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Berufswahlmotivation von Polizeibeamtinnen und -beamten (BEWAPOL)

Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zur Wahl des Polizeiberufs

Lucas Lohbeck

Die Berufswahl ist eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben des Jugendalters. Sie ist mit großen Unsicherheiten und Zweifeln verbunden (Driesel-Lange, Kracke, Hany & Kunz, 2020) und ist ein einschneidender, nachhaltiger Entschluss mit weitreichenden Folgen für die persönliche Entwicklung (Scheer, 2010). Sie hat darüber hinaus einen bedeutsamen Einfluss auf die Identität und die Lebenszufriedenheit des Individuums (Pohlmann & Möller, 2010). Die Gründe für die Berufsentscheidung sind von individuellen, gesellschaftlichen, institutionellen und sozialen Faktoren abhängig und werden wissenschaftlich von verschiedenen Disziplinen, wie zum Beispiel der Psychologie, der Soziologie und der Ökonomie, mithilfe empirischer Forschungsmethoden untersucht. In der psychologischen Berufswahlforschung steht die Frage im Mittelpunkt, wie Personen ihre Berufsentscheidung treffen und welche Gründe dabei wirksam werden. In dieser Untersuchung sollen die Absichten, die der Wahl des Polizeiberufs zugrunde liegen, analysiert werden. Die Motivation, den Polizeiberuf zu ergreifen, ist neben der persönlichen Bedeutung für die betreffenden Personen auch von gesellschaftlicher Bedeutung, da die Polizei der wesentliche Garant für die innere Sicherheit ist, den Bestand und die Funktionsfähigkeit des Staates sichert und die Grundrechte der Bürger schützt.

Zusammenfassung

Auf der Grundlage des Erwartung-Wert-Modells wurde ein Instrument zur Erfassung der Motivation für die Wahl des Polizeiberufs (BEWAPOL) entwickelt und an zwei Stichproben von Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei validiert. Die in der nationalen und internationalen Forschung identifizierten Berufswahlmotive wurden mithilfe des Erwartung-Wert-Modells eingeordnet und durch weitere Motive ergänzt. Die faktorielle Struktur des BEWAPOL wurde in einer ersten Studie (N = 235) ermittelt. Es ließen sich vier Aspekte der Wertkomponente („Gesellschaft/Gerechtigkeit“, „Charakter der Tätigkeit“, „Sicherheit und Bezahlung“, „Ansehen und Status“) und zwei Aspekte der Erwartungskomponente („Fähigkeitsüberzeugung/Passung“, „Herausforderung“) unterscheiden. Bei einer Wiederholungsmessung (N=180) und in einer zweiten Studie (N= 159) konnte die faktorielle Struktur des BEWAPOL bestätigt werden. Reliabilitätsanalysen in allen Untersuchungen deuten auf eine hinreichende interne Konsistenz der Skalen hin. Interkorrelationsanalysen mit konstruktnahen Variablen weisen auf die Validität der Skalen hin.

Berufswahlmotivation, Polizei, Fragebogen.

Abstract

On the basis of the expectation-value model an instrument was developed to measure the motivation for becoming a police officer (BEWAPOL). It was validated through two samples of trainee police inspectors who were studying for the higher intermediate law enforcement services of the federal police. Career path motives identified by national and international research were categorized with the help of the expectationvalue model and were supplemented with additional motives. The factorial structure of the BEWAPOL was determined in a first study (N = 235). It was possible to distinguish four aspects of the value component („society/justice“, „nature of work“, „security and pay“, „reputation and status“) and two aspects of the expectation component („belief in capability/fit“, „challenge“). A repeat survey (N=180) and a second study (N= 159) confirmed the factorial structure of the BEWAPOL. Reliability analyses in all studies indicate a sufficient internal consistency of the scales. The data also complied with a two factors solution with both an intrinsic and an extrinsic secondary factor. Correlation analyses with construct-related variables indicate the validity of the scales.

Career path motivation, police, questionnaire.

Der Polizeiberuf gehört seit Jahren zu den beliebtesten Berufen von Schülern und Jugendlichen (Mann et al., 2020). Dabei kann festgestellt werden, dass das Berufsbild des Polizisten ein von persönlichen Erfahrungen und medialen Bildern stark geprägtes Berufsbild ist, sodass viele unzutreffende und stereotype Vorstellungen existieren (Rauber, 2013). Trotz der Beliebtheit des Polizeiberufs bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (z. B. Mann et al., 2020) sind die Motive für diesen Berufswunsch beziehungsweise diese Berufswahl in Deutschland bisher nur wenig erforscht worden. So liegt keine empirische Studie vor, die die Motive für den Berufswunsch Polizist/-in vor der Aufnahme der Ausbildung untersucht. Die wenigen Studien, die zur Berufswahlmotivation in Deutschland vorliegen, untersuchen, aus welchen Motiven Polizistinnen und Polizisten, die sich schon in der Ausbildung oder in der beruflichen Praxis befinden, sich für den Beruf entschieden haben. Der Vorteil dieser Herangehensweise liegt darin, dass die Zielgruppe genau eingegrenzt ist und so spezifisch nach dem Berufsfeld gefragt werden kann. Auf der anderen Seite sind die Befragungen retrospektiv, sodass sich ursprüngliche Motive eventuell schon durch Erfahrungen in dem Berufsfeld verändert haben.

