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Die lateinischen und griechischen Inschriften der römischen Kaiserzeit sind das Urkundenmaterial für diese Epoche und geben vielfach Informationen in den Bereichen, die die sonstigen Quellen nur mangelhaft beleuchten. Bei den antiken Historikern ist die Darstellung auf Rom, den Hof, das Verhältnis des Kaisers zum Senat konzentriert. Während sie die Beurteilung eines Kaisers von seinem Verhältnis zu seinen senatorischen Standesgenossen abhängig machen, sind Inschriften, die zumeist über die normale Verwaltungstätigkeit berichten, frei von einer bewußten Verfälschung. Ferner kann nur mit Hilfe der Inschriften eine Reichsgeschichte geschrieben werden, wie es Th. Mommsen im fünften Band seiner Römischen Geschichte (1885) getan hat. Die Verwaltungsgeschichte und die Geschichte der kleinen Gebietskörperschaften stützt sich ebenfalls auf das epigraphische Material. Die Zusammensetzung der römischen Führungsschicht und der Aufbau des Heeres läßt sich vor allem durch Inschriften erhellen. Allerdings kommen diese Bereiche in unserer Auswahl zu kurz, da Ehreninschriften von Senatoren und Rittern und Grabinschriften der Soldaten sich selten für eine Übersetzung eignen. Da hier vorrangig Quellen für den politischen Historiker vorgelegt werden, soll die Bedeutung der Inschriften für andere Teilgebiete der Geschichte unerwähnt bleiben.

Nur für einzelne Zeiträume der Kaiserzeit sind die wichtigsten griechischen und lateinischen Inschriften zusammengestellt. Die Auswahl von V. Ehrenberg-A. H. M. Jones, Documents illustrating the Reigns of Augustus and Tiberius (Oxford 1949; 21955; 2., erw. Aufl. 1976) ist beispielsweise für den akademischen Übungsbetrieb eine außerordentlich nützliche Quellensammlung. Nach ihrem Vorbild sind weitere Anthologien dieser Art entstanden.1 Offensichtlich konnte damals bei den englischen Studenten eine gewisse Beherrschung der alten Sprachen vorausgesetzt werden, da die Verfasser auf eine Übersetzung verzichteten. Aber bereits E. M. Smallwood hat in ihrer letzten Quellensammlung den wichtigsten Inschriften Hinweise auf eine englische Übersetzung hinzugefügt; anscheinend hat sie nicht mehr bei allen Benutzern mit ausreichenden Sprachkenntnissen gerechnet.

Im deutschen Sprachraum sind Inschriften für Vorlesungen und Übungen schon seit Jahrzehnten nicht mehr zusammengestellt worden. An ihre Stelle sind Quellensammlungen in Übersetzungen getreten2, in denen naturgemäß die antiken Autoren den weitaus größten Raum einnehmen, während Inschriften fast gänzlich fehlen. Diesem Mangel soll die vorliegende Auswahl historischer Inschriften der römischen Kaiserzeit abhelfen. Sie will das historische Material vor allem Oberschülern und Geschichtsstudenten zugänglich machen, die durch die fehlenden bzw. mangelhaften Sprachkenntnisse bei der historischen Auswertung dieser wichtigen Quellen beeinträchtigt sind. Da mir aus eigener Erfahrung hinlänglich bekannt ist, daß auch bei Vorlage zweisprachiger Ausgaben der fremdsprachliche Text von nahezu allen Studenten überhaupt nicht benutzt wird, habe ich mich entschlossen, nur Übersetzungen anzubieten. Dies hat den Vorteil, daß so fast die doppelte Anzahl Inschriften aufgenommen werden konnte, als dies bei einer zweisprachigen Ausgabe der Fall gewesen wäre. Derjenige Benutzer, der mit Hilfe der Übersetzung sich den Inhalt einer Inschrift am Original erarbeiten will, kann mühelos eine wissenschaftliche Edition heranziehen, die bei jeder Inschrift verzeichnet ist. Für diese Studenten ist auch die der Edition entsprechende Zählung der Zeilen gedacht.

