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Tante Daffis Haus
ОглавлениеClema wachte erst am Vormittag auf. Zuerst wusste sie nicht, wo sie war, aber dann fiel es ihr wieder ein: Sie war in Tante Daffis Haus. Getrieben vom Hunger stand sie auf. Schnell zog sie sich einen Morgenmantel über. Aber, wo gab es Frühstück? Zur Tür hin stolpernd, wäre sie beinahe über ihr Kleid, das sie gestern getragen hatte, gefallen, wobei sie sich gerade noch an einem Stück Stoff, welches an der Wand hing, festhalten konnte.
Nur wenige Sekunden später klopfte es.
„Herein!“, rief Clema.
Eine Frau, die höchstens zwanzig war, öffnete vorsichtig die Tür. „Sie haben geläutet, Fräulein Clema?“, fragte sie schüchtern.
Clema war etwas verwirrt, aber dann fing sie sich wieder und antwortete dann: „Ähm, ja. Wann und wo wird das Frühstück serviert?“
„Draußen, Fräulein Clema“, so das Zimmermädchen.
„Äh, gut. Ähm, könnten Sie mich dorthin begleiten?“, wollte Clema wissen.
„Gewiss doch, Fräulein Clema, wenn Sie das wünschen“, meinte das Zimmermädchen.
Clema nickte.
Das Zimmermädchen führte sie nun aus ihrem Zimmer links den Gang entlang, an vielen weiteren Türen entlang zu einer Treppe. Sie stiegen die Treppenstufen hinunter. Dann ging es erneut links herum. Nun konnte man schon die große Terrasse sehen, welche ziemlich nah am Nachbargrundstück lag. Das Zimmermädchen öffnete die Terrassentüren, um Clema durchzulassen. Wie sie nun durch die Türen trat, in ihrem seidenen Nachthemd und Morgenmantel, da fühlte sie sich wie eine Königin.
„Keine schlechte Aussicht!“, dachte sie sich, ihrem Nachbarn bei der Gartenarbeit zuschauend. Sie setzte sich.
Nur wenige Sekunden später kam die Köchin und brachte das Frühstück.
Clema begann zu frühstücken und ließ dabei ihren äußerst attraktiven Nachbarn nicht aus den Augen. Inzwischen hatte er das Hemd, welches er trug, schon durch geschwitzt und zog es aus. Clema musste einen Pfiff ausstoßen, da sich unter seinem Hemd nichts als Muskeln befanden. Erst jetzt bemerkte er, dass sie ihn die ganze Zeit beobachtet hatte.
„Na, gefällt Ihnen, was Sie sehen?“, fragte er sarkastisch.
Clema nickte zustimmend.
Er kam nun zum Zaun, welcher ihr Grundstück von seinem trennte. „Wissen Sie“, begann er, „wenn das hier mit uns funktionieren soll, dann sollten Sie mich nicht bei dem, was ich tue, beobachten! Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?“
„Klar und deutlich!“, wiederholte Clema, wobei sie nicht im Traum daran denken würde, zu tun, was er von ihr verlangte.
Er seufzte, so, als hätte er verstanden, dass sie es trotzdem tun würde und meinte: „Falls ich Sie wiederholt dabei erwischen sollte, werde ich Ihnen die Nachbarschaftswache, unsere Bürgerwehr, auf den Hals hetzen! Haben Sie das verstanden?“
„Klar und deutlich!“, wiederholte sie sich.
Er verdrehte seine Augen und wandte sich von ihr ab.
„Ähm, hätten Sie vielleicht Lust, mir, quasi als Wiedergutmachung, Gesellschaft beim Frühstücken zu leisten?“, fragte sie ihn schnell.
Er blieb stehen und meinte wütend: „Damit Sie mich noch mehr anstarren können, oder was?! Außerdem bin ich keinesfalls Ihr Gesellschafter! Sehen Sie das endlich ein!“ Nun ging er wieder in sein Haus, ehe sie noch etwas sagen konnte.
