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Teagan und Paul

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Er hatte seine Hand zwischen ihren Schenkeln und spürte, wie feucht sie war, Teagan streichelte seinen erigierten Penis.

Als sie beide kaum noch an sich halten konnten, ließ Teagan Pauls Penis ganz sacht in sich hineingleiten.

Was dann geschah, war eine emotionale Explosion, sie kamen beide so gewaltig, dass sie laut schrien und hoffen konnten, auf der Straße nicht gehört zu werden.

Anschließend lagen sie nebeneinander, streichelten und küssten sich immer wieder, bis Paul sagte:

„Teagan, ich bin unbeschreiblich in Dich verliebt und weiß nicht so recht, wie es mit uns beiden weitergehen soll, schließlich muss ich mit meinen Freunden zu den Tolanern und am Ende zur Erde zurück!“

„Lass uns die Zeit, in der Ihr noch hier seid, miteinander verbringen, wenn Du wieder fort musst, kann ich das nicht ändern und muss versuchen, damit zurechtzukommen, Paul!“, entgegnete Teagan.

Paul stand wieder auf und auch Teagan erhob sich aus ihrem Bett, sie zogen sich beide wieder an und Paul sagte:

„Ich muss zurück zu Shirin und Brando, sie warten sicher schon auf mich!“

Er umarmte Teagan und küsste sie zum Abschied und Teagan fragte:

„Sehen wir uns morgen nach Feierabend wieder?“

Paul antwortete:

„Natürlich komme ich wieder und hole Dich an der Verteilstelle ab, hast Du nicht einmal einen Tag frei?“

„Doch, übermorgen, dann können wir den ganzen Tag über etwas unternehmen“, antwortete Teagan, „lass uns beide überlegen, was wir tun können!“

Sie ließ Paul hinaus und Paul lief zu Shirin und Brrando zurück, es war ein Stück zu laufen und er nahm wieder den Gestank von verwesendem Abfall wahr.

Die Nigren hatten ihren Müll am Abend wieder vor die Tür gelegt und der würde am später abgeholt werden.

Als Paul bei Shirin und Brando angekommen war, war es draußen bitterkalt und er war froh, in die angenehme Wärme des Hausinneren zu kommen.

Er setzte sich zu den vieren an den Esstisch, an dem sie den ganzen Abend gesessen und sich unterhalten hatten.

Er fragte Brando:

„Ist es möglich, dass ich morgen mit Dir in das Goldbergwerk einfahren kann?“

Brando sah ihn an und erwiderte:

„Das ist unter normalen Bedingungen nicht so einfach, ich denke aber, dass Du als Besucher mit unter Tage kannst!“

Am nächsten Morgen standen Shirin, Brando und Paul früh auf, weil Shrin zu Neea und Nuron und Brando und Paul zur Arbeit ins Goldbergwerk mussten.

Sie saßen mehr oder weniger schweigend beim Frühstück, aßen das gute Brot mit dem Marmeladenaufstrich und tranken von dem leckeren Tee.

Brando lieh von seinem Nachbarn ein Fahrrad und gab es Paul, damit er mit Shirin uns ihm nach dem Frühstück zum Haupttor fuhr, wo Shirin in den Bus zu den Tolanern stieg und Brando und Paul sich in den Bus zum Goldbergwerk setzten.

Shirin und Brando hatten sich zum Abschied geküsst, wie an jedem Morgen und sie winkten sich noch kurz zu, als sich die Busse in Bewegung gesetzt hatten.

Paul war gespannt darauf, zu sehen, was ihm im Goldbergwerk geboten würde, er war schon lange nicht mehr unter Tage gewesen und fragte Brando:

„Wie lange müssen wir denn heute im Bergwerk bleiben?“

„Der Schichtleiter lässt seine Sirene ertönen, wenn die Pausen anfangen oder wenn Arbeitsende ist, wir sind dann irgendwann am Nachmittag wieder zu Hause, wie war es denn gestern bei Deiner Freundin?“

Paul sah Brando an und wusste erst gar nicht, was er auf die Schnelle antworten sollte, schließlich sagte er:

„Teagan und ich verstehen uns sehr gut, ich glaube, wir haben uns ineinander verliebt!“

„Dann ist es ja gut, dass Ihr alles vergessen werdet, wenn Shirin und ich Euch aus der Zeitblase geholt haben, Ihr knüpft dann bewusstseinsmäßig genau da an, wo wir Euch in die Zeitblase geschickt hatten, beim Abendessen am ersten Tag“, entgegnete Brando.

Paul überlegte, was das für ihn bedeuten würde, es wäre dann wohl so, als hätte das, was sie bei den Nigren erlebt haben, gar nicht stattgefunden und das konnte er sich noch nicht vorstellen.

Der Bus erreichte das Gelände des Goldbergwerks und alle mussten aussteigen, kaum jemand hatte auf der kurzen Fahrt einen Ton gesagt, weil sie alle noch zu müde waren, um große Gespräche zu führen.

Das Goldbergwerk war von einem Extrazaun umgeben, der von schwerbewaffneten Tolanern gesichert wurde.

Oberirdisch stach nur der hohe Förderturm ins Auge und man sah auch Halden mit Bergematerial, tausende von Tonnen, davor arbeiteten Steinmühlen und mahlten den Abraum staubfein.

Die Businsassen mussten vorne an der Torwache vorbeilaufen und ihre Arbeitsausweise vorzeigen.

Brando ging mit Paul in das Büro des Wachhabenden und ließ von ihm einen Besucherausweis für Paul austellen.

Das machte der Wachhabende nicht gerne, aber nachdem Brando auf ihn eingeredet hatte, ließ er sich erweichen und gab ihm das gewünschte Papier.

Die Gruppe Arbeiter, die mit im Bus gesessen hatte, war schon längst in der Umkleide.

Als Paul und Brando dort erschienen, fühlte Paul sich gleich an die Kaue auf Zollverein erinnert, nur dass die Kumpels ihre Sachen nicht an Ketten bis an die Decke zogen, sondern sie in Spinde schlossen.

Brando und Paul zogen sich schnell um und schlüpften beide in Arbeitsanzüge, sie zogen Arbeitsschuhe an, nahmen jeder ein Paar Handschuhe und setzten einen Helm mit Grubenlampe auf.

Brando fragte Paul:

„Ist bei Dir alles in Ordnung?“ und Paul erwiderte, dass ihm die Sachen gut passten und es von ihm aus losgehen könnte.

Es war ihm, als wäre er auf Zollverein und würde seine Schicht beginnen.

Sie trugen oben herum beide nur ein Hemd und Brando sagte:

„Da, wo wir jetzt hinfahren, ist es so warm, dass wir uns in einer Jacke tot schwitzen würden!“

Sie liefen zu ihrem ersten Förderkorb und fuhren mit ihm auf 1000 Meter.

Dort stiegen sie aus und fuhren mit einem zweiten Förderkorb auf 2000 Meter, und in einem dritten Förderkorb fuhren sie hinab auf 2600 Meter, das war die Arbeitstiefe von Brando und dort liefen sie durch den Hauptstollen bis zu der Stelle, an der Brando am Hammer stand.

Es waren weit über 30° C dort unten und Paul hätte sich am liebsten alle Sachen vom Leib gerissen, er ließ das aber, weil ihm klar war, dass man unter Tage nicht nackt herumlaufen konnte und die Arbeitskleidung schließlich auch einen Sinn erfüllte.

Die beiden liefen ungefähr 200 Meter durch den Stollen und setzten sich Ohrenschützer auf, denn der Lärm, den die Hämmer im Einsatz erzeugten, war unerträglich und er hätte unweigerlich zu Hörschäden geführt, wenn sie auf Ohrenschützer verzichtet hätten.

Hie und da standen Arbeitskollegen von Brando vor dem Fels und rückten ihm mir ihren wasserbetriebenen Hämmern zu Leibe, was ein mühsames Unterfangen war, denn der Fels war hart und man konnte nur unter Aufwendung all seiner Kräfte Stücke aus ihm herausbrechen.

Unter Tage patrouillierten Soldaten und überwachten die Arbeiter, damit sie nicht irgendwelche Goldfunde beiseite räumten, aber wie hätten sie das Gold aus dem Bergwerk hinaus transportieren und was hätten sie in Gudon damit anstellen sollen?

Als sie vor Ort waren, stellte sich Brando an seinen Arbeitsplatz vor den Fels und nahm seinen Hammer in die Hand.

Es lag noch ein zweiter Hammer in Reichweite, den Brando, immer wenn der erste Hammer zu heiß wurde, an die Wasserzufuhr anschloss, während er den ersten Hammer zum Abkühlen zur Seite legte.

Brando und Paul behielten die Ohrenschützer auf ihren Köpfen denn ohne sie wäre der Krach, der dort herrschte, nicht auszuhalten gewesen und so nahmen sie nur ein Brummen wahr und mussten sich, wenn sie sich verständigen wollten, antippen und in Zeichensprache zu verstehen geben, was sie voneinander wollten, denn selbst lautes Schreien wäre nicht vernehmbar gewesen.

Nachdem Brando seinen Abbauhammer eingeschaltet hatte, brach ein Inferno los, von diesem Moment an schien Brando eine Einheit mit seinem Arbeitsgerät darzustellen.

Er stemmte sich mit seiner ganzen Kraft gegen den Hammer, der sich unerbittlich aber langsam in den Fels fraß.

Brandos Körper zitterte dabei mit den Hammerschlägen und man musste sich schon fragen, ob sein Körper diese Schläge dauerhaft durchstehen würde.

Den Blick starr auf die Schlagstelle gerichtet, das Gesicht vor Anstrengung verzerrt, so stand Brando vor dem Fels und zwang den Hammer in die Richtung, die ihm vorschwebte.

Die Schlagstellen, die von den Arbeitern an den Hämmern in Angriff genommen werden mussten, waren markiert und von Männern, die das Gestein im Vorfeld auf seine Goldgehalt hin untersucht hatten, bestimmt worden.

Paul lief ein Stück den Stollen zurück und musste vorsichtig sein, denn vor der Stollenwand lief das Transportband mit dem Bergematerial, das die Arbeiter aus dem Fels geschlagen hatten.

Es gab keine Stützen, die den Stollen gegen das Gebirge gesichert hätten, man hatte einfach den Stollen immer weiter in den Fels vorgetrieben und darauf vertraut, dass nicht alles in sich zusammenstürzen würde.

Von daher waren die Sicherheitsvorkehrungen auf der Erde in der Zeche Zollverein doch deutlich rigider gewesen.

Aber dort handelte es sich ja auch um Kohleabbau und da war das Gebirge nicht so fest wie hier.

Der Stein hatte in diesem Goldbergwerk eine mittlere Goldkonzentration von 2 Gramm pro Tonne, was über dem Durchschnitt lag und auch auf der Erde einen Abbau in jedem Fall hätte lohnenswert erscheinen lassen.

Gold kam im Gestein immer als gediegen Metall vor, man musste also nur Mittel und Wege finden, es aus dem Gestein zu lösen und da hatte sich bei der Erschließung größerer Vorkommen auf der Erde die Cyanlaugung durchgesetzt und dieses Verfahren zur Goldgewinnung wurde auch auf Tolan angewendet.

Dabei wird das im Sand gebundene Gold mit sauerstoffhaltiger Natriumcyanidlösung versetzt und als Komplexverbindung gelöst.

Anschließend findet sich das Edelmetall im hochgiftigem Sickerwasser, aus dem es filtriert und mit Zinkstaub ausgefällt wird.

Danach wird der braune Schlamm gewaschen und getrocknet und man erhält nach einer Raffinierung Feingold, wie es auf den Edelmetallmärkten angeboten und gekauft werden kann.

Bei der Cyanidlaugung spielt die nicht ungefährliche Blausäure eine große Rolle, sie findet sich anschließend auf den Halden mit dem gewaschenen Bergematerial wieder und belastet dort die gesamte Umgebung.

Paul betrachtete das Gestein auf dem Transportband und konnte hin und wieder etwas aufblitzen sehen.