Zur Erfassung der Motivation für die Wahl des Polizeiberufs

Die ersten empirischen Untersuchungen zu den Motiven für die Wahl des Polizeiberufs wurden in den 1970er und 1980er Jahren (z. B. Ermer, 1978; Golden, 1982; Hageman, 1979; Lester, 1983; Meagher & Yentes, 1986) in den Vereinigten Staaten von Amerika durchgeführt. Nachdem das Thema im Anschluss daran wenig wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfuhr, nahm das Forschungsinteresse ab den 2000er Jahren wieder zu (z. B. Foley, Guarneri & Kelly, 2008; Raganella & White, 2004). Schließlich lassen sich insbesondere Untersuchungen zu den Berufswahlmotiven aus dem asiatischen Raum finden (z. B. Moon & Hwang, 2004; Tarng, Hsieh & Deng, 2001; Wu, Sun & Cretacci, 2009). Unter den genannten Studien hat die Untersuchung von Lester (1983), in der der Autor eine Skala zur Messung der Berufswahlmotivation vorlegt, viel Beachtung gefunden, und die Skala wird auch in neueren Studien genutzt (z. B. Gallardo, 2020; Morrow, Vickovic, Dario & Shjarback, 2019).

In Deutschland liegen nur wenige Forschungsarbeiten vor, die sich mit der Berufswahlmotivation von Polizeibeamtinnen und -beamten auseinandersetzen (z. B. Franzke, 1999; Groß, 2003, 2015; Liebl, 2003, 2006; Löbbecke, 2004; Rauber, 2013; Scheer, 2010; Spiegelberg, 1977; Strack, 2011; Wagner-Haase, 1995). In den vorliegenden empirischen Studien werden die Berufswahlmotive von Polizeibeamtinnen und -beamten einzelner Bundesländer thematisiert: Bremen (Wagner-Haase, 1995), Hessen (Groß, 2015), Sachsen (Liebl, 2006), Sachsen-Anhalt (Löbbecke, 2004), Saarland (Rauber, 2013), Thüringen (Strack, 2011). Die forschungsmethodischen Herangehensweisen zur Untersuchung der Berufswahlmotivation sind recht unterschiedlich. Während einige Untersuchungen ein qualitatives Forschungsdesign (Interviews) nutzen (z. B. Franzke, 1999; Löbbecke, 2004; Strack, 2011) und dementsprechend eine geringe Stichprobengröße (5-24 Personen) aufweisen, nutzen Groß (2015), Liebl (2006), Rauber (2013) und Wagner-Haase (1995) quantitative Methoden (Fragebögen) mit bis zu 731 Befragten (Liebl, 2006). Die vorliegenden quantitativen Ansätze zur Analyse der Berufswahlmotivation von Polizeibeamtinnen und -beamten lassen allerdings eine Anbindung an motivationspsychologische Modelle weitgehend vermissen und beschränken sich meist auf offene Fragen nach den Gründen für die Berufswahl mit anschließender Berechnung von Häufigkeiten und Rangfolgen. Während Wagner-Haase (1995) Thesen zur Berufswahlmotivation von Polizeibeamten formuliert, die sie einerseits aus der allgemeinen Berufswahlmotivationsforschung und andererseits aus eigenen Überlegungen gewinnt, lässt Rauber (2013) die Befragten mithilfe einer offenen Fragestellung Aussagen zur Berufswahlmotivation formulieren und anschließend eine Rangfolge bilden. Zur Generierung der Motive in Liebls Untersuchungen (2003, 2006, 2007) werden keine Angaben gemacht. Ein zugrunde liegendes motivationspsychologisches Modell ist hier ebenfalls nicht zu erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass eine eindeutige Identifikation wirksam werdender Berufswahlmotive von Polizistinnen und Polizisten anhand der wenigen und zum Teil älteren Studien bisher nur eingeschränkt möglich war. Mit der vorliegenden Studie soll ein integratives theoretisches Modell erstellt werden, um zukünftige Forschung zur Motivation der Wahl des Polizeiberufs zu unterstützen. Dafür werden zunächst die in der Literatur genannten Motive für die Berufswahl zusammengetragen und mithilfe eines theoretischen Rahmenwerks eingeordnet.

Als theoretisches Rahmenwerk zur Erfassung von Wahlverhalten haben sich aus der motivationspsychologischen Forschung insbesondere Theorien des Erwartungs-Wert-Typus als besonders geeignet erwiesen (Brunstein & Heckhausen, 2018). Demnach sind der subjektive Wert und die subjektiven Erwartungen der Verhaltensfolgen die beiden Grundvariablen, aus denen Motivationstendenzen hervorgehen (Brunstein & Heckhausen, 2018). Ein umfassendes, empirisch gut validiertes und in vielen Untersuchungen bewährtes Modell (Watt & Richardson, 2007) hat die Forschergruppe um Eccles hervorgebracht (Eccles, 2005; Wigfield & Eccles, 2000). In Eccles et al. Ausgestaltung der Erwartungs-Wert-Theorie sind der Wert, den man einer Aufgabe zumisst, und die Fähigkeitsüberzeugung die wichtigsten Prädiktoren für die Wahl einer Aufgabe. Basierend auf ihren empirischen Untersuchungen unterscheiden Wigfield und Eccles (2000) drei Komponenten: erstens die Fähigkeitsüberzeugungen und Erfolgserwartung, zweitens den subjektiven Aufgabenwert und drittens die wahrgenommene Schwierigkeit der Aufgabe (Watt & Richardson, 2007). In Einklang mit Eccles et al. werden in der vorliegenden Untersuchung Fähigkeitsüberzeugungen und Erfolgserwartungen zusammengefasst, da diese eine Trennung in zwei Konzepte der faktoranalytischen Untersuchung nicht standhalten (Wigfield & Eccles, 2000). Der subjektive Aufgabenwert lässt sich in Anlehnung an Wigfield und Eccles (2000) und Watt und Richardson (2007) in die Unterkomponenten persönlicher Wert (Nutzen für das Individuum selber), sozialer Wert (Nutzen für die Allgemeinheit) und intrinsischer Wert (im Vollzug der Tätigkeit liegende Befriedigung) unterteilen. Die wahrgenommene Schwierigkeit der Aufgabe bezieht sich schließlich insbesondere auf die zur Erreichung als notwendig angenommene Anstrengung (Watt & Richardson, 2007).