„Köchin!“, rief Clema stattdessen.
Sofort kam die emsige Köchin herbei geeilt und wollte wissen: „Ist alles nach Ihrem Belieben, Fräulein Clema? Ich war mir nicht sicher, was Sie frühstücken wollten, also habe ich von allem etwas genommen.“
„Mit dem Frühstück ist alles in Ordnung. Nur, wie heißt du eigentlich?“, erwiderte Clema freundlich.
Die Köchin meinte verwirrt:„I-i-ich? Ach so, ja, natürlich, wie dumm von mir! Mein Name ist Kaljena Maleka und ich“
„Schon OK, das reicht. Mehr wollte ich gar nicht wissen. Gibt es hier ein Telefon?“, hakte Clema nach.
Die Köchin blickte erst noch verwirrter drein, zuckte dann aber mit den Achseln und entgegnete: „Tut mir Leid, Fräulein Clema, aber ich weiß ja nicht einmal, was das ist. Aber meine Tochter müsste das wissen, ich werde sie gleich rufen. Manissara! Kommst du mal kurz? Das gnädige Fräulein möchte wissen, ob wir ein Tolefen oder so Etwas haben.“
„Ein was? Mutter, ich hoffe doch sehr, dass du ein Telefon meinst, weil wir, soweit ich weiß, kein Tolefen haben“, erklärte das Zimmermädchen bestürzt, als es zu ihnen stieß.
„Ja, ich fragte ja auch nach einem Telefon“, meinte Clema laut.
Als die Köchin wieder in die Küche zurück ging, fragte sie: „Jetzt mal ehrlich, in welchem Jahrhundert leben wir hier eigentlich?“
„Im Einundzwanzigsten, schätze ich. Aber hier stand die Zeit während der letzten Jahrhunderte mehr oder weniger still. Warten Sie, ich werde das Telefon gleich holen. Aber ich warne Sie vor: Es ist in einem äußerst schlechten Zustand, Fräulein Clema“, antwortete das Zimmermädchen brav.
Sie ging dann auch sofort und kam kurz darauf mit dem Telefon wieder. Es war wirklich in einem äußerst schlechten Zustand. An seinem Hörer hingen lauter Spinnennetze, die man nur aufgrund ihrer Vielzahl und dem vielen Staub erkennen konnte und die Wählscheibe, es war ein Wählscheibentelefon, konnte man auch gar nicht mehr erkennen.
„Wann wurde das denn zum letzten Mal benutzt?“, hustete Clema vor lauter Staub hervor.
„Um genau zu sein, erstanden wir es, nachdem diese Art des Telefons erfunden wurde. Allerdings wurde es seither nicht mehr benutzt, Fräulein Clema“, erläuterte Manissara.
Clema meinte: „Gut, Manissara, wärst du so lieb und würdest es für mich abstauben?“
„Aber natürlich, Fräulein Clema“, gab sie lächelnd zurück und verschwand auch schon. Kurz darauf kam sie mit einem sauberen Telefon zurück.
„Warum“, begann Clema, „wurde mit diesem Telefon noch nie telefoniert? Habt ihr etwa keinen zum Anrufen?“
Das Zimmermädchen schmunzelte und meinte: „Doch, schon. Nur kommunizieren wir auf andere Art und Weise. Aber lassen Sie sich dadurch nicht einschüchtern, wir sind ja auch nur ganz normale – Menschen.“
Nun rief ihre Mutter nach ihr. Sie lächelte Clema entschuldigend an und ging.
Die Augen verdrehend begann Clema zu wählen. Nur wenige Sekunden später klingelte irgendwo im Bergviertel ein Telefon.
„Hier Malina Kalituso, wie kann ich Ihnen helfen?“, meldete sich eine Frau.
„Hallo, Mali, tut mir Leid, dich auf der Arbeit anzurufen, aber du wirst niemals erraten, was mir gestern passiert ist! Ich bin in der Veilchenallee. Bitte sag, dass du mal vorbei schaust!“, flehte Clema ihre Freundin an.