Das waren Spuren von Gold und es kam äußerst selten vor, dass einmal jemand ganze Goldklumpen, sogenannte Nuggets fand, auf der Erde hatte es solche Fälle gegeben und die Finder reich gemacht, der Regelfall aber war die aufwändige Gesteinsmahlung und anschließende Cyanidlaugung.

Er ging zu Brando zurück und sah ihn in voller körperlicher Anstrengung an seinem Hammer stehen, seine Muskeln zeichneten sich unter seinem Hemd ab und er war mit seiner gesamten Energie gegen den Fels gebeugt.

Plötzlich ertönte die Sirene des Schichtleiters und kündigte eine Pause an und Paul berührte Brando ganz leicht, um ihn auf die Sirene aufmerksam zu machen.

Brando hörte auf zu arbeiten und stellte den Hammer ab, wie das auch alle anderen Arbeiter taten und es trat im Nu eine beinahe gespenstische Stille ein.

Brando stieg von seinem leicht erhöhten Arbeitsplatz herunter, um mit Paul und seinen Arbeitskollegen zum Pausenraum zu laufen.

Sie mussten dazu die 200 Meter, die der Stollen lang war, zurücklaufen, bis fast zum Förderkorb.

Dort hatte man Tische und Stühle hingestellt und eine kleine Küche eingerichtet, und es wurden den Arbeitern Tee und eine Kleinigkeit zu essen gegeben.

Paul dachte, dass das doch gegenüber Zollverein ein Vorteil wäre, denn auf Zollverein hatten sie alle ihre Henkelmänner und Getränke mitbringen müssen.

Als sich die Blicke der Arbeiter auf ihn richteten, sagte Paul:

„Ich bin kein Tolaner, sondern ein Mensch vom Planeten Erde, wo ich auch unter Tage gearbeitet habe, ich habe allerdings Kohle und kein Gold gefördert, Kohle ist eine schwarzes organisches Steinmaterial, das verbrannt wird, es wird zu Heizzwecken oder zur Energiegewinnung benutzt.“

„Wie kommst Du denn nach Tolan?“, fragte einer der Arbeiter und Paul antwortete:

„Ein Tolaner namens Nuron hat meine und noch zwei weitere Familien von der Erde nach Tolan gebracht, er sagte, dass sein Gebieter, gemeint war Aatu, sehen wollte, ob er von den Menschen etwas lernen könnte.“

Damit war der Wissensdurst der Arbeiter gestillt und das Thema wurde gewechselt, jemand sagte:

„Wenn wir so weiterarbeiten, müssen wir bald einen neuen Stollen in den Fels sprengen!“

Paul fragte:

„Kann ich heute Nachmittag einmal versuchen, mit dem Hammer zu arbeiten?“, aber Brando erwiderte:

„Das ist für Dich viel zu gefährlich, lass uns das lieber machen, wir haben das Training und die Erfahrung!“

Aber Paul ließ nicht locker und fing immer wieder damit an, dass er einmal am Hammer stehen und den Fels bearbeiten wollte, und schließlich erklärte sich Brando bereit, ihn, wenn die Wache gerade nicht zu sehen wäre, kurz an den Hammer zu lassen.

„Müssen eigentlich alle Nigren-Männer im Goldbergwerk arbeiten?“, fragte Paul und einer der Arbeiter antwortete:

„Ja, sobald die Jungen erwachsen geworden sind, müssen sie sich bei den Minenarbeitern einreihen, wenn man alle Einsatzorte in dem Goldbergwerk und die verschiedenen Schichten zusammen nimmt, ergeben sich tausende von Arbeitern.“

„Gibt es unter Tage eigentlich viele Arbeitsunfälle?“,fragte Paul weiter.

„Die Zahl der Unfälle ist in letzter Zeit leicht rückläufig“, entgegnete Brando, „es passiert aber immer noch genug, das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass der Hammer, wenn er im Fels nicht weiterkommt, zurückschlägt und den Mann am Oberkörper trifft, wo er ihm übelste Verletzungen beibringt!“

„Genau das ist neulich direkt neben mir geschehen, der Hammer meines Kollegen schlug zurück und traf ihn mit voller Wucht am Brustkorb, sodass er von seinem Platz weggeschleudert und mit dem Kopf vor die Stütze des Transportbandes geworfen wurde, er liegt noch heute auf der Krankenstation und es geht ihm allmählich etwas besser!“, erzählte einer der Arbeiter.

Es ertönte wieder die Sirene des Schichtleiters und die Pause war beendet, alle standen auf und liefen wieder zu ihren Einsatzorten zurück.

Als sie an ihrem Arbeitsort angekommen waren, sagte Brando zu Paul:

„Stell Dich erst einmal auf den Sockel und vor den Fels!“ und Paul kletterte auf den Sockel und stellte sich hin.

Dann sagte Brando:

„Ich reiche Dir jetzt den Hammer und Du hältst ihn gegen den Fels gerichtet, ich werde ihn noch nicht in Gang setzen, damit Du erst einmal ein Gefühl für das Gewicht des Gerätes bekommst!“

Als Paul den Hammer in seinen Händen hielt, bekam er einen Eindruck von dem martialisch anmutenden Trumm.

Sein Gewicht war beachtlich und Paul konnte sich kaum vorstellen, Stunde um Stunde mit dem Gerät vor dem Fels zu stehen und sein wildes Bohren aushalten zu müssen.

Brando rief oder besser gesagt, er schrie mit Leibeskräften gegen den Lärm der inzwischen wieder arbeitenden Kollegen an:

„Führe den Meißel in das Bohrloch, in dem ich gearbeitet habe und ich setzte den Hammer in Betrieb, halte ihn gut fest!“

Und als Paul mit einem Mal spürte, wie sich der Hammer bewegte, mit welcher Gewalt er sich in den Fels vorarbeitete, bekam er es beinahe mit der Angst zu tun.

Aber schließlich beherrschte er das Gerät doch, er war ja auch kein Schwächling und verfügte noch über ausreichend Muskeln, um mit dem Hammer fertigzuwerden, dennoch konnte er sich nicht vorstellen, für länger als diesen kurzen Moment an diesem Gerät zu stehen und es halten zu müssen.

Brando löste ihn wieder ab und man sah, wie sich sein Körper anspannte, als er auf den Arbeitssockel kletterte und wieder seinen Hammer nahm.

Er übertrug seine gesamte Energie auf das Gerät, um dem Fels zu zeigen, dass er am Ende doch der Stärkere war.

Mit einem Mal brach ein Stück Fels heraus und legte den Blick auf eine schillernde Goldader frei, Brando jubelte, obwohl es ihm nicht zum Vorteil gereichen würde, auf die Goldader gestoßen zu sein.

Die Wachen, die Brandos plötzliche Bewegungsänderung mitbekommen hatten, kamen angelaufen und starrten auf die Goldader.

Sofort musste Brando aufhören, den Fels zu bearbeiten und von seinem Sockel heruntersteigen.

Die Wachen funkten nach einem Spezialisten, der in den Stollen kommen und sich die Goldader ansehen sollte.

Gerade wollten die anderen Arbeiter, die mitbekommen hatten, wie sich bei Brando mit einem Mal die Wache eingefunden hatte, ihre Hämmer zur Seite legen und nachschauen kommen, als aber die Wache sie aufforderte, weiter zu arbeiten und sich nicht ablenken zu lassen.

Nach einer Weile trafen drei Spezialisten bei Brando und Paul ein und begannen, das Gestein an Brandos Bohrloch zu untersuchen.

Sie wollten feststellen, wie mächtig die Goldader war, sie nahmen eine Bohrung mit einem sehr dünnen Bohrer vor und kamen zu dem Ergebnis, dass es sich um seine sehr ertragreiche Goldader handeln musste, die sie in Eigenregie ausbeuten wollten und sie schickten Brando zu einem anderen Arbeitsplatz, an dem er einen neue Bohrung ansetzen sollte, Brando sollte sich vor Schichtende beim Schichtleiter melden.

Er nahm seinen Hammer, löste ihn von der Wasserzufuhr und bat Paul, den Ersatzhammer zu nehmen.

Danach liefen sie ein Stück weiter und Brando suchte nach einer Stelle, an der er ein neues Bohrloch ansetzen konnte.

Er fand schließlich eine Stelle im Fels, die verheißungsvoll aussah, nicht so glatt war und dem Bohrer Halt geben würde und er sagte zu Paul:

„Leg den Hammer hier hin und hilf mir bitte beim Wasseranschluss!“

Paul tat, wie ihm geheißen wurde und half Brando mit dem Hammer.

Danach setzte Brando an und bohrte ein neues Loch, das ging mühsam und zäh vonstatten.

An seinem alten Bohrloch machten sich die hinzugerufenen Spezialisten daran, die Goldader freizulegen und genau zu untersuchen, schon lange hatte es in der Mine keinen Fund von einer Goldader mehr gegeben, und man war seitens der Werksleitung froh, dass es einmal wieder geschehen war.

Brando brach das Gestein aus der Felswand und Paul half ihm dabei, es auf das Transportband zu bugsieren und immer wieder achtete Paul auf Goldspuren im Gestein, er konnte aber nichts entdecken.

Die Arbeit war sehr schwer und es erforderte viel Kraft, das Gestein zu bewegen, auch wenn die Schwerkraft nicht so hoch lag wie auf der Erde, und auch wenn sie das Gröbste mit einem Kleinbagger auf das Band hoben.

Diese Tätigkeiten füllten ihren Nachmittag, Brando hämmerte und brach den Felsen, anschließend räumte er mit Pauls Hilfe die Bruchstücke auf das Band und Paul musste sagen, dass er sich etwas Spannenderes vorstellen konnte.

Als Brando und er einen Blick zu dem altem Arbeitsplatz warfen, sahen sie eine eine Anzahl von Nigren an der Fundstelle stehen, die alle damit beschäftigt waren, so viel Gestein von der Goldader zu bergen wie möglich, denn dieses extrem goldhaltige Gestein würde einer Sonderbehandlung zugeführt werden.

Mit einem Mal erstarben nach und nach die Hammergeräusche der Arbeitskollegen und als Brando und Paul aufsahen, konnten sie einen Arbeiter neben dem Transportband liegen sehen, sein Hammer lag auf ihm und er rührte sich nicht.

Einer der Kollegen stand an der Notrufeinrichtung, die an der Stollenwand installiert war und rief den Rettungsdienst an, denn der Kollege war offensichtlich schwer verletzt.

Die Arbeit aller war in diesem Augenblick unterbrochen und sie standen um den Verletzten herum und sahen auf ihn hinab.

Er zeigte äußerlich ein paar Stellen, aus denen etwas von der Körperflüssigkeit trat, die alle Nigren in sich hatten und die dem menschlichen Blut vergleichbar war.

Das waren Wunden, die er sich beim Aufprall auf die Stützpfeiler des Transportbandes zugezogen hatte, ansonsten war dem Unfallopfer nichts anzusehen, nur sein Gesicht war verzerrt, was an dem Schrecken lag, den er im Moment des Unfalls erlitten hatte.

Der Notarzt, der mit dem Rettungsteam im Stollen eingetroffen war, kniete neben dem Unfallopfer und horchte es ab, der Mann lebte, so viel stand fest und alle atmeten durch.

Der Arzt bat die Rettungssanitäter, den Verletzten so vorsichtig wie möglich auf die Bahre zu legen, die bereitgestellt war und ihn zum Förderkorb zu tragen.

Anschließend nahm er seine Tasche hoch und lief mit dem ganzen Trupp zurück, um das Unfallopfer auf die Krankenstation zu bringen.

„Das war genauso ein Unfall wie der, von dem ich Dir in der Pause erzählt habe“, sagte der betreffende Arbeiter zu Paul, der Hammer hat von der Felswand zurückgeschlagen und ihn wegkatapultiert, er hat sich Verletzungen beim Aufprall auf die Stützen des Transportbandes zugezogen, die Hauptverletzungen hat ihm aber der Hammer an seinem Brustkorb beigebracht, Rippenbrüche und Quetschungen, er wird für eine lange Zeit außer Gefecht gesetzt sein!“

„So, die Pause ist beendet, nehmt Eure Arbeit wieder auf!“, rief eine der Wachen und schaute sehr ernst drein, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.