In nationalen und internationalen Untersuchungen zur Berufswahl werden Berufswahlmotive darüber hinaus häufig in intrinsisch und extrinsisch differenziert (z. B. Groß, 2015; Lohbeck, 2018; Moon & Hwang, 2004; Pohlmann & Möller, 2010; Watt & Richardson, 2007). Zu den intrinsischen Motiven für die Wahl des Polizeiberufs zählen Moon und Hwang (2004) insbesondere den Wunsch, Menschen zu helfen, Verbrechen zu bekämpfen sowie die abwechslungsreiche, interessante und herausfordernde Tätigkeit. Als extrinsische Motive sind die Arbeitsplatzsicherheit, das gute Gehalt und das gesellschaftliche Ansehen der Tätigkeit bedeutsam (Moon & Hwang, 2004; Pohlmann & Möller, 2010).

Die wenigen Studien zur Veränderung der Berufswahlmotivationen von Polizistinnen und Polizisten im Laufe der Ausbildung (z. B. Groß, 2015) und des Berufslebens (z. B. White, Cooper, Saunders & Raganella, 2010) deuten darauf hin, dass die Motive, den Polizeiberuf zu wählen, recht stabil sind. White et al. (2010) weisen aber in ihrer Längsschnittstudie darauf hin, dass die Bedeutung der intrinsischen Motive, insbesondere der Wunsch, Menschen helfen zu wollen, im Laufe des Berufslebens leicht abnimmt.

Zur Entwicklung des Fragebogens zur Erfassung der Motivation für die Wahl des Polizeiberufs wurden zwei Studien mit Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei1 durchgeführt. Zusätzlich zu den Item- und Skalenanalysen wurden auch Validitätsprüfungen vorgenommen. In der ersten Studie wurde eine Kohorte von Berufsanfängern zu zwei Messzeitpunkten nach ihrer Berufswahlmotivation befragt. Diese Studie diente der Itemauswahl, der explorativen Analyse der Faktorenstruktur und ersten Untersuchungen der Reliabilität. Darüber hinaus wurden Zusammenhangsanalysen mit konstruktnahen Variablen durchgeführt. Die resultierende Fassung des Fragebogens wurde in Studie 2 an einer weiteren Stichprobe von Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei validiert.

Studie 1

Das Ziel der ersten Studie bestand darin, zentrale Motive für das Berufsziel Polizeivollzugsbeamtin/Polizeivollzugsbeamter zu identifizieren. Erste Hinweise auf die Validität sollten durch die Analyse korrelativer Zusammenhänge mit Aspekten der Leistungsmotivation, der Selbstwirksamkeitserwartung und des arbeitsbezogenen Erlebens und Verhaltens gewonnen werden.

Methode

Stichprobe

Die Stichprobe umfasste zum ersten Messzeitpunkt N = 234 Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärter für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei (32.6 % weiblich). Das durchschnittliche Alter betrug M = 21.52 (SD = 3.95). Die Studierenden füllten während einer Lehrveranstaltung zu Beginn des Grundstudiums einen Fragebogen aus. Der Großteil derselben Kohorte (N = 180) wurde am Ende des Grundstudiums erneut auf diese Weise befragt.

Tabelle 1: Berufswahlmotive von Polizistinnen und Polizisten einzelner Untersuchungen im Überblick


Instrumente

Neben den Items zur Erfassung der Berufswahlmotivation wurden weitere Instrumente eingesetzt, um Hinweise auf die Validität der erstellten Skala zu erhalten. Zum ersten Messzeitpunkt wurden zusätzlich die Leistungsmotivation und die allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung erfragt. Zum zweiten Messzeitpunkt wurden Aspekte des arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens einbezogen.

Motivation für die Wahl des Polizeiberufs. Es wurde eine Skala mit 49 Items generiert, die verschiedene Gründe für die Wahl des Polizeiberufs thematisieren. Bei der Entwicklung des Fragebogens wurden die Items für die Skala vor dem Hintergrund der drei Komponenten von Wigfield und Eccles (2000) formuliert beziehungsweise ausgewählt. So wurden die in der nationalen und internationalen Forschung zur Berufswahlmotivation von Polizeibeamtinnen und -beamten identifizierte Motive aufgenommen und durch weitere Motive ergänzt (s. Tabelle 1).