„OK, gibt’s dort wenigstens ein paar heiße Typen?“, hakte Malina nach.
Clema antwortete mit Nachdruck: „Oh, ja, wenn du meinen Nachbarn dazu zählst, auf alle Fälle! Nur leider sieht er das ein bisschen anders, also wird da wohl nichts draus.“
„Tja, schade. Du, ich muss Schluss machen, da kommt gerade ein Kunde. Man sieht sich!“
„Ja, tschüss, Malina“, Clema seufzte.
Es war nun schon einige Jahre her, als sie und Malina sich kennengelernt hatten. Sie war gerade mit Einkaufen beschäftigt gewesen, als sie in Malinas Geschäft hinein trat. Als sie dann an der Kasse stand und bezahlen wollte, fiel Malina auf, dass Clema ein Logo eines angesagten Sportvereins im Portemonnaie trug. Also hatte sie sie danach gefragt und dabei stellten sie fest, dass sie denselben Sportverein mochten und so ging das dann weiter, bis sie schließlich Freunde wurden.
Wie Clema so darüber nachdachte, wie das alles damals verlaufen war, bemerkte sie gar nicht, wie der Butler mehrmals versuchte, auf sich aufmerksam zu machen. Anfangs hüstelte er nur leicht. Dann begann er, sich laut zu räuspern und schließlich bekam er einen Hustenanfall, als sie ihn bemerkte.
„Ach du meine Güte! Geht es Ihnen gut?“, wollte Clema entsetzt wissen.
„Ja, ja, alles bestens! Ich wollte Ihnen nur das Haus zeigen, Fräulein Clema“, antwortete er, nachdem er sich beruhigt hatte.
„Das ist sehr freundlich von Ihnen. Wie hießen Sie doch gleich noch einmal?“, bedankte sich Clema.
„Franklin“, so die kurze Antwort.
Höflich hielt der scheinbar etwas ältere Butler ihr die Terrassentür auf. Hinter der Terrassentür befand sich ein kleiner Empfangsraum, in dem es nicht gerade sehr hell war.
„Warum ist es hier eigentlich so dunkel?“, fragte Clema.
Franklin antwortete: „Das liegt daran, dass nicht alle Hausbewohner die Helligkeit so gut verkraften, wie Sie, Fräulein Clema. Deshalb sind auch vor jedem Fenster Vorhänge, damit die Sonne nicht so stark hier herein scheint.“ Franklin öffnete die erste Tür links. „Hier befindet sich die Speisekammer. Allerdings müsste jene mal wieder aufgefüllt werden“, leierte er herunter.
„Wieso mal wieder? Die wurde bestimmt seit Jahren nicht mehr benutzt! Wovon bitteschön lebt denn hier das Hauspersonal?!“, stellte Clema fest, als sie einen Blick hinein wagte. Überall hingen Spinnweben und die Regale waren ganz verstaubt. „Oder wurde die etwa, genau, wie das Telefon überhaupt noch nie benutzt?“, vermutete sie weiter.
Franklin räusperte sich. Dann meinte er gelassen: „Ihre Tante stand mehr auf Frischkost, falls Sie verstehen, was ich meine.“
„Ja, schon, aber das Personal?“, ließ sie nicht locker.
„Das Personal...?“, begann Franklin zögernd, „Nun, wir ernähren uns von dem, was das Haus uns gibt.“
„Aha.“
Nun ging es weiter zur zweiten Tür links.
„Hier befindet sich eine der vier Toiletten, die Gästetoilette, um genau zu sein, Fräulein Clema“, sagte er.
Clema musste nicht lange warten, bis sie feststellte, dass auch jener Raum kaum benutzt war. Immerhin hatte der Raum eine Badewanne.
