivisten, Funktionäre und Plünderer liquidiert. Das nach Slonim abgeordnete Teilkommando hat sich an einer Großaktion des Höheren SS- und Polizeiführers gegen Juden und andere kommunistische Elemente und Plünderer beteiligt.1 In Lachowicze hat die Sicherheitspolizei neben einer Liquidierungsaktion 323 russ. Inf.Gewehre, Maschinengewehre und Masch.-Pistolen der Ortskommandantur übergeben können. In Brest-Litowsk sind politische Karteien, Listen usw. sichergestellt. In Minsk gibt es keine jüdische Intelligenz mehr. In dem neu geschaffenen jüdischen Wohnbezirk in Minsk wurde ein jüdischer Ordnungsdienst gebildet. Er steht dem jüdischen Ältestenrat zwecks Durchführung der von deutschen Dienststellen und der Stadtverwaltung gegebenen Anordnungen zur Verfügung. Zur Verhinderung von Seuchen im Judenbezirk wurde eine jüdische Gesundheitsstelle errichtet, die dem Gesundheitsamt der Stadt Minsk untersteht. Die Bevölkerung beteiligt sich jetzt reger an den Meldungen über Auftreten von Partisanen, sodaß in Zusammenarbeit mit Wehrmachtsstellen die erforderlichen Aktionen veranlaßt werden konnten. Auf Anforderung der 162. I.D. wurde eine sicherheitspolizeiliche Aktion in der Nähe von Bialystok gegen kommunistische Funktionäre durchgeführt. 17 gefährliche Funktionäre wurde liquidiert.
3.) Lebensgebietliche Angelegenheiten:
a) Katholische Kirche und Polentum: Im ehemals polnischen Gebiet wurde festgestellt, daß das polnische Priestertum anscheinend maßgeblichen Einfluß in der „Polenfrage“ zu erlangen versucht. Die Geistlichkeit beginnt langsam wieder, sich zu sammeln und politisch zu betätigen und zwar z.Zt. vorwiegend legal über die noch bestehenden polnischen Verwaltungsapparate (so in Baranowicze und Slonim). Die Zusammenarbeit zwischen Geistlichkeit und Verwaltung ist fast überall eine sehr enge. In Slonim ließ z.B. der kath. Pfarrer in einem von der Stadtverwaltung übernommenen Waisenkindergarten alle Kinder katholisch taufen, obwohl die Eltern z. Z. orthodox und Weißruthenen waren. Auf diese Weise wird auch der Volkstumskampf zwischen Weißruthenen und Polen erheblich zu ungunsten der Weißruthenen, die auch im dortigen Gebiet zum großen Teil griech.-orthodox sind, beeinflußt. Seitens der katholischen Kirche hofft man, die Unterschiede orthodox und katholisch durch Missionstätigkeit überhaupt auszugleichen. Der Bolschewismus habe hier gute Vorarbeit geleistet. Antideutsche Einstellung ist in der Geistlichkeit mit wenigen Ausnahmen noch nicht wahrgenommen worden. Es darf aber angenommen werden, daß sich die Einstellung der polnischen Geistlichkeit mit der der polnischen Intelligenz, die immer noch auf irgendein Wiedererstehen des Polenreiches hofft, deckt.
b) Lage in Minsk: Ernährungslage weiterhin katastrophal, durch Kolchosen nur geringe Belieferung. Scheitert z. Z. auch an Fahrzeugen. Kommissarische Stadtverwaltung ohne ausreichendes Organisationstalent. Errichtung einer Bank und einer städtischen Finanzkasse vorgesehen. Finanzabteilung bei Stadtverwaltung bereits eröffnet. Zur Reorganisation des kirchlichen Lebens seitens der Einsatzgruppe griechisch-orthodox. Priester aus Gegend von Wolkowysk für Stadtbezirk und aus Wilna für Landbezirk beschafft.
c) Lage in Wilna: In Auseinandersetzung zwischen Polen und Litauern hat Anschlag der deutschen Kommandobehörde in Wilna, wonach Litauer, Weißrussen und Polen das gleiche Recht haben, ihre Muttersprache zu sprechen, stimmungsmäßig erhebliches Aufsehen erregt. Litauer sehen darin Maßnahme, den Litauisierungsbestrebungen Einhalt zu gebieten. Von Polen schadenfrohe Zustimmung gehört, da sie nun nicht den litauischen Anordnungen über das Erlernen ihrer Sprache Folge zu leisten brauchen. Hoffnung, daß ihr Volkstum erhalten bleibt. Allgemein anläßlich dieser Plakatierung Haß zwischen Litauern und Polen erneut feststellbar gewesen. Bei einem Teil der litauischen Intelligenz, vornehmlich Studentenkreise, ist Einsicht erkennbar, daß das 3-Millionen-Volk der Litauer nur in Anlehnung an die Großmacht Deutschland existieren kann. Hinsichtlich der Tätigkeit der litauischen Staatsanwaltschaft ist hiesigen Vorstellungen insofern Rechnung getragen worden, als die Verfolgung von Plünderungen und Brandstiftungen der Zuständigkeit der örtlichen Strafgerichte entzogen wurde. Diese Vergehen werden von deutschen Behörden standrechtlich geahndet.
4.) Zur Lage der Landwirtschaft ist zu sagen, daß die Kolchosen zum großen Teil nicht arbeiten, weil sie auf Anordnungen warten. Aufklärung durch Flugblätter erscheint dringend erforderlich. Vorschlag für Formulierung der Flugblätter: a) Arbeit sofort im Rahmen der bisherigen Kolchos-Wirtschaft aufnehmen. Eigentumsfragen werden später gelöst. b) Jeder Bauer hat durch jetzige Tätigkeit zu beweisen, daß er späterer Eigentumszuteilung würdig ist. c) Bauern haben, soweit nicht bereits Ältester vorhanden, solchen zu wählen. Die Ältesten sind deutschen Behörden verantwortlich. e) Rubel ist nach wie vor gültiges Zahlungsmittel. Verweigerung der Annahme strafbar. Falls für derartige Aufklärung nicht beschleunigt gesorgt wird, besteht nach den hier vorliegenden Meldungen Gefahr, daß die Ernte zum großen Teil verloren geht. Einige Betriebe sind wegen laufender Pferde-Requirierung durch Wehrmacht nicht mehr arbeitsfähig. Wenn auch diese Mitteilungen hauptsächlich aus dem Gebiet Witebsk stammen, das noch nicht zum rückwärtigen Heeresgebiet gehört, so dürften sie doch für das gesamte Gebiet der Heeresgruppe Mitte Gültigkeit haben. Vorschlag: Der Wirtschaftsbeauftragte der Heeresgruppe Mitte leitet entsprechende Anweisungen und vorgeschlagene Flugblattaktionen in den rückw. Armeegebieten ein.
5.) Durch Sonderkommando 7a ist in Witebsk vorläufige Zivilverwaltung eingesetzt und zwar a) Kommissar für Zivilverwaltung Rodzka, Vsesolod, Polytechnikumgebäude, b) Leiter des Personalbüros Jwacik, Milian, c) Abteilung Arbeit Marschalkan, Gregor, d) Abteilung Ernährung Akapowitsch, Leonid, e) Abteilung Wohnungen Brandt, Leo, f) Abteilung Gesundheit Dr. Muraschko, g) Abteilung Stadtwirtschaft Stabrouski, Michael, h) Abteilung Statistik Kulibanau, Alexander, i) Schutz der Wissenschaft und Kulturanstalt Ing. Dzixnisiewky, Dimit., j) Leiter der Auskunftsstelle Brand, Alexander. Alle diese Personen sind sicherheitspolizeilich überprüft.
NARB, 655–1–3 u. USHMMA, RG53.002M
1 Bezieht sich auf den „Blutigen Donnerstag“, den 17.7.1941. An diesem Tag wurden ca. 1200 Juden in einem Waldstück in Richtung des Dorfes Petralevici erschossen. Zu den Liquidierungen durch ein Teilkdo. des EK 8 u. das PB 316 teilte der HSSPF Rußland-Mitte dem RFSS am 18.7. mit: „Bei der gestrigen Säuberungsaktion in Slonim durch Pol.Rgt. Mitte wurden 1153 jüdische Plünderer erschossen“, NAK, HW 16/45; vgl. Urteil LG Köln v. 12.5.1964, BAL, B 162/14.168; Curilla: Die deutsche Ordnungspolizei, S. 532ff.; Nahum Albert: Destruction of Slonim Jewry. The Story of the Jews during the Holocaust, New York 1990, S. 45–49; Hans-Heinrich Nolte: Destruction and Resistance. The Jewish Shtetl of Slonim 1941–1944, in: Robert W. Thurston/Bernd Bonwetsch (Hrsg.): The People’s War. Responses to World War II in the Soviet Union, Urbana 2000, S. 29–53; ders.: Zur Zahl der jüdischen Opfer in Slonim 1941–1943, in: Marlis Buchholz/Claus Füllberg-Stolberg/Hans-Dieter Schmid (Hrsg.): Nationalsozialismus und Region. Festschrift für Herbert Obenaus zum 65. Geburtstag, Bielefeld 1996, S. 79–84.
28) Vortragsnotiz Einsatzgruppe B für Heeresgruppe Mitte vom 26.7.1941
Einsatzgruppe B | O.U., den 26.7.1941 |
Vortragsnotiz für die Heeresgruppe Mitte
1.) Polizeiliche Tätigkeit
a) Bei einer größeren Durchkämmungsaktion in Wilna wurden in Zusammenarbeit mit der GFP weitere 38 Personen festgenommen. Eine größere Anzahl von Waffen, Radiogeräten und Akten sind sichergestellt. Eine weitere Aktion führte zur Liquidierung von 193 Juden. Gleichfalls wurden 2 bewaffnete Einbrecher liquidiert, die auf frischer Tat festgenommen werden konnten. Eine jüdisch-polnische Geheimorganisation wurde ermittelt und mit V-Leuten durchsetzt. Ihre Aushebung erfolgt zweckmäßigerweise erst nach Vorliegen genauerer Unterlagen. Mit Hilfe von V-Personen wurde ein Organisationsplan des NKWD und NKGB in Wilna aufgestellt.
b) In Minsk wird z.Zt. ein Zivilgefangenenlager überholt und bolschewistische Funktionäre, Agenten, Kriminelle, Asiaten1 usw. ausgesondert. Unter den bereits Liquidierten befanden sich auch der politische Stabskommissar eines Regiments, Gregori Bylicz, geb. 1890 in Lesog, und dessen Ehefrau, die beide an der Verschickung von Weißruthenen nach Sibirien großen Anteil gehabt haben. Ferner wurden Aktionen in Rakow, etwa 40 km WNW Minsk, und in den Waldgebieten nördlich der Linie Minsk–Borissow–Krupka durchgeführt. 58 Juden, kommunistische Funktionäre und Agenten, Zuchthäusler sowie Soldaten in Zivil, bei denen der Verdacht bestand, daß sie mit Partisanengruppen Verbindung halten, wurden liquidiert. Es wurden außerdem 12 Jüdinnen erschossen, die nachweislich, z.T. schon während des Polenfeldzuges, als Agitatorinnen für die KP tätig waren.
c) Hinsichtlich der Zugehörigkeit zur KP konnte auf Grund der bisher gesammelten Erfahrungen festgestellt werden, daß ein Großteil der Mitglieder die bolschewistische Weltanschauung innerlich ablehnte. Es ist im weiten Umfang von der sowjetischen Führerschicht ein Druck auf die Bevölkerung dahin ausgeübt worden, sich der KP anzuschließen. Personen, die sich ablehnend zeigten, wurden vielfach nach Sibirien verschickt, ins Gefängnis geworfen oder erschossen. Der Prozentsatz der zur Partei Gepreßten ist allerdings bei den einzelnen Volksgruppen verschieden. Die Zugehörigkeit der Juden ist allgemein aus innerer Überzeugung erfolgt. Dasselbe gilt für die sich im weißruthenischen Gebiet aufhaltenden Großrussen. Auch die Polen wurden kaum bedrängt. Bei den Weißruthenen ist jedoch der Zwang zum Beitritt in die KP sehr häufig feststellbar gewesen. Bei den Fahndungsaktionen werden diese Gesichtspunkte entsprechend berücksichtigt.
2.) Lebensgebietliche Tätigkeit
a) Die Aktivität der römisch-katholischen Kirche, deren Führung im weißruthen. Gebiet vorwiegend polnischer Nationalität ist, macht sich immer wieder bemerkbar und versucht z.Zt., unter geschickter Einschaltung weißruth. Geistlicher, Missionsarbeit zu betreiben. Sie hat die berechtigte Hoffnung, auch die orthodoxe Bevölkerung an sich zu ziehen. Dies ist politisch insofern bedenklich, als festgestellt wurde, daß unter Einfluß dieser Kirche sich auch röm.-kath. Weißruthenen als Polen ausgeben. Außerdem versucht die röm.-kath. Kirche, von uns mitgeführte Emigranten aus Warschau, die z.T. katholisch sind, wie Dr. Tumasch–Minsk, in ihre Missionsarbeit einzuspannen. Ferner ist geplant, weißrussische Ordensbrüder aus dem Mariana-Kloster, z.Zt. in Warschau, nach früherer Niederlassung in Druina zurückzuführen. Als Bischofskandidat für Weißrußland wird Prof. Dr. Godlewski, z.Zt. angeblich in Berlin, genannt. Zunächst sind folgende Abwehrmaßnahmen vorgesehen: 1. Die Einreise von röm.-kath. Geistlichen in den weißruth. Raum ist zu verhindern. 2. Soweit bereits röm.-kath. Geistliche zugereist sind, sind diese unter einem fingierten Vorwand an ihren Ausgangsort zurückzuschicken. 3. Bereits seßhafte röm.- kath. Geistliche sind in ihrer Wirksamkeit auf den z.Zt. bewohnten Ort zu beschränken. Fahrten in andere Orte sind, evtl. unter dem Hinweis auf ihre persönliche Sicherheit, zu unterbinden. 4. Die im weißruth. Raum bereits eingesetzten und noch einzusetzenden Angehörigen der weißruthen. Emigration sind besonders hinsichtlich ihrer konfessionellen Bindung zur röm.-kath. Kirche zu überprüfen und entsprechend zu überwachen. 5. Die Arbeit der griech.-orth. Kirche ist beschleunigt zu aktivieren und zu unterstützen. Hierbei sind vor allem weißruth. Geistliche anzusetzen.
NARB, 655–1–3 u. USHMMA, RG53.002M
1 Es existierte keinerlei Weisung hinsichtlich einer Liquidierung von „Asiaten“. Die Morde beruhten also auf einer Initiative der EG B.
29) Schnellbrief Chef der Sicherheitspolizei und des SD vom 30.7.1941: Beabsichtigte Organisation der Polizei in den besetzten Ostgebieten
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD | Berlin SW 11, den 30. Juli 1941 |
IV A 1 d – B.Nr. 573 B/41 g. | Prinz-Albrecht-Straße 8 |
Schnellbrief | Fernsprecher: 120.049 |
An die Chefs der Einsatzgruppen A, B, C und D | [Stempel: Geheim!] |
Betrifft: Beabsichtigte Organisation der Polizei in den besetzten Ostgebieten1
Zur Information gebe ich folgendes zur Kenntnis: In den grösseren Städten werden SS- und Polizeistandortführer eingesetzt, die den für das jeweilige Gebiet zuständigen Höheren SS- und Polizeiführern und ihren Vertretern, den Befehlshabern der Ordnungspolizei und der Sicherheitspolizei, für ihren Aufgabenbereich unterstehen. Dem SS- und Polizeistandortführer wird ein Offizier der Ordnungspolizei und ein Führer der Sicherheitspolizei mit Mitarbeitern zugeteilt, die das Arbeitsgebiet des Hauptamtes Ordnungspolizei und des Reichssicherheitshauptamtes wahrnehmen. Dem Höheren SS- und Polizeiführer bezw. ihren Befehlshabern unterstehen alle eingesetzten und noch einzusetzenden Polizeieinheiten ihres Gebietes. Zur Durchführung der polizeilichen Aufgaben sind aus geeigneten Volksgruppen Schutzformationen aufzustellen. Zu diesem Zwecke sind aus den Volksteilen der Ukraine, Weissruthenen, Polen und Baltenländer und in gewissem Umfange des Petersburger Landgebietes Männer aus bäuerlichen oder kleinstädtischen Familien auszusuchen, die rassisch unseren Forderungen entsprechen. In erster Linie hat die Auswahl in den Durchgangslagern zu erfolgen. Die Höheren SS- und Polizeiführer haben deshalb sofort Verbindung mit den mit der politischen Überprüfung der Kriegsgefangenen beauftragten Leitern der Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD in den Lagern aufzunehmen und dafür zu sorgen, daß die für die Schutzformationen geeigneten Kriegsgefangenen bis zu dem Zeitpunkt in den Lagern bleiben, wo Befehl zur Aufstellung von Schutzformationen gegeben wird. Die weitere Erfassung von Männern für die Schutzformationen hat unter den nicht im Kriegseinsatz sich befindenden Männern zu erfolgen, vor allem in ländlichen Gebieten (soweit sie nicht für landwirtschaftliche Arbeiten benötigt werden). Die Personalien der ausgemusterten Schutzmänner sind karteimäßig zu erfassen und in einer zweiten Fertigung umgehend hierher zu senden, damit eine Überprüfung stattfinden kann, soweit nicht diese Überprüfung schon örtlich erfolgt ist. Diese politische Überprüfung ist jedoch bei der Auswahl der Männer der Schutzformationen nicht abzuwarten. Bei der Erfassung der Schutzmänner ist besonderer Wert auf Dolmetscher zu legen. Die Schutzformationen tragen zu ihrer Uniform, die sie als russische Wehrmachtsangehörige haben, eine Armbinde mit der Aufschrift „Schutzmann“. Alle Abzeichen, die sie als russischer Soldat getragen haben, sind zu entfernen und durch andere zu ersetzen, auch die Knöpfe an den Uniformen. Bewaffnung ist zunächst nur der Gummiknüppel oder ein Holzknüppel. Die Schutzmänner erhalten vorerst freie Verpflegung; die weitere Abfindung wird geregelt. Führer der Schutzformationen sind Offiziere und Führer der Polizei und SS und befähigte Wachtmeister der Ordnungspolizei; Unterführer sollen aus den Reihen der Angehörigen der Schutzformationen ausgesucht und besonders ausgebildet werden. Die Erfassung von Volksdeutschen für die Schutzformationen aus denjenigen Gebieten, für die eine Umsiedlung bereits erfolgt ist, ist auf jeden Fall verboten, weil diese sogenannten Volksdeutschen, da sie dem Ruf des Führers nicht gefolgt sind, eine besondere Behandlung erfahren. Für alle in den eroberten Ostgebieten eingesetzten SS- und Polizeiformationen und Dienststellen sind sofort alle Maßnahmen durchzuführen, die noch vor Eintritt der Winterszeit für die Sicherung und Versorgung der eingesetzten Kräfte notwendig sind. Zu diesem Zwecke müssen in den Städten und auf dem flachen Lande Unterkünfte und die notwendigen Bauten sowie Anlagen errichtet werden, die allen dienstlichen Aufgaben entsprechen. Diese SS- und Polizeistützpunkte2 erhalten die Bezeichnung: „Wehrburgen“ in den Standorten 1. Ordnung (Städte über 100.000 Einwohner) – Belegstärke 1 Komp. SS oder Polizei, in den Städten über 200.000 Personen ein Batl. oder Sturmbann –, „Wehrplätze“ in den Standorten 2. Ordnung (Städte über 50–100.000 Einwohner) – Belegstärke 1 Komp. SS oder Polizei –, „Wehrposten“ in den Standorten 3. Ordnung (kleinere Kreisstädte). Führer dieser SS- und Polizeistützpunkte ist zunächst ein SS- und Polizeistandortführer. In den SS- und Polizeistandorten 1. und 2. Ordnung sind sofort geeignete Gebäude auszusuchen und in Besitz zu nehmen. Das Gebäude muss möglichst in der Stadt, darf aber keinesfalls ausserhalb der Peripherie gelegen sein, das Stadtgebiet beherrschen und militärisch verteidigt werden können, so gross sein, daß es alles aufnimmt, was zur Durchführung des Dienstes und des allgemeinen Lebens notwendig ist, guten Baugrund haben, eine eigene einwandfreie Wasserversorgung garantieren und klimatisch den örtlichen Verhältnissen entsprechen. Bei den SS- und Polizeistützpunkten sind vorzusehen: Unterkunft mit allen dazugehörigen Einrichtungen für geschlossene Formationen der SS und Polizei, Räumlichkeiten für alle sonstigen Dienststellen der SS und Polizei, Wohnungen für die Familien der Verheirateten. Vorzusehen sind also auch Garagen mit Tankanlagen, Pferdestallungen, Wirtschaftsgebäude, Lebensmitteldepots, alle hygienischen Einrichtungen wie Bäder, Brausen, Entlausungsanlagen, Kleidertrockenanlagen, die selbständigen Versorgungsbetriebe für Elektrizität, Heizung und Wasser, alle Anlagen für die Freizeitgestaltung wie Sport und Reitplätze, möglichst auch freie Badeanlagen, an einzelnen Stützpunkten auch noch Landeplätze für leichte Flugzeuge. Weiter sind vorzusehen und einzurichten alle Bauten und zu beschaffen die Geräteausrüstung für den Feuer- und Luftschutz. Die militärische Sicherung ist durch entsprechende Sicherstellung von Beutewaffen und dazugehöriger Munition neben der reinen Truppenbewaffnung zu verstärken. Eine Selbstverständlichkeit ist der Vorrat an Betriebsstoff für die Kraftwagen. Die Verpflegung in den Stützpunkten ist durch Beschaffung von Lebensmittelvorräten sicherzustellen. Anzustreben ist, daß noch vor Einbruch der Winterszeit eine Lebensmittelreserve für mindestens 2 Monate angelegt und das nötige Futter für die Reit- und Zugpferde eingelagert wird. Weiter ist zu sorgen für ein Lager von Unterkleidung, Pelzen, Pelz- und Filzstiefeln und Sohlenleder. Für den Wintereinsatz sind Schlitten mit Pferdebespannung und Schneeschuhausrüstung zu beschaffen. Mit Ausnahme von technischen Spezialeinrichtungen kann für die Ausstattung und Ausrüstung eine grössere Hilfe vom Reich aus nicht erwartet werden. Zur Durchführung der aufgeführten Maßnahmen werden den Höheren SS- und Polizeiführern ein Bauführer mit Arbeitsstab, eine Gruppe oder ein Zug Wehrgeologen, ein Nachschubführer und ein Verwaltungsführer zugeteilt.