Die Zusammenstellung der Inschriften bedarf einer Begründung. Da sowohl an den Universitäten als auch in den Curricula der neugestalteten Oberstufe an Gymnasien die Ereignisgeschichte zugunsten der Struktur- und Sozialgeschichte zurückgedrängt wird, sind hier die wichtigsten Inschriften zum Aufbau des Reiches ausgewählt: solche zur Stellung des Kaisers, zu seinem Verhältnis zu den verschiedenen Amtsträgern senatorischer und ritterlicher Herkunft und deren Beziehungen zu den Untertanen. Ebenso soll die Organisation des Reiches in ihren drei verschiedenen Ebenen sichtbar werden:

1. die Untertanen an der Basis, die Städte, Stammesgemeinden und Einzelpersonen. Daher wurden auch die Stadtrechte, die man heute ‘Gemeindeordnungen’ nennen würde, ebenso wie einige Stadtratsbeschlüsse in die Auswahl aufgenommen, ferner die sich auf die Territorialverwaltung beziehenden Inschriften, die Aufschluß geben über die Organisation der von der städtischen Selbstverwaltung ausgeschlossenen kaiserlichen Domänen und Bergwerksbezirke. Aus Mangel an aussagekräftigen Inschriften müssen die Militärterritorien leider unberücksichtigt bleiben.

2. Die zweite Ebene der Verwaltung ist durch die Statthalter und Prokuratoren repräsentiert, die bei aktuellen Mißständen mit ihren Anordnungen in die untersten Selbstverwaltungseinheiten eingriffen oder, wenn hier keine Entscheidungen zustande kamen, um Schlichtung ersucht wurden.

3. Auf der höchsten Ebene schließlich steht der Kaiser, der Anweisungen an die Amtsträger gab oder der von Amtsträgern und Untertanen um Entscheidung gebeten wurde. Neben ihm war der Senat in dem ihm verbliebenen Bereich theoretisch unabhängig, faktisch ist er in allen wichtigen Fragen dem Willen des Kaisers gefolgt.

Ferner durften Dokumente römischer Bürgerrechtspolitik nicht fehlen, da diese die verschiedenen Angehörigen des bunten Völkergemischs im Imperium Romanum in den römischen Bürgerverband integrierte. Die Dokumente zur Verwaltungsstruktur des Reiches sind unter den Rubriken ‘Reichsverwaltung’ und ‘Städteorganisation’ erfaßt. Ihnen sind Zeugnisse zum Kaiserkult beigefügt, der neben seinem fraglos vorhandenen religiösen Gehalt eine eminent politische Bedeutung hatte. Bezüge auf die Ereignisgeschichte schließlich sind in jenen Inschriften vorhanden, die den Abschnitten zur julisch-claudischen und zur flavischen Dynastie sowie dem der Zeit Nervas bis Hadrian vorangestellt sind. Die nach den obengenannten Gesichtspunkten ausgewählten Inschriften sind außerdem chronologisch geordnet. Die Zeit Diokletians/Konstantins bildet den Abschluß, da dann Zahl und Bedeutung der Inschriften stark zurückgeht.

Einige Hinweise müssen zur Übersetzung gegeben werden. Ich habe mich bemüht, in engem Anschluß an den Satzbau des Dokuments zu bleiben. Nur dort, wo die Perioden unüberschaubar wurden, ist das Satzgefüge in kleinere Einheiten aufgelöst. Dadurch soll die Möglichkeit offenstehen, sich mit Hilfe der Übersetzung den altsprachlichen Text anzueignen. Außerdem ist beabsichtigt, durch eine Übersetzung, die am Satzbau festhält, die Eigenart lateinischer und griechischer Gesetzestexte und Beschlüsse sichtbar zu machen. Bestimmte Fachausdrücke blieben unübersetzt und werden im Glossar erläutert. Siegerbeinamen der Kaiser wurden nicht eingedeutscht, da sie auch als Namen gedient haben.