Nun ging es zur Küche, deren Tür befand sich nur einen Katzensprung von der Terrassentür entfernt. Das hatte zur Folge, dass die Küche sich entlang der Terrasse erstreckte, was aber nicht weiter schlimm war. Sie war bisher der einzige Raum, der halbwegs benutzt aussah. Von der Küche aus nach rechts hin, neben der Treppe, verlief ein Flur, an dem vier weitere Türen waren.
Zwei waren rechts, der Butler öffnete die Erste und meinte: „Hier schlafen Kaljena und Manissara, Fräulein Clema. Ich schlafe gleich eine Tür weiter.“ Er öffnete die nächste Tür.
Sie wehrte ab: „Schon OK, ich möchte nicht in Ihre Privatsphäre eindringen. Es reicht mir, wenn Sie mir sagen, wer wo schläft. Das ist alles. Wohin führen diese zwei Türen?“ Clema deutete auf die zwei übrigen Türen, wobei sich eine davon an der Wand gegenüber befand und die Andere an der dritten Wand, wo der Flur endete.
„Ähm, ja. Diese Tür hier“, begann der Butler und zeigte auf die erste Tür, „führt direkt in den großen Tanzsaal, welcher vorübergehend auch mal als Wohnzimmer her hält. Er wird Ihnen gefallen, Fräulein Clema.“
„Und die Zweite Tür?“, erinnerte Clema ihn.
„Ach, ja, die zweite Tür führt hinter die Bar im Tanzsaal. Es ist im Grunde genommen egal, welche Sie nehmen, um in den Saal zu gelangen. Es ist übrigens der einzige Raum, in den viel Licht hinein fällt. Wie ich schon sagte, er wird Ihnen gefallen. Fräulein Daphne hat er auch immer gut gefallen. Ach ja!“, seufzte Franklin betrübt.
„Standen Sie meiner Tante sehr nahe?“, wollte Clema wissen.
„Wollen Sie nicht hinein gehen?“, tat er ihre Frage schnell ab.
Clema wandte ihren Blick nun wieder der Tür zu.
Seufzend öffnete sie sie. Was zum Vorschein kam, war ein riesiger Raum, an dessen Wänden jeweils ein Tisch stand, außer an der Wand, wo die Bar integriert war, da war natürlich ein großer Schrank, der zur ebenfalls vom Saal aus begehbaren Bar gehörte. Das Zimmer hatte mindestens zwei Meter hohe und eineinhalb Meter breite Fenster, die mit leicht durchsichtigen, hellen Vorhängen verhangen waren. An der Decke hingen mehrere Kronleuchter, die wie ein Stern angeordnet waren und in ihrer Mitte prangte ein doppelt so großer Kronleuchter, wie die Anderen es waren. Links, in einer Ecke, befand sich zudem noch ein kleines Podium, was eher einer kleinen Bühne glich. Allerdings gab es noch, sehr zu Clemas Erfreuen, eine riesige Musikanlage auf der Bühne.
In dem Raum befand sich auch noch eine dritte, doppelflüglige Tür, auf welche Franklin zusteuerte.
„Kommen Sie, Fräulein Clema, es gibt noch viel zu sehen“, forderte er sie auf, während er die Tür öffnete.
Als Clema wieder zur Tür aus dem Zimmer trat, bemerkte sie, dass sie nun auf der anderen Seite der Treppe in den Empfangssaal heraus gekommen war, wo ein gemütlich wirkender Sessel stand. Rechts von ihr befand sich auch schon die Tür zu der Ausgangstür, vor welcher sich allerdings noch ein so genannter Windfang befand. In jenem konnte man die Garderobe erkennen.
Was Clema sofort auffiel, war, dass dort nur ihre Mäntel und Jacken, die eigentlich noch in ihrer Wohnung sein sollten, hingen.