Heydrich
TsDAHO, 3676–4–116 u. USHMMA, RG31.002M
1 Die hier ausgeführten Planungen ließen sich in dieser Form nicht durchführen. Zur Struktur der Polizeibehörden im Besatzungsgebiet u. zur Rolle einheimischer Hilfspolizisten vgl. Martin Dean: Collaboration in the Holocaust: Crimes of the Local Police in Belorussia and Ukraine, 1941–44, New York 2000.
2 Vgl. Jan Erik Schulte: Initiative der Peripherie. Globocniks Siedlungsstützpunkte und die Entscheidung zum Bau des Vernichtungslagers Belzec, in: ders. (Hrsg.): Die SS, Himmler und die Wewelsburg, Paderborn u.a. 2009, S. 118–137; ders.: Zwangsarbeit und Vernichtung: Das Wirtschaftsimperium der SS. Oswald Pohl und das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt 1933–1945, Paderborn u.a. 2001, S. 259–278.
30) Runderlaß Chef der Sicherheitspolizei und des SD vom 31.7.1941: Einsatz bisher noch nicht eingesetzt gewesener Angehöriger der Sicherheitspolizei und des SD
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD | Berlin, den 31. Juli 1941 |
I A 1 Nr. 31/41 g. |
An alle Dienststellen der Sicherheitspolizei, alle Dienststellen der Kriminalpolizei, alle Dienststellen des SD
Nachrichtlich den Amtschefs II–VII, allen Referenten und Hilfsreferenten des Reichssicherheitshauptamtes, allen Sachbearbeitern des Amtes I des Reichssicherheitshauptamtes
Betrifft: Einsatz bisher noch nicht eingesetzt gewesener Angehöriger der Sicherheitspolizei und des SD
Um allen bisher in der Heimat verbliebenen Männern der Sicherheitspolizei und des SD das niederdrückende Gefühl zu nehmen, an dem großen Geschehen unserer Zeit nicht aktiv teilzuhaben und um die Befürchtung zu zerstreuen, nach Kriegsende als „Heimatkrieger“ oder „Drückeberger“ bespöttelt zu werden, bestimme ich folgendes:
1.) Alle Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD, soweit sie nicht der Wehrmacht oder Waffen-SS zur Verfügung stehen, das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und körperlich einsatzfähig sind, sind grundsätzlich zum sicherheitspolizeilichen Einsatz vorzuschlagen.
2.) Der Einsatz erfolgt grundsätzlich im Austausch gegen bereits eingesetzte Männer der gleichen Heimatdienststelle. Andernfalls wird der erforderliche Ausgleich durch das Reichssicherheitshauptamt vorgenommen.
3.) Abgesehen von dienstlichen Interessen können diejenigen Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD abgelöst werden, die sich ohne Unterbrechung mindestens ein Jahr im Einsatz befinden und zwar zunächst a) Väter kinderreicher Familien, b) Ledige und Verheiratete, die kranke Angehörige in der Heimat haben, c) Verheiratete, die seit April 1938 vorwiegend abgeordnet waren, soweit die Gesamtdauer der Abordnung 2 Jahre übersteigt.
4.) Die Anträge auf Austausch sind von den Heimatdienststellen einzeln herzureichen. Sie haben neben den vollen Personalien und der Dauer der Abordnung auch die Angabe der bearbeiteten Sachgebiete beider Männer zu enthalten.
Der Austausch wird in jedem Falle von hier unter Wahrung der dienstlichen Belange sowohl der Einsatz- als auch der Heimatdienststelle vorgenommen. Die eingegliederten Ostgebiete und das Protektorat Böhmen und Mähren sowie Lothringen, Elsaß und Luxemburg sind keine Einsatzgebiete im Sinne dieses Erlasses mehr.
gez. Heydrich
BAB, R 58/259
31) Bekanntmachung Sonderkommando 11a: Befehl an die Juden der Stadt Cherson (undat./Anfang Aug. 1941)
Befehl an die Juden der Stadt Cherson1
1. Alle Juden der Stadt Cherson haben ab 12. August d.J. ab 12 Uhr mittags den Judenstern an ihrer Bekleidung zu tragen. Dieser Judenstern muss aus Stoff und 10 cm gross gemacht werden. Diesen Stern muss jeder Jude auf der linken Seite der Brust und auf dem Rücken anheften. Die Zeichen haben sich die Juden selbst zu machen. Juden, die sich diesem Befehl widersetzen, werden erschossen.
2. Alle Juden haben sich der Registrierung zu stellen, die vom 24. August ab 12 Uhr mittags bis zum 27. August d.J. bis 18 Uhr vorgenommen wird (Anschrift: Haus des Invalidencoperativs [sic], 9. Januar-Str. Nr. 36). Die Registrierung führt das jüdische Komitee durch. Den Anweisungen des Komitees ist Folge zu leisten. Alle den Juden gehörigen Gelder und Wertgegenstände unterliegen der Zustellung und Ablieferung an das Komitee. Juden, die dem Befehl nicht nachkommen, werden erschossen.
Deutsche Sicherheitspolizei
Sonderkommandant XI-a2
BA-MA, RH 24–54/177
1 Der Befehl steht im Zusammenhang mit der Ghettoisierung der Juden in Cherson am 7.9.1941; vgl. Dean: The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos, Bd. 2, S. 1624ff.
2 Das SK 11a unterstand Paul Zapp, geb. 1904, kaufmännischer Angestellter, 1934 SS, 1936 SD-HA, 1937 NSDAP, 1938 zum SD-LAWien, 1940 Stubaf. u. Lehrer für weltanschauliche Schulung der Anwärter des leitenden Dienstes, Mai 1941 Fhr. SD-Abschnitt Kassel, nach Teilung EK 11 im Juli 1941 Kdr. SK 11a, Juli 1942 KdS Simferopol, Nov. 1942 Ostubaf., 1944 IdS Dresden, bis Verhaftung 1967 unter falschem Namen, 1970 zu lebenslanger Haft verurteilt, gest. 1999; BAB, BDC, SSO Paul Zapp; BB CdS Nr. 32 v. 25.7.1942, BAB, RD 19/2; Vern. dess. v. 3., 4., 5., 8., 9. u. 11.1.1968, BAL, B 162/7054, Bl. 134ff.; dto. v. 9.11.1967, BAL, B 162/7055, Bl. 252ff.; Urteil LG München I v. 26.2.1970, BAL, B 162/14.401–14.402; BAL, ZK: Paul Zapp; Konrad Kwiet: Paul Zapp – Vordenker und Vollstrecker der Judenvernichtung, in: Mallmann/Paul: Karrieren der Gewalt, S. 252–263; Jürgen Matthäus/Konrad Kwiet/Jürgen Förster/Richard Breitman:Ausbildungsziel Judenmord? „Weltanschauliche Erziehung“ von SS, Polizei und Waffen-SS im Rahmen der „Endlösung“, Frankfurt/M. 2003, S. 188ff.
32) Funkspruch Reichssicherheitshauptamt IV A 1 an Einsatzgruppen vom 1.8.1941: Beschaffung von Anschauungsmaterial
Reichssicherheitshauptamt | Berlin, den 1.8.1941 |
IV A 1 – B.Nr. 576 B/41 g. | Geheim! |
FT. (verschlüsselt!) – Bef. am 1.8.41 Nr. 5778an die Einsatzgruppen A, B, C und D |
Betrifft: Beschaffung von Anschauungsmaterial1 Dem Führer soll von hier aus lfd. Bericht über die Arbeit der Einsatzgruppen im Osten vorgelegt werden. Zu diesem Zweck wird besonders interessantes Anschauungsmaterial, wie Lichtbilder, Plakate, Flugblätter und andere Dokumente benötigt. Soweit solches Material dort anfällt oder beschafft werden kann, erbitte ich schnellmöglichste Übersendung.
RSHA IV A 1 b
B. Nr. 576 B/41 g.
i.V. gez. Müller, SS-Brif.
RGVA, 500–1–25 u. USHMMA, RG11.001M
1 Vgl. Mallmann/Angrick/Matthäus/Cüppers: Die „Ereignismeldungen UdSSR“ 1941, S. 17.
33) Runderlaß Reichsführer-SS vom 2.8.1941: SS- und Polizeistandortführer
Der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei | Berlin, den 2. August 1941 |
im Reichministerium des Innern | NW 7, Unter den Linden 74 |
O.-Kdo. g 2 (O 1) Nr. 259/41 (g.) |
Betr.: „SS- und Polizeistandortführer“ in den rückwärtigen Heeresgebieten als Beauftragte der Höheren SS- und Polizeiführer
In den größeren Städten der rückwärtigen Heeresgebiete werden durch besonderen Erlaß SS- und Polizeistandortführer eingesetzt, die den für das jeweilige Gebiet zuständigen Höheren SS- und Polizeiführern unterstehen. Der SS- und Polizeistandortführer hat alle Aufgaben zu erfüllen, die in der Vereinbarung zwischen dem Oberbefehlshaber des Heeres und mir im Erlaß vom 21. Mai 1941 – Tgb.Nr. 114/41 g. Kdos. – festgelegt sind. Dem SS- und Polizeistandortführer wird zur Durchführung seiner Aufgaben ein Offizier der Ordnungspolizei und ein Führer der Sicherheitspolizei mit Mitarbeitern unterstellt. Ihre Aufgaben umfassen das Arbeitsgebiet des Hauptamtes Ordnungspolizei und des Reichssicherheitshauptamtes. Die bisher eingesetzten und noch einzusetzenden mobilen Formationen, Bataillone und Regimenter der Ordnungspolizei und Sicherheitspolizei unterstehen bis auf weiteres nur den Höheren SS- und Polizeiführern, soweit diese nicht in dringenden Fällen Kräfte der mobilen Formationen den SS- und Polizeiführern bezw. Standortführern zur Verfügung stellen.
An a) die Höheren SS- und Polizeiführer 101 bis 103 und z.b.V., b) den Höheren SS- und Polizeiführer Ost in Krakau, – mit je 1 Nebenabdr. f.d. Befehlshaber d. Ordn.Pol. u. Si.Pol. –, c) den Höheren SS- und Polizeiführer Nordost in Königsberg – mit je 1 Nebenabdr. f.d. Befehlshaber d. Ordn.Pol. u. Si.Pol. –.
Nachrichtlich: d) alle Höheren SS- und Polizeiführer – mit je 1 Nebenabdr. f.d. Befehlshaber (Inspekteure) der Ordnungspolizei und Sicherheitspolizei –, e) den Sonderbeauftragten für Bauten der SS und Polizei im neuen Ostraum in Lublin.
Mit den in den Städten vorhandenen führenden Wehrmachtsdienststellen und Wirtschaftsdienststellen ist bestes Einvernehmen zu halten. Ihre Wünsche sind, soweit dienstlich möglich, zu erfüllen.
gez. H. Himmler
Verteiler innerhalb:
Chef d. O.P., Chef Kdo.Amt, Chef VuR, Chef d. SP und SD, Chef d. SS-HA, Chef d. SS-Pers.-HA, Reichsamt TN, General-Inspekteure, alle Amtsgr., Gruppen u. Untergruppen d. Kdo.Amtes, Oberst Schnell, Kdo.Adj., Abt. I, Reserve (20)
BAB, R 6/10
34) Funkspruch Reichssicherheitshauptamt II C 3 an Einsatzgruppe A vom 4.8.1941: Errichtung eines erweiterten Staatspolizeigefängnisses in Riga
Berlin NUE 121.835 4.8.41 1035 HI
An die Einsatzgruppe SS-Brigadefuehrer Dr. Stahlecker. Tilsit
Betr.: Errichtung eines erweiterten Staatspolizeigefaengnisses in Riga
Bezug: Fernschreiben Nr. 8751 v. 23.7.41
Mit der Errichtung eines Haeftlingslagers in Riga als erweitertes Polizeigefaengnis und der Uebernahme in die Verwaltung der Sicherheitspolizei bin ich einverstanden.1 Ich bitte die Vorbereitungen hierzu von dort zu treffen. Die Aufwendungen fuer das Lager werden dem ausserordentlichen Haushalt zur Last fallen. Ueber die vollzogene Errichtung des Lagers bitte ich mich zu gegebener Zeit zu unterrichten. Dem Antrag auf voruebergehende Zuweisung eines Spezialisten fuer diese Aufgabe kann leider nicht entsprochen werden, da der Krim.Rat Moeller kuerzl. zur Wehrmacht einberufen wurde und nach Mitteilung des Amtes Roem 1 ein anderer geeigneter Beamter nicht freigestellt werden kann.
RSHA Roem 2 C 3 – Nr. 5509/41
I.V. SS-Stubaf. RR Dr.
Bergmann2
RGVA, 504–2–8 u. USHMMA, RG11.001M
1 Vgl. Elisabeth Thalhofer: Entgrenzung der Gewalt. Gestapo-Lager in der Endphase des Dritten Reiches, Paderborn u.a. 2010, S. 179f., 192f., 203f. Der Funkspruch bezieht sich auf das Fernschreiben der EG Av. 21.7.1941; s. Dok. 26.
2 Dr. Rudolf Bergmann, geb. 1909, als Gerichtsassessor 1935 zur Stapo-Leitstelle Berlin, dann Gestapa, seit 1939 als Gruppenleiter II C im RSHA zuständig für Witschafts-, Justitiarangelegenheiten u. Gefangenenwesen; BAL, ZK: Dr. Rudolf Bergmann.
35) Bericht Einsatzgruppe D an Armeeoberkommando 11/Ic vom 4.8.1941: Vorgänge in Kodyma
Der Beauftragte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD | O.U., den 4.8.1941 |
beim Befehlshaber des rückwärtigen HeeresgebietesEinsatzgruppe DAn den Ic des AOK 11 |
Betr.: Vorgänge in Kodyma1
In der Anlage wird Durchschlag des Berichtes des Sdkdo. 10a über die Vorgänge in Kodyma, der gemäß Befehl des O.B. dem O.B. vorgelegt wurde, übergeben.
Ohlendorf
SS-Standartenführer
Sonderkommando 10a | O.U., den 3. Aug. 1941 |
An Einsatzgruppe D |
1.) Aufenthalt des Kommandos in Petschanka dauert noch an, da Vormarschstrassen für Pkw grösstenteils unpassierbar und infolge Stockung der militärischen Operationen die in Betracht kommenden Ortschaften schon über[be]legt sind. Voraussichtlich morgen Weitermarsch nach Kodyma. Balta noch in russischer Hand.
2.) In Kodyma von Teilkdo. wegen Aufruhrs und Vorbereitung von Angriffen auf Deutsche Wehrmacht Razzia im Judenviertel veranstaltet, wozu XXX. A.K. dem Teilkdo. 400 Soldaten zur Verfügung stellte. Dabei Anwendung von Waffengewalt notwendig. Von den Festgenommenen im Einvernehmen mit kdr. General 99 Personen, darunter 97 Juden, erschossen, etwa 175 als Geiseln festgesetzt. Rest entlassen. Exekution durch 24 Mann der Wehrmacht und 12 der Sicherheitspolizei. Näheres ergibt sich aus beiliegendem Sonderbericht.
3.) Fortsetzung der Arbeit auf dem Wirtschaftssektor. In Tschetschelnik, Olijopol, Shabokditschka und Kataschin 7 Kolchosen und eine Zuckerfabrik, in anderen Orten noch einige weitere Betriebe in Gang gebracht. In Petschanka selbst verlaufen die Arbeiten unter starker Heranziehung des jüdischen Bevölkerungsteiles planmäßig. Insgesamt wurden bisher allein in den Rayons Jampol und Petschanka vom Kommando die Erntearbeit in Kolchosen und Sowchosen im Gesamtumfang von etwas 50.000 Morgen so organisiert, dass in diesen Betrieben die ordnungsmäßige Einbringung der Ernte gesichert erscheint.
4.) Gesundheitszustand beim Kdo. von Einzelfällen abgesehen nunmehr befriedigend. Sonst keine besonderen Vorkommnisse.
(gez.) Seetzen
SS-Obersturmbannführer
1 Anlage
Sonderkommando 10a(Petschanka) | O.U., den 2. August 1941 |
Bericht betr.: Zusammenkünfte von Juden in Kodyma
Auf Grund der Meldung einer Ukrainerin, wonach in Kodyma eine geheime Zusammenkunft von ca. 50 jüdischen Personen stattgefunden hat, wobei die Möglchkeit des Überfallens einzelner in Kodyma liegenden deutschen Einheiten erörtert wurde, wurde durch das XXX.A.K. das Sonderkommando 10a benachrichtigt. Es wurde vom Sonderkommando 10a eine Abteilung in Stärke von 2/14 mit der Klärung der Angelegenheit beauftragt. Durch Aussagen verschiedener ukrainischer Ortsbewohner konnten im wesentlichen die Aussagen der Ukrainerin bestätigt werden. Außerdem lagen verschiedene Meldungen deutscher Soldaten vor, wonach die in Kodyma sich aufhaltenden Juden, vorwiegend ortsfremde flüchtige Juden aus den Bezirken Belzy, Soroki usw., sich dem deutschen Militär gegenüber sehr renitent verhalten haben. U.a. hatte der jüdische Leiter einer Selterwasserfabrik die Ausgabe von Getränken an die Truppe verboten und unter Drohung den Soldaten den Eintritt verwehrt. Andere Juden haben sich in Gruppen von 10–12 Personen zusammengefunden und sich hierbei ebenfalls aufsässig benommen. Nachdem Ic vom XXX. A.K. für die Durchführung irgendwelcher Aktionen ca. 400 Mann Militär zur Verfügung gestellt hatte, konnte in großzügiger Weise der Stadtkern, der zu fast 100 % von Juden bewohnt wird, umstellt und durchgekämmt werden. Hierauf war die Anordnung ergangen, alle männlichen Personen über 15 Jahren festzunehmen. Jeder Fluchtversuch oder gar Widerstand sei rücksichtslos mit der Waffe zu verhindern. Da die Juden auch weiterhin ihr renitentes Verhalten beibehielten, teilweise Fluchtversuche unternahmen und sich in ihren Wohnhäusern verbarrikadierten, mußte wiederholt von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden. Ein Jude wurde dabei erschossen, ein weiterer angeschossen. Außerdem mußte wiederholt gegen die übrige Bevölkerung mit Schreckschüssen vorgegangen werden, da sie versuchte, die Festgenommenen zu befreien oder irgendwie in die Aktionen einzugreifen. Nach Beendigung der Aktionen waren ca. 400 männliche Juden festgenommen. Der größte Teil von ihnen war aus den Vormarschgebieten geflüchtet und hatte hier in Kodyma Unterschlupf gefunden. Durch Vernehmungen, Gegenüberstellungen bezw. ortsansässige Ukrainer wurden 98 Personen festgestellt, die sich an den Zusammenkünften oder den Unbotmäßigkeiten gegenüber dem deutschen Militär beteiligt hatten oder zur jüdischen Intelligenz gehörten. Ca. 100 Personen waren Ukrainer oder Russen oder aber hatten ein sehr hohes Alter und wurden mit entsprechenden Auflagen entlassen. Den restlichen ca. 175 Personen, ausnahmslos Juden, konnte eine Beteiligung nicht nachgewiesen werden. Sie wurden als Geiseln dem Gefangenenlager der deutschen Wehrmacht überstellt, während die genannten 98 Personen nach Aufnahme ihrer Personalien liquidiert wurden. Bei den Vernehmungen ergab sich u.a., dass noch nach Ankunft des Korps-Stabes des XXX. A.K. sich bei einem Juden ein russischer Offizier aufgehalten hatte, der erst vor wenigen Tagen unter Zurücklassung seiner Uniformstücke die Stadt verlassen hatte. Der ihn beherbergende Jude konnte auch festgenommen werden. Die Exekution fand unter Beteiligung der Wehrmacht statt, die ein Exekutionskommando in Stärke von 24 Mann stellte, während das Exekutionskommando der Sicherheitspolizei aus 12 Mann bestand. Ein während der Exekution stattgefundener Fluchtversuch konnte unter Anwendung der Schußwaffe verhindert werden. Während der Vorbereitungen zur Exekution und während der Exekution selbst mußte die Ruhe im Orte unter Anwendung von Waffengewalt wieder hergestellt werden. Um 20.30 Uhr trat endgültige Ruhe ein, nachdem auch die Bevölkerung auf die Bekanntmachung des Ortskommandanten hingewiesen worden war, wonach das Verlassen der Häuser nach 20.30 Uhr mit dem Tode bestraft wird. Das Kommando der Sicherheitspolizei blieb in der darauffolgenden Nacht und am gestrigen Tage am Ort. Besondere Vorkommnisse sind bis zur Stunde nicht zu verzeichnen. Der Bevölkerung wurden noch in der darauffolgenden Nacht durch Lautsprecherwagen und durch Plakatanschlag (s. Anlage) in deutscher, russischer u. ukrainischer Sprache die Maßnahmen der deutschen Behörden zur Kenntnis gebracht.