Paul dachte an Zollverein zurück, wenn es da einen Arbeitsunfall gegeben hatte, kamen auch alle Kollegen aus dem engeren Arbeitsumfeld zusammen und standen bei dem Verletzten, so wie es bei ihm selbst gewesen war.

Nur war bei einem Unfall von solcher Schwere im Regelfall Schluss mit der Arbeit und sie wurden nicht noch getrieben, ihre Arbeit wieder aufzunehmen.

Brando und Paul gingen wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurück und Brando setzte den Hammer wieder in Gang.

Beide dachten über den Unfall nach und fühlten mit dem Opfer, wenn ihm das in diesem Moment auch nicht helfen würde.

Brando beschloss, das Unfallopfer an einem der nächsten Tage auf der Krankenstation zu besuchen.

In diesem Augenblick schallte der Klang der Sirene durch den Stollen und beendete den Arbeitstag.

Brando stellte den Hammer ab und legte ihn für den nächsten Tag parat, anschließend ging er mit Paul zum Schichtleiter und sagte ihm, dass er sich bei Schichtende bei ihm melden sollte.

Der Schichtleiter lobte Brando für sein sehr gutes Arbeitsergebnis, gab ihm einen Tag seiner Wahl frei und Brando freute sich darüber.

Sie liefen anschließend zum Förderkorb und fuhren hoch, sie trafen ihre Arbeitskollegen in der Umkleide und redeten alle über den Unfall und einer sagte:

„Das hätte jedem von uns auch passieren können, man weiß schließlich nie, wann man an eine Stelle mit besonders hartem Fels gelangt!“

Alle stellten sich unter die Gemeinschaftsdusche und wuschen sich ab, danach zogen sie ihre Sachen an und liefen nach draußen und zum Haupttor des Goldbergwerks.

Einige von ihnen wurden herausgepickt und besonders kontrolliert wie immer.

Nachdem man bei niemandem etwas gefunden hatte, durften alle weitergehen und in den Bus steigen, der vor dem Tor auf sie wartete und wieder nach Gudon bringen sollte.

Auf der Fahrt schwiegen alle wie schon am Morgen, die Fahrt war aber auch nicht so lang, dass man sich in ein Gespräch vertiefen konnte.

Der Bus hielt vor dem Tor in Gudon und alle stiegen aus, die Wache ließ sie alle fast immer durch zu ihren Rädern, so auch dieses Mal und Brando und Paul stiegen auf ihre Fahrräder und fuhren nach Hause.

Shirin, Tommy und Bernd waren schon da und fragte Brando nach seiner Arbeit und Paul, wie es ihm dort gefallen hätte.

Beide berichteten sie von dem Arbeitsunfall und wie nahe der allen gegangen wäre und Paul erzählte, wie er einmal auf seiner Zeche eine Schlagwetterexplosion erlebt hatte und dabei verletzt worden war, Shirin fragte:

„Hast Du Dich dabei schwer verletzt?“

„Beinahe hätte es das Aus für meine Arbeitskarriere bedeutet, aber der Arzt hat mich nicht arbeitsunfähig geschrieben, weil ich mich bei der Untersuchung auch verstellt habe, ich wollte noch nicht aufhörten, zu arbeiten und so habe ich weitergemacht, meine Verletzungen waren allerdings ziemlich gravierend, ich habe mit einige Wirbel gebrochen und auch Schmerzen gelitten, bis ich endlich seit einer Operation wieder schmerzfrei bin.“

„Ich glaube, dass der Kollege lange auf der Krankenstation bleiben wird, denn bis so ein Bruch am Brustkorb wieder zusammengewachsen ist, das dauert“, sagte Brando.

Leevi und Lauri kamen aus ihren Zimmern und sie setzten sich alle zum Essen an den Esstisch.

Paul fragte seine Freunde:

„Was habt Ihr denn so den ganzen Tag über getrieben?“ und Tommy antwortete:

„Bernd und ich sind durch Gudon gelaufen, haben uns vor das Cafe gesetzt und am Nachmittag den Jungen bei den Hausaufgaben geholfen, aber den beiden muss man gar nicht helfen, sie können beinahe schon alles!“

Nach dem Essen sagte Paul:

„Ich gehe dann mal wieder zu Teagan!“ und er ließ die anderen zurück und machten sich zur Verteilstelle auf.

Als er hineinkam, stand Teagan an ihrer Theke, er ging zu ihr und gab ihr einen Begrüßungskuss, dann fragte er sie:

„Musst Du noch lange arbeiten?“

Aber Teagan sagte, dass sie gleich fertig wäre und er sich noch einen Moment auf den Sessel in der Ecke setzen sollte.

Als Paul dasaß, musste er immer wieder zu Teagan schauen und sie lächelte ihm zu, bis sie Schluss machte und Paul zu sich rief.

Sie ging mit ihm hinaus und verschloss die Verteilstelle.

„Was wollen wir unternehmen?“, fragte Teagan Paul und Paul antwortete:

„Lass uns zuerst wieder in das Cafe gehen und dort einen Tee trinken!“

Als sie am Platz saßen, umgab sie eine herrliche Stille, die Paul den ganzen Tag über so vermisst hatte.

Er erzählte Teagan von seinem Arbeitstag mit Brando und vor allem von dem Arbeitsunfall.

„Das ist ja schrecklich“, rief Teagan aus, „ist der Mann schwer verletzt?“

„Ich glaube schon“, erwiderte Paul, „er hat sich Rippenbrüche und Quetschungen zugezogen, das sind immer die Verletzungen, die sich einstellen, wenn unter Tage der Hammer aus dem Berg zurückschlägt.“

„Passieren im Goldbergwerk denn oft solche Unfälle?“, fragte Teagan weiter und Paul gab die Worte Brandos wieder, der gesagt hatte, dass die Zahl der Unfälle in letzter Zeit zwar rückläufig wäre, aber immer noch genug passierte.

„Was hältst Du davon, wenn wir einen Spaziergang durch unseren schönen Park machen, es dämmert zwar schon, aber wir müssen unseren Gang ja nicht so ausdehnen?“, fragte Teagan.

„Von mir aus können wir loslaufen“, entgegnete Paul, „ein Spaziergang tut mir bestimmt gut, nachdem ich mich den ganzen Tag an einem Ort, der dreckig und laut war, aufgehalten habe!“

Sie liefen vom Platz aus ein Stück in Richtung von Teagans Haus und bogen in den Park ab und gleich nahm Paul den Duft blühender Rosen wahr und sog die gute Luft tief in sich ein.

Nachdem sie nur ein paar Schritte ein den Park gemacht hatten, bliebe sie stehen und Paul küsste Teagan und umarmte sie, er wollte sie gar nicht mehr loslasen und Teagan erwiderte seine Küsse und genoss seine feste Umarmung.

Paul schob Teagan zu einer Bank an der Seite und sie ließen sich beide darauf fallen und setzten ihre Umarmung und ihre Küsse fort.

Paul streichelte Teagans Busen und legte seine Hand zwischen ihre Beine, aber Teagan nahm seine Hand und sagte ihm:

„Hier nicht, lass uns zu mir gehen!“

Beide liefen sie darauf schnell zu Teagan, sie rannten beinahe und als Teagan die Tür hinter sich geschlossen hatte, rissen sie sich ihre Kleidung vom Leib und ließen sich auf Teagans Bett fallen.

Dort liebten sie sich so intensiv, wie man es kaum beschreiben kann, wieder und wieder, bis sie beide erschöpft auf das Bett sanken und nebeneinander ruhten.

„Ich liebe Dich“, sagte Paul und Teagan erwiderte:

„Ich Dich auch“ und sie umklammerten sich und küssten sich ununterbrochen.

„Morgen habe ich frei und wir können den ganzen Tag über zusammen sein!“, sagte Teagan.

„Was mir dazu spontan einfällt ist eine Fahrradtour, Euer Stadtpark und vor allem Euer Freibad!“, entgegnete Paul.

„Dann lass uns doch diese drei Dinge unternehmen, wen Du mit Deinem Rad vorbeikommst, musst Du einmal nach meinem Fahrrad sehen ob es noch in Ordnung ist, ich war lange nicht im Freibad, habe aber natürlich einen Badeanzug, ich freue mich, einmal wieder dorthin zu kommen, ich war früher eine richtige Wasserfee und konnte gar nicht genug vom Schwimmen bekommen!“

„Ich komme dann morgen zu Dir und schaue als Erstes nach Deinem Fahrrad, ich denke, dass ich nach dem Frühstück losfahre und am frühen Vormittag bei Dir sein werde“, sagte Paul, stand vom Bett auf und zog sich an.

Teagan stand auch auf und zog sich auch wieder an, es war fortgeschrittener Abend geworden und Paul verabschiedete sich von Taegan mit einem Kuss.

Teagan brachte ihn noch zur Tür und winkte ihm nach, als er in der Dunkelheit verschwand.

Bei Shirin und Brando saßen sie wieder alle am Esstisch und schienen auf Paul zu warten, er setzte sich zu ihnen und bekam mit, wie sie sich über das Verhältnis zwischen Nigren und Tolanern unterhielten.

Sofort klinkte er sich in das Gespräch ein und sagte:

„Meine Sympathie ist auf Seiten der Nigren und seit wir hier bei Euch sind, noch vielmehr, als sie vorher ohnehin schon war.“

„Und geht es so wie Dir“, entgegnete Tommy, „wir reden gerade darüber, wie sich das Verhältnis in der Zukunft entwickeln wird, der Sklavenhalterstatus kann ja kein Dauerzustand sein.“

„Wenn ich mir vorstelle, dass es zu einem erneuten Krieg kommt, und den will niemand von uns, können wir nur darauf bauen, dass sich bei Aatu ein Sinneswandel vollzieht und er uns unsere Freiheit zurückgibt!“, sagte Shirin.

Der Abend zog sich doch noch in die Länge, und alle waren müde geworden und gingen ins Bett, zumal Shirin und Brando wieder früh hoch mussten.

Paul hatte Brando noch gefragt, ob er am nächsten Tag noch einmal das Fahrrad nehmen dürfte und Brando hatte gesagt:

„Ich habe das Fahrrad für 3 Tage ausgeliehen, Du kannst es also nehmen, musst aber eventuelle Beschädigungen nur selbst beheben!“

Als die drei Erdenbürger am nächsten Morgen beim Frühstück saßen, waren die Jungen schon in der Schule und Shirin und Brando an ihren Arbeitsplätzen.

Paul sagte zu Tommy und Bernd:

„Ich werde heute den ganzen Tag mit Teagan zusammen sein und muss auch gleich los, ich wünsche Euch einen schönen Tag!“ und er ging und ließ seine Freunde allein zurück.

Es war herrlich, mit dem Fahrrad durch Gudon zu fahren, es war warm, die Luft war würzig und es gab keinen Verkehr.

Paul war im Nu bei Teagan, Teagan wartete schon auf ihn und begrüßte ihn mit einem Kuss, sie fragte Paul:

„Hast Du schon gefrühstückt oder willst Du bei mir noch etwas essen?“

Paul antwortete:

Mach Dir nur eine Umstände, ich komme gerade vom Frühstückstisch!“

Sie gingen beide hinter Teagans Haus und Teagan zeigte Paul ihr Fahrrad, das dort unter einem Vordach stand und schon lange nicht mehr bewegt worden war.

Paul nahm es und setzte sich kurz darauf, um zu sehen, ob es sich noch bewegen ließ, er fand aber keine Mängel, mit Ausnahme, dass die Reifen zu wenig Luft hatten.

Er nahm seine Luftpumpe und pumpte die Reifen an Teagans Fahrrad ordentlich auf.

„So“, sagte er danach, „jetzt ist Dein Fahrrad wieder fahrtüchtig!“

Er gab es Teagan an die Hand und sie schob ihr Rad vor das Haus und stellte es neben das von Paul.