Die Motive wurden durch den Itemstamm „Ich habe mich für eine Berufslaufbahn als Polizeibeamtin/Polizeibeamter entschieden, weil…“ eingeleitet, der in Fettdruck über den Items platziert wurde. Innerhalb der Erwartungskomponente wird die Fähigkeitsüberzeugung (Itembeispiel „… ich die beruflichen Aufgaben gut bewältigen kann“) und die wahrgenommene Aufgabenschwierigkeit (Itembeispiel „… es eine anspruchsvolle Tätigkeit ist“) erfasst. Als wertbezogene Komponente für die Berufswahl werden der persönliche Wert (Itembeispiele „…der Arbeitsplatz sicher ist“; „… der Beruf angesehen ist“), der soziale Wert (Itembeispiele „…ich etwas Nützliches für die Gemeinschaft tun kann“; „… ich Menschen helfen kann“) und der intrinsische Wert (Itembeispiel „…die Arbeit abwechslungsreich und spannend ist“) abgebildet. Darüber hinaus wurden auch Gründe einbezogen, die sich nicht eindeutig den genannten Komponenten zuordnen lassen. Dies sind insbesondere soziale Einflüsse für die Berufswahl wie der Einfluss von Freunden und Verwandten (Itembeispiel „… Freunde/Verwandte mir geraten haben, den Beruf zu wählen“). Der Fragebogen ist auf einer fünfstufigen Ratingskala zu beantworten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft völlig zu).

Leistungsmotivation. Leistungsmotivation kann als eine recht stabile Tendenz von Personen beschrieben werden, mit Energie und Ausdauer als wichtig bewertete Aufgaben bis zu einem erfolgreichen Abschluss zu bearbeiten (Fröhlich, 2014). Die motivationspsychologische Forschung hat in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Theorien aufgestellt und Verfahren entwickelt, die auf unterschiedliche Weise Leistungsmotivation erfassen (Atkinson, 1957; Dweck & Elliott, 1983; McClelland, Atkinson, Clark & Lowell, 1953; Nicholls, 1984). Da verschiedene Aspekte der Leistungsmotivation, wie zum Beispiel Erfolgszuversicht, Engagement und Statusorientierung, im engen Zusammenhang mit leistungsbezogenem Wahlverhalten stehen, werden diese zur Konstruktvalidierung herangezogen. Ein Instrument, das die wichtigsten Dimensionen verschiedenster Leistungsmotivationstheorien integriert und insbesondere berufserfolgsrelevante Aspekte berücksichtigt, ist das Leistungsmotivationsinventar von Schuler und Prochaska (2001). Auch in der für diese Untersuchung verwendeten Kurzform (30 Items) werden in dem Inventar alle 17 Dimensionen der Normalversion (170 Items) abgebildet. Die Auswertung kann dimensionsspezifisch oder als Gesamtwert erfolgen. Für diese Untersuchung wurden zur Konstruktvalidierung die Dimensionen herangezogen, die in engem Zusammenhang mit den leistungs- bzw. wertbezogenen Motiven stehen. Dies sind für die Leistungskomponente Engagement, Leistungsstolz, Erfolgszuversicht, Flexibilität, Lernbereitschaft, Selbstkontrolle und Zielsetzung. Für die Wertkomponente wurden die Dimensionen Statusorientierung und Dominanz einbezogen.

Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung. Selbstwirksamkeitserwartung beschreibt die Überzeugung einer Person, Aufgaben erfolgreich ausführen zu können (Bandura, 1977). Selbstwirksamkeitserwartungen haben einen Einfluss auf zahlreiche Aspekte des Handelns, wie zum Beispiel Ziele, Ausdauer und Umgang mit Misserfolg (Bandura, 2012). Sie weisen darüber hinaus Beziehungen zu verwandten Konstrukten wie Selbstwert, Kontrollüberzeugungen und Ergebniserwartungen auf und stehen im engen Zusammenhang mit der Erwartungskomponente der Erwartungs-Wert-Theorie (Judge, Erez, Bono & Thoresen, 2002). Schließlich weist das Konzept negative Zusammenhänge mit Ängstlichkeit und Arbeitsstress auf (Beierlein, Kovaleva, Kemper & Rammstedt, 2014; Luszczynska, Gutiérrez-Doña & Schwarzer, 2005). Zur Erfassung der Selbstwirksamkeitserwartung wurde die Allgemeine Selbstwirksamkeit Kurzskala (ASKU) von Beierlein, Kovaleva, Kemper und Rammstedt (2014) eingesetzt. Die Skala erfasst mithilfe von drei Items die subjektive Kompetenzerwartung, mit Schwierigkeiten und Barrieren zurechtzukommen und Anforderungssituationen erfolgreich bewältigen zu können (Beierlein et al., 2014).

Arbeitsbezogenes Verhalten und Erleben. Arbeitsbezogenes Verhalten und Erleben bezieht sich auf Einstellungen, Ansprüche und Erwartungen, die Personen gegenüber ihrer Arbeit haben, sowie Erholungsfähigkeit, Bewältigungskompetenzen und übergreifende Emotionen. Zur Erfassung des arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster wurde die Kurzfassung des AVEM von Schaarschmidt und Fischer (1997) eingesetzt. In der Kurzfassung des mehrdimensionalen und persönlichkeitsdiagnostischen Instruments werden mit jeweils vier Items elf Primärfaktoren erfasst. Die elf Dimensionen sind den inhaltlichen Bereichen des Arbeitsengagements, der psychischen Widerstandskraft und der berufsbegleitenden Emotion zugeordnet (Schaarschmidt, U. & Fischer, 2008).