SS-Hauptsturmführer
BA-MA, RH 20–11/488
1 Vgl. Angrick: Besatzungspolitik und Massenmord, S. 219–223; zur Bedeutung des Falles Kodyma im OKW-Prozeß: Jörg Friedrich: Das Gesetz des Krieges. Das deutsche Heer in Rußland 1941 bis 1945. Der Prozeß gegen das Oberkommando der Wehrmacht, München-Zürich 1993, S. 610–623.
36) Bericht Einsatzgruppe D an Armeeoberkommando 11/Ic vom 4.8.1941: Tätigkeit des Sonderkommandos 11a in der Zeit vom 17.7.–3.8.1941 und Einsatzplanung für die erste Augusthälfte 1941
Der Beauftragte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD | O.U., den 4.8.41 |
beim Befehlshaber des rückwärtigen HeeresgebietesEinsatzgruppe DAn das Armeeoberkommando 11, Abt. Ic/A.O. |
Anliegend wird Durchschlag eines Berichts des Sonderkommandos 11a über dessen Tätigkeit in der Zeit vom 17.7.41 bis 3.8.41 vorgelegt. Aus dem Bericht geht hervor, dass das Sonderkommando 11a noch einige Zeit in Kischinew beschäftigt ist.
Ohlendorf
SS-Standartenführer
Der Beauftragte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD | O.U., den 4.8.41 |
beim Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes SüdSonderkommando XIaTgb.Nr. 83/41 |
An den Beauftragten des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD beim rückw. Heeresgebiet Süd Einsatzgruppe D
Betrifft: Bericht über die Tätigkeit des Sonderkommandos XIa in der Zeit vom 17. Juli bis 3. August 1941 und die Einsatzplanung für die erste Augusthälfte 1941
I. Das Sonderkommando XIa rückte am 17. Juli 1941 gegen 4 Uhr in Kischinew ein. Da der überwiegende Teil der öffentlichen Gebäude und sowjetischen Dienststellen durch Brand oder Sprengung zerstört war, gelang es nur noch geringe Mengen an Schriftmaterial sicherzustellen. Dabei konnten jedoch noch einige Funde gemacht werden, die für die sicherheitspolizeiliche Arbeit in Kischinew sehr wertvoll waren. Vor allem im Gebäude des „Volkskommissariats für innere Angelegenheiten“ und des „Volkskommissariats für Staatskontrolle“ konnten Schriftstücke sichergestellt werden, deren Auswertung zur Aufdeckung einer Terrororganisation führte und aus denen über die Stellenbesetzung und Arbeitsweise sowjetrussischer Dienststellen Schlüsse gezogen werden konnten. Durch Meldungen einer Vertrauensperson war es möglich, eine weitere Sabotageorganisation auszuheben. Die überführten Agenten wurden, soweit die Ermittlungen abgeschlossen waren, erschossen. Die Agenten, von denen noch weitere Angaben erwartet werden können, wurden der rum. Staatspolizei zur weiteren Behandlung überstellt. Außerdem wurden aus einem vorläufigen Festhaltelager 68 Juden, denen eine kommunistische Tätigkeit nachgewiesen werden konnte, und 6 Juden wegen Brandstiftung im Hausgefängnis des Sonderkommandos XIa exekutiert.
II. Die Ermittlungen gegen Sabotageorganisationen und einzelne Agenten bzw. Angehörige von NKWD-Dienststellen laufen weiter und ergeben ständig neue Anhaltspunkte für weitere sicherheitspolizeiliche Maßnahmen. Ein am 2.8.41 angefallener Ermittlungsvorgang über einen Grenz-Wachtstab wird in etwa 4–5 Tagen abgeschlossen sein. Besondere Aufmerksamkeit erforderte die Klärung der Judenfrage in Kischinew.1 Auf Anregung des Sonderkommandos XIa ordnete der rum. Standortkommandant – Oberst Tudossi – die Einrichtung eines Ghettos und die Kenntlichmachung der Juden an. Das Sonderkommando XIa ist zur Zeit damit beschäftigt: 1. Ermittlungen zu führen über diejenigen Juden, die bei Angriffen sowjetrussischer Kampfflugzeuge Lichtsignale zur Orientierung der russischen Flieger geben. 2. Feststellungen über Banden von Heckenschützen zu treffen, an deren Führung Juden maßgeblich beteiligt sind. Dabei soll vor allem ein Fall einer Beschießung eines deutschen Sanitätskraftwagens, der von der Front mit Verwundeten zurückkehrte, geklärt werden. 3. Ermittlungen gegen einen Kreis von Juden zu führen, die in der Nacht vom 30./31. Juli ein Kohlenlager und ein Haus in Brand setzten. Als Sühnemaßnahme für die angeführten und weiter zurückliegenden Fälle ordnete der rum. Standortkommandant am 31.7.41 die Erschießung von jüdischen Geiseln an. Die Erschießung wurde am 1.8.41 durchgeführt. Soweit bisher beobachtet werden konnte, scheint diese Maßnahme keine besondere Wirkung gehabt zu haben, da in der Nacht vom 2./3.8.41 im Ghetto wiederum rote Leuchtkugeln abgeschossen wurden. Die Ermittlungen in dieser Sache sind eingeleitet.
III. Im Sektor „Lebensgebiete“ werden zur Zeit wirtschaftliche Fragenkomplexe (Kolchosen und Industriebetriebe), die sowjetischen politischen Führungsmittel, Volkstums- und Kirchenfragen bearbeitet. Die Erfassung der Kolchosen, die in den letzten Tagen begann, wird etwa eine 14-tägige Arbeit beanspruchen. Hand in Hand mit der Erfassung erfolgt der Ansatz der Kolchosen für die Einbringung der Ernte. Da durch die vorgefundenen Verhältnisse eine eingehende Belehrung der Kolchosen-Mitglieder und dauernde Überprüfung des Fortganges der Erntearbeit notwendig ist, kann nicht vor Mitte August damit gerechnet werden, die dafür eingesetzten Kommandoangehörigen zurückzuziehen. Die Überprüfung der Stadt und des umliegenden Gebietes in volkstumsmäßiger Hinsicht zeigt, daß sich hier noch Teile verschütteten Deutschtums befinden, die meistens auf eine Umsiedlung ins Reich verzichtet haben. Am heutigen Tage eingegangene Hinweise auf Volksdeutsche, die sich kommunistisch betätigt haben, sind Gegenstand laufender Ermittlungen.
IV. An den Dnjestr-Übergängen machen sich in den letzten Tagen starke Flüchtlingsbewegungen bemerkbar. Unter den Flüchtlingen befinden sich Juden, kommunistische Funktionäre und wahrscheinlich auch russische Soldaten in Zivilkleidung. Zur Erfassung dieser Elemente sind vom 4.8.41 an Trupps in die besonders gefährdeten Gebietsstreifen entsandt worden. In Verbindung mit diesen Aufgaben ist den Trupps die Durchführung der Ernteaktion aufgetragen worden. Das Sonderkommando XIa wird dabei im Zuge des 54. A.K. den Raum bearbeiten, der etwa nördlich durch die Linie Dubossary–Konstantinowka, südlich durch die Linie Dubossary–Nikolajew begrenzt ist.
V. Die Ermittlungs- und Fahndungsarbeit und auch die nachrichtendienstliche Tätigkeit gestalten sich sehr schwierig, da Hilfsmittel (Meldeämter, vertrauenswürdige Personen usw.) nicht zur Verfügung stehen. Sie nehmen dadurch und durch die schlechten Verkehrsverhältnisse viel Zeit in Anspruch. Um die laufenden Vorgänge und in Angriff genommenen Arbeiten ordnungsmäßig abschließen zu können und zu verwertbaren Ergebnissen zu bringen, erscheint es notwendig, daß das Sonderkommando XIa noch mindestens 14 Tage in Kischinew verbleibt. Ich werde Kischinew als Standort beibehalten und die Durchführung der Aufgaben in dem umliegenden Gebiet durch fliegende Kommandos oder feste Nebenposten erledigen lassen.
Zapp
SS-Sturmbannführer und Führer des Sonderkommandos XIa
BA-MA, RH 20–11/488
1 Vgl. Paul A. Shapiro: The Jews of Chisinau (Kishinev): Romanian Reoccupation, Ghettoization, Deportation, in: Randolph L. Braham (Hrsg.): The Destruction of Romanian and Ukrainian Jews during the Antonescu Era, Boulder-New York 1995, S. 135–193; ders. mit Beiträgen von Brewster Chamberlin u. Radu Ioanid: The Kishinev Ghetto, 1941–1942. A Documentary History, Tuscaloosa 2012.
37) Stellungnahme Einsatzgruppe A vom 6.8.1941: Vorläufige Richtlinien für die Behandlung der Juden im Gebiet des Reichskommissariates Ostland
Einsatzgruppe A Stab | Nowosselje, den 6.8.1941 |
Betrifft: Entwurf über die Aufstellung vorläufiger Richtlinien für die Behandlung der Juden im Gebiet des Reichskommissariates Ostland1
Die im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen zur Regelung des Judenproblems stehen mit den der Einsatzgruppe A der Sicherheitspolizei und des SD gegebenen Befehlen über die Behandlung der Juden im Ostland nicht im Einklang. Auch die im Ostraum gegebenen neuen Möglichkeiten zur Bereinigung der Judenfrage sind im Entwurf nicht berücksichtigt worden. Der Reichskommissar strebt offenbar im Ostland eine vorläufige Regelung der Judenfrage an, die der im Generalgouvernement geschaffenen Situation entspricht. Er berücksichtigt dabei einerseits nicht die durch die Auswirkung des Ostfeldzuges geschaffene andersartige Situation und sieht andrerseits davon ab, die im Ostraum erstmalig mögliche radikale Behandlung der Judenfrage ins Auge zu fassen. Im Generalgouvernement ergab sich bereits während des Feldzuges und im verstärkten Maße in der Folgezeit die Notwendigkeit, die jüdischen Arbeitskräfte im weitestgehenden Umfange an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zu belassen. Dies war insbesondere erforderlich, um lebenswichtige Betriebe im Gang zu halten, damit nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Besatzungsarmee versorgt werden konnte. Die durch jüdische Arbeitskräfte betriebenen Unternehmungen mussten in Ermangelung anderer Arbeitskräfte ausserdem dringenden kriegswirtschaftlichen Bedarf des Reichs befriedigen. Diese Notwendigkeiten haben sich bisher im Gebiet des Reichskommissars für das Ostland [handschriftlich eingefügt: mit Ausnahme der Handwerkerfrage in einigen wenigen Städten] nicht gezeigt und werden sich auch späterhin kaum ergeben. Soweit lebens- oder kriegswirtschaftliche Betriebe von den Kampfhandlungen verschont geblieben sind, können sie von den zur Verfügung stehenden nichtjüdischen Arbeitskräften weiterbetrieben werden. In weiten Teilen des Ostlandes sind zahlreiche, durch den Bolschewismus lahmgelegte Kräfte wieder verfügbar geworden, die wieder an die Arbeitsplätze zurückgeführt werden können, aus denen sie durch die Bolschewisten und Juden verdrängt worden sind. Gesichtspunkte des Arbeitseinsatzes scheiden bei der Behandlung des Judenproblems im Ostland daher völlig aus [letzteres gestrichen, handschriftlich: in der Hauptsache aus]. Im Generalgouvernement entstand durch das Belassen der Juden an ihren bisherigen Wohn- und Arbeitsplätzen keine ernstliche politische Gefahrenquelle. Dagegen waren die im Ostland ansässigen oder durch die roten Machthaber hereingeführten Juden maßgebliche Träger der bolschewistischen Idee. Zahlreiche Juden waren ausgesprochene kommunistische Aktivisten. Die bisherigen Erfahrungen lassen mit Sicherheit darauf schliessen, daß auch nach der militärischen Besetzung des Ostraumes noch während eines langen Zeitraumes Unruheherde entstehen. Anstiftung und Ausführung von Sabotagehandlungen und Terrorakten werden nicht nur die bei der bisherigen Säuberung nicht erfassten Kommunisten sein. Vielmehr werden gerade die Juden jede Möglichkeit ausnützen, Unruhe zu erzeugen. Schon die unbedingt notwendige, schnelle Befriedung des Ostraumes macht es daher erforderlich, so schnell wie irgend möglich, alle die Möglichkeiten zur Entstehung von Störungen der Aufbauarbeit auszuschalten.
Die im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen werden diesen Erfordernissen nicht gerecht. Der Entwurf sieht als hauptsächlichste und einschneidende Maßnahme die Säuberung des flachen Landes von den Juden vor. Andererseits soll den Juden der Aufenthalt in Ortschaften, die wirtschaftlich, militärisch oder ideell von Bedeutung oder Bade- oder Kurorte sind, verboten werden. Demnach würde für die Juden nur die geringe Zahl von Klein- und Mittelstädten als künftiger Wohnraum übrigbleiben. Die Zahl dieser Orte ist bei der Weiträumigkeit des dünnbesiedelten Ostlandes, das abgesehen von einigen wenigen Großstädten als Flachland anzusehen ist, äusserst gering. In diesen Orten würde sich aber kaum die Möglichkeit ergeben, die Juden einer nutzbringenden Beschäftigung zuzuführen. Der Entwurf plant offenbar die unter Ziffer V. aufgeführten Maßnahmen der Umsiedlung der Juden nicht als Sofortmaßnahme, sondern behält sie einer späteren langsamen Entwicklung vor. Dies würde zur Folge haben, dass die Juden in erheblichem Umfange zunächst in ihren bisherigen Wohnorten bleiben. Die Juden haben sich im Ostraum, ebenso auch wie sonst überall, hauptsächlich in den grossen Städten konzentriert. Angesichts der geringen Zahl der deutschen Sicherungs- und Ordnungskräfte würden die Juden hier noch lange Zeit ihr Parasitendasein fortführen und eine fortdauernde Unruhequelle bleiben. Die unter Ziffer IV. vorgesehenen Maßnahmen der Kennzeichnung und der Verhängung des Judenbannes werden meines Erachtens kaum ausreichen, diese Gefahr zu beseitigen. Es sei darauf hingewiesen, dass es selbst in der Reichshauptstadt trotz sorgfältigster Überwachung der Juden durch die Organe des Staates und der Partei noch im Jahre 1941 in nicht seltenen Fällen Juden möglich war, sich als Arier zu tarnen, auf den verschiedenen Gebieten straffällig zu werden und sich rassenschänderisch zu betätigen. Die Gefahr der weiteren Verbreitung des jüdischen Blutes durch Rassenschande darf im Ostraum angesichts der noch fehlenden Aufklärung über Rassenfragen nicht unterschätzt werden. Insbesondere in den baltischen Ländern ist ein Grossteil [letztes Wort handschriftlich gekürzt: Teil] der Bevölkerung rassisch hochwertig und muss vor der Vermischung mit jüdischem Blut sofort und nachdrücklichst geschützt werden. Der wesentlichste Gesichtspunkt, der eine andere Art der Behandlung der Judenfrage, als im Entwurf vorgesehen, erforderlich macht, ist folgender: Es muss mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln erreicht werden, dass eine Vermehrung der Juden so schnell wie möglich unterbunden wird. Da eine Unfruchtbarmachung, abgesehen von sonstigen Gesichtspunkten schon praktisch undurchführbar ist, bleibt zur Erreichung dieses Zieles nur die Möglichkeit, die Geschlechter räumlich voneinander zu trennen. Allen bisher erörterten Gesichtspunkten würde folgende Regelung des Judenproblems gerecht werden: [letzter Satz gestrichen, handschriftlich: Der Entwurf sieht eine Umsiedlung vom flachen Lande in die Städte vor. Wenn jetzt schon an die Umsiedlung herangegangen würde, muß dies grundsätzlich und dann folgendermaßen geschehen:] In den weiten Räumen des Ostlandes werden je nach Bedarf bestimmte Bezirke als Judenreservatsräume bestimmt. Die in diesen Räumen bisher ansässige und nunmehr auszusiedelnde Bevölkerung kann ohne Schwierigkeiten in andere Räume hineingepumpt werden. In den Judenreservaten werden männliche und weibliche Juden räumlich getrennt untergebracht. Die Knaben bis zum Erreichen des zeugungsfähigen Alters bleiben bei den Müttern. Die Juden können in den Judenreservaten sofort zu nutzbringender Arbeit eingesetzt werden. So zum Beispiel zur Durchführung von Bauarbeiten für die eigene Unterbringung, landwirtschaftliche Arbeiten, forstwirtschaftliche Arbeiten, Strassenbau. Soweit darüber hinaus noch Arbeitskräfte vorhanden sind, können die männlichen Juden als geschlossene Arbeitstrupps zum Strassenbau auch ausserhalb des Judenreservates eingesetzt werden. Falls nicht unterdes die Gesamtreinigung des europäischen Raumes von allen Juden spruchreif geworden ist, können in späterer Zeit durch Errichtung von handwerklichen und industriellen Unternehmungen in den Judenreservaten neue Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden. An Unterkunft und Verpflegung wird den Juden in den Reservatsräumen nur soviel zugebilligt, wie zur Erhaltung ihrer Arbeitskraft unbedingt erforderlich ist. Die notwendigen Wohnräume werden sich die Juden, soweit sie nicht bereits vorhanden sind, durch Bau von einfachen Holzbaracken selbst schaffen. Für die Ernährung werden die Erzeugnisse des Reservatraumes ausreichen. Die Absperrung des Judenreservates dürfte ebenfalls keine Schwierigkeit bereiten. Den Juden müsste das Verlassen des Reservatraumes bei Todesstrafe verboten werden. Die Einhaltung des Ortsbannes könnte durch Einsatz von zahlenmäßig ziemlich geringen Einheiten der Hilfspolizei überwacht werden. Soweit erforderlich, könnten von der zwangsweisen Unterbringung im Judenreservat Ausnahmen zugelassen werden, sofern Juden bestimmter Berufszweige, wie zum Beispiel Ärzte und Facharbeiter, zunächst noch dringend ausserhalb der Reservaträume benötigt werden. Diese Juden würden nach Möglichkeit in der Nähe ihres Arbeitsplatzes in geschlossenen Lagern, nach Geschlechtern getrennt, untergebracht werden. Die im Entwurf vorgesehene Kennzeichnung, die ich durchaus begrüße [letzte drei Worte handschriftlich gestrichen; ergänzt: von der Sich.Polizei bereits durchgeführt wurde], würde sich bei dieser geringen noch verbleibenden Zahl der Juden schnell durchführen lassen. Ich darf jedoch noch darauf hinweisen, dass der Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes Nord die Geheime Feldpolizei mit Befehl vom 24.7.41 angewiesen hat, zu veranlassen, dass die Juden sich durch einen auf der rechten Brustseite zu tragenden sechszackigen gelben Stern kenntlich machen. Im Entwurf ist dagegen die Kennzeichnung durch einen Davidstern auf der linken Brustseite und auf der Mitte des Rückens vorgesehen [handschriftlich: Ausserdem ist bisher ein Durchmesser von 8–10 cm befohlen worden]. Selbstverständlich werden die in die Reservatsräume eingewiesenen Juden ebenfalls äußerlich gekennzeichnet sein. Abschliessend sei zusammenfassend gesagt, dass durch die vorstehend vorgetragene Behandlung der Judenfrage erreicht wird: 1) eine fast 100 % sofortige Säuberung des gesamten Ostlandes von Juden, 2) die Verhinderung der Vermehrung der Juden, 3) die Möglichkeit zur schärfsten Ausnützung der jüdischen Arbeitskraft, 4) eine wesentliche Erleichterung des späteren gesammelten Abtransportes in ein außereuropäisches Judenreservat. Diese einschneidende Maßnahme wird nur unter Einsatz von Kräften der Sicherheits- und Ordnungspolizei durchführbar sein.