„Ich gehe nochmal eben rein und hole ein Proviantpäckchen für uns“, sagte Teagan und verschwand nach drinnen, sie kehrte mit dem Päckchen zurück und klemmte es auf ihren Gepäckträger.

„Wohin sollen wir denn fahren?“, fragte Paul und Teagan schlug vor, einmal den gesamten Ort zu umrunden, also fuhren sie los und ließen sich treiben.

Sie gelangten nach einer Weile an die Südgrenze von Gudon und stießen auf den Absperrzaun, der als unüberwindlich galt und streng bewacht wurde.

Sie schwenkten nach rechts und folgten dem Zaun auf einem Rundweg, der wohl als Patrouillenweg für die Wachen gedacht war.

Der Weg war nicht asphaltiert und man musste vorsichtig fahren, um nicht in eins der vielen Löcher zu gelangen, die es auf dem Weg gab.

Sie fuhren sehr langsam und hatten den Blick beinahe ununterbrochen auf den Zaun gerichtet.

Alle 200 Meter kamen sie an einem Wachturm vorbei, von dem aus sie eine Wache mit ihrem Fernglas beobachtete.

Nachdem sie eine Weile über den Holperweg gefahren waren, fragte Teagan:

„Was hältst Du von einer Pause?“ und Paul war einverstanden, sie hielten an und setzten sich neben den Weg in das Gras.

Teagan nahm das Proviantpäckchen und gab Paul ein Brot und ein Glas, in das sie Minttu schüttete.

Paul sah Teagan an und küsste sie, anschließend stieß er mit ihr an und wünschte ihrer Liebe Bestand, obwohl er wusste, dass es illusorisch war, anzunehmen, ihre Beziehung wäre von Dauer.

Sie saßen nicht weit von einem Wachturm entfernt und wurden ununterbrochen beobachtet, was die beiden aber nicht störte, sie küssten und umarmten sich.

Nachdem sie gegessen hatten, legten sie ich ins Gras und Paul wurde zudringlicher, bis Teagan aber sagte, dass sie da, wo sie waren, unmöglich miteinander schlafen könnten.

„Warte noch, bis wir wieder bei mir sind!“, sagte sie zu Paul.

Sie fuhren weiter und gelangten im Westteil des Ortes in eine Hügellandschaft, in der der Weg teilweise so steil war, dass sie auf der Erde hätten schieben müssen, hier aber fuhren sie ihn locker hoch, weil die Schwerkraft vermindert war.

Im Norden passierten sie das Haupttor und wandten sich dort nach Osten, wo die Landschaft flach war und einen Blick auf das Gebirge freigab.

Schließlich bogen sie wieder in den Ort ab und fuhren zu Teagans Haus zurück, und nachdem sie die Räder auf dem Hof abgestellt hatten, gingen sie hinein und fielen übereinander her.

Sie liebten sich in Teagans Bett und kamen gleichzeitig zum Orgasmus, danach sanken sie erschöpft auf die Decke und hielten sich umklammert.

Die beiden Sonnen standen hoch am Himmel und schienen in Teagans Haus hinein, ein Zeichen dafür, dass Mittag war und Paul sagte:

„Von mir aus können wir uns den Stadtpark schenken und gleich ins Freibad gehen!“

„Wie Du willst“, entgegnete Teagan, „ich hole nur schnell mein Schwimmzeug und stecke es zusammen mit Deiner Badehose ein einen Beutel!“

Kurze Zeit später stand Paul auf und verließ zusammen mit Teagan das Haus, um zum Freibad zu laufen.

Es war sehr warm geworden und genau das richtige Wetter, um schwimmen zu gehen und als sie im Freibad angekommen waren, gingen sie beide in die Umkleide und zogen sich ihre Badesachen an.

Paul hatte Teagan natürlich schon nackt gesehen, das war aber etwas ganz anderes, als sie jetzt in ihrem Bikini neben sich herlaufen zu sehen, und er konnte seinen Blick kaum von ihrem athletischen Körper lassen.

Sie liefen beide zur Liegewiese und schlugen in unmittelbarer Nähe zum Kiosk ihr Lager auf.

Aber Teagan forderte Paul schnell auf, mit ihr ins Wasser zu gehen und Paul raffte sich wieder auf und lief mit Teagan zum Schwimmerbecken.

Taegan stellte sich gleich auf den Startblock und machte einen astreinen Kopfsprung, der war kerzengerade und sie tauchte praktisch ohne zu spritzen ins Wasser ein.

Paul sprang hinterher, tauchte ein Stück die Bahn entlang und schwamm dann neben Teagan, er sagte ihr:

„Man kann gut sehen, dass Du einmal eine Wasserfee warst, so wie Du Dich im Wasser bewegst, kann das gar nicht anders sein!“

Teagan freute sich über Pauls Worte und schwamm stolz die ganze Bahn entlang, am Ende stellte sie sich an den Beckenrand und sagte zu Paul:

„Ich darf gar nicht daran denken, dass Du mich schon sehr bald wieder verlassen wirst, und ich Dich dann nie mehr wiedersehe!“

„Lass uns doch an etwas anderes denken“, erwiderte Paul, „was hältst Du davon, wen wir beide zum Kiosk laufen und uns dort ein Eis holen?“

Sie stiegen beide aus dem Becken und rannte um die Wette zum Kiosk, Paul musste staunen, wie schnell Teagan rennen konnte, er hatte Mühe, mit ihr mitzuhalten und als sie am Kiosk angelangt waren, stellten sie sich erst einmal an die Seite und mussten wieder zu Atem kommen.

Sie nahmen jeder ein Eis und gingen wieder zu ihrer Decke.

Es war inzwischen im Freibad voller geworden, sie hatten aber noch ausreichend Platz.

Nachdem sie ihr Eis geschleckt hatten, legten sie sich nebeneinander auf ihre Decke und starrten in den Himmel, sie mussten die Augen zu ganz schmalen Schlitzen zusammenkneifen, weil das Licht der beiden Sonnen sehr grell war und sie blendete.

Schließlich schlossen sie die Augen ganz und fielen in einen leichten Schlaf, aus dem Paul sehr unsanft wieder geweckt wurde, als ihm ein Ball auf den Kopf fiel.

Teagan bekam das mit und schnellte hoch:

„Was fällt Dir ein“, schimpfte sie mit dem Jungen, dem der Ball gehörte, „könnt Ihr nicht woanders spielen?“

Paul stand auf und sagte zu dem Jungen:

„Dafür, dass Ihr uns belästigt habt, dürfen wir eine Runde mit Euch spielen!“ und die Jungen hatten nichts dagegen.

Sie spielten über das Netz, das in der Nachbarschaft gespannt war, Volleyball und hatten ohnehin noch Verstärkung gebraucht, Paul ging in die eine und Teagan in die andere Mannschaft.

Sie kamen beide gut ins Spiel und als Teagan den Aufschlag hatte, traute Paul seinen Augen kaum, Teagan spielte wie eine Profivolleyballerin und servierte einen Aufschlag, den man kaum parieren konnte, sie war eine Sportlerin, was man ihr in ihrer normalen Kleidung nicht so ohne Weiteres ansah.

Nachdem sie mit dem Volleyballspiel wieder aufgehört hatten, bedankten sie sich bei den Jungen und rannten zum Sprungbecken.

Paul wollte erst einmal vom 3er springen, aber Teagan kletterte gleich auf den 10er und machte ohne groß zu überlegen einen Kopfsprung hinunter.

Paul hatte zuerst Manschetten, denn die Höhe war nun einmal beachtlich, er stellte sich dann aber an die Sprungkante und ließ sich schließlich nach unten fallen.

Er achtete darauf, gerade zu bleiben und er schaffte es auch anständig und mit dem Kopf zuerst ins Wasser einzutauchen.

Anschließend schwamm er zu Teagan an den Beckenrand, die von dort seinen Sprung beobachtet hatte, sie sagte:

„Du hattest zuerst Angst vor dem Sprung, das habe ich von hier unten aus gesehen, umso besser fand ich es, dass Du Dir einen Ruck gegeben hast und gesprungen bist!“

Teagan ging noch einmal auf den Turm und legte wieder einen astreinen Kopfsprung hin, Paul blieb unten und beobachtete sie voller Bewunderung.

„Es ist eine reine Augenweide, Dir beim Sprung zuzusehen“, sagte er zu ihr, nachdem sie zu ihm geschwommen war und er gab ihr einen Kuss.

„Lass uns wieder rausgehen und noch eine Weile hinlegen!“, sagte Teagan und sie ging mit Paul zur Liegewiese und blieb mit ihm noch eine Weile im Freibad, das sich merklich geleert hatte.

„Ich lade Dich heute Abend bei mir zum Essen ein“, sagte Teagan zu Paul, „wir müssen nur noch einiges an Essen bei meiner Kollegin in der Verteilstelle besorgen.“

„Ich kann ja mit meinem Rad da eben vorbeifahren, Du muss mir nur einen Zettel mitgeben, auf dem geschrieben steht, was ich mitbringen soll“, sagte Paul.

Sie zogen sich kurze Zeit später wieder um und verließen das Freibad, Teagan sagte, dass sie gemeinsam zur Verteilstelle gehen sollten, sie kämen ohnehin beinahe dort vorbei.

Also liefen sie los und kamen wenig später zur Verteilstelle und als Teagan sie mit Paul betreten hatte, kam eine hübsche Kollegin von Teagan und fiel Teagan um den Hals.

„Das ist mein Freund Paul, er ist kein Tolaner, sondern ein Mensch von der Erde“, sagte Teagan und ihre Kollegin staunte nicht schlecht, sie fragte:

„Womit kann ich Euch behilflich sein?“

Und Treagan stockte ihren Lebensmittelbestand auf, vor allem nahm sie von dem guten Brot, das seinen Duft verströmte und auf das Paul sich am meisten freute.

Die beiden jungen Frauen tauschten sich noch eine Weile aus, wie es so ging und wie es um die jeweilige Beziehung bestellt wäre, als Teagan sich aber von Vilma verabschiedete und auch Paul ihr zuwinkte.

Die beiden verließen die Verteilstelle wieder und gingen zu Teagan.

Paul half dabei, den Tisch zu decken und sie setzten sich beide daran, sie hatten alles auf den Tisch gestellt, wonach ihnen der Sinn stand und Teagan hatte einen Tee gekocht.

Paul fiel auf, dass der Käse, den Teagan hatte, sehr gut und nussig schmeckte, es war vergleichbar mit Leerdamer, den man bei Edeka in Katernberg kaufen konnte und er belegte eine Schnitte von dem guten Brot mit dem Käse.

Nach dem Essen räumten sie gemeinsam den Tisch ab und Paul nahm Teagan in den Arm.

Sie ließ sich seine Umarmung gefallen und sie küssten sich, sie küssten sich so lange, bis Paul begann, an Teagans Bluse zu nesteln und sie ihr über den Kopf zog.

Als Teagan auch ihren BH ausgezogen hatte, küsste Paul ihren festen kleinen Busen und streichelte ihren Po, bis sie sich am Ende beide auszogen und auf Teagans Bett fallen ließen.

Dort begann ihr Liebesspiel von Neuem und sie herzten und umarmten sich so wild, wie es keiner von beiden je erlebt hatte.

Paul dachte plötzlich mit Schrecken daran, dass er vielleicht schon am übernächsten Tag mit seinen Freunden wieder zu Neea und Nuron zurückfahren und Teagan nie wiedersehen würde.

Aber in diesem Augenblick vergaß er alles um sich herum, er war völlig außer sich vor Liebe zu Teagan, sie liebten sich so innig wie noch nie zuvor und nachdem sie beide ihren Orgasmus hatten, lagen sie ruhig nebeneinander.

Sie waren beide zu erschöpft, um miteinander zu reden, das hoben sie sich für später auf, bis dahin hielten sie sich bei den Händen und küssten sich immer wieder.

Als es aber später Abend geworden war, stand Paul wieder auf und zog sich an, er wollte nicht allzu spät zu Shirin und Brando zurückkommen uns sagte zu Teagan:

„Ich muss langsam wieder zurück, bei Shrinin und Brando warten sicher schon alle auf mich!“ und Teagan stand ebenfalls auf und zog sich an und als sie sich von Paul mit einem Kuss verabschiedet hatte, winkte sie ihm noch an der Tür hinterher, bis er nicht mehr zu sehen war.