Ergebnisse

Messzeitpunkt 1

Faktorenstruktur. Zur Analyse der Faktorenstruktur der Berufswahlmotivation wurde eine exploratorische Faktorenanalyse mit Varimax-Rotation gerechnet (Moosbrugger & Schermelleh-Engel, 2012). Während die Faktorenanalyse 15 Eigenwerte über 1.0 anzeigte, legte der Screeplot eine Sechs-Faktoren-Lösung nahe, die inhaltlich mit dem zugrunde liegenden theoretischen Modell vereinbar war. Im nächsten Schritt wurden Items mit Nebenladungen > .40 aus der Analyse ausgeschlossen. Die sechs Faktoren erklären 55.9 % der Gesamtvarianz, und die Kommunalitätsschätzungen konvergierten in sechs Iterationen. Auf den einzelnen Faktoren luden zwischen vier und acht Items. Items, die die Reliabilität reduzierten, wurden von der Analyse ausgeschlossen. Die gebildeten Skalen wiesen alle eine hinreichende interne Konsistenz auf („Gesellschaft/Gerechtigkeit“: α = .87; „Herausforderung“: α = .82; „Ansehen und Status“: α = .72; „Sicherheit und Bezahlung“: α = .80, „Fähigkeitsüberzeugung/Passung“: α = .74, „Charakter der Arbeit“: α = .67).

Ebenfalls mit den Daten vereinbar war eine Zweifaktorenlösung mit einem intrinsischen und einem extrinsischen Sekundärfaktor (s. Tabelle 2). Die Items der Skalen „Gesellschaft/Gerechtigkeit“, „Herausforderung“, „Fähigkeitsüberzeugung“ und „Charakter der Arbeit“ ließen sich dem intrinsischen Faktor (α = .84) und die Items der Skalen „Sicherheit und Bezahlung“ und „Ansehen und Status“ einem extrinsischen Faktor“ (α = .74) zuordnen. Die zwei Faktoren erklären 29.9 % der Gesamtvarianz und die Kommunalitätsschätzungen konvergierten in drei Iterationen.

Tabelle 3 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Skalen sowie die Interkorrelationen zwischen den Skalen. Es zeigen sich positive Zusammenhänge einerseits zwischen den intrinsischen Faktoren „Gesellschaft/Gerechtigkeit“, „Herausforderung“, „Fähigkeitsüberzeugung/Passung“ und „Charakter der Tätigkeit“ sowie andererseits zwischen den extrinsischen Faktoren „Ansehen und Status“ und „Sicherheit und Bezahlung“. Darüber hinaus korrelieren die extrinsischen Faktoren auch mit dem Faktor „Charakter der Tätigkeit“ auf einem signifikanten Niveau.

Konstruktvalidität. Zur Konstruktvalidierung des Fragebogens wurden korrelative Zusammenhänge zwischen den sechs Skalen und den Dimensionen der Leistungsmotivation der Studierenden sowie mit der allgemeinen Selbstwirksamkeit berechnet (s. Tabelle 4). Es wurde erwartet, dass die Dimensionen der Leistungsmotivation, die eine inhaltliche Nähe zu den jeweiligen Skalen aufweisen, korrelieren. Die Fähigkeitsüberzeugung sollte mit der Erfolgszuversicht, der Beharrlichkeit und der Zielsetzung positiv korrelieren. Die Skala „Herausforderung“ sollte mit dem Leistungsstolz und die Skala „Ansehen und Status“ mit den Dimensionen „Statusorientierung und Dominanz“ positiv korrelieren. Die Selbstwirksamkeitserwartung sollte mit den beiden Erwartungskomponenten „Fähigkeitsüberzeugung“ und „Herausforderung“ der gebildeten Skala positiv korrelieren.

Die erwarteten Annahmen werden weitgehend bestätigt: Fähigkeitsüberzeugungen korrelieren signifikant positiv mit der Erfolgszuversicht (r = .35, p < .01) und der Beharrlichkeit (r = .33, p < .01). Herausforderung korreliert signifikant positiv mit Leistungsstolz (r = .21, p < .01) und Ansehen und Status korreliert signifikant positiv mit der Statusorientierung (r = .25, p < .01) und der Dominanz (r = .26, p < .01). Für die Selbstwirksamkeitserwartung lassen sich zudem erwartungsgemäß signifikant positive Zusammenhänge mit der Fähigkeitsüberzeugung (r = .33, p < .01) und der erwarteten Herausforderung (r = .13, p < .05) finden. Darüber hinaus zeigt sich, dass mehrere Aspekte der Leistungsmotivation (Leistungsstolz, Erfolgszuversicht, Flexibilität, Lernbereitschaft, Selbstkontrolle) mit den intrinsischen Skalen der Berufswahlmotivation signifikant positiv korrelieren, aber nicht bzw. negativ mit den extrinsischen Skalen der Berufswahlmotivation. Dies lässt sich auch für die Selbstwirksamkeitserwartung feststellen, mit der Einschränkung, dass sie nicht signifikant mit dem Charakter der Tätigkeit korreliert (s. Tabelle 4).