[Handschriftlich: Ich halte es für erforderlich, vor Herausgabe einer grundsätzlichen Anweisung diese gesamten Fragen noch eingehend mündlich zu erörtern, zumal da der Entwurf grundsätzliche, schriftlich nicht zu erörternde Befehle von höherer Stelle an die Sicherheitspolizei erheblich berührt]
Stahlecker
LVVA, 1026–1–3 u. USHMMA, RG11.001M
1 Der Stellungnahme gingen interne Kommunikationen voraus, mit denen der Stab der EG A in Absprache mit HSSPF Prützmann nach Erhalt der „Richtlinien“ am 4.8. auf den Entwurf des RKO reagierte u. die Dringlichkeit der Frage mit dem Hinweis unterstrich, daß der Entwurf „kein Wort von sicherheitspolizeilichen Aufgaben“ enthalte; Tschierschky an Stahlecker v. 5.8.1941, LVVA, 1026–1–3; abgedruckt in Wolfgang Benz/Konrad Kwiet/Jürgen Matthäus (Hrsg.): Einsatz im „Reichskommissariat Ostland“. Dokumente zum Völkermord im Baltikum und in Weißrußland 1941–1944, Berlin 1998, S. 38–42.
38) Funkspruch Einsatzgruppe A an Reichssicherheitshauptamt vom 6.8.1941
F. T. Dringend. Sofort vorlegen! | |
Einsatzgruppe A | Riga, den 6.8.1941 |
An das Reichssicherheitshauptamt 1.) Amt IV, 2.) Amt VI E (neu), Berlin |
Die Einsatzgruppe A hat im Einvernehmen mit der Heeresgruppe Nord die Bereitstellung orthodoxer Priester für das besetzte altsowjetrussische Gebiet durchführen lassen, die in den nächsten Tagen die seelische Betreuung der russischen Bevölkerung vornehmen werden. Da innerhalb der orthodoxen Kirche im Gebiet Ostland, die z.Zt. von dem Exarchen Sergej geleitet wird, Spannungen bestehen, die letzten Endes auf die politischen Spannungen zwischen Letten und Esten einerseits und Russen andererseits zurückzuführen sind, wird angefragt, ob beabsichtigt ist, eine zentrale Führung der griechisch-orthodoxen Kirche für Rußland einzuführen, und ob der in Berlin befindliche Erzbischof der griechisch-orthodoxen Kirche Serafin eingeschaltet wird. Der Exarch in Riga hat den Wunsch, mit dem Erzbischof Serafin brieflich in Verbindung zu treten. Er ist weiter bereit, einen Aufruf der orthodoxen Kirche Rußlands an alle orthodoxen Gemeinden des Auslandes, insbesondere Nord- und Südamerikas, mit einer Darstellung der wahren Verhältnisse in Rußland und einer Bitte um Hilfe und Unterstützung herauszugeben. Ich bitte, mit dem Auswärtigen Amt von dort aus Verbindung aufzunehmen und mir mitzuteilen, wer für die Weiterbearbeitung dieser Frage zuständig ist.
i.V. Tschierschky1 SS-Sturmbannführer
LVVA, 1026–1–16 u. USHMMA, RG18.002M
1 Karl Tschierschky, geb. 1906, 1926 SA, 1931 NSDAP u. SS, kaufmännische Lehre, 1933 Arbeitsamt Mannheim, 1935 RuSHA, 1936 Stubaf., 1938 ins SD-HA, 1939 zur Einwandererzentralstelle Nordost, 1941 SD-Fhr. bei EG A u. stellv. EG-Chef, Okt. 1942 Fhr. SD-LA Dresden, April 1944 Gruppenleiter VI C im RSHA, Nov. 1944 zum Werwolf, gest. 1974; BAB, BDC, SSO Karl Tschierschky; BAL ZK: Karl Tschierschky.
39) Funkspruch Einsatzgruppe C an Chef der Sicherheitspolizei und des SD und Einsatzgruppen A, B und D vom 12.8.1941
Aufgenommen: 1733 14.8.41
12.8. 1606. FT.: 249
E.-Gruppe C Nr.: 243 Geheim!
1. An SS-Gruppenführer Heydrich, 2. an Einsatzgruppe A, B und D nachrichtlich
Halte sachliche Überprüfung Ft. 5853 für unerlässlich auch im Hinblick Propagandarichtlinien Ost-Ministerium, die gegensätzliche Standpunkte bringen. Drei Möglichkeiten Ukrainer zu lenken: 1. Erfüllung politischer nationaler Ideale. 2. Bewährung [sic]1 bäuerlichen Eigentums. 3. Befriedung religiöser Wünsche. 4. Möglichkeit gegen und ohne Bevölkerung rein deutsch zu regieren. Aus Mangel deutscher Kräfte Illusion. Punkt 1 ist unmöglich. Punkt 2 umstritten. Bleibt meines Erachtens Religion. Mache aufmerksam Partisanenkrieg und Hungererscheinungen bevorstehend. Zerstörung bolschewistischer Zentrale dies Jahr unwahrscheinlich. Wie sollen Gegenkräfte überwunden werden? Halte unbefangene Prüfungsfrage erforderlich, ob nicht orthodoxe Religion für uns einsetzbar, da Bevölkerung stark christlich. Sonst Einschaltung Roms unvermeidlich. Im Oblast Shitomir 50 bodenständige Priester vorhanden. Wehrmacht holte Archimandabt aus Kremenez, der im Auftrag Erzbischof Alexei die Lage prüft. Verweise auf Lagebericht 5241 vom 5.8.41, Seite 10 und Vortrag SS-Obersturmführer Dr. Beyer2 bei SS-Obersturmbannführer Ehlich3 und erbitte Weisung, zu was Rosenberg andere Richtlinien gab. Entscheid und Frage, wie bisher bolschewistisch beherrschte Masse ohne Einsatz starken deutschen Apparates zu führen?
Einsatzgruppe C
gez.: Dr. Rasch
SS-Brigadeführer
LVVA, 1026–1–16 u. USHMMA, RG18.002M
1 Gemeint: Gewährung.
2 Dr. Hans Joachim Beyer, geb. 1908, Studium der Geschichte, des Öffentlichen Rechts u. der Volkstumswissenschaft, 1936 NSDAP. Als Leiter der Mittelstelle für auslandsdeutsche Volksforschung der Deutschen Akademie u. des Deutschen Auslands-Instituts hatte er Kontakte zum SD, für den er seit 1938 ehrenamtlich u. seit 1939 hauptberuflich tätig war. Er arbeitete dort schwerpunktmäßig in der Gruppe III B (Deutsche Lebensgebiete) als Ukraine-Referent u. erhielt den Dienstrang eines Ostuf. Auf Vermittlung von Amtschef Six wurde ihm 1940 ein Lehrstuhl am Auslandswissenschaftlichen Institut der Universität Berlin angetragen. Beyer weilte seit Mitte Juni 1941 als ‚Berater‘ bei der EG C. Nach seiner Rückkehr vom Osteinsatz ins RSHAtrat Beyer zusätzlich als – antipolnischer wie antisemitischer – ‚Wissenschaftsautor‘ in Erscheinung u. erhielt einen Ruf an die Reichsuniversität Posen, dann, auf ausdrücklichen Wunsch Heydrichs, nach Prag. Dort gehörte er als wissenschaftlicher Leiter zum Führungspersonal der Reinhard-Heydrich-Stiftung. 1942 Hstuf., 1947 Anstellung bei der Schleswig-Holsteinischen Landeskirche, 1950 ordentlicher Professor an der Pädagogischen Hochschule Flensburg, gest. 1971; vgl. Karl Heinz Roth: Heydrichs Professor. Historiographie des „Volkstums“ und der Massenvernichtungen: Der Fall Hans Joachim Beyer, in: Peter Schöttler (Hrsg.): Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918–1945, Frankfurt/M. 1997, S. 262–342; Ingo Haar/Michael Fahlbusch (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen – Institutionen – Forschungsprogramme – Stiftungen, München 2008, S. 65–68.
3 Dr. Hans Ehlich, geb. 1901, Studium der Medizin, 1927 Dr.med., Assistenzarzt im Stadtkrankenhaus Dresden-Johannstaedt, dann eigene Praxis, 1932 SS, 1933 NSDAP, 1935 hauptberuflicher Wechsel in den Staatsdienst als Rassereferent in der Gesundheitsabt. des sächsischen Innenministeriums, daneben Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP, 1937 Übernahme ins SD-HA als Abt.leiter II 213 (Rasse u. Volksgesundheit), beim Umbau zum RSHA Übernahme des einflußreichen ‚Think tank‘ III B (Volkstum), Mitarbeit am Generalplan Ost, praktizierte nach dem Krieg wieder als Arzt. Da er zu den tatfernen RSHA-Funktionären zählte, kam er – obwohl er SD-Fhr. EG V im Polen-Feldzug gewesen war – trotz seiner exponierten Position um eine Anklage herum; vgl. Wildt: Generation des Unbedingten, S. 177–180, 379–382, 664–669; Mallmann/Böhler/Matthäus: Einsatzgruppen in Polen, S. 34f., 103, 107.
40) Rundschreiben Heeresgruppe Mitte vom 14.8.1941: Auszug aus Bericht der Einsatzgruppe B
Heeresgruppe MitteIc/AO | H.Qu., den 14.8.1941 |
Aus einem Bericht der „Einsatzgruppe B“ werden anliegend Auszüge zur Kenntnis gebracht mit der Bitte um entsprechende Maßnahmen in den Armeebereichen bezw. im rückwärtigen Heeresgebiet, soweit die Truppe beteiligt ist.
Verteiler: | Für das Heeresgruppenkommando MitteDer Chef des GeneralstabesI.A. Gersdorf Major i.G. |
AOK 2, AOK 4, AOK 9, Armee-Gr. Guderian, Pz.-Gr. 3, Bef.rückw.H.Geb. Mitte
II. Polizeiliche Tätigkeit
1.) Einsatz gegen Partisanen
Die eingehenden Berichte lassen erkennen, dass seitens der Einsatzgruppe der Bekämpfung der Partisanen ständig stärkere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, denn es zeigt sich, dass diese Banden nicht nur die Bevölkerung terrorisieren und Lebensmittel erpressen, sondern vor allem auch den Nachschub an die Front stören, Sabotageakte verüben und Überfälle auf einzelne Soldaten oder kleinere Gruppen durchführen. Ihr Auftreten wird immer häufiger und rücksichtsloser. Vielfach haben sie sich Zivilkleidung verschafft, sich ihrer Militärstiefel und ihrer Militärpapiere entledigt und versuchen neuerdings auch in Frauenkleidung unterzutauchen. Sie sind durchweg bewaffnet und eignen sich zuweilen auch deutsche Kraftfahrzeuge an. Natürlich liegt in der ganzen Partisanentätigkeit ein wohldurchdachtes System, für das die Hauptverwaltung der politischen Propaganda der Roten Armee verantwortlich ist. Aufgefundene Flugblätter lassen einwandfrei erkennen, dass diese Abteilung der Roten Armee bis ins einzelne gehende Anweisungen für die Durchführung des Partisanenkrieges herausgegeben hat. Es sollen Verkehrs- und Nachrichtenverbindungen, Kabelleitungen, Wege und Brücken zerstört, Transporte überfallen, wichtige Gebäude, Vorräte und Erntebestände angezündet werden. Die Flugblätter zeigen auch Vorschriften über Organisation, Bewaffnung, Versorgung und Leitung der Partisanen. Von den Kommandos sind inzwischen umfangreiche Aktionen gegen Partisanengruppen durchgeführt worden. So konnte z.B. das EK 9 feststellen, dass sich in der Nähe des 60 km nordostwärts Witebsk gelegenen Ortes Schliachotki eine stark bewaffnete Bande von ca. 40 Mann in den Wäldern umhertrieb und sich hauptsächlich aus roten Offizieren und Funktionären zusammensetzte. Der Ort wurde mehrmals ausgeplündert. Bei einer zunächst erforderlichen Erkundung kam ein Trupp des EK 9 mit dieser Partisanengruppe in Berührung, die zum weitaus größten Teil in die Wälder flüchten konnte, da die Einsatzkräfte zu einer Umzingelung nicht ausreichten. Die Säuberung des fraglichen Waldgebietes wird zusammen mit der Wehrmacht erfolgen. Eine lebhaftere Partisanentätigkeit ist insbesondere im südlichen Abschnitt der Heeresgruppe festgestellt worden. Wie bereits durch Sonderbericht gemeldet, hatte ein in Sluzk tätiger Trupp des EK 8 am 29.7.41 einen Feuerkampf mit Partisanen, bei dem auf der Feindseite 6 Tote zu verzeichnen waren. In Auswirkung dieser Aktion wurden außerdem noch weitere 24 Partisanen erschossen. In Pohost, 15 km südostwärts Sluzk, verübten in deutsche Uniformen gekleidete Partisanen mehrere Morde. Sie wurden am 31.7. gestellt und zusammen mit 38 Juden, die ihnen Unterstützung gewährt hatten, liquidiert. In Luban, etwa 50 km südostwärts Sluzk, wurde von dem gleichen Trupp eine etwa 100 Mann starke Partisanengruppe aufgespürt, die bereits zahlreiche Sabotageakte verübt und die Bevölkerung ausgeplündert oder terrorisiert hatte. Es gelang dieser Bande jedoch, sich zunächst nach Barikow, 25 km von Luban entfernt, zurückzuziehen. Die erforderlichen Maßnahmen sind eingeleitet. Am 26.7. wurden in Minsk vom EK 8 neun ehemalige russische Soldaten liquidiert. Sie hatten sich als Partisanen betätigt und zwischen Stolpce und Minsk einen Feuerüberfall auf die Insassen eines Kraftwagens der Wehrmacht ausgeführt. Eine weitere Partisanengruppe wurde bei Lachasa, etwa 5 km westwärts Lagoisk, festgestellt. Bei einem nächtlichen Feuergefecht wurden 2 schwer bewaffnete Partisanen erschossen; der Rest konnte im Walddickicht entkommen. Lediglich ein angeblicher Armenier, der ebenfalls zu dieser Terrorgruppe gehörte, wurde bei der Nachsuche gefasst und unschädlich gemacht. Bei dem Feuergefecht wurde der wolgadeutsche Verwalter durch einen russischen Gewehrschuss an der Schulter verletzt.1 Auch in Smolensk und Umgebung sind Partisanengruppen beobachtet worden, die vermutlich zu dem Vernichtungsbataillon gehörten, das in Smolensk aufgestellt worden war (vergl. Sonderbericht). Aus einem ebenfalls in Smolensk aufgefundenen Aktenvermerk ergibt sich, dass die politische Abteilung der Verwaltung des Volkskommissariats für die Staatssicherheit des Gebiets Smolensk für ihre Operationsziele eine Aufstellung der Wehrpflichtigen vorgenommen hat, die s.Zt. gegen die Weissfinnen gekämpft haben. Ob diese zur Partisanentätigkeit oder zu anderen militärischen Aufgaben herangezogen werden sollten, hat sich bisher noch nicht feststellen lassen. Bei der Bekämpfung von Partisanengruppen hat sich gezeigt, dass die Entsendung einer grösseren Anzahl von zuverlässigen Vertrauenspersonen in die bedrohten Gebiete erfolgversprechend ist. So wurden z.B. wertvolle Feststellungen über Partisanengruppen getroffen, die sich in den Waldgebieten nordostwärts Borissow betätigen. Die erforderlichen Fahndungsmaßnahmen sind mit dem zuständigen Sicherungsbataillon eingeleitet worden. Unzweifelhaft stellen die Partisanen eine grosse Gefahr dar, wenn sie wirklich den Moskauer Weisungen entsprechend handeln. Nach den von hier getroffenen Feststellungen scheinen die Partisanen aber nur dann eine Aktivität zu entwickeln, wenn sie in der Hand von Offizieren, Funktionären oder Kommissaren sind. Sobald sie aber ohne diese Aufsicht sind, zerstreuen sie sich und versuchen ihre Heimatdörfer zu erreichen.
2.) Aktionen gegen Kommunisten usw.
Sicherheitspolizeiliche Aktionen gegen kommunistische Funktionäre, NKWD-Agenten und jüdische Intellektuelle wurden in Bielsk, Borissow, Bialystok, Grodno, Gorodok, Glebocki, Lachowicze, Minsk, Mogilew, Molodeczno, Nowogrodek, Nowoswenciani, Polozk, Surash, Sluzk, Skidel, Smolensk, Wilejka, Wilna, Witebsk und anderen kleineren Ortschaften weiterhin durchgeführt. In Bielsk gelang es einem Teilkommando, an einem Tage 82 Personen festzunehmen, zu überprüfen und als eifrige Kommunisten festzustellen. Sie wurden entsprechend behandelt. Diese Aktion erstreckte sich über einen Raum von rund 50 km Durchmesser. In Bialystok wurde weiter eine Anzahl Grossrussen, Weissruthenen, Polen und Juden, darunter 4 Frauen, wegen kommunistischer Betätigung, Agenten-Tätigkeit für NKWD, Zugehörigkeit zur roten Miliz und wegen Plünderns liquidiert. Der in Grodno stationierte Trupp berichtet über weitere Festnahmen von Juden, Polen und Weissruthenen wegen kommunistischer Umtriebe, Mitarbeit im NKWD, unbefugten Waffenbesitzes und Verbreitung von Greuelnachrichten. Der in Nowogrodek tätige Trupp führte Aktionen gegen die jüdische Intelligenz durch, unter denen sich langjährige Mitglieder der KP und Agenten des NKWD befanden. In Zdzieciol konnte ein Einsatztrupp wertvolles Schriftgut und Karteimaterial sicherstellen; kommunistisches Propagandamaterial und Hetzschriften wurden auf dem Marktplatz verbrannt. Im Parteigebäude von Gorodok wurde ebenfalls wertvolles parteiamtliches Material beschlagnahmt. In Witebsk, Polozk und Surash wurden Aktionen gegen bolschewistische Funktionäre, Komsomolmitglieder und jüdische Intelligenzler durchgeführt. Es konnten hierbei Komsomolangehörige überführt werden, die gemeinsam mit Juden Brandstiftungen in Witebsk begangen hatten. Die hierbei festgestellten Funktionäre wurden liquidiert. Ein politischer Kommissar, der bei der 113. sowjetischen Division die bolschewistische Führung und Propaganda leitete, konnte in Minsk festgenommen werden. Er steht im Verdacht, illegale Flugblätter verfasst zu haben. Die Ermittlungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen. Ausser in Minsk erfolgten weitere Liquidierungsaktionen in Rakow, Sluzk, Bastowicze, Luban, Ossipowitschi, Tartarka und Wereizy. Von dem in Borissow eingesetzten Trupp wurden weitere 16 Personen erschossen, die sich als aktive Kommunisten und NKWD-Agenten betätigt und die Bevölkerung terrorisiert hatten. Sie waren auch der Begünstigung russischer Kriegsgefangener überführt. In Lachowicze wurden mehrere Juden wegen aktiver kommunistischer Betätigung liquidiert. Ein in Zivil aufgegriffener Rotarmist, der einer nördlich Lachowicze operierenden Partisanengruppe angehörte, wurde erschossen. In den kleineren Ortschaften Lenki, Hresk, Wesilenki und Spoli wurde eine Anzahl Weissruthenen, deren Betätigung im NKWD einwandfrei festgestellt werden konnte und die sich auch wegen Plünderns strafbar gemacht haben, zur Exekution gebracht. Unter ihnen befand sich auch ein russischer Offizier in Zivil, der die Bevölkerung gegen die deutschen Truppen aufgehetzt hatte. In Mogilew konnte das Vorkommando VIIb mit der kämpfenden Truppe einrücken und bedeutsames Material beschlagnahmen. 28 Funktionäre der KP wurden festgenommen. Einem Agenten konnte nachgewiesen werden, dass er für die Verschleppung von Volksdeutschen nach Sibirien verantwortlich ist. Sämtliche Festgenommenen wurden, nachdem sie den Aufenthalt weiterer flüchtiger Funktionäre angegeben hatten, liquidiert. 50 Juden mussten wegen Brandstiftung erschossen werden. Mit der Ortskommandantur wurden Vereinbarungen über Bildung eines Judenrates und die Wiedereinrichtung des früheren Ghettos getroffen.2 In Smolensk waren Exekutivmaßnahmen bisher dadurch behindert, dass sich von den 160.000 Einwohnern nur etwa 1000 in der Stadt befanden. Ein geringer Teil der geflüchteten Bevölkerung ist inzwischen zurückgekehrt. Aus Sicherheitsgründen wurden die noch hier verbliebenen Männer zunächst in einem Lager untergebracht und werden nun systematisch überprüft. Zunächst wurden Leute ausgesucht, die sich als V-Personen eignen. Sie wurden beauftragt, aus der allmählich zurückkehrenden Bevölkerung die NKWD-Agenten, Funktionäre, Saboteure usw. herauszusuchen. Für die Juden wurde ein Ältestenrat bestellt, die Schaffung des Ghettos in Angriff genommen und die äussere Kennzeichnung im Einvernehmen mit der Ortskommandantur durchgeführt.3 Für Smolensk wurde schliesslich noch ein Ordnungsdienst aufgestellt, der die Ruhe und Ordnung innerhalb der einheimischen Bevölkerung aufrechterhalten und die deutschen Sicherheitsorgane zur Konsolidierung der politischen Verhältnisse unterstützen soll.