„Franklin“, begann sie zu fragen, „warum hängen dort nur meine Kleidungsstücke und nicht die der Anderen? Und überhaupt: Wie sind sie dort hingekommen?“
Der Butler räusperte sich, dann meinte er: „Nun ja, wir brauchen keine Garderobe, die war ursprünglich nur für Fräulein Daphne gedacht. Da sie nun leider verstorben ist, dachten wir, dass wir ja nun Ihre Kleidung dort aufhängen könnten. Kaljena war so frei, sie aus Ihrer Wohnung zu holen, genau, wie Ihre anderen Kleidungsstücke, Fräulein Clema. Ich hoffe, Sie sind nicht allzu sehr erbost darüber.“
„Aber nein, warum sollte ich? Ich frage mich nur, wie sie in meine Wohnung gekommen ist, so ohne Schlüssel?“, entgegnete sie freundlich.
„Nun, sie brauchen keine Schlüssel. Sie nehmen sich einfach, was sie denken, was ihnen gehört, diese eingebildeten Blutsauger!“, antwortete Franklin mit einem angewiderten Ausdruck im Gesicht.
Clema warf ihm vor: „Wollen Sie etwa behaupten, dass Kaljena und ihre Tochter Vampire sind, oder was?!“
„Was? Naja, nicht direkt. Ich werfe es ihnen nicht vor, aber“
„Franklin, was erzählst du denn da wieder für einen Unsinn!“, beschwerte sich die Köchin, die gerade aus der Küche kam. „Verzeihen Sie bitte, Fräulein Clema“, wandte sie sich an besagte Person, „aber Franklin redet öfter solch einen Unsinn.“
„Wieso Unsinn? Was kann ich denn dafür, dass es nun einmal so ist, wie es ist? Außerdem bin ich der Meinung, Fräulein Clema sollte über alles, was in diesem Haus so vorgeht, unterrichtet werden. Früher oder später würde sie es sowieso herausfinden, Kaljena!“
„Dann belassen wir es eben bei später!“, entschied sie mit einem entschuldigenden Lächeln zu Clema.
Kurze Zeit später ging die Führung durch Tante Daffis Haus weiter. Dieses Mal ging es die Treppe hinauf.
„Es tut mir wirklich unausgesprochen Leid, dass sie Sie nicht einweihen wollen, Fräulein Clema, aber, um ehrlich zu sein, macht mir unsere Köchin meistens einfach zu viel Angst, als dass ich ihr etwas entgegnen würde. Ich hoffe, Sie verzeihen mir meinen dummen Ausrutscher von vorhin“, begann der Butler, sich zu entschuldigen.
Clema belächelte den Butler und meinte: „Schon OK, ich bleibe ja sowieso nur ein Jahr hier wohnen, Franklin, das ist schon in Ordnung.“ Tief in ihrem Innersten wusste sie aber, dass das gar nicht in Ordnung war.
Im ersten Stock angekommen, waren sie sofort im Flur gelandet. Sofort fiel auf, dass der Flur zwar recht lang war, aber nur ab der Seite, wo man vom Erdgeschoss aus über die Treppe nach oben kam. Über der Treppe war gerade noch so viel Platz gelassen worden, dass man sich nicht den Kopf anstieß, aber bei der maximalen Grenze war eine große, lange Wand gezogen, an der viele Portraits hingen. Es waren große und kleine Gemälde darunter, aber immer zeigten sie nur eine Person der Familie Malis. Sogar Clemas ältere Geschwister und ihre Mutter waren dabei. Nur sie fehlte.
„Was...? Warum...?“, fragte sie verwirrt.
„Oh, keine Sorge, Fräulein Malis, diese Portraits zeigen nur Personen die schon tot sind. Also können Sie froh sein, nicht dabei zu sein, bei der lustigen Runde!“, versuchte der Butler, sie zu beruhigen.
„Und weshalb sind dann meine Mutter, mein Bruder und meine Schwestern dort abgebildet?“, konfrontierte sie ihn.
„Ähm, weil, naja, weil eben auch Untote da abgebildet werden oder Geister oder Ähnliches“, so die unbeholfene Erklärung des Butlers.