Messzeitpunkt 2

Faktorielle Validität. Zur faktoriellen Überprüfung wurde die Skala zur Erfassung der Berufswahlmotive den Studierenden nach sechs Monaten erneut vorgelegt. Mit den Daten wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt. Die aus den Ergebnissen zu Messzeitpunkt 1 resultierenden 29 Items wurden dabei als Indikatoren für die jeweils korrespondierenden sechs Faktoren spezifiziert. Doppelladungen wurden nicht zugelassen. Die konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigte die Faktorenstruktur weitgehend. Der Chi-Quadrat-Test war zwar statistisch signifikant (p < .05), was auf einen inakzeptablen Modellfit hinweist. Dies ist aber für kleine Stichproben nicht ungewöhnlich (Barrett, 2007). Andere Indikatoren weisen hingegen auf einen guten Modellfit hin (TLI = .92; RMSEA = .06).

Konstruktvalidität. Um weitere Hinweise auf die Konstruktvalidität des generierten Instruments zu erhalten, wurden Zusammenhänge der Berufswahlmotivation mit den Primärfaktoren des arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens untersucht (s. Tabelle 4). Es wurde erwartet, dass die beiden Erwartungskomponenten (Fähigkeitsüberzeugung, Herausforderung) des entwickelten Fragebogens positiv mit dem beruflichen Ehrgeiz, der Verausgabungsbereitschaft und dem Perfektionsstreben korrelieren. Darüber hinaus sollte der intrinsische Wert „Charakter der Tätigkeit“ positive Zusammenhänge mit der Lebenszufriedenheit aufweisen.

Tabelle 2: Items, Primär- und Sekundärfaktoren und Erwartungs-Wert-Komponenten des BEWAPOL


Tabelle 3: Mittelwerte (Standardabweichungen) und Interkorrelationen der Skalen aus Studie 1 (MZP 1/MZP 2)


Die Erwartungen werden weitgehend bestätigt. Während die Skala Herausforderung positiv mit dem beruflichen Ehrgeiz (r = .27, p < .01), der Verausgabungsbereitschaft (r = .36, p < .01) und dem Perfektionsstreben (r = .31, p < .01) korreliert, lassen sich lediglich signifikante Zusammenhänge zwischen der Fähigkeitsüberzeugung und der Verausgabungsbereitschaft (r = .34, p < .01) finden. Der Charakter der Tätigkeit korreliert signifikant positiv mit der Lebenszufriedenheit (r = .43, p < .01).

Studie 2

Das Ziel der zweiten Studie war es, die faktorielle Struktur des Fragebogens (BEWAPOL) und die internen Konsistenzen der sechs Skalen zu überprüfen.

Methode

Stichprobe

An Studie 2 nahmen N = 159 Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärter für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei (33 % weiblich) teil. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer betrug M = 21.29 Jahre (SD = 4.08). Die Studierenden füllten während einer Lehrveranstaltung zum Ende ihres Grundstudiums Fragebögen aus.

Instrument

Es wurde der nach der ersten Studie erstellte Fragebogen zur Erfassung der Berufswahlmotivation eingesetzt (der Fragebogen BEWAPOL wird im Elektronischen Supplement 3 zur Verfügung gestellt). Die 29 Fragebogen-Items sind auf einer fünfstufigen Ratingskala zu beantworten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft völlig zu).

Ergebnisse

Die Sechs-Faktorenstruktur des BEWAPOL konnte durch die konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigt werden. Zwar war auch in der zweiten Studie der Chi-Quadrat-Test statistisch signifikant (p < .05). Jedoch deuten auch in der zweiten Studie weitere Indikatoren auf einen akzeptablen Modellfit hin (TLI = .91; RMSEA = .06). Die Faktorenladungen der einzelnen Items der zweiten Studie liegen in ähnlichen Größenordnungen wie die Faktorenladungen der ersten Studie (s. Tabelle 5). Die Reliabilitätsanalysen weisen ebenfalls ähnliche Kennwerte auf wie in der ersten Studie und liegen im guten beziehungsweise akzeptablen Bereich („Fähigkeitsüberzeugung/Passung“: α = .76; „Herausforderung“: α = .80; „Gesellschaft/Gerechtigkeit“: α = .84; „Charakter der Tätigkeit“: α = .65; „Sicherheit und Bezahlung“: α = .78; „Ansehen und Status“: α = .71). Die Mittelwerte und Standardabweichungen der gebildeten Skalen und der Items entsprechen weitgehend den Verteilungen in der vorangegangenen Studie (s. Tabelle 5).

Tabelle 4: Korrelationen der Berufswahlmotivation mit Aspekten der Leistungsmotivation zu MZP 1 (N = 232) sowie der Berufswahlmotivation mit den allgemeinen und beruflichen Selbstwirksamkeitserwartungen und Aspekten des arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens zu MZP 2 (N=180)


Tabelle 5: Items mit Mittelwerten, Standardabweichungen und Faktorladungen Studie 1 MZP1, MZP2 und Studie 2


Diskussion

Das Ziel der Studie, einen Fragebogen zur Erfassung der Motivation für die Wahl des Polizeiberufs zu entwickeln und zu validieren, ist gelungen. Der vorliegende Fragebogen ist an die motivationspsychologische Forschung angebunden und weist akzeptable Testeigenschaften auf. Unter Anwendung von Faktoren-, Item- und Skalenanalysen konnten sechs reliable Skalen identifiziert werden, durch die unterschiedliche Berufswahlmotive abgebildet werden.

