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Arbeit sollte beglücken

Vor einigen Wochen sprach ich mal mit einer Projektleiterin einer großen Firma. 18 J. lang war sie bereits hier tätig und hatte im Schnitt eine 60-Stunden-Woche. Ihr Einkommen war sehr gut, sie hat eine große Eigentumswohnung mit schöner Aussicht, die von einer Putzfrau sauber gehalten wird. Aber seit Jahren keine Beziehung, sie hat keine Kinder, nur zwei Freunde und nur extrem wenig Freizeit, weil sie tagtäglich eine Stunde zur Arbeit fährt. Zum Sport machen kommt sie nicht, sie isst nicht vernünftig, weil sie ständig den Terminen hinterher jagt und wenn sie mal krank ist, was selten vorkommt, kommt ihr Mitarbeiter zu ihr nach Hause und bespricht die nötigen Dinge dort mit ihr. Als sie mir das alles erzählt hatte, lehnte ich mich zurück und atmete tief durch. Irgendwie kam eine „Stresswelle“ bei mir an und ich erzählte ihr, wie ich mein Leben eingerichtet habe. „Wissen Sie“, meinte ich, „ich würde nie, nie niemals mit Ihnen tauschen wollen!“ Ich beobachtete ihre Mimik. „Ich habe keine Eigentumswohnung, aber einen wunderschönen großen Garten, in dem ich mich entspannen kann. Ich arbeite nur 10 Stunden die Woche, denn auch wenn ich mehr tue und nicht auf der faulen Haut liege, so habe ich keine Arbeit, sondern viel Freude im Umgang mit meinen Kunden. Und ich habe die Zeit, 3 x die Woche zum Sport zu gehen und mich auszutoben. Ich arbeite auch bequem von Zuhause aus und fahre nicht 2 Std. am Tag Auto, was nicht nur Zeit kostet, sondern auch eine Menge Geld, ganz abgesehen von der Umwelt, die sicher auch darunter leidet.“ Es war wieder einen Moment still. „Verstehen Sie, warum ich nicht tauschen würde?“ fragte ich und sah, das glänzende Augen bekommen hatte. Dann sagte sie: „Das wäre mein größter Traum, nur möchte ich dabei genau so viel Geld verdienen wie jetzt.“

Die heutigen Menschen glauben, dass man die Arbeit so einrichten müsse, dass sie möglichst viel Ertrag abwerfe. Das ist ein falscher Glaube; man muss die Arbeit so einrichten, dass sie die Menschen beglückt.

Paul Ernst