Zahlreiche Inschriften weisen durch äußere Einflüsse Lücken auf. Die vorgenommenen Ergänzungen sind durch eckige Klammern angegeben. Schwierig wurde es dort, wo von einem Wort nur wenige Buchstaben erhalten waren. Bei Namen ließ sich ohne weiteres durch Klammern anzeigen, wo die Ergänzung beginnt. Bei der Wiedergabe anderer ergänzter Wörter konnte dieses Verfahren nicht beibehalten werden. Hier habe ich je nach den Umständen ein zur Hälfte oder mehr ergänztes Wort entweder ohne Klammern gesetzt oder das ganze Wort als Ergänzung gekennzeichnet. Liegen bei Lücken verschiedene Ergänzungsvorschläge vor, so bin ich der zuletzt genannten Edition gefolgt. Bei umstrittenen Lesungen hielt ich mich an das gleiche Verfahren. Die bei lateinischen Inschriften häufig auftretenden Abkürzungen sind, abgesehen von den Namen, nicht kenntlich gemacht worden.

Die hier vorgelegte Auswahl kaiserzeitlicher Inschriften geht auf eine Übung ‘Quellenkunde der römischen Kaiserzeit’ zurück. Herr W. Eck, damals Saarbrücken, heute Köln, hat mich ermuntert, den Grundstock dieser Übung zu einem Bande ‘Historische Inschriften der römischen Kaiserzeit’ zu erweitern. Auf seinen Vorschlag hat die Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, diesen Titel in ihr Programm aufgenommen. Herr Eck hat mich auch auf wichtige Neuerscheinungen und bessere Lesungen aufmerksam gemacht. Schließlich hat er die Übersetzung des größten Teils der Inschriften überprüft und oft zur besseren sprachlichen Formulierung beigetragen. Daher gilt ihm mein besonderer Dank. Frau J. Reynolds und Herr G. Nollé gewährten bereitwillig Einsicht in bisher unedierte Inschriften. Ferner hat mich vielfach Herr P. R. Franke mit seinem Rat unterstützt. Frl. cand. phil. Ute Ecker hat mit großer Geduld zuverlässig meinen handgeschriebenen Text in eine für den Setzer brauchbare Vorlage verwandelt und auch bei der Überprüfung des Manuskriptes mitgeholfen. Ohne ihre Unterstützung hätte sich die Fertigstellung des Buches noch längere Zeit hingezogen. Meine Kollegen W. Leschhorn und G. Stumpf haben die Korrekturen mitgelesen. Wenn sich auf den folgenden Seiten noch einige Unausgeglichenheiten oder schlechte Übersetzungen finden, so geht dies allein zu meinen Lasten.

Saarbrücken, den 26. April 1983 Helmut Freis

1 M. McCrum-A. G. Woodhead, Select Documents of the Principates of the Flavian Emperors A.D. 68–96 (Cambridge 1961). E.M.Smallwood, Documents illustrating the Principates of Nerva, Trajan and Hadrian (Cambridge 1966). Dies., Documents illustrating the Principates of Gaius, Claudius and Nero (Cambridge 1967).

2 Die umfangreichste Quellensammlung ist die im Bayrischen Schulbuchverlag erschienene Geschichte in Quellen, Band I: Altertum, bearbeitet von W. Arend (München 1965). Einige wichtige Inschriften vornehmlich sozialökonomischer Natur finden sich auch bei W. Struwe, Geschichte der Alten Welt. Chrestomathie Band III (Moskau 1953). Die deutsche Ausgabe ist bearbeitet von J. Mathwich (Berlin 1957).

Historische Inschriften zur römischen Kaiserzeit

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