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ОглавлениеNachdem ich den Steineichenwald überwunden habe, klettere ich nun mühsam auf unwegsamem Pfad zwischen Erdbeerbäumen und Ahorn hinan. Schließlich erreiche ich den Gipfel des Monte Pietralata, eines der beiden Berge, zwischen denen der Fluss Candigliano eine herrliche Schlucht hat entstehen lassen, die Gola del Furlo. Ich atme tief ein. Ich befinde mich auf jenem Berg, auf dem sich ein Monument befand, welches das Profil von Benito Mussolini wiedergab, gebaut in den Dreißigerjahren und (teilweise) zerstört von Partisanen und durch Befreiungskräfte. Die Aussicht ist unglaublich, man atmet eine dünne Luft. Doch mich beschleicht das Gefühl, dass mich irgendjemand, verborgen im Dickicht, beobachtet.
Ein letzter Zeitsprung. Wir befinden uns im Jahre 2013, es sind weitere zehn Jahre vergangen und mein Leben hat sich verändert, aber ich lebe noch immer in dem Tal, nicht weit entfernt vom Fluss, der immer schmutziger geworden ist und der von den Menschen und den unzähligen Industrieanlagen ausgebeutet wird, die in den letzten Jahrzehnten im Tal entstanden sind.
Ich zeichne noch immer, entwerfe Comics und wandere entlang der Kiesbette der Flüsse und Wildbäche und über die Hügel und Berge der Marken, und ich führe weiterhin Forschungen über die noch verbliebenen Schutzgeister durch.
Wenn es uns nicht gelingt, unseren Genius Loci zu erhalten, droht uns die Atopie, die Abwesenheit von Orten. Durch Atopie entsteht Amnesie, die sich auf die Bevölkerung verschiebt. Diese ist davon überzeugt, dass das Leben anderswo stattfinde, dass Wissen und Informationen Dinge seien, die einzig durch Fernsehen und Internet vermittelt werden. Es sind Menschen, die sich nicht auf diesen Pfaden bewegen, die keine Toponyme kennen, die nicht mehr auf Landschaften und Aussichten schauen. Menschen, die anscheinend vor der eigenen Vergangenheit und der Erinnerung Angst haben. Menschen, die es deshalb nicht schaffen, den Sinn der eigenen Existenz an diesem Ort, in diesem Moment zu finden.
(Aus dem Italienischen übersetzt von Claudine Walther)