In Übereinstimmung mit dem Erwartungs-Wert-Modell von Wigfield und Eccles (2000) werden wertbezogene Motivationen (Herausforderung, Gesellschaft/Gerechtigkeit, Charakter der Tätigkeit, Sicherheit und Bezahlung, Ansehen und Status) und erwartungsbezogene Motivationen (Fähigkeitsüberzeugung/Passung, Herausforderung) unterschieden. Die Reliabilitätsanalysen deuten auf eine gute bis akzeptable Stabilität der faktoriellen Struktur hin und die Zusammenhangsanalysen mit konstruktnahen Variablen deuten auf die Validität des Fragebogens hin.

Die Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse weist auch auf die Möglichkeit einer Zweifaktorenlösung hin. Dies wird durch Zusammenhangsanalysen der sechs gebildeten Skalen zum Teil bestätigt. So lassen sich auf der einen Seite positive Korrelationen zwischen den Skalen „Sicherheit und Bezahlung“, „Herausforderung“ und „Fähigkeitsüberzeugung“ sowie auf der anderen Seite zwischen den Skalen „Sicherheit und Bezahlung“ und „Ansehen und Status“ beobachten. Die Skala „Charakter der Tätigkeit“ korreliert dabei allerdings mit allen anderen Skalen positiv. Die zweifaktorielle Lösung und inhaltliche Erwägungen sprechen dafür, die Skala „Charakter der Tätigkeit“ der ersten Skalengruppe zuzuordnen, sodass sich ein intrinsischer und ein extrinsischer Sekundärfaktor unterscheiden lassen.

In Übereinstimmung mit bisherigen Untersuchungen (z. B. Groß, 2011; Groß & Schmidt, 2003; Liebl, 2003; Rauber, 2013) nennen die angehenden Polizeibeamtinnen und -beamten vor allem den “Charakter der Tätigkeit” und die “Sicherheit und Bezahlung” als wichtigste Motive für die Berufswahl. In Einklang mit Rauber (2013) können diese Motive als „Hauptmotive” bei der Wahl des Polizeiberufs angenommen werden. Weitere Motivfaktoren mit hohen Ausprägungen sind der Wunsch, Menschen zu helfen und Verbrechen zu bekämpfen, sowie die Überzeugung, für den Beruf gut geeignet zu sein. Dass Motive wie das Bedürfnis nach Ansehen und Status weniger stark ausgeprägt sind, steht im Einklang mit nationalen (z. B. Rauber, 2013) und internationalen Befunden (z. B. Foley et al., 2008). Einschränkend muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Vergleiche zwischen einzelnen Itemausprägungen oder Skalen innerhalb einer Gruppe eher wenig aussagekräftig sind, da sie stärker von der Formulierung der Items abhängen können als von der Ausprägung der Motivationen. Darüber hinaus können Effekte der sozialen Erwünschtheit eine Rolle spielen (Pohlmann & Möller, 2010).

Die Interkorrelation mit konstruktnahen Skalen liefern Hinweise auf die Validität der BEWAPOL-Skalen. Die erwarteten Zusammenhänge der Skalen des LMI mit den generierten Skalen des BEWAPOL konnten bestätigt werden. Die Fähigkeitsüberzeugung/Passung weist eine inhaltliche Nähe zur Erfolgszuversicht und Beharrlichkeit auf, sodass die hohen signifikanten Korrelationen zu erwarten waren. Leistungsstolz korreliert mit der Skala Herausforderung. Eine hohe Ausprägung auf der Leistungsstolzskala haben Personen, die ehrgeizig sind, ihr Bestes geben wollen und deren Selbstwertgefühl stark von ihrer Leistung abhängt. Dass diese Personen die Herausforderung suchen und bereit sind, sich für erstrebenswerte Ziele einzusetzen, ist inhaltlich schlüssig. Positive Zusammenhänge finden sich darüber erwartungsgemäß auch zwischen dem Berufswahlmotiv Ansehen und Status und der Orientierung an Status und Dominanz. Die Trennung zwischen einem intrinsischen und einem extrinsischen Sekundärfaktor lässt sich auch anhand der Interkorrelationen bekräftigen. So korrelieren mehrere Skalen des LMI mit den intrinsischen Skalen des BEWAPOL, während zu den extrinsischen Skalen keine oder negative Korrelationen zu finden sind. Dies zeigt sich zum Teil auch für die Selbstwirksamkeitserwartung, die allerdings nicht mit dem Charakter der Tätigkeit korreliert. Die signifikante Korrelation der Selbstwirksamkeitserwartung mit den Skalen der Erwartungskomponente des BEWA-POL und insbesondere mit der Fähigkeitsüberzeugung steht im Einklang mit früheren Forschungsergebnissen (z. B. Judge et al., 2002).