Als Paul durch die bittere Kälte nach Hause fuhr, bemerkte er auf der Straße plötzlich ein leichtes Vibrieren, er dachte sich aber weiter nichts dabei und fuhr einfach die Straße entlang.

Zu Hause traf er alle am Esstisch an, wie sie sich unterhielten und er setzte sich gleich zu ihnen.

Shirin fragte ihn, ob er eine Tasse Tee trinken wollte und er nahm dankbar an.

Als er gerade seine Teetasse zum Mund führte, gab es erneut ein leichtes Vibrieren, dass das ganze Haus erfasste, alle hielten kurz inne und Brando sagte:

„Da müssen wir uns keine Sorgen machen, das sind Bergsetzungen, die mit dem Gesteinsabbau unter Tage zusammenhängen, die hatten wir schon öfter hier, in letzter Zeit treten sie allerdings häufiger auf.“

Paul ging mit einem unguten Gefühl ins Bett, schlief aber gleich ein und auch seine beiden Freunde schliefen tief und fest.

Am nächsten Morgen saßen sie beim Frühstück, die Jungen waren in der Schule, Shirin und Brand jeweils auf ihrer Arbeit, als Paul sagte:

„Wir müssen langsam daran denken, wieder zu den Tolanern zurückzukehren und ich dachte, dass wir morgen früh zusammen mit Shirin im Bus sitzen werden, was haltet Ihr davon?“

„Ich denke, dass unser Aufenthalt hier gereicht hat, um uns eine Eindruck von der Lebenssituation der Nigren zu vermitteln und wir können getrost wieder zurück!“, sagte Bernd.

„Der Meinung bin ich auch“, entgegnete Tommy, „und Gudon ist ja so groß auch nicht, dass es hier für uns noch etwas zu entdecken gäbe!“

„Lasst uns heute noch einmal durch den Ort schlendern, ins Cafe und in den Stadtpark gehen“, schlug Paul vor und sie räumten den Frühstückstisch ab und verließen das Haus.

Als sie auf dem Bürgersteig standen, begann mit einem Mal die Erde zu beben, die Straße bäumte sich kurz auf und der Bürgersteig drehte sich wie eine Schnur, die man in ihrer Länge verdreht.

Paul, Tommy und Bernd fielen hin und hatten Mühe, einen Halt zu finden.

Die Straße sackte in sich zusammen und fiel in einen gewaltigen Erdschlund, der Bürgersteig, an den sich die 3 zu klammern versuchten, drohte, mit in das Erdloch zu fallen und sie hingen an der Abrisskante wie an einer Reckstange und wenn sie nicht die Kraft gehabt hätten, sich in dieser Position zu halten, wären sie 8 Meter in den Erdschlund gestürzt und auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

So aber schafften sie es, sich auf den inzwischen zur Ruhe gekommenen Bürgersteig hochzuziehen und sich hinzusetzen.

Sie rückten von der Abrisskante etwas weg, um nicht in den Schlund schauen zu müssen.

„Was war das denn?“, fragte Tommy, der ganz langsam zu realisieren begann, was um sie herum geschehen war.

Paul antwortete:

„Wir haben es hier wohl mit einem immensen Erdbeben zu tun und ich schätze, dass niemand von uns schon einmal Zeuge eines solchen Bebens geworden ist.“

Sie drehten sich um und versuchten, sich unter all den Trümmern, die dort lagen, einen Überblick zu verschaffen und sie stellten als Erstes fest, dass Shrins und Brandos Haus nur mehr eine Trümmerruine war.

Wohin sie auch sahen, erblickten sie nichts als Trümmer, die Straße war auf ihrer gesamten Länge bis zum Platz hin weggesackt, der Bürgersteig hatte sich in eine Spirale verwandelt.

„Was sollen wir denn jetzt machen?“, fragte Paul seine Freunde und Bernd erwiderte:

„Wir müssen versuchen, verschütteten Nigren zu helfen und sie aus den Trümmern befreien!“ und in diesem Augenblick hörten sie unter den Trümmern auf dem Nachbargrundstück gedämpfte Schreie.

Sie robbten dorthin und versuchten, die Stelle genau zu lokalisieren.

Schließlich gaben sie mit einem Stein Klopfzeichen und warteten auf Antwort, unmittelbar darauf später vernahmen sie ein Klopfen, das von einer Stelle unter den Trümmern herrührte, die direkt vor ihnen lag und sie begannen, dem Trümmerberg zu Leibe zu rücken.

Das Entfernen der großen Brocken fiel ihnen leicht, weil sie ja nur einen Bruchteil dessen wogen, was ihr Gewicht auf der Erde ausgemacht hätte und sie hatten sehr schnell einen großen Haufen Trümmer beiseite geräumt.

Nach einer halben Stunde konnten sie die Beine der Nachbarin erkennen, die eingeklemmt unter den großen Trümmerbruchstücken ihres ehemaligen Hauses dalag und um Hilfe schrie.

„Wir sind sofort bei Dir, hab noch einen Moment Geduld!“, rief Paul, wuchtete mit seinen Freuden die letzten großen Trümmerstücke zur Seite und befreite so die Nachbarin aus ihrer misslichen Lage.

Sie halfen ihr, aufzustehen und vergewisserten sich, dass sie keine größeren Verletzungen davongetragen hatte.

Als sie so dastand, schüttelte sie sich einmal kräftig und machte ein paar Schritte.

„Meine Güte“, sagte sie, „der gesamte Ort ist ja zerstört, was ist denn bloß geschehen?“, fragte sie voller Bestürzung und Paul sagte ihr:

„Ein Erdbeben ist für die Zerstörungen verantwortlich, hat es denn hier schon mal ein Erdbeben gegeben?“

„Es hat in der Vergangenheit schon mal leichte Erschütterungen gegeben, die jeder auf den Goldbergbau geschoben hatte und dessentwegen sich niemand ernste Gedanken gemacht hat, aber ein solches schreckliches Erdbeben habe ich noch nie erlebt!“, antwortete die Nachbarin.

In diesem Augenblick sahen sie einige Rettungskräfte, die mehr oder weniger hilflos zwischen den Trümmern herumstaksten, denn sie konnte ja nicht über die Straße fahren, um so zu den schlimmsten Beschädigungen zu gelangen.

Die Nachbarin stand in ihrer zerlumpten und zerrissenen Kleidung neben ihnen und fragte:

„Müssen wir nicht wenigstens versuchen, zu helfen, wir können doch nicht tatenlos hier herumstehen und die Rettungsarbeiten den Einsatzkräften überlassen?“

Paul überlegte, dass sie irgendwie zum Platz, oder was von ihm noch übrig war, kommen müssten, denn dort lagen die Schule und die Verteilstelle und in beiden Gebäuden verkehrten immer viele Nigren, die unter Umständen verschüttet waren und Hilfe brauchten.

Er sagte seinen Freunden und der Nachbarin, woran er gerade gedacht hatte und sie gaben ihm Recht, sie mussten nur einen Weg finden, auf dem sie zum Platz gelangen konnten, denn auf dem Bürgersteig war an ein Vorwärtskommen nicht zu denken.

„Wir müssen uns einen Weg durch die Haustrümmer suchen und über die Grundstücke laufen, sofern das möglich ist, einen anderen Weg gibt es nicht!“, sagte Bernd.

Und so begannen sie, sich vorwärts zu kämpfen und sie sahen auf ihrem Weg über die Grundstücke zum Teil erschütternde Bilder, sie sahen Tote, die von den Trümmern ihrer Häuser zerquetscht worden waren und denen man nicht mehr helfen konnte.

Sie befreiten aber auch noch viele aus den Trümmerbergen, unter denen diese ausgeharrt und auf Hilfe gewartet hatten.

Wenn die Geretteten konnten, gingen sie mit, um anderen zu helfen.

Wenn nicht, wenn ihre Verletzungen zu gravierend waren, warteten sie bei ihren ehemaligen Häusern auf die notärztliche Versorgung.

Paul, seine Freunde und die Nachbarin von Shirin und Brando wurden dann von 4 weiteren Nigren begleitet, die sei aus den Trümmern geborgen hatten und die nicht allzu sehr verletzt waren.

So näherten sie sich mehr und mehr dem Platz und der erste Blick, den sie schon von Weitem auf den Platz werfen konnten, versprach nicht Gutes.

Wie man sah, war der schöne Baum in der Mitte des Platzes verschwunden, er war sprichwörtlich von der Erde verschluckt worden.

Die Erde hatte sich über den gesamten Platz geöffnet und ein gigantisches Loch freigelegt.

Der Platz war somit im eigentlichen Sinn gar nicht mehr vorhanden und in den Abgrund verschwunden.

Die Häuser an seinem Rand waren zwar stark beschädigt und in sich zusammengefallen, aber sie waren an ihrer Position geblieben und nicht auch noch in den Abgrund gestürzt.

Als sie den Platz erreicht hatten, bot sich ihnen ein Bild des Grauens.

Sie hielten zunächst auf die Schule zu, von der kein Stein auf dem anderen geblieben war und vor der die Schüler standen, sie wimmerten leise vor sich hin und hielten sich gegenseitig.

Paul rief Leevi und Lauri und war froh sie lebend vorzufinden, sie kamen auf ihn zu gerannt und riefen voller Aufregung:

„Unsere gesamte Schule ist in sich zusammengestürzt und wir können froh sein, nicht in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein!“

Alle standen vor den Trümmern ihrer Bildungsstätte und waren verunsichert, denn niemand wusste ja, wie es bei ihnen zu Hause aussah, es war jedenfalls das Schlimmste zu befürchten.

Einigen aus der Rettungsgruppe um Paul vertrauten sich die Schüler an und ließen sich von ihnen nach Hause bringen.

Paul, und seine Freunde machten sich zusammen mit Leevi und Lauri zur Verteilstelle auf, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass auch keinem Schüler etwas Nennenswertes geschehen war.

Sie hangelten sich ganz vorsichtig am Platzrand entlang, immer darauf bedacht, nicht in den Abgrund zu rutschen und sie kamen zu dem Cafe, vor dem sie draußen ihren Tee getrunken hatten und sahen, dass es die Stelle, an der sie gesessen hatten, nicht mehr gab.

Ihr Tisch war mitsamt den Stühlen in das Loch gefallen, das ganze Cafe lag in einem Trümmerhaufen neben ihnen.

Dann erreichten sie die Verteilstelle und als Paul sah, dass das gesamte Gebäude in sich zusammengefallen war, musste er zuerst an Teagan denken, die an diesem Tag in der Verteilstelle Dienst tat und er hatte die schlimmsten Befürchtungen.

Tommy und Bernd sahen einen Paul, wie sie ihn noch nie bemerkt hatten, er war völlig aufgelöst und wusste gar nicht, wo er beginnen sollte, die Trümmer beiseite zu räumen, er schrie seine Freunden zu:

„Helft mit, so helft mir doch!“ und die beiden packten mit an und hoben mächtige Trümmerstücke hoch, als wären sie aus Pappe.

Aber es war die große Fülle von Trümmern, die letztlich doch alles unter sich zu zerquetschen imstande war und Tommy und Bernd war klar, als sie den riesigen Trümmerberg vor sich liegen sahen, dass es unter ihm niemand Lebenden mehr geben konnte.

Paul schuftete wie ein Besessener und warf die Trümmer zur Seite.

Er rief dabei immer wieder Teagans Namen und er war bleich im Gesicht geworden, so als ahnte er, was ihm bevorstand.

Als er an ein großes Trümmerteil, das wohl einmal ein Teil des Gebäudedaches gewesen war, geriet, rief er Tommy und Bernd zu Hilfe und auch Leevi und Lauri kamen, um zu helfen, das Teil hochzuheben und obwohl es sehr beträchtliche Ausmaße hatte und auch dick war, hoben sie es mit Leichtigkeit zur Seite und legten einen weiteren Trümmerberg frei.

