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III. Die Gerechtigkeit des Rechts
ОглавлениеDer formale Unterschied zwischen rechtlicher und anderen Formen der Gerechtigkeit bedeutet nicht, dass diese anderen Gerechtigkeitsdiskurse keinen Einfluss auf die Gerechtigkeit des Rechts gehabt hätten. Ihre Ergebnisse wurden vielmehr teilweise in das Recht transformiert. Die Erwähnung von Protagoras, Sokrates und Platon deutet bereits darauf hin, dass der philosophische Diskurs über Gerechtigkeit über 2500 Jahre andauert, sodass es nicht verwunderlich ist, dass über ihren Begriff keine Einigkeit besteht. Moderne Rechtssysteme ziehen daraus verschiedene Konsequenzen: Einerseits enthalten sie Institutionen und Verfahren für die Diskussion und Entscheidung von Gerechtigkeitsfragen. In diesen Verfahren werden wesentliche Aspekte des Gerechtigkeitsdiskurses festgehalten oder weiteren gesetzgeberischen, verwaltungsmäßigen oder richterlichen Diskursen zur Konkretisierung überlassen.
Versucht man den rechtsphilosophischen Gerechtigkeitsdiskurs grob zu ordnen, so bieten sich dabei durchaus auch heute noch Kategorien an, über deren Vereinbarkeit die Sophisten schon im 5. vorchristlichen Jahrhundert debattiert haben. Zwischen ihnen entspann sich nämlich ein Streit, ob es natürliche oder nur gesetzliche Gerechtigkeit gebe und ob sie Freiheit oder Gleichheit bedeute15. Da sie der Auffassung waren, dass das Recht nicht mehr im Sinne des guten alten Rechts etwas von alters her durch göttliche Stiftung Überkommenes sei, sondern vom Menschen hergestellt würde, war die Frage, ob es für Fehler bei der Schaffung des Rechts einen dem menschlichen Handeln entzogenen Maßstab geben könne oder ob nicht alle Maßstäblichkeit dem vom Menschen selbst gesetzten Recht entnommen werden müsse. Teilweise quer dazu diskutierten sie darüber, ob Gerechtigkeit das Recht des Stärkeren bedeute und somit seine Freiheit schütze oder ob es die Gleichheit aller Menschen sicherstellen solle16.