3.) Anzeigentätigkeit
Allgemein ist zu beobachten, dass die Anzeigefreudigkeit der Bevölkerung zunimmt. Besonders bewährt hat sich die von der Einsatzgruppe angeordnete und von den Kommandos jeweils öffentlich bekanntzumachende Aufforderung der Bevölkerung, alle Wahrnehmungen über Auftauchen von Kommunisten, Saboteuren, Agenten, Brandstiftern usw. der deutschen Sicherheitspolizei zur Kenntnis zu bringen. Allerdings musste auch festgestellt werden, dass eine ganze Anzahl Personen glaubte, nun persönliche Wünsche und Rachegelüste durch Erstattung von Anzeigen befriedigen zu können. Die Kommandos sind daher angewiesen worden, die einlaufenden Anzeigen eingehend nachzuprüfen, um Fehlmaßnahmen von vornherein auszuschliessen. Diese Vorsicht ist notwendig, da in einigen Fällen versucht worden ist, und zwar von kommunistischer Seite, die von deutschen Dienststellen eingesetzten Mitarbeiter als Kommunisten zu verdächtigen und auf diese Weise schliesslich wieder Unruhe in die Bevölkerung zu tragen. Aus den Anzeigen ergab sich weiterhin, dass viele Juden nach Erscheinen der Sicherheitspolizei in die Wälder flüchten und sich dort versteckt halten. So gelang es dem EK 9 in einem Walde bei Witebsk 300 solcher Juden gefangenzunehmen. Eine gründliche Erfassung der auf diese Weise geflüchteten Juden wird allerdings erst im rückwärtigen Gebiet mit dem Einsatz der Polizei-Bataillone möglich sein.
NARB, 655–1–3 u. USHMMA, RG53.002M
1 Bei den erwähnten Partisanen handelte es sich um versprengte sowjetische Soldaten, deren Präsenz in den Pripjet-Sümpfen in den Tagen darauf die Legitimation für die Vernichtungsaktionen der SS-Kavallerie-Brigade darstellte; vgl. Cüppers: Wegbereiter der Shoah, S. 137–165.
2 Laut Befehl v. 13.8.1941 mußten die Juden in Mogilew bis zum 14.8. in den Gettobereich der Stadt umsiedeln; vgl. Dean: The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos, Bd. 2, S. 1703–1706.
3 Zum Ghetto Smolensk vgl. ebd., S. 1820–1824.
41) Funkspruch Chef der Sicherheitspolizei und des SD an Einsatzgruppen vom 15.8.1941
Der Chef der Sicherheitspolizei u.d. SD | Berlin, den 15.8.1941 |
Geheim! | |
FT. (verschlüsselt) (Bef. am 23.8.41 NÜ-Nr. 5959) | |
an alle Einsatzgruppen der Sipo und des SD (A, B, C und D) |
Es besteht Veranlassung auf folgendes aufmerksam zu machen: Alle Einsatzbefehle und sonstigen Einzelanordnungen an die Einsatzgruppen und Einsatzkommandos müssen so verwahrt werden, daß es ausgeschlossen bleibt, daß auch nur einer dieser Befehle in unbefugte Hände, vor allem aber nicht in Feindeshand fallen kann. Sofern diese Gewähr nicht gegeben werden kann, sind die Einsatzbefehle und Einzelanordnungen entweder mit dem nächsten Kurier mit einem „Gesehen“-Vermerk anher zurückzusenden oder unter Beachtung der Verschlußvorschriften (Zeugen) gründlich zu verbrennen (Vermerk hierüber ist anher einzusenden) oder falls örtlich möglich, bei der nächsten Dienststelle der Sipo und des SD im Reichsgebiet oder im GG unter Verschluß (Panzerschrank) zu nehmen. Falls Kuriere auf ihren Fahrten in eine bedrängte Lage kommen sollten, sind sie verpflichtet, die gesamte Post durch Verbrennen zu vernichten. Zu diesem Zwecke haben die Kurierfahrer stets die erforderlichen Hilfsmittel mit sich zu führen. Ich bitte, diese Anordnung alsbald sämtlichen Einsatzkommandoleitern bekanntzugeben.
Der Chef der Sipo u.d. SD
gez. Heydrich
RGVA, 500–1–25 u. USHMMA, RG11.001M
42) Runderlaß Chef der Sicherheitspolizei und des SD vom 16.8.1941: Einsatzbefehl Nr. 10
ReichssicherheitshauptamtIV B 3 a – 34 B/41 gRs. | Berlin, den 16.8.1941Geheime Reichssache! |
An die Chefs der Einsatzgruppen A, B, C und D, an den Bfh. der Sipo u. d. SD in Krakau, an den Insp. der Sipo u. d. SD in Königsberg
Einsatzbefehl Nr. 10
Betrifft: Behandlung der kirchlichen Frage in den besetzten Gebieten der Sowjetunion
Die bisher vorliegenden Berichte über die Entwicklung und den Bestand der religiösen Verhältnisse in den besetzten Gebieten der Sowjetunion machen es notwendig, für die weitere Behandlung dieser Frage gemäß den vom Führer gegebenen Richtlinien nachstehende Anweisungen zu übermitteln:
1. Die katholische Kirche wird mit allen Mitteln versuchen, auf die Bevölkerung der besetzten Gebiete Sowjetrußlands Einfluß zu gewinnen und sie von der orthodoxen Kirche zu entfernen und mit Rom in eine Union zu bringen. Diese Versuche sind unter allen Umständen zu verhindern. Wo an einzelnen Orten noch ein katholischer oder uniierter Geistlicher amtiert, ist dafür zu sorgen, daß seine Tätigkeit weitgehend eingeschränkt wird. Alle, trotz des bestehenden Einreiseverbotes für Geistliche, in die sowjetrussischen Gebiete gelangenden katholischen oder uniierten Geistlichen sind schnellstens in das Herkunftsland wieder abzuschieben. Hierbei ist besonders auf Mönche und Nonnen, beispielsweise Jesuiten, Basilianer und Redemptoristen, zu achten.
2. Eine Förderung der orthodoxen Kirche kommt ebenso wenig in Frage. Wo aus der Bevölkerung der besetzten Gebiete Sowjetrußlands der Wunsch nach religiöser Betreuung geäußert wird und wo ohne Unterstützung durch die Besatzungsbehörden ein Geistlicher zur Verfügung steht, kann die Wiederaufnahme der kirchlichen Betätigung geduldet werden. In keinem Fall soll aber in demonstrativer Weise von deutscher Seite das kirchliche Leben gefördert, ein Gottesdienst veranstaltet oder eine Massentaufe durchgeführt werden. Eine Wiederherstellung der früheren patriarchalischen russischen Kirche kommt nicht in Frage. Es ist zunächst darauf zu achten, daß die entstehenden kirchlich orthodoxen Kreise zunächst keinerlei übergeordneten organisatorischen Zusammenschluß erhalten. Die Aufsplitterung in einzelne kirchliche orthodoxe Gruppen ist daher wünschenswert. In gleicher Weise ist auch gegen die Entwicklung des Sektenwesens im sowjetrussischen Raum nicht einzuschreiten. Hinsichtlich der sogenannten „Lebenden Kirche“, die unter maßgeblichem Sowjeteinfluß stand, ist eine besonders vorsichtige Haltung einzunehmen. Da noch nicht erkennbar ist, ob diese Kirche tatsächlich als Organ der Sowjetregierung zu betrachten ist, ist zunächst vorwiegend durch Sicherstellung und Auswertung von Akten bei Mitgliedern und Priestern der „Lebenden Kirche“ festzustellen, ob ihr Fortbestehen überhaupt tragbar erscheint. In diesem Zusammenhang ist es besonders wünschenswert, wenn es gelingen sollte, bei der Besetzung von Moskau den Patriarchen der „Lebenden Kirche“, Sergius, festzusetzen und das bei ihm befindliche Archivmaterial sicherzustellen und zu sichten. Ebenso besteht hier ein Interesse an der Sicherstellung des in Moskau befindlichen Gottlosenmuseums. In dem an den Gau Ostpreußen und an das GG fallenden Teil des besetzten Gebietes ist zunächst zu verhindern, daß die autokephale orthodoxe Kirche des GG unter Metropolit Dionysius besonderen Einfluß gewinnt. Die orthodoxe Kirche in diesen Gebieten soll nach Möglichkeit gegenüber den dort noch befindlichen katholischen kirchlichen Einrichtungen Oberhand gewinnen. Ein Anschluß der an Ostpreußen fallenden Gebietsteile an die Jurisdiktion des Erzbischofs von Berlin und Deutschland, Seraphim, kommt nicht in Frage.
3. Für die in den baltischen Staaten bestehenden evangelischen Kirchen ist in gleicher Weise zu verfahren. Auch hier ist die religiöse kirchliche Betätigung nur in dem von der Bevölkerung als tatsächlich notwendig empfundenen Maß zuzulassen. Eine Aufsplitterung in möglichst viele Gruppen ist in diesem Gebiet ebenfalls erwünscht.
4. Eine Rückgabe der von den Sowjets verstaatlichten Kirchen oder des kirchlichen Eigentums an kirchliche Organisationen, gleich welcher Art, kommt zunächst überhaupt nicht in Frage. Diese Angelegenheit muß einer späteren Entwicklung überlassen bleiben. Kirchen können zur Abhaltung von Gottesdiensten zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden.
5. Auf die etwa kirchliche Tätigkeit von Dolmetschern, die mit irgendwelchen Dienststellen oder Formationen einrücken und vor ihrer Beschäftigung als Dolmetscher Geistliche oder Theologen irgendwelcher Konfession waren, ist ebenfalls zu achten. Falls eine kirchliche Tätigkeit (Abhaltung von Gottesdiensten, Durchführung von Taufen usw.) bei derartigen Personen festgestellt wird, ist den jeweiligen örtlichen Notwendigkeiten entsprechend in geschickter Weise gemäß den vorstehenden Richtlinien für Abhilfe zu sorgen.
6. Die religiöse Betreuung der Kriegsgefangenen darf nicht besonders gefördert oder unterstützt werden. Wo unter den Kriegsgefangenen Geistliche sind, können diese, sofern es dem Wunsch der Sowjets selbst entspricht, die religiöse Betätigung durchführen. Der Einsatz von Geistlichen aus dem GG oder dem Reichsgebiet zur religiösen Betreuung sowjetrussischer Kriegsgefangener ist ausgeschlossen. Die vorstehenden Richtlinien können nur in allgemeinen Formen gehaltene Anweisungen für die Behandlung der religiösen Fragen in den besetzten Gebieten Sowjetrußlands geben. Bei den jeweils örtlich verschiedenen Notwendigkeiten muß jedoch Grundsatz in allen Anordnungen bleiben, daß eine Förderung der Kirchen aller Konfessionen überhaupt nicht erfolgen darf und daß die Tätigkeit der katholischen bzw. uniierten Kirche weitgehend ausgeschaltet werden muß. Unter allen Umständen ist jeder aus dem Reichsgebiet, dem GG oder aus anderen an Rußland angrenzenden Staaten kommende kirchliche Einfluß zu unterbinden und zu brechen. Ich ersuche, über die Entwicklung auf kirchlichem Gebiet in den besetzten Teilen der Sowjetunion wie bisher zu berichten und die in Frage kommenden nachgeordneten Dienststellen der Sipo u.d. SD entsprechend zu unterrichten.
gez. Heydrich
RGVA, 500–5–3 u. USHMMA, RG11.001M
43) Bericht Einsatzgruppe B über die polizeiliche Tätigkeit vom 9.–16.8.1941
Der Beauftragte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD beim Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes 102
Bericht über die polizeiliche Tätigkeit über die Zeit vom 9. bis 16. August 1941
1.) Allgemeines
Bei der polizeilichen Exekutivarbeit konnten auch in dieser Berichtszeit nicht soviel höhere Funktionäre und Agenten festgenommen werden, wie ursprünglich erwartet wurde, weil diese Funktionäre und Agenten entweder mit der zurückgehenden roten Armee geflüchtet sind oder sich noch in kleineren Ortschaften oder in den Wäldern versteckt halten. Hier lassen sie sich nur durch eine systematische Kleinarbeit und Ansetzen von Vertrauensleuten ermitteln, die eingeleitet sind. Ferner mußte leider festgestellt werden, daß die Bolschewisten ihr politisches Material bisher jedenfalls um so systematischer vernichtet oder abtransportiert haben, je weiter wir nach Osten vorgedrungen sind. Als neues Moment ist, wie bereits in den früheren Berichten erwähnt, hinzugekommen, daß sich als Folge der militärischen russischen Niederlage in steigendem Maße Partisanengruppen bilden, die nach zentralen Weisungen organisiert und geleitet werden. In der Berichtszeit fiel auf, daß solche Partisanengruppen in größerer zahlenmäßiger Stärke als früher gemeldet wurden, bei denen sich auch stets Offiziere oder Kommissare befanden.
2.) Bekämpfung der Partisanengruppen1
Die laufenden Aktionen gegen Partisanengruppen wurden durch die Sicherheitspolizei erfolgreich fortgeführt. In Monastyrschtschina, etwa 70 km südostwärts Smolensk, südlich Smolensk [sic], konnte der Gruppenstab 26 Juden erfassen, die mit Partisanen in Verbindung standen, die loyale Bevölkerung terrorisierten und die von der Feldkommandantur Smolensk angeordneten wirtschaftlichen Maßnahmen sabotierten. Der Gruppenstab konnte darüber hinaus, unterstützt durch den anti-bolschewistischen Teil der Bevölkerung, eine nahe bei Monastyrschtschina vorhandene größere Partisanengruppe in Stärke von 150 bis 200 Mann mit einem Waffenlager feststellen, deren Vernichtung in Zusammenwirken mit Einheiten der Wehrmacht erfolgen wird. Nordöstlich von Gusino, an der Autobahn zwischen Smolensk und Orscha, gelang es, mit Kräften des Gruppenstabes und unter Zuhilfenahme des Fieseler-Storch ebenfalls eine stärkere Partisanengruppe unter Führung eines Hauptmannes und eines Kommissars festzustellen. Als ortskundiger Führer diente ein Kommunist aus dem Dorfe Schalibo. Diese Bande hatte die umliegenden Ortschaften geplündert, Vieh, Lebensmittel, Zivilkleidung, ja selbst Frauenkleidung weggenommen und versucht, immer die Bevölkerung von der Erntearbeit abzuhalten. Späher in Zivil erkundeten regelmäßig die Standorte deutscher Wehrmachtseinheiten. Einzelne an der Autobahn liegengebliebene Fahrzeuge griffen sie an. Bei unseren bisherigen Durchkämmungsaktionen konnten wir in Zusammenarbeit mit der Wehrmacht kürzlich diese Partisanen unschädlich machen. Auf Bitten des Abwehroffiziers AOK 2 griff auch das Sonderkommando 7b in die Partisanenbekämpfung ein. Nach ihm zugegangenen Meldungen sollten sich bewaffnete ehemalige Rotarmisten in einem Dorf nahe bei Sochanowa verborgen halten und die arbeitswillige Bevölkerung terrorisieren. Durch einen Sondertrupp von 7b konnte daraufhin festgestellt werden, daß das Dorf Scharjewschtina in Frage kam. Der Sondertrupp umstellte das Dorf, drang überraschend ein und faßte 6 Partisanen, die liquidiert wurden. Geladene russische Militärgewehre und Pistolen wurden erbeutet. Die Partisanen waren übrigens sämtlich Mitglieder der KP. Von dem in Witebsk stationierten Einsatzkommando 9 sind in der Berichtszeit 4 größere Aktionen gegen Partisanen durchgeführt worden. Besondere Schwierigkeit machten die umfangreichen Waldstücke. Immerhin konnte eine größere Anzahl Partisanen überrumpelt und vernichtet werden. Auch in den Waldgebieten südlich der Straße Starbyschow–Tschidirinka konnten versprengte russische Truppen festgestellt werden, die Überfälle auf die deutschen Versorgungsstützpunkte versuchten. Gleiche Meldungen kamen aus den Dörfern Gamarnja, Wjun, Aletnoje und Jamnoje. Der gegen diese Kräfte mitangesetzte Trupp der Sicherheitspolizei konnte 5 Personen, die mit den Partisanen in Verbindung standen, unschädlich machen. Das Einsatzkommando 8 ermittelte u.a. einen Juden in Tscherwen, der dort bis Kriegsausbruch Schulinspektor war. Er hatte sich einer Partisanengruppe angeschlossen, die in den Wäldern von Tscherwen unter Führung eines russischen Leutnants hauste. In Kenntnis gesetzte Wehrmachtsteile haben das entsprechende Gebiet mit Erfolg durchkämmt. Auch der Bürgermeister von Hresk und dessen Hausverwalter wurden wegen der gleichen Handlungsweise erledigt. Im Bezirk Hresk hat ein Kommando des EK 8 51 Männer festgenommen und erledigt, weil sie sich als Partisanen betätigt hatten. Die Mehrzahl waren Rotarmisten, die sich Zivil angezogen und ihre Ausweispapiere fortgeworfen hatten. In einem Nachbarort wurden 2 Züge Ordnungspolizei von einer Einheit der Roten Armee in Stärke eines Bataillons überfallen. Infolge der Übermacht mußte sich die Ordnungspolizei zurückziehen und verlor dabei 12 Tote und 2 Verwundete. Eine Säuberungsaktion durch die 262. Division ist nunmehr im Gange. Nach einer beim Kommandanten in Sluzk eingelaufenen Nachricht sollten sich starke rote Kräfte auf dem Wege nach Sluzk befinden. Die Verteidigung der Stadt wurde vorbereitet, sämtliche deutschen Kräfte wurden alarmiert und auch das vom EK 8 dort befindliche Teilkommando miteingesetzt. Dieses sicherheitspolizeiliche Teilkommando brachte hier seit der letzten Berichterstattung 77 Männer zur Exekution, die mit den Partisanen in Verbindung standen bezw. der Sabotage überführt waren.
3.) Aktionen gegen Funktionäre, Agenten, Saboteure und Plünderer, Sicherstellung von Material
In Smolensk wurden einige Viertel der Stadt systematisch nach Funktionären und Agenten, Kriminellen usw. durchgekämmt. 74 Personen wurden dabei erfaßt und unschädlich gemacht. Darunter waren wieder Personen, die zu Partisanen Verbindung hielten, ferner ein Angehöriger des NKGB, der an den laufenden Erschießungen im Keller des hiesigen NKWD-Gebäudes beteiligt war, sowie Anführer von Plündererbanden. Die Durchkämmung der übrigen Teile der Stadt wird fortgesetzt. Dabei muß jedoch berücksichtigt werden, daß Smolensk nach wie vor nur einen geringen Bruchteil seiner bisherigen Bevölkerung beherbergt. Der Ausbau eines V-Männernetzes wurde tatkräftig vorwärts getrieben. Die Tatsache, daß nur wenige Einwohner zurückgeblieben waren und sich in letzter Zeit auch eine Reihe von Sabotageakten ereignete, die das Vorhandensein aktiver Bolschewisten beweisen, zwang zu großer Vorsicht bei der V-Männerwerbung. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es, bereits eine größere Anzahl zuverlässiger V-Leute zu erfassen. Auch Angehörige der kommissarischen Stadtverwaltung wurden in das V-Männernetz einbezogen. In Mogilew wurden die Fahndungen nach kommunistischen Funktionären und deren Unschädlichmachung erfolgreich fortgeführt. Weiter wurden eine Anzahl von Brandstiftern und ein Spitzel des NKGB, der zahlreiche Volksdeutsche bei den russischen Behörden denunziert hatte, exekutiert. In der Feldflur bei Mogilew wurde der politische Kommissar Walerian Sacharinkow ergriffen und liquidiert. Sacharinkow war seit 1919 Parteimitglied und ein fanatischer Bolschewist, der noch bis zuletzt einen starken Einfluß auf größere Bevölkerungsteile ausübte. In Orscha konnten 43 Juden ermittelt werden, die sich z.T. als Verbreiter von Greuelnachrichten und teils als Heckenschützen betätigt hatten. Unter diesen befanden sich zwei Parteifunktionäre. Einer davon war Propagandaleiter der KP in Orscha. Außerdem wurde ein Pole wegen Plünderung erschossen. In den Dörfern Szuchari und Jasna wurden 11 Juden exekutiert. Sie hatten sich teilweise als Heckenschützen betätigt, teils kommunistische Agitation betrieben. Unter den Liquidierten befand sich ein Funktionär der KP, der politischer Kommissar gewesen sein soll. In Tschauszy, 60 km von Mogilew entfernt, wurden 31 Juden, die mit Partisanen in Verbindung gestanden hatten, liquidiert. Da in Tsch. bisher weder eine Orts- noch Feldkommandantur vorhanden und noch keine Stadtverwaltung gebildet war, wurde von dem dort arbeitenden Trupp ein kommissarischer Stadtrat gebildet. Bei der Rückkehr aus Tsch. wurde der Trupp unterwegs von Partisanen beschossen, denen es jedoch gelang, im Walde zu entkommen. In Bobruisk konnte u.a. ein NKGB-Spitzel liquidiert werden, der nach Zeugenaussagen etwa 200 Personen auf dem Gewissen hat. In Welish gelang es, im NKWD-Gebäude Karteikarten über die Mitgliedschaft zum Komsomol und zur KP sicherzustellen. Die Bildung eines Judenrates, die Kennzeichnung und Registrierung der Juden wurde gleichfalls durchgeführt. Auf dem Kolchos Woroschylow, 17 km von Welish entfernt, wurden 8 Juden, die durch Verbreitung falscher Gerüchte die Bevölkerung einzuschüchtern versuchten und die überdies Mitglieder des Komsomol gewesen waren, liquidiert. Außerdem wurde die frühere Leiterin der Waldbewirtschaftungsstelle in Welish, eine Jüdin, wegen Sabotage erschossen. Eine Jüdin, die einen deutschen Soldaten in Witebsk hinterhältig um Öffnung einer Tür gebeten hatte, wobei diesem durch eine Sprengladung der Unterarm abgerissen wurde, konnte durch Ermittlung des Einsatzkommandos festgenommen werden. Die Wehrmacht hat die Jüdin alsdann durch Organe des Ordnungsdienstes öffentlich erhängen lassen. Einige weitere Personen, die sich an der Inbrandsetzung von Witebsk beteiligt hatten und gemäß dem Aufruf Stalins Vieh aus den Ortschaften weggetrieben hatten, wurden gleichfalls liquidiert. In Minsk wurden liquidiert 1 Russe, weil ihm nachgewiesen werden konnte, daß er auf deutsche Soldaten geschossen hatte, ferner 2 Personen, die auf frischer Tat beim Durchschneiden von Kabeln der Luftwaffe überrascht wurden. Durch die Ortskommandantur in Minsk wurde uns ein Weißrusse wegen Verdachts der Verübung von Sabotageakten zugeführt. Er konnte überführt werden, hinter der Puschkin-Kaserne Kabel der deutschen Wehrmacht unter Benutzung einer Axt zerstört zu haben, und wurde liquidiert. Die gleiche Behandlung erfuhren ein Jude und eine Weißrussin, die als bolschewistische Agitatoren gemeinste Hetz- und Wühlarbeit durchgeführt hatten. Weitere 10 Juden aus Minsk, die bis zuletzt antideutsche Propaganda unter der Bevölkerung betrieben hatten, wurden gleichfalls erschossen. Auch ein Großrusse, der zu seiner Tarnung bettelnd im Stadtgebiet umherzog und die Bevölkerung durch Drohungen mit Brandstiftung terrorisierte, mußte exekutiert werden. Ferner wurde ein Angehöriger des Zivilen Ordnungsdienstes liquidiert. Er hatte ohne Auftrag in Minsk und im Dorfe Znianka Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen. Hierbei plünderte er die Wohnungen aus. Die Liquidierung war schon deshalb erforderlich, weil er den von der Durchsuchung Betroffenen gegenüber geäußert hatte, er handle im Auftrag deutscher Behörden. Eine Anzahl weiterer Personen wurde wegen Sabotage, Plünderung und kommunistischer Agitation erschossen. Dieselbe Behandlung erfuhren 10 Großrussen, die in den Baracken an der Stadtgrenze von Minsk Unterschlupf gefunden hatten. Nach den Ermittlungen waren es ehemalige Zuchthäusler.