Paul machte sich gleich daran, den Trümmerberg umzuschichten, um zu sehen, was sich unter ihm verbarg, immer noch beinahe apathisch und nicht ansprechbar, er sah mittlerweile aus wie der wandelnde Tod.

Tommy und Bernd halfen Paul bei dem Trümmerberg und es kam, was kommen musste, Paul sah zuerst nur ein Bein von seiner Angebeteten und anschließend den gesamten Körper.

Teagan war von der Last der Trümmer, unter den sie begraben worden war, zerquetscht worden, sie war tot und lag dort mit gebrochenem Genick.

Paul drohte zu kollabieren, als er auf Teagan blickte und Tommy und Bernd mussten ihn stützen, sie halfen ihm, niederzuknien und als er neben Teagan kniete, ließen sie ihn los.

Paul begann zu schluchzen, er schluchzte ganz erbärmlich und Tommy und Bernd ließen ihn.

Er beugte sich zu Teagan runter und gab ihr einen Kuss, wie er das immer so gern getan hatte, er nahm sie, legte ihren Kopf auf seinen Schoß und streichelte ihr Haar, aber Teagan war tot und würde nicht wieder lebendig nur dadurch, dass Paul sie liebkoste.

Tommy und Bernd knieten neben Paul und Tommy sagte:

„Paul, das tut uns unendlich leid!“ und er legte seinen Arm um seinen Freund.

Aber Paul schien gar nicht zu hören, was Tommy ihm sagte und er schien auch gar nicht zu bemerken, dass seine Freunde neben ihm knieten, er wirkte wie versteinert und war unendlich traurig über den Tod seiner großen Liebe.

„Teagan, Tegan!“, rief er immer wieder schluchzend, aber Teagan blieb tot.

Schließlich stießen Rettungskräfte zu ihnen und fragten:

„Ist bei Euch alles in Ordnung?“ und als Tommy auf die Tote wies, nahmen sie einen Zinksarg und legten Teagan hinein.

In diesem Augenblick brach es aus Paul heraus und Tommy und Bernd mussten ihn halten, als er immer wieder den Namen seiner Geliebten herausschrie und dabei schluchzte, wie er noch nie in seinem ganzen Leben geschluchzt hatte.

Die Rettungskräfte nahmen den Sarg hoch und als sie ihn forttragen wollten, hielt Paul den Sarg fest und wollte die Männer nicht mit ihm losziehen lassen.

Erst als Tommy und Bernd ihn gewaltsam zurückhielten, konnten die Rettungsmänner ihre Arbeit tun.

„Wo bringt ihr meine Liebe hin?“, schrie Paul und einer der Männer sagte, dass sie sie zum Krematorium bringen würden, wo sie alle Leichen der Nigren verbrannten.

„Kann ich dann ihre Urne haben?“, fragte Paul nach und die Männer antworteten:

„Da musst Du Dich mit dem Krematorium in Verbindung setzen und dort nachfragen!“

Tommy und Bernd stützten Paul, als sie den Rettungskräften hinterherzogen und mit ihnen zum Krematorium liefen, das sich in der Nähe des Stadtparks befand.

Dort wurde eine Leiche nach der anderen eingeliefert und gleich verbrannt.

Die drei gingen zum Betreiber des Krematoriums und fragten ihn, ob es wohl möglich wäre, die Urne mit der Asche der Verstorbenen zu bekommen und der Betreiber sagte, dass eigentlich nichts dagegen spräche.

Es wäre nur völlig unüblich, dass jemand eine Urne haben wollte, denn die Nigren legten keinen Wert darauf, sich um ihre Toten zu kümmern, bei ihnen wäre die Existenz des Individuums mit seinem Tod erloschen und sie sähen keinen Sinn darin, auch nur einen Gedanken an die sterblichen Überreste ihrer Toten zu verschwenden.

„Es gibt keinen Totenkult und keine Totenfeier“, sagte er, der Tod beendet einfach eine Existenz, unauslöschlich und für immer!“

In diesem Augenblick kam jemand mit Teagans Urne und er gab sie Paul, der nahm sie wie ein Heiligtum und hielt sie mit Bedacht in seinen Händen.

Leevi und Lauri sahen sich an und verstanden erst nicht, welche Bewandtnis es hatte, dass Paul die Urne an sich nahm, bis Bernd ihnen erklärte, dass auf der Erde der Toten gedacht würde und man sie sogar auf Friedhöfen beerdigte.

Für Paul enthielt die Urne das Wesen von Teagan und er würde immer an sie denken.

Anschließend bahnten sie sich vorsichtig einen Weg durch die Trümmer nach Hause und als sie dort ankamen, standen Shirin und Brando vor den Trümmern ihres Hauses und Brando hatte einen Arm um Shirin gelegt, die beiden waren natürlich mitgenommen und standen schweigend.

Als sie aber ihre Jungen sahen, liefen sie auf die zu und nahmen sie in ihre Arme.

„Die Hauptsache ist doch, dass wir alle leben!“, sagte Brando.

Da sah er Paul mit seiner Urne und fragte ihn, was er denn in der Urne hätte und Bernd antwortete für Paul:

„Es ist die Asche von Teagan, die während des Bebens in der Verteilstelle ums Leben gekommen ist.“

Brando nahm Paul in seine Arme und drückte ihn, Paul hatte seinen Blick gesenkt und unterdrückte weiteres Schluchzen, Brando konnte kaum nachvollziehen, welche Schmerzen ihn plagten, weil die Nigren ja nicht ihrer Toten gedachten.

Shirin sagte, dass Brando und sie gleich von der Arbeit nach Hause gekommen wären, sie fragte:

„Und wo schlafen wir heute Nacht?“

Brando überlegte kurz und sagte dann:

„Wir müssen unsere Zelte aus dem Schuppen bergen und auf einen freiem Stück unseres Gartens aufbauen, da vorn, der kleine Trümmerhaufen, das müsste der Schuppen gewesen sein, lasst uns dort die Zelte suchen!“

Und alle liefen zu dem Haufen Trümmer und durchsuchten sie.

Es kamen alle Dinge zum Vorschein, die Brando immer für seine Gartenarbeit benutzt hatte und am Ende auch noch seine Zelte, mit denen Shirin die Jungen und er früher schon mal in Urlaub waren.

Die Zelte waren in Tragebeuteln verstaut und hatten nicht gelitten.

Sie klopften sie kurz ab und nahmen sie aus den Beuteln heraus.

Während die Jungen zusammen mit Brando, Paul, Tommy und Bernd die Zelte aufbauten, begab sich Shirin auf die Suche nach ihrem Kleiderschrank, denn sie brauchten Sachen für die folgende Nacht, in der es sehr kalt werden würde und nach einigem Suchen in der Trümmerwüste fand sie die Überreste von dem, was einmal ihr Kleiderschrank gewesen war.

Sie entnahm dem kaputten Schrank ein paar verstaubte Kleidungsstücke und klopfte sie ab, bis sie schließlich für jeden eine Jacke oder einen Mantel von sich hatte und dazu noch Sweatshirts und Pullover, aber noch schienen die beiden Sonnen und es war warm.

Als die beiden Zelte inmitten der Trümmer standen, baute Brando eine improvisierte Feuerstelle und steckte ein Feuer an, Brennmaterial lag ja genug herum und Shirin würde eben Töpfe auf die Flamme stellen müssen.

Sie hatte noch von ihrem letzten Besuch in der Verteilstelle noch genügend Lebensmittel und es würden alle satt werden.

Paul hatte sich inzwischen überlegt, mit der Urne zu den Trümmern von Teagans Haus zu gehen und sie dort zu beerdigen und als er Tommy und Bernd von seinem Vorhaben erzählte, sagten sie, dass sie ihn begleiten wollten.

Sie sagten Shirin und Brando, dass sie in einer Stunde wieder zurück wären und machten sich auf den Weg durch die Trümmerlandschaft, unterwegs fanden sie nur zerstörte Häuser und verwüstete Grundstücke, es war nirgendwo ein Stein auf dem anderen geblieben.

Als sie an Teagans Adresse ankamen, fanden sie dort nur Trümmer wie überall.

Sie gingen dorthin, wo früher Teagans Hof gewesen war und suchten nach Überresten des Schuppens, um dort eine Schaufel oder einen Spaten zu finden.

Schließlich fanden sie in dem Gerümpel, das dort herumlag, auch einen Spaten und Paul hob ein Loch für die Urne aus, etwa an der Stelle, an der er Teagans Fahrrad überprüft hatte.

Er nahm die Urne und setzte sie ganz vorsichtig in das Loch, er hatte dabei seinen Kopf nach unten geneigt und schaute immer auf die Urne.

Am Ende sagte er leise so etwas wie ein Gebet vor sich hin und hatte seine Hände ineinander gelegt, wie bei einem Gottesdienst, dabei waren weder Paul noch sie gläubige Christen.

Anschließend warf Paul das Loch wieder zu und hangelte sich mit Tommy und Bernd zu Shirin und Brando zurück.

Jetzt, nachdem Paul Teagan einen letzten Dienst erwiesen hatte, war ihm bedeutend wohler, er war gefasst und redete auch wieder, Tommy und Bernd fiel ein Stein vom Herzen.

Als sie zu Hause waren, waren beide Sonnen untergegangen und es wurde ganz schnell bitterkalt.

Sie zogen sich Jacken und jeder ein Sweatshirt über, die Shirin ihnen gegeben hatte und stellten sich an das Feuer, um sich dort zu wärmen.

Paul dachte:

„So schrecklich muss es bei uns nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gewesen sein!“

Die Zeit hatte er zwar nicht mehr selbst erlebt, aber er hatte sich viele Geschichten dazu anhören müssen und konnte sich deshalb ein gutes Bild von den Zuständen machen, die geherrscht hatten.

Shirin hatte etwas gekocht, doch so richtigen Appetit hatte eigentlich niemand von ihnen.

Der Schrecken über die Folgen des Erdbebens und vor allem der Tod von Teagan saß allen in den Knochen.

Die Jungen aßen aber, ihnen machte es nichts aus, im Zelt leben zu müssen, im Gegenteil, sie konnten der ganzen Sache sogar noch etwas Positives abgewinnen, für sie hatte das etwas von Abenteuer.

Brando legte ordentlich Holz auf das Feuer und als alle darum saßen, erzählte er, wie er das Erdbeben unter Tage erlebt hatte:

„Ihr macht Euch kein Bild, was da los war, wir standen alle mit unseren Hämmern vor dem Fels, als sich die Felswand mit einem Mal von uns weg bewegte und wir das gar nicht einordnen konnten, der gesamte Stollen drohte einzustürzen, zwei meiner Arbeitskollegen sind unmittelbar neben mir von herabfallenden Felsbrocken getroffen worden und waren auf der Stelle tot.

Meine direkten Arbeitskollegen und ich schafften es gerade zum Förderkorb und fuhren mit ihm nach oben, zum Glück ist der Förderschacht heil geblieben.

Als wir oben ankamen, trauten wir unseren Augen nicht, außer dem Förderturm stand kein Gebäude mehr und wir mussten den Raum, der einmal unsere Umkleide gewesen war, in den Trümmern suchen und unsere Sachen finden.

Die Straße vom Bergwerk nach Gudon war nicht ganz so in Mitleidenschaft gezogen worden wie unsere Straße und der Bus konnte fahren, wenn auch im Slalom um Löcher herum, die das Beben gerissen hatte.

Als wir nach Gudon kamen, stockte mir fast der Atem, so schlimm sah es um mich herum mit einem Mal aus!“

„Bei Neea und Nuron wurde uns Bescheid gesagt, dass es in Gudon ein schweres Erdbeben gegeben hätte und alle Nigren sofort nach Hause gebracht würden“, erzählte Shirin „und so sind wir früher als sonst mit dem Bus nach Gudon gefahren worden und als ich hier angekommen bin, stand Brando vor den Trümmern unseres Hauses.“

„Wir sind nach dem Frühstück vor das Haus gegangen, als das Beben plötzlich mit voller Härte einsetzte und wir haben gesehen, wie sich die Straße hob und danach wieder abgesackt ist, wie sich der Bürgersteig zu einer Spirale aufgedreht hat und alles in Schutt gefallen ist.

