Читать книгу Brasil -Das Leben eines Fußballs l - Hajo Gellhaus - Страница 4
Das Lager
ОглавлениеDa kam das Ungeheuer mit zwei Hörnern und hob uns alle hoch. Ich kam ins Lager. Juchuh, ich war kein Prüfball, nie hätte ich gedacht, dass man sich auf ein Ungeheuer freuen konnte. Ja, nun erlebte ich das erste Mal Geschwindigkeit, es war so geil, wie alle erzählten, dieser tolle Luftzug und das Adrenalin in meinem Magen, aber kaum in Ektase, bremste das Ungetüm auch schon. Wer an der Gitterbox lehnte, bekam einen kleinen Schlag, und wir in der Mitte nur einen kleinen Schubser. Dann ging es auf ein Band ohne Löcher, und wir fuhren spazieren. Das hieß, es ging nicht in die weite Welt, sondern ins Lager. Irgendein kleiner, runder Mann erzählte einem Mann in einem schnieken Anzug etwas von Ein-/Auslager-Strategie und Vollautomation. Waren das schon die besagten Trainer und Manager? Wurde hier schon die Taktik festgelegt? Mir ging das fast zu schnell. Dann hörte ich auch noch etwas von chaotischer Lagerhaltung. Was mich da wohl erwarten sollte? Das Band bewegte sich mit einer langsamen, gleichförmigen Geschwindigkeit, doch dann ging es eckig um die Kurven, wir rollten an vielen Lichtschranken vorbei in eine riesige Halle. Es sah gar nicht chaotisch aus; überall standen Nummern. Es gab auch jede Menge Diagonalaufzüge. Blieben wir auf dem Boden, oder ging es mit uns hoch hinaus?
Wir hatten Glück, zumindest dachten wir das, denn unser Aufzug fuhr 30 Felder nach rechts und 12 Felder hoch. Was für eine Fahrt, es gab wieder einen riesigen Adrenalinkick. War das schon die besagte höchst Geschwindigkeit, von der alle träumten?
So toll war es dann dort oben doch nicht. Wir mussten warten, und die Luft war stickig. Die Gerüchteküche brodelte, denn es gab ja sonst nichts zu tun.
Wir waren neue WM-Bälle. Gott sei Dank keine Auslaufmodelle, wie die Bälle neben uns, das hieß, wir würden bald hier wegkommen. Immer wenn der Aufzug in unsere Richtung kam, keimte Hoffnung auf. Es war jedes Mal eine Qual, aber jetzt, jetzt wurden wir von unserem Lagerplatz gezogen und schon ging die tolle Fahrt mit dem Diagonalaufzug wieder los. Nach unten war es noch geiler.
Dann fuhren wir wieder spazieren, auf dem Weg mit den eckigen Kurven. Ziel war ein kleineres Lager, in dem für uns Entscheidendes passieren würde. Es wurde immer spannender, welche Karriere stand einem bevor?