Читать книгу Medana und die Nebeltröpfchen - Gudrun Anders, Katja Driemel - Страница 4
Alles in Ordnung!
ОглавлениеIn jedem Leben kommt irgendwann einmal der Moment, wo sich schlagartig alles ändert. Nur sehr wenige Wesen dieser Erde können behaupten, so eine Situation nie erlebt zu haben.
Dieser Moment, der alles verändert, wird normalerweise nicht herbei gerufen. Er passiert einfach. Ob man will oder nicht. Und man kann dann auch nichts mehr dagegen tun, ein Einzelner schon gar nicht.
Das soll aber nicht heißen, dass dann plötzlich alles sinnlos wäre. Nein, ganz im Gegenteil. Es ist eigentlich immer die herausforderndste Situation, die man im Leben bewältigen muss.
Sie kommt in ein Leben, wenn man sich vom wahren Lebenssinn entfernt hat. Und sie kommt meistens dann, wenn man eigentlich gerade in eine vollkommen andere Richtung losstürmen will.
So war es auch im Leben von Medana. Sie ist eine kleine Elfe und lebt im Wald nahe den Wunderbergen. Schon ihr ganzes Leben – und das ist noch nicht allzu lang … – hat sie bereits hier verbracht, immer bedacht darauf, schön am Fuße der Berge zu bleiben, denn es gibt in ihrem Volk die Sage, dass es für Elfen nicht gut ist, dem Gipfel zu nahe zu kommen.
Nur Elfen, die aus dem Leben scheiden möchten, machen sich auf den Weg in die höher gelegenen Regionen. Und kaum eine Elfe wollte das ausprobieren. Das Leben war für sie so schön, die Welt so bunt und vielfältig, dass keiner freiwillig aus dem Leben gehen wollte. Erst im hohen Alter stellten sich zuweilen Krankheiten bei den Elfen ein und dann war es eine bewusste Entscheidung, zu gehen oder zu bleiben.
Medana war noch jung an Jahren. Sie hatte zwar schon sehr vieles ausprobiert und auch unwahrscheinlich viel gesehen, aber ihr Wissensdurst war so groß, dass sie gerade wieder in einen anderen Bereich des Waldes gegangen war, neue Wesen kennenlernte und natürlich auch neue Tiere und Blumen.
Sie hatte sich gerade einer kleinen Gruppe von Elfenschwestern angeschlossen, die täglich gemeinsam Übungen machten, die die geschickten Elfenkörper und auch den überaus intelligenten Geist der kleinen Elfen stärkten. Spaß machte es und brachte nicht nur ein paar Muskeln, sondern auch Mut und eine viel bessere Konzentration.
Das viele Üben hatte aber auch einen ganz großen Nachteil: Medana kümmerte sich viel weniger um ihr Umfeld als gut war. Und so entging ihr, dass viele ihrer Elfenschwestern trotz aller Übungen immer unruhiger wurden.
Sie hörte sie manchmal leise hinter vorgehaltenen Händen tuscheln, aber sie bezog es nicht auf sich. Klar, sie war neu in diesem Landstrich, aber warum sollte man über sie reden?
Wäre jemand zu ihr kommen und hätte sie gefragt, wie es ihr geht, dann hätte sie sicher ohne Nachzudenken geantwortet: „Och – Alles in Ordnung!“
Aber es war eben nicht mehr alles in Ordnung, denn sie fing an, es auch zu spüren. Jeder Elf drehte sich rasch um, wenn es im Gebüsch knisterte. Alle wurden über-vorsichtig und achteten auf jede kleine Veränderung. In der Übungsgruppe war es nicht mehr so lustig wie am Anfang und auch im Wald, den sie sehr liebte, wurde es irgendwie immer stiller und stiller.
Das fröhliche Lied der Singvögel verstummte nach und nach und die Wintergänse zogen weiter. Die Tiere des Waldes sorgten sich schon sehr früh – eigentlich viel zu früh – um den Wintervorrat und viele Bäume des Waldes ließen die Äste hängen, fast so als seien sie traurig.
Medana aber dachte sich immer noch nichts dabei, und fuhr einfach unbeirrt mit ihrem Tagewerk fort. Aber es sollte sich schon sehr schnell etwas ändern.