NARB, 655–1–3 u. USHMMA, RG53.002M
1 Nach Stalins am 3.7.1941 verbreiteten Aufruf, in den deutschbesetzten Gebieten eine organisierte Partisanenbewegung zu schaffen, sollte es noch bis in den Winter dauern, bis eine derartige Struktur in den Grundzügen realisiert war. Wegen der günstigen geographischen Voraussetzungen sollte Weißrußland das eigentliche Zentrum der gesamten sowjetischen Partisanenbewegung werden. Die während der ersten Kriegswochen aus der deutschen, propagandistisch überladenen Perspektive als vermeintliche „Partisanen“ bezeichneten Kräfte waren in der Regel jedoch noch versprengte Rotarmisten, die versuchten, hinter den deutschen Linien zu überleben. Nicht nur bei Sicherheitspolizei u. SD, sondern auch bei der Wehrmacht galten außerdem Juden oft genug generell als Unterstützer der „Partisanen“; vgl. Cüppers: Wegbereiter der Shoah, S. 215–233.
44) Schnellbrief Chef der Sicherheitspolizei und des SD vom 19.8.1941: Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD | Berlin SW 11, den 19. August 1941 |
IV A 1 b – B.Nr. 573/41 g. | Prinz-Albrecht-Straße 8 |
Schnellbrief | Fernsprecher: 120.040 |
An die Chefs der Einsatzgruppen A, B, C und D | [Stempel: Geheim!] |
Betrifft: Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum
Anlagen: 1
Im Anschluss an meinen Schnellbrief vom 30.7.41 – B.Nr. wie oben – übermittle ich anliegend den Organisations-Befehl Nr. 1 des Beauftragten für die Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum, der die Weisung zur Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte in den Baltenländern und die für die Schaffung solcher Stützpunkte nunmehr allgemein gültigen Richtlinien enthält. Ich bitte auch die unterstellten Einsatzkommandos von diesem Befehl in Kenntnis zu setzen.
In Vertretung
gez. Müller
Abschrift! | |
Der Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei | Lublin, den 31. Juli 1941 |
Der Chef der Ordnungspolizei |
Der Beauftragte für die Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum Ia I g.
Organisations-Befehl Nr. 1
1. Ich wurde durch Erlaß des RFSSuChdDtPol.i.RMdI. vom 17.7.41 – O-kdo. I Nr. 51/41 – zu seinem Beauftragten für die Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum ernannt.
2. In den SS- und Polizeistandorten 1. und 2. Ordnung sind sofort das Gelände und die Gebäude auszusuchen und zu besetzen, die für die SS- und Polizeistützpunkte in den Baltenländern des Reichskommissariats Ostland für die SS- und Polizeiwohnviertel geeignet sind. Das Gelände soll möglichst in der Stadt, wenn nicht anders möglich an ihrer Peripherie, nicht aber ausserhalb der Stadt gelegen sein. Es ist so auszusuchen, daß es das Stadtgebiet beherrscht und daß es militärisch befestigt und verteidigt werden kann. Das Gelände muss so gross sein, daß es alles aufnimmt, was zu SS und Polizei, aber auch zu allen anderen deutschen Dienststellen (ohne Wehrmacht) gehört. Das Gelände muss guten Baugrund haben mit eigener bester Wasserversorgung. Im einzelnen ist in diesen SS- und Polizeistützpunkten und Wohnvierteln der Platz für folgende Anlagen und Bauten vorzusehen: Unterkunft für geschlossene Formationen der SS und Polizei mit allen dazu gehörigen Einrichtungen, Räumlichkeiten für alle sonstigen Dienststellen der SS und Polizei, Wohnungen für die Familien der Verheirateten. Hierher gehören auch die Bauten von Garagen mit Tankanlagen, mit Ställen für Pferde, Wirtschaftsgebäude, Lebensmitteldepots, alle hygienischen Einrichtungen wie Bäder, Brausen, Entlausungsanlagen, Kleidertrockenanlagen und die selbständigen Versorgungsbetriebe für Elektrizität, Heizung und Wasser. Es sind vorzusehen alle Anlagen für die Freizeitgestaltung wie Sportplätze, Reitplätze, wenn möglich auch freie Badeanlagen. Es sind weiter vorzusehen und einzurichten alle Bauten für den Feuer- und Luftschutz. Die nötige Geräteausstattung ist zu beschaffen. Soweit bei einzelnen SS- und Polizeistützpunkten Landeplätze für leichte Flugzeuge, wie Störche, vorhanden sind, werden diese gleichfalls in Besitz genommen.
3. In den Standorten über 200.000 Einwohner ist zunächst die Unterkunft für 1 Bataillon oder 1 SS-Sturmbann, in die übrigen SS- und Polizeistützpunkte 1. und 2. Ordnung für je 1 Kompanie SS oder Polizei vorzusehen.
4. Die militärische Sicherung der SS- und Polizeistützpunkte ist durch entsprechende Sicherstellung von Beutewaffen und ausreichender Munition neben der reinen Truppenbewaffnung zu verstärken. Es sind hierbei neben den leichten Infanteriegeschützen, Granatwerfern, Maschinengewehren, Selbstladegewehren auch Geschütze leichteren Kalibers sicherzustellen. Für die Angehörigen der dort eingesetzten SS- und Polizeikräfte, auch für die Frauen und für alle dort vorhandenen Männer und Frauen sind Waffen bereitzustellen. Waffenausbildung ist für alle Einwohner eines SS- und Polizeistützpunktes durchzuführen. Eine Selbstverständlichkeit ist die Unterbringung des notwendigen Vorrates an Betriebsstoff für Kraftwagen.
5. Die Versorgung und Ausstattung der Truppe ist durch eine entsprechende Anlage von Reserven aus dem Lande sicherzustellen. Es handelt sich dabei um Lebensmittel aller Art, die sich zur Lagerung eignen, wie Mehl, Gries, Zucker, Konserven usw. Anzustreben ist, daß noch vor Einbruch der Winterszeit soviel Lebensmittel vorhanden sind, daß alle Angehörigen der Stützpunkte drei Monate davon leben können.
6. Was für die Versorgung der Bewohner der Stützpunkte gilt, gilt selbstverständlich auch für die Versorgung der Reit- und Zugpferde. Nach Möglichkeit ist weiterhin zu sorgen für Lager von Unterkleidung, Pelzen, Pelzwaren, Pelzstiefeln, Filzstiefeln und vor allen Dingen Sohlenleder! Weiterhin ist Sorge dafür zu tragen, daß auch bezüglich des Wintereinsatzes entsprechende Schlitten für Pferdebespannung und vor allen Dingen Schneeschuhausrüstung beschafft wird.
7. Für diese SS- und Polizeistützpunkte und Wohnviertel kann weder für die Durchführung der Bauten noch für die Ausstattung und Ausrüstung auch nur eine grössere Hilfe vom Reich aus erwartet werden.
8. Zur Durchführung dieser Aufgaben werden bezw. sind den Stäben der Höheren SS- und Polizeiführer zugeteilt: a) Ein Bauführer mit Arbeitsstab (Polizeireservist), der die Plätze der SS- und Polizeistützpunkte und Wohnviertel aussucht und vorschlägt und planmäßig mit den vorhandenen Bauten und Anlagen fertigstellt. Zu diesen Planungen gehört auch dort, wo vorhanden, die Auswahl der Flugplätze. b) Eine Gruppe oder ein Zug Wehrgeologen von der Waffen-SS, die die geologische Geeignetheit des Platzes für den SS- und Polizeistützpunkt prüft und beurteilt. c) Ein Nachschubführer (Offizier der Ordnungspolizei), dessen Aufgabe noch durch eine besondere Dienstanweisung festgelegt wird. d) Ein Verwaltungsführer für alle Aufgaben, Bauten, Einrichtung und Verwaltung der SS- und Polizeistützpunkte, gestellt vom Hauptamt Haushalt und Bauten, SS-Gruppenführer Pohl.
9. Sofortmaßnahmen: a) Örtliche Erkundung der Standorte, für die der Chef der Ordnungspolizei durch die Höheren SS- und Polizeiführer die erforderlichen Stärken und die vorläufigen Raumbedürfnisse festsetzt, durch meine Beauftragten in Verbindung mit dem örtlichen Höheren SS- und Polizeiführer bezw. mit den Standortführern. Beschlagnahme aller infragekommenden Gebäude und Geländeteile und äussere Kennzeichen durch die Anbringung von Schildern mit der Aufschrift „Beschlagnahmt durch den Beauftragten des Reichsführers SSuChdDtPol.i.RMdI“. Eindrahtung des Geländes. Erforderliche Kräfte, die im engen Rahmen zu halten sind, werden von den örtlichen SS- bezw. Polizeiformationen zur Verfügung gestellt. Sicherung aller greifbaren Baustoffe und Produktionsstätten, die für die Durchführung dieses Programms erforderlich sind, z.B. Ziegeleien, Sägewerke, Kalkbrennereien, Steinbrüche, Kiesgruben, Zementfabriken, Teerfabriken, Papierfabriken und sonstige Fabrikanlagen. Ferner Schreinereien, Schmieden, Schlossereien und sonstige Reparaturwerkstätten aller Art sowie Sicherstellung von greifbaren Maschinen und Werkzeugen, die für die Fortführung der Produktion und für die Einrichtung neuer Werkstätten gebraucht werden können. Sicherstellung eines möglichst grossen Kraftwagen- und Fuhrparks. Sicherstellung von Lebensmittelvorräten, Vieh, Futtervorräten, Schlacht- und Kühlhäusern, landwirtschaftlichen Gütern, Brauereien usw. Auswahl und Eindrahtung geeigneter Plätze zur Anlegung von Arbeitslagern unter Ausnutzung bereits vorhandener Gebäude, z.B. leerstehender Fabriken. Sie sollen ausserhalb der SS- und Polizeistützpunkte, aber in ihrer Nähe oder in der Nähe der Produktionsstätten liegen. Schaffung vorläufiger feldmäßiger Verteidigungsanlagen unmittelbar nach Besetzung der SS- und Polizeistützpunkte in Verbindung mit den zuständigen Truppenkommandeuren. b) Der endgültige Ausbau der SS- und Polizeistützpunkte erfolgt nach meinen Anweisungen, die von Fall zu Fall gegeben werden.
10. Sämtliche nichtdeutschen Arbeitskräfte werden in Arbeitslagern zusammengefaßt. Über ihre Erfassung, Bereitstellung, Einsatz und Unterbringung ergeht Sonderbefehl.
11. Der Auftrag erlischt mit der Fertigstellung der Bauten, worauf Übergabe an das SS-Hauptamt Haushalt und Bauten erfolgt.
12. Zur Durchführung dieser Aufgaben wird der Stab des Beauftragten des RFSS u. ChdDtPol.i.RMdI. f.d. Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum vorläufig mit dem Sitz in Lublin gebildet. Weitere Abteilungsstäbe (Außenstellen) werden demnächst gestellt: Für das Baltenland mit dem Sitz in Riga, für Russland mit dem Sitz in Moskau, für die Ukraine mit dem Sitz in Kiew, für Kaukasien mit dem Sitz in Tiflis.
13. Gliederung meines Stabes: Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei. Der Chef der Ordnungspolizei. Der Beauftragte für die Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum. Adjutant/Der Chef des Stabes/Gesamtarbeitsleitung und Arbeitsüberwachung.
gez. Globocnik1 SS-Brigadeführer
TsDAHO, 3676–4–116 u. USHMMA, RG31.002M
1 Odilo Globocnik, geb. 1904, Bauingenieur, 1931 österreichische NSDAP, 1932 österreichische SS, 1933 stellv. Gauleiter Kärnten, 1938 Gauleiter Wien, Jan. 1939 amtsenthoben, Nov. 1939 SSPF Lublin, Juli 1941 Beauftragter des RFSS für die Errichtung der Polizeistützpunkte im Ostraum, 1942 Gruf. u. mit Durchführung der Aktion Reinhard beauftragt, 1943 HSSPF Adriatisches Küstenland in Triest, 1945 Selbstmord; vgl. Siegfried J. Pucher: „… in der Bewegung führend tätig“. Odilo Globocnik – Kämpfer für den „Anschluß“, Vollstrecker des Holocaust, Klagenfurt 1997; Berndt Rieger: Creator of Nazi Death Camps. The Life of Odilo Globocnik, London-Portland 2007.
45) Funkspruch Reichssicherheitshauptamt Amtschef IV an Einsatzgruppen A und B vom 24.8.1941
Eingang: 25.8.41. 2110 Mor.
24.8. 1608.
FT.: 332. Berlin Nr.: 5965 Geheim!
An Einsatzgruppe A und B
Wie gemeldet wird, sind mehrfach die neueingesetzten Gebietskommissare im Gebiet Ostland an die zuständigen Einsatzkommandos herangetreten, um Einstellung der Kommunisten- und Juden-Aktionen zu erreichen. Auf Befehl des Chefs der Sipo und des SD sind diese Ersuchen abzulehnen und sofort nach hier zu berichten.
Reichssicherheitshauptamt IV
gez.: Müller
SS-Brigadeführer
LVVA, 1026–1–3 u. USHMMA, RG18.002M
46) Polizeilicher Tätigkeitsbericht Einsatzgruppe B an Heeresgruppe Mitte vom 25.8.1941 für die Zeit vom 17.–23.8.1941
Einsatzgruppe B | O.U., den 25. August 1941 |
Polizeilicher Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 17. bis 23. August 1941 zum Vortrag bei der Heeresgruppe Mitte
Bericht über die polizeiliche Tätigkeit in der Zeit vom 17. bis 23. August 1941
1.) Allgemeine Lage
Die polizeilich exekutive Tätigkeit wurde auch in der Berichtszeit mit unverminderter Schärfe weitergeführt. Jedoch zeigten sich mit dem Vordringen nach Osten in den einzelnen Sparten dieses Aufgabengebietes gewisse Verlagerungen. Im zaristischen Rußland bestand bekanntlich ein Verbot der Besiedlung russischer Kernlande durch die Juden. Die jüdische Zone verlief mit seiner östlichen Grenze knapp östlich der Städte Witebsk, Orscha, Mogilew, Gomel. Mit der Aufhebung des Siedlungsverbotes im Februar 1917 strömten die Juden über die genannte Zone auch ostwärts hinaus. Es waren hauptsächlich intellektuelle Juden, die naturgemäß fast ausschließlich die größeren Städte bevölkerten, um in Politik und Wirtschaft tätig zu werden. Daher findet man in den Dörfern und kleineren Städten dieses Gebietes verhältnismäßig wenig Juden. Den intellektuellen Großstadtjuden ist – das zeigt sich hier deutlich – es in weitem Maße gelungen, vor den deutschen Armeen nach Osten zu flüchten. Auch hat sich einwandfrei feststellen lassen, daß die jüdische Schicht, die bisher nach einiger Zeit nach der Flucht in die Wälder usw. ihre Wohnorte wieder aufzusuchen pflegte, jetzt nicht mehr so schnell oder überhaupt nicht mehr in den Raum, in dem die Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei tätig ist, zurückkehrt. Damit ist erwiesen, daß die Tätigkeit der Sicherheitspolizei in den Kreisen der Juden recht bekanntgeworden ist. Infolge der geringeren Bedeutung der Judenfrage konnten aber die Orts- und Feldkommandanturen stärker als bisher bei der Durchführung ihrer Verwaltungs- und Wirtschaftsmaßnahmen unterstützt werden, denn es hat sich oft genug herausgestellt, daß diese Behörden durchaus der exekutiven Hilfe der Sicherheitspolizei bedürfen, z.B. wenn neue Bürgermeister einzusetzen, Ghettos zu schaffen, die Juden zu kennzeichnen und zu registrieren sind oder der Arbeitseinsatz der Bevölkerung zu organisieren ist. Schon mehrfach mußte das renitente Verhalten aufsässiger Personen durch sicherheitspolizeiliches Einschreiten gebrochen werden. Die durch das weniger starke Hervortreten des jüdischen Elements freiwerdenden Kräfte gestatteten jetzt noch mehr als bisher, unsere Arbeit nach wirklich staatspolizeilichen und kriminalistischen Gesichtspunkten auszurichten. Die Ermittlungen und Vernehmungen konnten gründlicher gestaltet und durch den Einsatz von V-Leuten gefährliche Agenten und Funktionäre in größerem Umfange unschädlich gemacht werden. Die Kriminalität hält sich hier nach den bisherigen Erfahrungen, unter Berücksichtigung der allgemeinen Kriegsverhältnisse, in normalen Grenzen. Plünderungen sind selbstverständlich als Folge der Lebensmittelknappheit und des Mangels an Gebrauchsgegenständen oder der Obdachlosigkeit an der Tagesordnung. Es hat aber durchaus den Anschein, als ob sich die kriminellen Delikte im wesentlichen auf Eigentumsvergehen beschränkten. Von einer Gefahr für den normalen Ablauf der Verwaltung und Wirtschaft von dieser Seite her kann jedenfalls keine Rede sein. Das Auftreten der Partisanen spielt nach wie vor eine beachtliche Rolle. Durch eigene V-Leute haben wir festgestellt, daß bereits bestehende Partisanengruppen in Zivil gesteckte Angehörige ihrer Gruppe zur Werbung neuer Partisanen ansetzen. Bei einer Weigerung drohen sie mit Vergeltungsmaßnahmen nach „Zurückeroberung des Gebietes durch die Roten“. Zivilisten, die auf den Landstraßen wandern, werden angehalten und zum Mitkämpfen in einer bereits bestehenden Partisanengruppe gezwungen. Über die Kampfkraft der Partisanen hat sich ein sicheres Bild noch nicht gewinnen lassen. Es gibt zahlreiche Beispiele eines rücksichtslosen Einsatzes solcher Partisanen, fast ausschließlich dann, wenn sie Offiziere und Kommissare führen. Andererseits sind aber auch Fälle bekannt, in denen die Partisanen selbst unter Führung von Offizieren nicht mehr mitmachen. So hat z.B. ein übergelaufener Leutnant einer Partisanengruppe mitgeteilt, die Stimmung seiner Leute sei schlecht, die Mannschaften seien durch die Marschanstrengungen sehr ermüdet und ohne ausreichende Verpflegung. Sie hätten sich sehr ängstlich gezeigt und sich nicht getraut, näher als 500 m an die Rollbahn heranzugehen. Hinsichtlich der Stärke der einzelnen Partisanengruppen liegen Anzeichen dafür vor, daß die großen Gruppen mehr und mehr zerfallen. Bei den kleineren Banden, die in letzter Zeit noch auftraten, handelte es sich in der Hauptsache um versprengte russische Soldaten, die in Zivil gekleidet sich lediglich in die Heimat durchschlagen wollten. Tatsächlich soll ja auch die sowjetische Führung mit den bisherigen Erfolgen der Partisanen keineswegs zufrieden sein. Die Unterstützung der Partisanen durch die Bevölkerung dürfte, soweit es sich nicht um den jüdischen Teil handelt, als sehr gering anzusprechen sein. Es ist weniger die Masse der bodenständigen Einwohner, die die deutsche Wehrmacht vielfach unverhohlen als Befreierin vom bolschewistischen Joch begrüßt, selbst ausgeplündert und bedroht wird, als die noch vorhandenen Funktionäre, kommunistischen Parteimitglieder und oft Juden, die mit den Partisanen Verbindung halten.