Wir haben als Erstes die Nachbarin aus den Trümmern ihres Hauses befreit und uns danach gemeinsam zum Zentrum durchgeschlagen, um nach der Schule zu sehen.

Anschließend waren wir an der Verteilstelle und haben dort die tote Teagan gefunden“, sagte Tommy.

„Kommt mal mit zu unserem ehemaligen Kleiderschrank, dort müsst Ihr Euch Sachen zusammensuchen, mit denen Ihr Euch in der kommenden Nacht zudecken könnt!“, forderte Shirin und sie lief noch einmal zu dem Fragment ihres ehemaligen Kleiderschranks.

Jeder nahm etwas, von dem er glaubte, dass es ihn in der Nacht wärmen könnte, und sie brachten die Sachen zu den Zelten.

Nachdem sie sich auf die Zelte verteilt hatten, gingen sie gingen früh schlafen.

Im Zelt war es ungemütlich, der Untergrund war hart und es war kalt, niemand machte so recht ein Auge zu und alle ließen sich noch einmal die schrecklichen Ereignisse des Tages durch den Kopf gehen.

Schon sehr früh am Morgen stand Paul auf, es war noch dunkel und er steckte das Feuer wieder an, damit ihm nicht ganz so kalt war, und er setzte sich daran.

Es würde noch eine Weile dauern, bis die wärmende Kraft der beiden Sonnen sich bemerkbar machen würde, und kurze Zeit später kam Brando und setzte sich zu Paul.

„War Dir auch so kalt in dem Zelt?“, fragte er und Paul antwortete:

„Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht und immer an Teagan denken müssen!“

Nachdem dann die beiden Sonnen aufgegangen waren, herrschte unmittelbar danach eine sehr angenehme Wärme, und sie zogen ihre wärmenden Sachen wieder aus und machten ein paar Schritte in der Morgenluft, um ihre Glieder wieder an Bewegung zu gewöhnen.

Shirin war inzwischen wie alle anderen auch aufgestanden und setzte einen Topf mit Wasser auf die Feuerstelle, um heißes Wasser für Tee zu bekommen.

Sie hatte ein Stück Brot aus den Trümmern retten können, das sich alle teilen und zu dem Tee essen mussten.

In der Wärme, die inzwischen um sich gegriffen hatte, ließ sich der gesamte Schrecken doch besser ertragen und Brando sagte:

„Unser Bürgermeister sollte einmal zu uns sprechen und uns sagen, wie es mit uns weitergehen soll!“

Kaum hatte er das gesagt, konnten alle von Weitem eine Megaphon-Stimme hören:

„Ihr Bürger von Gudon, Eure Häuser sind zerstört und ihr müsst Not und Elend erleiden, kommt in zwei Stunden in den Stadtpark und erfahrt, was der Gemeinderat und ich beschlossen haben!“

Sie frühstückten das bisschen, das sie hatten und tranken ordentlich Tee dazu, denn Tee gab es reichlich.

Nach eineinhalb Stunden machten sie sich auf den Weg zum Park.

Sie trafen unterwegs viele Bekannte und Shirin und Brando grüßten unentwegt.

Sie mussten sich auch anhören, wie schlimm doch alles wäre und dass niemand mehr etwas hätte, worin er sich aufhalten und seine Privatsphäre ausleben könnte.

Die Leute hatten zweifellos recht, aber alles Klagen half in diesem Moment niemandem, und Brando sagte das auch.

Er forderte dazu auf, bereit zu sein, mit allen anzupacken und ein neues Gudon aufzubauen, vielleicht ein noch Schöneres, als es das Alte war, wie genau das funktionieren sollte, wusste er allerdings auch nicht.

Im Stadtpark stand kein Baum mehr und es hatten sich tiefe Löcher aufgetan.

Es war aber noch eine Freifläche übriggeblieben, auf der alle Bürger Gudons Platz hatten und den Worten ihres Bürgermeisters zuhören konnten.

Alle Nigren hatten zerlumpte Kleidung an sich und sahen ungewaschen und schmutzig aus.

Aber was sollten sie auch tun, es gab keine Kleidung und der Wasserfluss war unterbrochen.

Sie konnten froh sein, das zu besitzen, was sie am Leib trugen und sie konzentrierten sich lieber auf die Worte des Bürgermeisters, als auf solche Äußerlichkeiten zu achten.

„Liebe Mitbürger, ich heiße Euch trotz der widrigen Umstände willkommen und möchte Euch ermutigen, nicht die Köpfe hängen zu lassen und die Courage zu zeigen, die uns hilft, Gudon wieder aufzubauen, jedermanns Hilfe ist dabei gefragt.

Ihr habt jetzt eine Nacht unter wahrscheinlich erbärmlichen Bedingungen verbracht und ich muss Euch sagen, es wird nicht die letzte Nacht sein, die Ihr unter eingeschränkten Bedingungen verbringen müsst.

Aber lasst Euch das ein Ansporn sein und besinnt Euch der Kräfte, über die wir Nigren verfügen.

Die braucht Ihr während der nächsten Tage, in denen es darum gehen wird, erst einmal die gröbsten Trümmer zu beseitigen und die Straßen wieder passierbar zu machen.

Ihr könnt die Trümmer einfach in die Löcher werfen, die an die Stelle der Straßen und des Platzes getreten sind, aber zunächst einmal zu Eurer unmittelbaren Not.

Der Gemeinderat und ich haben Leute zu der ehemaligen Verteilstelle geschickt, die versuchen sollen, zu retten, was zu retten ist.

Ihr könnt also dorthin gehen und Euch mit dem Nötigsten, vor allem mit Lebensmitteln, versorgen, es soll niemand hungern müssen!

Sollte unter Euch jemand sein, der bei sich kein Essen mehr zubereiten kann, weil alle Kochgelegenheiten zerstört sind, wir haben hinten im Park eine Gemeinschaftsküche eingerichtet, in der jeder essen kann, der will.

Es steht dort auch ein Großzelt mit Feldbetten für solche von Euch, die sonst unter freiem Himmel schlafen müssten und das wollen wir doch bei der Kälte, die nachts bei uns herrscht, niemandem zumuten.

Für Fragen stehen die Mitglieder des Gemeinderates und ich jederzeit zur Verfügung.

Ich denke, dass mit der Trümmerbeseitigung erst einmal eine Menge Arbeit auf uns zukommt, über den eigentlichen Hausneubau werden wir noch reden, wenn alles dafür vorbereitet ist.

Viele von Euch werden sich fragen, wie es ausgerechnet in Gudon zu so einem schlimmen Erdbeben kommen konnte und alles, was ich weiß und mir habe berichten lassen, ist, dass der Gesteinsabbau im Goldbergwerk, der sich schon über Jahre hinzieht, Verwerfungen in dem Deckgebirge unter Tage hervorgerufen hat, die sich dann hier oben als Erdbeben gezeigt haben.

Es stellt sich natürlich die Frage, warum man Warnzeichen, die es immer gegeben hatte, ignoriert und einfach weiter gefördert hat.

Aber es ist müßig, darüber heute zu spekulieren, wem unter Umständen die Schuld dafür gegeben werden kann.

Sicher, die Werksleitung müsste eigentlich für die Schäden geradestehen.

Aber die Leitung des Goldbergwerks liegt in den Händen der Tolaner und die zu belangen dürfte wohl aussichtslos sein.

Also, liebe Mitbürger, ans Werk, beginnt alle damit, die Trümmer in die Löcher zu werfen, die jetzt vor Euren Häusern da liegen, wo vormals die Straße herlief!

Und vergesst nicht, anderen zu helfen, die vielleicht stärker von dem Beben betroffen sind, als Ihr selbst es seid!

Deckt Euch an der alten Verteilstelle mit dem Nötigsten ein, wir alle versuchen, dort einen normalen Betrieb aufrecht zu erhalten, sodass Ihr jeden Tag dorthin und Euch mit dem versorgen könnt, was Ihr braucht und immer dort geholt habt!

Ich möchte zum Schluss meiner Rede kommen und Euch noch einmal zu Solidarität aufrufen, helft Euch gegenseitig, zeigt, dass Ihr echte Nigren seid, die nicht nur an das eigene Wohl denken!

In diesem Sinne, alles Gute und viel Erfolg bei Eurer Arbeit!“

Die Zuhörer waren zufrieden mit den Worten ihres Bürgermeisters, sie wünschten sich immer schon einen Mann an der Spitze der Stadtregierung, der anzupacken wusste, statt große Worte zu verlieren und auch jemanden, der sich gegen die Larmoyanz aussprach, die sich bei dem einen oder anderen breitzumachen drohte, denn die brachte niemanden weiter und half auch keinem.

Shirin, Brando, die Jungen und die drei Erdenbürger gingen nach der Rede zu dem Versorgungszelt, von dem der Bürgermeister gesprochen hatte, setzten sich dort hin und tranken jeder einen Tee.

Sie kamen mit einigen Nigren ins Gespräch und merkten zumindest ihnen, obwohl sie ja fast alles verloren hatten, eine durchweg positive Grundstimmung an.

Das ermutigte auch Brando und seine Familie, sie gehörten nie zu denen, die schnell aufgaben und sich in die Knie zwingen ließen, aber bei einem solchen fundamentalen Schlag waren auch ihre Kräfte beinahe versiegt.

Sie beendeten ihre Teepause vor dem Versorgungszelt und machten sich auf, sich einen Weg nach Hause zurück zu bahnen.

Sie sahen, wie die Ersten dabei waren, ihre Trümmer zu entsorgen und wollten sich auch gleich an die Arbeit machen.

Als sie unterwegs an den Resten der Verteilstelle vorbeikamen, sagte Brando zu Shirin:

„Geh Du mit den Jungen und besorge uns die Dinge, die wir brauchen, wir laufen nach Hause und fangen mit der Trümmerbeseitigung an!“

Als sie zu Hause ankamen, wurde ihnen erst einmal das große Ausmaß de Zerstörungen bewusst, sowohl auf den Nachbargrundstücken als auch auf dem eigenen Grundstück war praktisch nichts mehr vorhanden, das sich vielleicht noch verwerten ließ, von Kleinigkeiten wie Haushaltsartikel oder den Schulsachen der Kinder einmal abgesehen, die sie unter den Trümmern finden würden und sie machten sich gleich ans Werk.

Schnell hatten sie ich zu einer Kette formiert, einer nahm die Trümmer auf und reichte sie nach vorne durch, wo sie in den Erdschlund geworfen wurden.

Derjenige, der die Trümmer aufnahm, sollte darauf achten, ob er etwas fand, was noch von Wert war und es zur Seite legen und das war Brando.

Es pendelte sich schnell ein effektiver Arbeitsrhythmus ein und sie schafften eine Menge weg und als Brando plötzlich unter den Trümmerstücken Schulsachen von seinen Jungen liegen sah, rief er „Stopp!“ und räumte die Stelle frei, um noch weitere Schulsachen zu finden, sie aufzuheben und zu sichern.

Es gab einige zerbrochene Stifte und Lineale, aber im Prinzip war noch alles vorhanden, Hefte und Bücher waren nicht zerstört, sondern höchstens ein wenig verschmutzt, aber das ließ sich durch ein leichtes Abklopfen beheben.

Sie nahmen die Arbeit wieder auf und hatten im Nu den hinteren Teil von Brandos Anwesen freigeräumt und die Trümmer in das Straßenloch geworfen.

Sie machten sich dann daran, die Schuppentrümmer zu entsorgen, als Brando wieder „Stopp!“ rief.

Er war auf den Rasenmäher gestoßen, beidem zwar die Haltestange verbogen war, der aber ansonsten noch brauchbar schien.

Die Fahrräder, die einmal in dem Schuppen gestanden hatten, das von Shirin, von Brando, die von den Jungen und auch das geliehene Rad waren aber hoffnungslos zerstört und vollkommen verbogen.