Die Interkorrelationen der Skalen des BEWAPOL mit den Skalen des AVEM zeigen ein uneinheitliches Bild. So korrelieren die Skalen des AVEM, die dem Arbeitsengagement zugeordnet werden, signifikant mit der Skala Herausforderung und zum Teil mit den Fähigkeitsüberzeugungen. Eine zu erwartende negative Korrelation mit den extrinsischen Faktoren erreicht aber nur für die Skala Sicherheit und Bezahlung ein signifikantes Niveau. Die zum Teil nicht konsistenten Zusammenhänge zwischen den Skalen des BEWPOL und des AVEM könnten darauf zurückzuführen sein, dass die angehenden Polizeibeamtinnen und -beamten noch am Beginn ihrer Ausbildung stehen und noch keinen vertieften Eindruck von ihrem Wahlberuf haben. Zudem beziehen sich einige der Items des AVEM ausdrücklich auf Erfahrungen und Erlebnisse im Beruf. Diese sind aber bei den Befragten nur in Ansätzen vorhanden. Die mangelnden Berufserfahrungen werden so möglicherweise noch durch die Vorstellung, die von dem Beruf vorherrscht, ersetzt. Das wird auch durch die sehr deutliche signifikante Korrelation zwischen der Lebenszufriedenheit und dem Charakter der Tätigkeit deutlich. Dies mag daran liegen, dass die angehenden Polizeibeamten ein bestimmtes Bild von dem Beruf vor Augen haben, das mit ihrer Lebensplanung und ihren Erwartungen im Einklang steht.

Limitationen und Ausblick

Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse der Untersuchung lediglich auf Selbsteinschätzungen beruhen und Verzerrungen somit nicht ausgeschlossen werden können. In Untersuchungen, die ebenfalls Selbstberichtsverfahren verwendeten, zeigte sich regelmäßig eine Präferenz für die intrinsischen und somit eher sozial erwünschten Motivationen für die Wahl des Berufs (z. B. Pohlmann & Möller, 2010). Darüber hinaus werden lediglich explizite Motive erfragt, die nur die Vorstellung der Person von ihren handlungsleitenden Motiven dokumentieren. Diese Motive müssen aber nicht mit den impliziten Motiven übereinstimmen, die nichtsprachlich repräsentiert sind und sich mit Methoden, die Selbstberichte nutzen, nicht erfassen lassen. Diese ließen sich allenfalls mit projektiven oder semi-projektiven Verfahren messen beziehungsweise verstehen (Brunstein, 2018).

In Folgestudien soll überprüft werden, welchen Einfluss die unterschiedlichen Motivationen auf die Motivations- und Kompetenzentwicklung sowie die Stressresistenz und Resilienz haben. In Eccles et al. Ausgestaltung der Erwartungs-Wert-Theorie sind der Wert, den man einer Aufgabe zumisst, und die Fähigkeitsüberzeugung die wichtigsten Prädiktoren für die Wahl einer Aufgabe. So haben sich in Bezug auf akademische Laufbahnen und Leistungen Motive der Wertkomponente besonders als Prädiktor für die Wahl und die Fähigkeitsüberzeugung als Prädiktor für die Leistung erwiesen (Wigfield & Eccles, 2000).

Aus der Berufswahlforschung von Lehrerinnen und Lehrern ist bekannt, dass einerseits Personen, die vornehmlich aus idealistischen Gründen heraus den Beruf gewählt haben, mit höherer Wahrscheinlichkeit desillusioniert werden und ein höheres Risiko für die Entwicklung von Belastungssymptomen haben (Pohlmann & Möller, 2010). Andererseits scheinen auch extrinsische Motive für die Berufswahl im Hinblick auf die Resilienz eher ungünstig zu sein (Lohbeck, 2018). So könnte das Instrument dazu beitragen, günstige und ungünstige Motivstrukturen für die Berufswahl im Hinblick auf die zu erwartende Leistung, Arbeitszufriedenheit und Gesundheit frühzeitig zu erkennen. Um derartige Zusammenhänge im Polizeiberuf analysieren zu können, sind weitere, insbesondere längsschnittlich angelegte Untersuchungen erforderlich. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen könnten zur Verbesserung der Eignungsdiagnostik für den Polizeiberuf beitragen. So könnten einerseits Verfahren zur Selbstselektion entwickelt werden, mit denen Interessenten frühzeitig ihre persönlichen Motivationen für den Beruf klären können. Andererseits kann das Wissen um die Berufswahlmotivationen helfen, den Bedürfnissen der angehenden Polizeibeamten in der Ausbildung und in der anschließenden polizeilichen Praxis besser Rechnung zu tragen, um so als attraktiver Arbeitgeber qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, Abbrecherquoten zu verringern und die Arbeitsmotivation zu erhalten (Groß, 2003; Kretschmer, 2019; Rauber, 2013). Für entsprechende Untersuchungen liegt mit dem BEWAPOL ein Instrument vor, das theoretisch fundiert ist und gute Testeigenschaften aufweist.

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Kontakt

Dr. Lucas Lohbeck

Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung

Studienbereich Psychologie

Willy-Brandt-Straße 1

DE-50321 Brühl

E-Mail: Lucas.Lohbeck@hsbund.de

Fragebogen zur Erfassung der Berufswahlmotivation von Polizeibeamtinnen und -beamten (BEWAPOL)


1 Für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei besteht der Vorbereitungsdienst aus einem dreijährigen modular gegliederten dualen Diplomstudiengang: „Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei (Diplom-Verwaltungswirt)“. Das Studium besteht aus Fachstudienzeiten (Grund- und Hauptstudium) und berufspraktischen Studienzeiten (Basisausbildung, praxisbezogene Lehrveranstaltungen und praktische Verwendung). Berufspraktische und Fachstudienzeiten wechseln sich ab, beginnend mit der viermonatigen Basisausbildung und dem darauf folgenden sechsmonatigen Grundstudium (Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei vom 16. August 2017, BGBl. I S. 3261).

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