2.) Bekämpfung von Partisanen
Vom Vorkommando 7a wurde eine Aktion gegen Partisanen im Dorfe Guby unternommen. Nach Rücksprache mit dem Ic des A.K. VI Welish beteiligten sich an dieser Aktion auch 2 Offiziere und 2 Halbzüge Pak. Das Dorf Guby wurde an dem betreffenden Tage um 3,30 Uhr früh, nachdem die Geschütze in Stellung gebracht worden waren, vom ganzen Kommando umstellt, sodann die als Unterschlupf bekanntgewordenen Scheunen durchsucht, ebenso die verdächtigen Wohnungen. Insgesamt wurden 14 Mann festgenommen, darunter ein politischer Kommissar, 4 Parteifunktionäre, 1 Hauptmann, 1 Sergeant, 6 Soldaten und 1 notorischer Verbrecher. Außerdem konnte eine Anzahl automatischer Waffen sichergestellt werden. Die Partisanengruppe in Guby war angeblich erst im Entstehen begriffen. Die treibenden Kräfte waren der Kommissar, der Hauptmann und einer der Funktionäre. Alle 14 Personen wurden liquidiert. Dem gleichen Kommando gelang es, noch weitere zwei politische Kommissare unschädlich zu machen, die gleichfalls Partisanen waren. Sie hatten der Bevölkerung gedroht, die Häuser anzuzünden, falls sie die Ernte einbringen würde. Schließlich wurde noch ein kommunistisches Parteimitglied, das sich in gleicher Weise betätigt hatte, liquidiert. Vom Vorkommando 7a wurde in Erfahrung gebracht, daß in Briljessje des Nachts berittene russische Soldaten, die mit Gewehren bewaffnet waren, Lebensmittel requirierten. Ein russischer Postangestellter dieses Ortes hatte die Partisanen wiederholt bewirtet und ihnen auch Trockenbatterien des Postamtes übergeben. Als Belohnung erhielt er eine Schußwaffe mit Munition. Er war im Dorf als Kommunist bekannt und wurde weiter beschuldigt, russischen Soldaten Nachrichten übermittelt zu haben. Er mußte daher exekutiert werden. Die Umgebung von Tschautzy wurde gleichfalls planmäßig durchkämmt. Dabei konnte festgestellt werden, daß ungefähr 25 km von Tsch. entfernt kleine Partisanengruppen von nicht mehr als 3 Mann vorhanden gewesen waren. Sie hatten durch nächtliche Räubereien von Lebensmitteln die Dorfbewohner beunruhigt und geschädigt. Desgleichen wurde der Ort Nowoselki überholt. Im Laufe der Aktion konnten 4 Personen erfaßt und der Partisanentätigkeit überführt werden. Bei einem der Festgenommenen förderte die Haussuchung Schußwaffen und Munition zutage. Die 4 Partisanen wurden befehlsgemäß behandelt. Zwei von ihnen hatten als Funktionäre der KP angehört. Vom EK 8 wurde ein russischer Unterleutnant unschädlich gemacht, der Kundschafterdienste für Partisanen leistete. Er war im Besitz eines Trommelrevolvers mit der dazu gehörenden Munition. Zivilkleidung hatte er sich durch Einbruch beschafft. Sein Wehrpaß war in seiner Unterhose eingenäht. Durch die Stadtkommandantur in Minsk wurden dem EK 8 31 Männer überstellt, die sich als Freischärler betätigt und nachweislich auch Verbindung zu Partisanengruppen unterhalten hatten. Sie wurden erschossen, ebenso ein Jude, der Kabelanlagen der deutschen Wehrmacht bei Minsk zerstört hatte. Von dem in Sluzk eingesetzten Trupp wurden die Ortschaften Ogrodniki, Kwasinicze und Nowido überholt. 39 Heckenschützen wurden unschädlich gemacht; unter ihnen befand sich auch ein russischer Major, der sich durch Anlegung von Zivilkleidung und Annahme einer Beschäftigung getarnt hatte. Im Dorfe Oszidkowcze wurden 5 Personen ergriffen und unschädlich gemacht, die nachweislich Partisanengruppen unterstützt und mit Nachrichten über deutsche Truppen versehen hatten. Der in Borissow tätige Trupp kämmte mit Unterstützung der 10. Kompanie I.R. 354 das Gebiet nördlich von Borissow nach Partisanen durch. Vornehmlich richtete sich die Säuberungsaktion gegen das Dorf Satschistsche, etwa 25 km von Borissow, das als Mittelpunkt des Bandenunwesens angesehen wurde. Nach den Feststellungen waren die Partisanen durch Kolchosführer unterstützt worden. Bei den zur Liquidierung gekommenen Personen handelte es sich vorwiegend um jüdische Aktivisten. Das EK 9 entsandte zur Bekämpfung von Partisanen ein stärkeres Kommando in die Wälder bei Moskalewo, 20 km nördlich von Gorodok. Von Wirtschaftsführern, die in diesem Gebiet zur Sicherung und Einbringung der Ernte eingesetzt sind, war gemeldet worden, daß Partisanen den Bauern Kühe und Pferde wegnehmen und eine Flachsfabrik in Brand setzen wollten. Da das Waldgebiet zu groß war und die Durchkämmung daher nicht umfassend genug durchgeführt werden konnte, gelang es hier leider nicht, die Partisanen festzunehmen. Eine andere Fahndungsaktion wurde mit gleichem negativen Erfolg in dem Dorf Wyssotschany und Umgebung durchgeführt. Nach einer Meldung des Ic beim AOK 9 sollten sich in der Gegend von Gramki, etwa 90 km von Witebsk, in den dort befindlichen Wäldern Partisanengruppen aufhalten, die die Ernteeinbringung und die Torfsticharbeiten behinderten. Das Teilkommando des EK 9, das hier eingesetzt wurde, konnte lediglich feststellen, daß die Partisanen inzwischen weitergezogen waren. Immerhin konnte aber noch ein kommunistischer Spitzel, der mit diesen Partisanen Verbindung hatte, ergriffen und liquidiert werden. Andere Aktionen in den umliegenden Ortschaften führten zu der Feststellung, daß aus bolschewistischen Flugzeugen wiederholt Lebensmittel und Sprengstoff zur Unterstützung der Partisanen abgeworfen worden waren. Nach langwierigen Feststellungen wurden 3 russische Fallschirme und 15 kg Sprengstoff sichergestellt. Alle diese Aktionen zur Festnahme von Partisanen, die zwar nicht immer den erwarteten Erfolg gezeitigt haben, sind dennoch von nicht geringer Bedeutung. Denn jedesmal nach dem Auftreten der Sicherheitspolizei in den einzelnen Ortschaften erfolgte eine allgemeine Beruhigung und Befriedung. Die Bevölkerung, die z.T. verängstigt herumlief, war für unser Erscheinen stets dankbar und versprach, sich in Zukunft intensiv mit der Ernteeinbringung zu beschäftigen, jede antideutsche Tendenz entweder durch eigenes Eingreifen oder durch Meldung an die nächste Dienststelle der Wehrmacht oder der Sicherheitspolizei unterdrücken zu helfen.
3.) Aktionen gegen Funktionäre, Agenten, Saboteure und Juden
Dem Gruppenstab gelang es, in Smolensk und in einem in der Nähe liegenden kleinen Ort 3 NKGB-Spitzel festzunehmen. Diese hatten jahrelang den nicht bolschewistisch gesonnenen Teil der Bevölkerung terrorisiert, indem sie zahlreiche Personen dem NKGB denunzierten. Die Bevölkerung äußerte ihre Genugtuung über die Liquidierung dieser Personen. Das SK 7a führte in Newel eine weitere Aktion gegen Juden durch, die als Sühnemaßnahme für die Brandstiftungen der Juden in Newel erfolgte. Nach freiwilligen Geständnissen vieler Juden waren zahlreiche Rassenangehörige an diesen Brandstiftungen beteiligt, durch die das Zentrum der Stadt, die durch die Kampfhandlungen wenig gelitten hatte, zerstört wurde. Weitere Maßnahmen gegen die Juden sind von ihrer Rückwanderung nach Newel abhängig. In einer Anzahl kleinerer Ortschaften wurde noch eine Reihe von aktiven Kommunisten exekutiert. Ein Trupp des SK 7b führte in Tschauszy eine Fahndung nach kommunistischen Funktionären durch. Dabei konnten 4 Kommunisten ergriffen werden, die das Gerücht verbreitet hatten, die deutschen Truppen seien geschlagen worden und befänden sich auf dem Rückzug. Mit den Genannten wurde befehlsgemäß verfahren. 20 Juden, die sich im kommunistischen Sinne betätigt hatten, wurden gleichfalls exekutiert. In dem Dorfe Isobischtsche wurde ein NKGB-Agent ermittelt und der Sonderbehandlung unterzogen. Die Überholung des Dorfes Nowoselki führte auf die Spur eines über seinen Ort hinaus bekannten Kommunisten. Neben seiner Funktionärstätigkeit hatte dieser sich des Diebstahls zum Nachteil von Volksdeutschen schuldig gemacht. Er wurde liquidiert. Durch das Bau-Batl. 9 in Minsk wurde dem EK 8 ein ukrainischer Kriegsgefangener überstellt, der aus seiner kommunistischen Überzeugung kein Hehl machte. Noch bei seiner Vernehmung versuchte er, für die kommunistische Idee und insbesondere für das Kollektivsystem einzutreten. Er wurde liquidiert. Auch ein Russe, der jahrelang in der kommunistischen Partei tätig war, sich als ausgesprochener Aktivist und Unruhestifter betätigte, mußte erschossen werden. Weitere 21 Personen, die durch Flüsterpropaganda eine antideutsche Hetze unter der Bevölkerung betrieben hatten, kamen in Minsk zur Liquidierung. Der in Sluzk eingesetzte Trupp führte besondere Säuberungsaktionen in Hresk und Horsow durch. Eine Anzahl Juden, die sich bis zuletzt in kommunistischem Sinne betätigt hatten, kamen zur Liquidierung. Darunter befanden sich 10 flüchtige jüdische Familien, die aus dem früheren Polen stammten und mit den zurückgehenden russischen Soldaten ostwärts gezogen waren. Bei der Durchsuchung ihrer Panjewagen wurde eine beachtliche Menge deutscher Wehrmachtskonserven vorgefunden. 5 Mitglieder des sowjetrussischen Volksgerichts in Sluzk konnten ebenfalls unschädlich gemacht werden. Einer von ihnen war Jude. Im Dorf Komarowka gelang auf Grund einer Anzeige die Ergreifung eines ehemaligen Staatsanwaltes. Dem EK 8 wurde bekannt, daß im Ghetto von Minsk durch die Juden eine antideutsche Flüsterpropaganda betrieben würde, die besonders gegenüber der ländlichen Bevölkerung, die teilweise versucht, ihre Erzeugnisse dort abzusetzen, zur Anwendung komme. Da die Juden ferner auf einen Angehörigen des zivilen Ordnungsdienstes einen Überfall verübt und wiederholt Wehrmachtstafeln zerstört hatten, mußte eine weitere Sonderaktion gegen die Minsker Juden durchgeführt werden. Vom EK 9 wurde in Janowitschi eine Anzahl Juden als NKGB-Spitzel und politische Funktionäre ermittelt und entsprechend behandelt. Ein Teil dieser Juden hatte zudem die Maßnahmen der Wehrmacht sabotiert und sich versteckt gehalten, um nicht zur Einbringung der Ernte und zum Straßen- und Flugplatzbau herangezogen zu werden. Da am 12.8.41 in der Nähe von Witebsk 3 deutsche Soldaten erschossen worden waren, wurden bei einer Befriedungsaktion durch die Wehrmacht von uns auch 19 Juden und Jüdinnen aufgegriffen, die in dem Waldstreifen umherzogen, in dem die Tat begangen worden war. Sie wurden wegen dringenden Verdachts, an dem Anschlag beteiligt gewesen zu sein, und da sie weiter auch als Brandstifter in Witebsk entlarvt werden konnten, exekutiert. Als erfreuliche Tatsache haben die Kommandos fast durchweg feststellen können, daß die Bevölkerung infolge des scharfen und gerechten Zugreifens der Sicherheitspolizei immer aufgeschlossener wird und von sich aus unsere Tätigkeit durch Meldung von Kommunisten und dergl. und damit unsere Befriedungsaktion unterstützt.
4.) Maßnahmen gegen Kriminelle und Plünderer
Dem SK 7a gelang die Festnahme und Erledigung eines kriminellen Verbrechers in Timontzy, der aus einer Verbrecherfamilie stammte. Das EK 8 liquidierte in Minsk 2 Plünderer. Sie hatten sich gewaltsam Zutritt in fremde Wohnungen verschafft und von den Wohnungsinhabern unter Bedrohung mit Erschießen Gegenstände aller Art erpreßt. Die gleiche Behandlung wurde einigen Russen zuteil, die sich durch Einbruch Bekleidungsund Wäschestücke verschafft hatten, sowie 2 Juden, die sich in Minsk umhertrieben und ihren Lebensunterhalt durch strafbare Handlungen bestritten. Einer von ihnen war im Besitz eines blutigen Messers und verfügte über einen größeren Geldbetrag, über dessen Herkunft er keine glaubhaften Angaben machen konnte. Das EK 9 berichtet aus Witebsk, daß dort die Kriminalität wieder einen normalen Stand erreicht habe. Nachdem die Wehrmacht, die Sicherheitspolizei und auch die neu eingesetzten weißruthenischen Dienststellen scharf durchgegriffen haben, bietet Witebsk nunmehr das Bild einer befriedeten Stadt. Bei einer Bevölkerungsziffer von etwa 50.000 Einwohnern kommen dort noch etwa 25 Kriminalfälle täglich vor; in der Regel sind es kleinere Diebstähle, sodaß man hier von einer normalen Erscheinung sprechen kann.
5.) Durchkämmung von Zivilgefangenenlagern
In Witebsk wurden dem EK 9 von der Wehrmacht bei der Durchkämmung des Zivilgefangenenlagers 397 Juden übergeben, die Sabotage verübt und Überfälle auf deutsche Truppen verursacht hatten. Bei der Sonderbehandlung war auf eigenen Wunsch der Adjutant des Generaloberst Strauß1, Major Brotbrück, mit einem weiteren Offizier zugegen. Die Sonderbehandlung wurde in der üblichen Form durchgeführt. Major Brotbrück sprach sich über die soldatische Haltung des Kommandos anerkennend aus und äußerte, daß die von der Sicherheitspolizei geübte Praxis der Liquidierung zweifellos eine „humane Durchführungsart“ sei.
6.) Behandlung von Denunzianten
In Putzky wurde der stellvertr. Kolchosvorsitzende von 2 Ortseinwohnern beschuldigt, er sei Mitglied der KP und kommunistischer Abgeordneter des Dorfes gewesen. Die Nachforschungen ergaben die völlige Unrichtigkeit dieser Behauptungen. Da weiter festgestellt werden konnte, daß die Denunzianten die Beschuldigungen aus Rache erhoben hatten, weil sie wegen eines früheren Diebstahls zum Nachteil des Beschuldigten zu höheren Gefängnisstrafen verurteilt worden waren, wurden sie vor der versammelten männlichen Bevölkerung des Dorfes verprügelt. Dabei wurde bekanntgegeben, daß bei wissentlich falschen Angaben mit jedem anderen in gleicher Weise verfahren werde. Die Anwendung der Prügelstrafe wurde in diesem Falle von der Bevölkerung mit sichtlicher Befriedigung aufgenommen.
7.) Sicherstellung von Material
In dem NKWD-Gebäude in Newel wurde wichtiges Aktenmaterial nicht mehr gefunden. Die in den einzelnen Räumen untergebrachten Tische und Schränke waren offen. Ein Panzerschrank wurde aufgeschweißt, aber leer vorgefunden. Lediglich in dem Gebäude der Abtlg. Wegebau konnte Material sichergestellt werden. In Minsk wurde im Leninhaus teils sehr wichtiges Schriftgut gefunden. Sämtliche Vorgänge trugen den Stempel „Geheim“ bezw. „Ganz geheim“. Soweit sie sicherheitspolizeilich von Interesse sind, werden sie dem Reichssicherheitshauptamt übersandt werden. Vom EK 9 wurden in der Nähe von Nowo-Swenzjany neben Personalakten von Offizieren eines russischen Art.Regt. und taktischen Lehrbüchern etwa 2000 Karten des russischen Generalstabs gefunden. Da die Karten wegen verschiedener Feindeintragungen in erster Linie militärischen Wert erkennen ließen, wurden sie mit den Personalakten und Büchern dem Ic des Div.Stabes 102 übergeben.
8.) Bildung von Arbeitskommandos, Judenräten, Ghettos usw.
Auch in Newel wurden, wie bisher in den anderen Städten, bei planmäßigen Streifengängen aufgegriffene Juden in Arbeitskommandos zusammengefaßt, die zur Säuberung der Stadt eingesetzt wurden. Aus den intelligenteren Juden wurde ein Judenrat ausgewählt. Als erste Aufgabe wurde ihm die Registrierung aller Juden beiderlei Geschlechts sowie die Kennzeichnung durch einen gelben Kreis aufgetragen.