Clema seufzte und schaute ihn herausfordernd an.
Er fuhr fort: „Äh, ich werde jetzt mit meiner Führung weiter machen, wenn Sie nichts dagegen haben, Fräulein Clema.“
„Schon in Ordnung“, log Clema, denn in Wahrheit fand sie das alles äußerst beunruhigend.
Der Butler machte die nächste Tür rechts auf und sagte: „Das hier ist das große Bad, allerdings müssen wir es noch reinigen, da es ja schon eine kleine Weile her ist, als Fräulein Daffi, äh, pardon, Daphne, darin gebadet hatte.“
Clema schaute neugierig zur Tür herein und sah ein wundervolles, riesiges Bad. Darin befanden sich eine drei mal zwei Meter Badewanne, eine echte Luxusdusche und ein WC. Dort gab es ebenfalls einen ziemlich großen Whirlpool.
„Wow, das gefällt mir!“, meinte sie.
Der Butler lächelte. Nun kamen sie zur zweiten Tür rechts in dem Flur.
„Ein Gästezimmer“, sagte Franklin, als er die Tür öffnete.
Das Gästezimmer war nicht besonders groß, aber auch nicht winzig. Es hatte einen Kleiderschrank, nicht so groß, wie der in Clemas, aber immerhin! Zudem natürlich ein Bett und ein Fenster. Jenes konnte man nicht schließen, genau wie das in Clemas Zimmer. Hinter der dritten Tür verbarg sich ihr Zimmer und hinter der vierten Tür von rechts eine kleine Rumpelkammer, die berstend voll war. Gegenüber dieser Wand befanden sich nur drei Türen.
Franklin öffnete nun die Tür gegenüber der von Clemas Zimmer und der Rumpelkammer. „Das Fernsehzimmer!“, meinte er kurz.
Clema betrat den Raum nur zögernd, da sie erneut einen verwahrlosten Raum erwartete. Aber das Fernsehzimmer war bis jetzt eines der saubersten Zimmer. Sie war sofort von dem Fernseher begeistert, da jener etwa ein Viertel der großen Wand bedeckte, wobei er mittig zur Wand stand. In entsprechender Entfernung war ebenfalls ein Sofa für drei Personen. Der Raum war von einigen Portraits geschmückt und mit wenigen, aber seltsam aussehenden Pflanzen bestückt. Im Guten und Ganzen hingegen, sah es ganz annehmbar aus, im Vergleich zu den vielen Zimmern davor sogar richtig komfortabel, angenehm und steril.
„Warum ist dieser Raum denn so sauber, im Vergleich mit den Anderen?“, wurde Clema zunehmend neugieriger.
Der Butler antwortete: „Ähm, nun ja. Fräulein Daffi hat diesen Raum sehr gemocht, zwar noch längst nicht so viel, wie den Ballsaal, dafür aber mehr, als so manch andere Räume. Ich nehme an, Ihnen gefällt dieser Raum bisher am meisten, Fräulein Clema?“
„Ja, irgendwie schon. Was ist in den anderen Räumen?“, entgegnete sie.
„Im Raum nebenan ist das Zimmer, Verzeihung, war das Zimmer unserer lieben Herrin Fräulein Daphne“, klärte er auf.
Clema nickte verständnisvoll und meinte: „Und im nächsten Raum?“
„Fräulein Daphnes Bibliothek, Fräulein Clema“, sagte Franklin trocken.
„Aha."
Clema verbrachte den Rest des Tages damit, in dem Haus ihrer verstorbenen Tante herumzukramen. Außerdem gab sie den Befehl, dass bis zum nächsten Tag alles, aber wirklich alles, sauber zu sein hatte. Sie begann schon am Nachmittag damit, das Haus aufzuräumen, zu säubern und die Tapeten neu anzustreichen. Clema hatte somit keine Zeit, sich umzuziehen und musste nur noch Zähne putzen, bevor sie zu Bett ging.