NARB, 655–1–3 u. USHMMA, RG53.002M
1 Adolf Strauß, geb. 1879, 1940 als Generaloberst OB AOK 9, gest. 1973; vgl. Hürter: Hitlers Heerführer, S. 664f.
47) Bericht Sonderkommando 1a an Einsatzgruppe A vom 25.8.1941: Einsatz des zugeteilten Zuges Waffen-SS
Sonderkommando 1aAn Einsatzgruppe A | Kdo.Bef.St., 25. August 1941 |
Betr.: Einsatz des dem S-Kdo. 1a zugeteilten Zuges Waffen-SS1
In der Zeit vom 15.–19.8.1941 habe ich den mir zugeteilten Zug Waffen-SS, teils allein, teils zusammen mit den dem Zugführer, SS-Untersturmführer Störtz, unterstellten Zügen estnischen Selbstschutzes zur Fahndung nach Bolschewisten und zum Durchkämmen von Wäldern im Bereich der 93. und 291. ID im Raume südlich Kiviöli (Ölschiefergebiet) zwischen Hungerburg und Narva eingesetzt. Diese Aktionen verliefen fast ergebnislos, obwohl Ortseinwohner angeblich aus eigener Kenntnis über das Auftreten von versprengten Rotarmisten, zivilen Bolschewisten usw. berichtet hatten. Es wurden jeweils nur sehr wenige Gefangene gemacht, die sich kampflos ergaben und oft keine Waffen besassen. Am 20.8.41 erfuhr ich durch Einwohner von Narva und Hungerburg, dass sich eine grössere Anzahl aus Estland stammender Bolschewisten kurz vor Einnahme von Narva und Hungerburg durch die deutsche Wehrmacht durch diesen Raum nordostwärts hindurchbewegt hätten und dass sie sich in den Wäldern ostw. Narva befinden müssten. Ich erteilte hierauf am 20.8.41 dem Führer des Zuges Waffen-SS, SS-Ustuf. Störtz, den Auftrag, mit seinem Zug, 2 unterstellten Zügen und einer sMG-Gruppe estn. Selbstschutzes im Raume ostw. Narva von der Strasse Narva–Kingisepp aus nach Norden Wälder und Ortschaften zu durchkämmen und nach den gemeldeten Bolschewisten zu fahnden. Zivilerkunder, grösstenteils estnische Grenzwachbeamte, wurden zugeteilt. Ich gab SS-Ustuf. Störtz den Befehl, sich vor Beginn der Durchführung seines Auftrages beim Kommandeur der 93. ID zu melden (der auf Grund längerer Zusammenarbeit Aufgaben und Tätigkeitsformen meines Kdos. genau kannte und das Kdo. in den vorhergehenden Tagen mehrfach zur Säuberung von Wäldern hinter der kämpfenden Truppe angefordert hatte), während der Durchführung des Auftrages mit allen Kommandeuren, deren Abschnitte bzw. Nachschubwege berührt wurden, dauernd gute Verbindung zu halten und alles zu tun, um Unzuträglichkeiten mit Wehrmachtseinheiten zu vermeiden. Da ich selbst am 20.8. über die Lage bei der 93. ID nicht genau unterrichtet war und wegen einer Dienstfahrt nach Kingisepp und der Anwesenheit des Brigadeführers Stahlecker mich im einzelnen auch danach nicht erkundigen konnte, gab ich SS-Untersturmführer Störtz den Auftrag, im Rahmen des ihm gegebenen Auftrages (Kommunistenfahndung ostw. Narva im Vorgehen mit der kämpfenden Truppe) selbständig im Einvernehmen mit der 93. ID zu entscheiden. Zur Durchführung des Gesamtauftrages gab ich 3–4 Tage Zeit und forderte täglich abends Standortmeldungen und Bericht an. SS-Untersturmführer Störtz meldete sich am 20.8. nachm. zur Besprechung seines Einsatzes beim Kommandeur, dem Ia und Ic der 93. ID. Obwohl SS-Untersturmführer Störtz seinen Auftrag mitteilte und überdies dem Kommandeur auf Grund bisheriger Zusammenarbeit mit meinem Kdo. dessen Aufgaben und Einsatzformen genau bekannt waren, teilte er SS-Untersturmführer Störtz mit seiner Einheit dem IR 272 zu, das einen feindl. Angriff im Raume zwischen der Luga und der Strasse Narva-Kingisepp abzuwehren und im Gegenangriff, wenn möglich, die Luga zu erreichen und die feindlichen Brückenköpfe südlich der Luga zu vernichten hatte. Wie ich am 21.8. nachm. erfuhr, ist der Entschluß des Kommand. der 93. ID, SS-Untersturmführer Störtz, abweichend von seinen Aufgaben, für aktive militärische Handlungen im Verbande des IR 272 einzusetzen, zweifellos darauf zurückzuführen, dass die 93. Div. starke feindl. Angriffe hatte und durch harte Kämpfe und große Verluste an den vorhergehenden Tagen geschwächt war. Das geht auch daraus hervor, dass zwischen IR 272 und dem linken Nachbarregiment 270 längere Zeit darum gestritten wurde, welchem Regt. SS-Ustuf. Störtz zugeteilt wurde, bis der Kdr. der 93. ID zugunsten des IR 272 entschied. Über die Durchführung des dem SS-Ustuf. Störtz vom Kdr. des IR 272 erteilten Auftrages nehme ich auf beiliegendem Bericht des SS-Ustuf. Störtz Bezug. Wie mir SS-Ustuf. Störtz nachträglich berichtete, war ihm klar, dass der Einsatz über den Rahmen seines Auftrages erheblich hinausging bzw. von ihm abwich. Er hielt es aber im Interesse des Ansehens und des Prestiges der Waffen-SS nicht für möglich, den Kdr. der 93. ID darauf hinzuweisen, dass die Aufgaben des S-Kdo. 1a und des ihm zugeteilten Zuges der Waffen-SS nicht im aktiven militärischen Einsatz liegen, zumal IR 272 sich in bedrängter Lage befand. Diesen Standpunkt des SS-Ustuf. Störtz habe ich nachträglich bewilligt. Ich werde jedoch aus der entstandenen Situation die Folgerungen ziehen, die Zusammenarbeit mit militärischen Stellen im Einzelfall so locker zu gestalten, dass eine Ablehnung solcher Wünsche ohne Prestigeverlust für Waffen-SS oder SD möglich ist. Am 20.8.41 erfuhr ich vom Gen.Kdo. XXXXII. AK durch meinen Verbindungsführer, dass die Einnahme Revals bevorstehe. Da ich den Zug Waffen-SS für den Reval-Einsatz unbedingt benötigte, entschloß ich mich, den SS-Ustuf. Störtz erteilten Auftrag bereits am 21.8.41 abends abzubrechen, um seinen Zug Richtung Reval in Marsch zu setzen. Am 21.8. nachm. verabredete ich daher mit der 93. ID und dem Kdr. des IR 272, dass die Einheit Störtz am Abend des 21.8. aus dem Regimentsverband rausgezogen und zu ihrem Quartier nach Narva in Marsch gesetzt wurde. Beide Kdr. bedauerten meinen Wunsch, verschlossen sich aber nicht seiner Notwendigkeit. Ich betonte, dass die Aufgaben des Kdo. 1a anderer Art seien und ich die Einheit Störtz daher trotz der noch immer bedrängten Lage der 93. ID nicht länger bei ihr belassen könne, sondern sie unverzüglich Richtung Reval in Marsch setzen müsse. Beide Kdre. sprachen sich über Haltung und Einsatz des Zuges Waffen-SS und über die Führung durch SS-Ustuf. Störtz sehr lobend aus. Die anderen Kompanien hätten meist größere Verluste gehabt. Die geringen Verluste der Einheit Störtz seien mit auf die umsichtige Führung zurückzuführen. Der Schneid der Männer und ihre Zähigkeit wurden besonders gelobt. Als ich am frühen Nachm. im Rgts.Abschnitt eintraf, war der infanteristische Einsatz der Einheit bereits beendet und die Einheit in Ruhestellung zurückgezogen. Der ganze Rgts.Abschnitt lag jedoch unter starkem Art.Beschuß (in dieser Zeit: Verluste 6 Verwundete, 2 Tote durch Art.Beschuß, vgl. beiliegenden Bericht). Der Kdr. der 93. ID bedauerte auch das Abrücken meines übrigen Kdos. in Richtung Reval sehr, da ihm die Zusammenarbeit in sicherheitspolizeilichen und SD-Fragen sehr wertvoll gewesen sei.
gez. Sandberger
SS-Sturmbannführer
VUA, Btl. d. Waffen-SS z.b.V. u. USHMMA, RG48.004M
1 Das zusätzliche Personal war ab Ende Juli 1941 aus dem sog. Btl. Waffen-SS z.b.V. zugeteilt worden, das wiederum noch kurz zuvor Teileinheit des SS-Infanterie-Rgt. 14 gewesen war. Als 14. SS-Totenkopfstandarte ab Ende 1940 aufgestellt, war die Einheit zuerst in den besetzten Niederlanden stationiert, bevor sie im März 1941 ins Generalgouvernement verlegt u. dort zu einem Infanterie-Rgt. erweitert wurde; vgl. Befehl SS-FHAv. 23.11.1940, BAB, NS 19/3505; dto. v. 26.3.1941, BAB,NS 33/231. Ursprünglich im Krieg gegen die Sowjetunion für einen Einsatz unter dem Kdo.Stab RFSS vorgesehen, wurde das SS-Rgt. von Himmler jedoch am 17.6. aufgelöst. Das 1. Btl. des Verbandes wurde in der Folge unter Ostubaf. Friedrich Dern in Radom zum Btl. Waffen-SS z.b.V. umgegliedert. Schließlich wurden dessen 3 Komp. zu den EG A, B u. C in Marsch gesetzt, wo sie dann die SK u. EK entscheidend verstärkten u. in der Folge auch wesentlich am Massenmord beteiligt waren; vgl. Cüppers: Wegbereiter der Shoah, S. 271–275.
48) Bericht Sonderkommando 10a an Armeeoberkommando 11 vom 29.8.1941: Verhaftung der angeblichen politischen Kommissarin Subenko
Sonderkommando 10aAn das AOK 11 | O.U., den 29.8.1941 |
Betrifft: Verhaftung der angeblichen politischen Kommissarin Subenko (nicht Dsubenko) Vorgang: Schreiben der 170. Division vom 24.8.41 Abt. Ic Akz III/4
Die Subenko wurde am 26.8.41 vom Armeepferdelazarett 512 zum Kommando 10a zwecks weiterer Erledigung überführt. Die Ermittlungen des Kommandos ergaben, dass S. von 1933 bis 1938 Mitglied des Dorfrates in Speyer gewesen ist und als solche sich aktiv an der Entkulakisierung der Bauern in Speyer betätigt hat. Sie hat ferner die Verschickung etlicher Bauern obiger Ortschaft mit erwirkt. 1938 besuchte sie die Schule für Vorsitzende der Dorfräte in Odessa und wurde nach Abschluß dieser Schule in Katharinental als Vorsitzende des Dorfrates eingesetzt. Auch in dieser Ortschaft hat sie besonders die deutsche Bevölkerung schikaniert. Noch im Jahre 1940 ist die S. der kommunistischen Partei beigetreten und gilt als überzeugte Kommunistin, die an führender Stelle stand. Ihre beiden Töchter gehörten ebenfalls dem Komsomol an. Frau Valentine Subenko wurde daher am 27.8.1941 in Speyer vom Kommando 10a erschossen.
Seetzen
SS-Obersturmbannführer
BA-MA, RH 20–11/488
49) Funkspruch Reichssicherheitshauptamt Amtschef IV an Einsatzgruppen vom 30.8.1941
IV | Berlin, den 30.8.1941 |
FT. (verschlüsselt) – Bef. am 30.8.41 Nr. 6020 | Geheim! |
An die Einsatzgruppen A, B, C und D |
Chef der Sipo und des SD bittet Sie, auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen nach Möglichkeit bei Massen-Exekutionen das Ansammeln von Zuschauern, auch wenn es sich um Wehrmachtsoffiziere handelt, zu verhindern.
RSHA IV
i.V. gez. Müller, SS-Brif.
RGVA, 500–1–25 u. USHMMA, RG11.001M
50) Bericht Einsatzgruppe D an Armeeoberkommando 11 vom 2.9.1941: Volksdeutsche Siedlungen zwischen Bug und Dnjestr
Der Beauftragte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD | O.U., den 2.9.1941 |
beim Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes SüdEinsatzgruppe DAn das AOK 11 (über Ic) |
Betrifft: Volksdeutsche Siedlungen zwischen Bug und Dnjestr
In der Anlage wird ein Bericht über die bisherigen Erfahrungen mit den volksdeutschen Siedlern in den Siedlungsgebieten zwischen Bug und Dnjestr mit der Bitte um Kenntnisnahme vorgelegt.
Ohlendorf
SS-Standartenführer
Bisherige Erfassung der deutschen Siedlungen zwischen Bug und Dnjestr1
1.) Standort der Siedlungen:
Zwischen Bug und Dnjestr wurden drei bisher nahezu geschlossene Siedlungsgebiete festgestellt. Das erste beginnt etwa 20 km ostwärts Dubossary und umfaßt u.a. die Gemeinden Glücksthal, Neudorf, Kassel, Bergdorf, Klein-Glücksthal, Neu-Glücksthal, Friedenthal, Hoffnungsthal. Das zweite Siedlungsgebiet liegt ostwärts Beresowka und erstreckt sich bis dicht an den Bug. Es umfaßt u.a. die Gemeinden Worms, Rohrbach, Speyer, Landau, Sulz, Karlsruhe und Katharinenthal. In der Gegend Tiraspol–Straßburg erstreckt sich ein drittes Gebiet in südostwärtiger Richtung bis Odessa. Abgesehen von diesen mehr geschlossenen Gebieten sind auch in vielen anderen Ortschaften zwischen Bug und Dnjestr volksdeutsche Familien zu finden. Auch geschlossene Gemeinden wurden in sonst nur von Ukrainern bewohnten Gebieten vorgefunden. U.a. befindet sich ostwärts Ananjew die Gemeinde Grünthal, die sich ohne jede Berührung mit anderen deutschen Siedlungen rein deutsch erhalten hat.
2.) Entstehung der Siedlungen:
Die Deutschen haben sich zumeist Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in dem jetzt bewohnten Gebiet angesiedelt. Auffallend ist, daß sehr viele Familien nicht mehr wissen, aus welchen Gebieten des Reiches ihre Vorfahren gekommen sind. Selbst in der oben erwähnten Gemeinde Grünthal mit 24 Familien ist niemand vorhanden, der darüber Auskunft geben könnte, wann und woher der erste Siedler ins Land gekommen ist. Der Grund liegt darin, daß einmal, gerade von den älteren Leuten, sehr viele verschleppt und die Kirchenbücher, aus denen evtl. noch Angaben zu entnehmen gewesen wären, von den Sowjets vernichtet wurden. Die Heimat der Vorfahren wird in erster Linie Süd- und Südwestdeutschland gewesen sein, zumal die Deutschen in den einzelnen Gemeinden einen fast unverfälschten elsässischen oder pfälzisch-schwäbischen Dialekt sprechen.
3.) Vorgefundene Lage:
Schon äußerlich zeichnen sich die deutschen Dörfer vor anderen durch ihre breiten Dorfstraßen, ihre größeren, zum Teil noch gut erhaltenen Häuser mit Stein- oder Holzumfriedungen und durch ihre Ordnung und Sauberkeit aus. Die erste Berührung mit den Deutschen zeigte, daß sie sich trotz des Terrors und der erlittenen Not nahezu rein deutsch erhalten haben. Mischehen mit Andersblütigen sind äußerst selten vorgekommen. Während die Erwachsenen ein klares Deutsch sprechen, können die Kinder nur noch ausnahmsweise die deutsche Sprache, da den Eltern unter schwerer Strafe verboten war, in den Familien deutsch zu sprechen. Im übrigen gewinnt man sofort den Eindruck, daß an diesen Menschen sehr viel Not und Leid vorübergezogen ist, denn die Gesichter sind fast ausnahmslos verhärmt und vergrämt. Unter welchem Terror die Bewohner gestanden haben, geht schon daraus hervor, daß es selbst Familien mit mehr als drei Köpfen verboten war zusammenzukommen. Wenn sich 8 Kinder im Hause der Eltern trafen, galt dieses als Zusammenrottung, da aus einer Ansammlung von mehr als 3 Personen von den Sowjets der Schluß gezogen wurde, daß entweder Kirche gehalten oder geheime Zusammenkünfte stattfanden. Durch eine Reihe von Terrorwellen ist besonders die Zahl der männlichen Bevölkerung teilweise sehr zusammengeschrumpft. Besonders die letzten Verschickungsmaßnahmen der Sowjets in den Jahren 1936–37 haben viel Leid unter die Familien gebracht, da die Männer ohne jeden Grund und ohne jede weiteren Angaben angeblich zu Arbeiten ins Innere des Landes verbannt wurden. Allein aus der Gemeinde Grünthal wurden 130 Männer verschleppt. Trotz dieser Unterdrückungsmaßnahmen hat sich die deutsche Kolonie in ihrer Volkszahl fast durchwegs erhalten, da die einzelnen Familien in der Regel sehr kinderreich sind. Wirkliche Kommunisten gab es nur ganz wenige. Die meisten Einwohner der deutschen Dörfer haben sich mit ihrem Los, in der zugeteilten Kolchose, die etwa 150 ha umfaßt, Tag für Tag, d.h. auch Sonn- und Feiertag, zu arbeiten, abgefunden. Zum Militärdienst wurden die Deutschen nicht herangezogen, wohl aber in der allerletzten Zeit zu Schanzarbeiten. Den älteren Leuten steht die Zeit vor 1918 in manchen Ortschaften noch sehr lebendig vor Augen. Sie nennen das Sowjetregime „Die neue Regierung“. Von Deutschland haben sie bis zum Jahre 1939 nichts gewußt. Erst nach dem Nichtangriffspakt sind in den roten Zeitungen die Namen des Führers und Ereignisse in Deutschland bekanntgeworden. Auf die Frage, ob sie auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit Deutschland vorbereitet gewesen seien, erklärten sie in einem Ort, daß sie einige Monate vor Beginn des deutsch-russischen Krieges aus der Anlegung von Feldflugplätzen in der Nähe ihrer Ortschaft geschlossen hätten, daß eine Auseinandersetzung mit Deutschland bevorstünde. Daß der Krieg am 22.6.41 begann, hatte sich in den entlegenen Ortschaften sehr schnell herumgesprochen, da in einem Dorf eines Gebietes gewöhnlich ein Radioapparat zu finden ist. Trotz der Verfolgung durch das Sowjetregime hat sich die Gläubigkeit der Ansiedler erhalten. Nach dem Einrücken der deutschen Truppen wurden mehrere Tage lang Taufen und Kommunikationen2 nachgeholt. In vielen Bauernhäusern sieht man christliche Bilder, die während der Sowjetherrschaft entfernt worden waren. Die Deutschen bezeichnen sich selbst je nach Bekenntnis als Evangelische-Lutherische oder Katholische, wobei die Evangelisch-Lutherischen sich als Deutsche fühlen, die Katholiken dagegen erst in 2. Linie. Ein Einwohner in Landau erklärte uns, er sei Deutscher, die Sulzer dagegen seien Katholische. Eine Frau in Sulz antwortete auf die Frage, ob sie Deutsche sei: „Nein, ich bin katholisch“. Dabei ist das Bewußtsein der blutsmäßigen Verbundenheit keineswegs erschüttert. Allerdings konnte festgestellt werden, daß bei Gründung von Tochterkolonien die Evangelisch-Lutherischen ihren Dörfern neue Namen gaben bezw. die russischen verdeutschten, während die Katholiken in manchen Fällen die alten Dorfnamen beibehielten. Wirtschaftlich sind die deutschen Siedler fast völlig verarmt. Wie schon erwähnt, waren sie in den Kolchosen zusammengefaßt und hatten auf diesen die vorgeschriebenen Tagewerke zu verrichten. Als Entgelt bekamen sie in der Zeit um 1932 pro Tag 800 Gramm Mehl pro Familie. Ab 1935 wurde die Entlohnung etwas verbessert. Sie bekamen pro Tag 2–4 kg Getreide. Im übrigen waren sie hinsichtlich der Abgaben genauso gestellt wie die Angehörigen der anderen Kolchosen, lediglich die Form der Einteilung wurde entsprechend rigoroser betrieben (Über Aufbau und Arbeit einer Kolchose folgt Sonderbericht). Wenn die Sowjets auf der einen Seite auch einsahen, daß die deutschen Siedler vorbildliche Bauern waren und als solche vorbildlich arbeiteten, so scheuten sie sich andererseits nicht, gerade die Deutschen immer wieder zu schikanieren und zu unterdrücken. Bei dem Ingangsetzen der Erntearbeiten stellte sich heraus, daß gerade die volksdeutschen Gemeinden in besonders starkem Maße von fast allen Betriebsmitteln entblößt waren. Beim Abzug der Sowjets mußte meist ein Teil der Männer mit dem Kolchosvieh und den landwirtschaftlichen Geräten mitziehen. Die Maschinen wurden entweder zerstört oder über den Bug zurückgeschleppt. Mit Hilfe der eingesetzten Kommandos gelang es, einen Teil der Viehherden und einzelne Maschinen zurückzubringen sowie reparaturfähige wiederherzustellen. Auch sonst waren einzelne Familien sehr verarmt, so daß oft die notwendigsten Hauseinrichtungsgegenstände, wie Betten usw., fehlten. Die größte Notlage wurde im Bereich der Einsatzgruppe D dadurch behoben, daß Judenwohnungen oder Einrichtungen zur Verfügung gestellt und Kinderbetten und andere notwendige Gegenstände angefahren wurden.
4.) Erforderliche Maßnahmen:
Nach ihrem zukünftigen Schicksal befragt, erklären die Bauern meistens, sie würden das tun, was die Deutschen befehlen, da sie restloses Vertrauen zu den deutschen Stellen hätten. Im Siedlungsgebiet um Speyer erklärten Volksdeutsche, daß sie unbedingt im Lande verbleiben und das Deutschtum weiter vertreten wollten, da sie nunmehr mit Zuversicht in die Zukunft blicken könnten. An anderen Orten, u.a. auch in Grünthal und im Siedlungsgebiet nordwestlich Odessa, neigen die Deutschen mehr dazu, umgesiedelt zu werden. Einzelne Gemeinden haben nur den einen Wunsch, so schnell wie möglich ins Reich zu kommen. Zur Klärung dieser Frage ist die Entsendung der angekündigten Kommandos zur Betreuung des Deutschtums von größter Wichtigkeit. Unerlässlich ist jedoch die Übernahme des sofortigen Schutzes der deutschen Siedlungen! Während bisher alle schon laufend über das Verhalten der rumänischen Besatzungstruppen klagten, wird die Auswirkung der rumänischen Verwaltung bis zum Bug bewirken, daß das mühsam Aufgebaute und der Wille zu einem neuen Leben sofort restlos zerstört werden würde, wenn der Schutz nicht sofort einsetzt (Z.Zt. haben die Kommandos der Einsatzgruppe D den Schutz übernommen). Es liegen Belege darüber vor, daß von den Rumänen Stuben und Schränke aufgebrochen, Gegenstände entwendet, die Frauen bedroht und teilweise vergewaltigt wurden. Wagen und Pferde wurden weggenommen, Vieh weggetrieben oder geschlachtet, Bienenstöcke geplündert und zerstört. Die deutschen Siedler fühlen sich ohne deutschen Schutz diesem Treiben gegenüber ohnmächtig. Auch einzelne Maßnahmen der Rumänen, wie Verteilung von Frucht und Vieh zu gleichen Teilen (50 % Abgabe statt 80 % wie vorgesehen), ferner die Festlegung, daß entgegen den bisherigen deutschen Richtlinien jeder sein Eigentum wieder nehmen könne, bringen größte Unsicherheit und erfordern einen sofortigen Schutz der volksdeutschen Siedler.
BA-MA, RH 20–11/488
1 Vgl. Andrej Angrick: Otto Ohlendorf und die SD-Tätigkeit der Einsatzgruppe D, in: Wildt: Nachrichtendienst, politische Elite und Mordeinheit, S. 267–302.
2 Gemeint wohl Kommunionen u. Konfirmationen.