Brando reichte sie nach vorne durch, wo sie wie der gesamte Trümmerhaufen entsorgt wurden.

Da, wo einmal der Schuppen gestanden hatte, blieb nichts als das Karree seines Grundrisses.

Sie begannen dann damit, die Trümmer des Hauses, von dem noch der vordere Teil dalag, wegzuräumen.

Im Vorderhaus hatte es einmal die Küche gegeben und Brando achtete darauf, Küchengeräte oder Kleinteile zu finden und beiseite zu legen.

Inzwischen war Shirin mit den Jungen vollbepackt wieder zurück und legte ihre Besorgungen vor die Zelte.

Sie machte Feuer und fing an zu kochen, die Jungen reihten sich in die Arbeitskette ein und halfen.

Brando sagte ihnen::

„Ich habe Eure Schulsache gefunden und auf einen Haufen gelegt, seht gleich einmal nach, ob alles noch in Ordnung ist, wir machen, wenn Eure Mutter mit dem Essen fertig ist, eine Pause, dann könnt Ihr nach den Sachen schauen!“

Brando bat Tommy und Bernd, ihm bei einem großen Trümmerteil zu helfen und es mit ihm gemeinsam nach vorne zum Loch zu tragen.

Alle drei nahmen sie beinahe die halbe Vorderfront des Hauses hoch und trugen sie weg, als Brando mit einem Mal stolperte und ins Fallen geriet.

Der Schreck für Tommy und Bernd war groß und auch Paul, der angelaufen am, war entsetzt, als er sah, wie Brando unter dem riesigen Trümmerstück quasi begraben worden war.

Aber die Verhältnisse auf Tolan waren eben andere als die auf der Erde, das Trümmerteil bewegte sich, weil Brando es einfach hoch gedrückt hatte.

Mit der Hilfe der drei anderen befreite er sich schnell wieder aus einer Lage.

Auf der Erde hätte ihn ein Trümmerstück von solchen Ausmaßen zerquetscht und er wäre nicht so mit heiler Haut davongekommen.

„Glück gehabt!“, dachten alle.

Sie machten Mittagspause und setzten sich zum Essen vor die Zelte auf den Boden.

Shirin hatte einen Eintopf aus Gemüsen bereitet, die Paul, Tommy und Bernd unbekannt, aber sehr schmackhaft und appetitlich waren.

„Wenn wir so weiterarbeiten wie bisher, haben wir heute Nachmittag das Grundstück freigeräumt und wir können danach vielleicht zu den Nachbarn gehen und dort helfen!“, sagte Brando.

Sie dehnten ihre Mittagspause richtig aus und legten sich alle nach dem Essen in die Sonne, Shirin hatte Decken ausgebreitet, auf den sie es sich gemütlich machten.

Die Jungen liefen zu ihren Schulsachen und überprüften sie.

Sie fanden alles praktisch unversehrt bis auf die zerbrochenen Stifte und Lineale, aber die ließen sich schnell ersetzen.

Dazu mussten sie nur zur Verteilstelle und sich neue Stifte und Lineale besorgen und sie fragten ihre Mutter:

„Können wir zur Verteilstelle laufen und uns Ersatz für die kaputten Sachen holen?“

„Lauft schnell, aber achtet darauf, wo ihr hintretet und kommt sofort nach Hause zurück, weil hier Eure Hilfe gebraucht wird!“, antwortete Shirin.

„Habt Ihr bei Euch auf der Erde schon mal so einen Schicksalsschlag erlebt wie wir hier bei uns?“, fragte Brando die Erdembürger.

Aber Paul, Tommy und Bernd mussten verneinen:

„Es gibt auf der Erde Gegenden, in denen häufig Erdbeben vorkommen, aber unsere Wohngegend gehört zum Glück nicht dazu“, sagte Paul.

„Lasst uns wieder aufstehen und den Rest erledigen!“, orderte Brando an und die drei fügten sich in seine Anweisung ohne sich drangsaliert zu fühlen.

Plötzlich rief Brando aus:

Da sieh mal einer an, hier liegt das Buch, das ich seit Monaten gesucht habe, es muss hinter den Schrank gerutscht sein und ist jetzt ans Tageslicht gekommen!“

Er nahm das Buch hoch und legte es zu den anderen Dingen, die er vor dem Wegwerfen bewahrt und auf die Seite gelegt hatte.

Sie hatten nach zwei Stunden die restlichen Trümmer beseitigt und das Loch, das einmal ihre Straße gewesen war, wieder aufgefüllt, es musste nur noch Schotter aufgebracht, verfestigt und wieder asphaltiert werden.

Shirin hatte Tee gekocht und sie gingen alle zu ihr und nahmen jeder eine Tasse.

Danach liefen sie durch die Nachbarschaft, und sahen, wo sie helfen konnten und es gab viele, die noch nicht einmal die Hälfte ihrer Trümmer weggeräumt hatten.

Dort boten sie ihre Hilfe an, und man nahm ihr Hilfsangebot dankbar an.

Am frühen Abend brachen sie aber ab und versprachen, am nächsten Tag wiederzukommen und ihre Arbeit wieder aufzunehmen, bis auch das letzte Trümmerteil entsorgt wäre.

Zu Hause entfachte Brando wieder ein Feuer und alle setzten sich daran und wärmten sich, denn als die beiden Sonnen untergegangen waren, wurde es wieder schnell empfindlich kalt.

Jeder hatte sich alle wärmenden Sachen übergezogen, die verfügbar waren und sie aßen gemeinsam zu Abend.

Und bei aller Primitivität der Umstände, unter denen sie ihr Essen zu sich nahmen, hatte es doch etwas Gemütliches, so am Feuer zu sitzen und in sich zu gehen, wenn nur die Kälte nicht gewesen wäre!

Sie gingen wieder früh schlafen und Paul achtete darauf, sein Schlaflager besser auszustaffieren, als in der letzten Nacht und er zog noch mehr wärmende Sachen an.

Er schlief in dieser Nacht besser, als in der Nacht zuvor, auch weil ihm die Arbeit vom Tag in den Knochen steckte und er von der letzten Nacht noch müde war.

Als er wieder wach wurde, war es draußen hell und Brando saß schon am Feuer.

Er wünschte Brando einen guten Morgen und setzte sich zu ihm.

Die anderen erschienen nach und nach auch und setzten sich ebenfalls an das wärmende Feuer.

Als aber schließlich die beiden Sonnen wieder am Himmel standen, gab es gleich eine wohltuende Wärme und alle bewegten sich über das Grundstück, das jetzt eine große Freifläche geworden war und machten gymnastische Übungen, um ihren Gliedmaßen wieder zu Bewegung zu verhelfen.

Danach setzten sie sich alle zum Frühstück um das Feuer, Shirin hatte am Vortag in der Verteilstelle sämtliche Lebensmittel und vor allem gutes Brot besorgt, sodass sie reichlich frühstücken konnten.

Es gab auch wieder den leckeren Marmeladenaufstrich und den nussigen Käse und von beidem nahm sich Paul und machte sich Brote damit.

Er hatte seine Teagan natürlich noch nicht vergessen, war aber gefasster und aufgeräumter als am Vortag und wieder guter Dinge.

Nach dem Frühstück standen sie auf und liefen zu den Nachbarn, denen sie bei der Trümmerentsorgung geholfen hatten und mit vereinten Kräften schafften sie es, deren Grundstück in ein paar Stunden freizuräumen.

Die Nachbarn bedankten sich mit Tee und Süßigkeiten, was die Jungen besonders freute und sie fragten Brando:

„Was glaubst Du, wann werden wir mit dem Hausbau anfangen können?“

Brando antwortete:

„Ich habe überhaupt keine Ahnung, was sich der Gemeinderat und unser Bürgermeister überlegt haben, vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, mit Fertighäusern schnell wieder etwas aufzubauen!“

Sie liefen weiter die Straße entlang und kamen bei vielen vorbei, die noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt waren und sie halfen da und dort.

Schließlich gelangten sie an das Haupttor und sahen, dass es offenstand.

Der Zaun, der den ganzen Ort umgeben hatte und sich am Haupttor schloss, war vollkommen zerstört und es gab ihn eigentlich gar nicht mehr.

Die Wachen, die das Haupttor gesichert hatten, standen in einer Reihe mit Tolaner-Soldaten und niemandem war so richtig klar, warum sie fort standen.

Brando ging auf sie zu und fragte:

„Was soll das, dass Ihr hier steht und ausseht wie eine Linie mit Wachsoldaten?“

„Wir haben den Auftrag, hier zu stehen und weitere Befehle abzuwarten!“, sagte der Ranghöchste unter den Soldaten, „uns werden jeden Moment Befehle erreichen und dann werden wir weitersehen!“

Die Männer liefen wieder zurück zu Shirin und sie beschlossen, alle zum Park zu laufen und dort in Erfahrung zu bringen, wie es in Gudon weitergehen sollte.

Der Bürgemeister hatte sich ein Zelt hinstellen lassen, in dem er eine Art Büro betrieb und Leute empfing, denen er Ratschläge gab oder sie sonst wie mit Ratschlägen versorgte.

Alles um sein Zelt herum und überhaupt auf dem Parkgelände war von einer merkwürdigen Unruhe ergriffen und keiner wusste, warum.

Brando ging in das Bürgermeisterzelt und fragte ihn direkt:

„Lieber Bürgermeister, bitte sag mir doch, wann und wie es in Gudon weitergeht!“

Der Bürgermeister rutschte auf seinem Stuhl hin und her, als hätte er Flöhe, die ihn juckten und er wollte mit seiner Sprache nicht heraus.

Schließlich sagte er aber zu Brando:

„Geh wieder hinaus zu Deinen Leuten und warte dort, ich habe eine Mitteilung zu machen, die Euch alle freuen wird!“

Und Brando ging wieder zu Shirin und den anderen, er konnte ihnen keine Antwort auf ihr Frage nach dem Weiter geben, nur dass der Bürgermeister eine Mitteilung machen wollte, die alle freuen würde.

Aber darauf konnte sich niemand einen Reim machen und sie gingen zum Versorgungszelt und holten sich jeder eine Tasse Tee, sie setzten sich dort hin und kamen mit anderen Nigren ins Gespräch, die auch nicht weiterwussten und ebenfalls vom Bürgermeister vertröstet worden waren.

„Wie weit seid Ihr denn mit Euren Trümmern?“, fragte Brando diejenigen, die am Nebentisch saßen und er erhielt zur Antwort:

„Wir sind längst fertig und warten darauf, dass wir neu bauen können, deshalb sind wir ja hier, um zu erfahren, wann der Neubau endlich beginnen kann!“

Und mit einem Mal ertönte die Megaphon-Stimme des Bürgermeisters, er war vor sein Zelt getreten und hatte sich mit dem Megaphon auf einen Stuhl gestellt.

„Liebe Mitbürger“, sagte er, „bitte geht zu Euch nach Hause und trommelt alle Eure Verwandten und Bekannten zusammen und kommt mit ihnen wieder her, ich werde in einer Stunde eine wichtige Mitteilung verkünden!“

Brando war ja schon mit allen, die zu ihm gehörten, im Stadtpark, aber die anderen liefen los und holten ihre Leute.

In der Wartezeit suchte Brando mit den Seinen ein Stückchen Rasen, das im Park noch liegengeblieben war und auf dem sie sich langmachen konnten.

„Was der Bürgermeister wohl erzählen wird?“, fragte Shirin und Brando antwortete:

„Es wird mehr sein, als die Mitteilung, dass wir zu bauen beginnen können, wir waren vor zwei Stunden oben am Haupttor, da ist nichts mehr, wie es mal war, der gesamte Zaun um Gudon ist weg und das Haupttor steht offen, ich glaube, dass uns der Bürgermeister etwas ganz Großes verkündigen wird!“

Nach und nach füllte sich der Platz, auf dem sie alle schon nach dem Beben gestanden hatten und als die Stunde um war, mischten sich Brandos Leute unter die anderen und warteten mit ihnen darauf, zu erfahren, was denn nun geschehen würde.

Da erschien der Bürgermeister vor seinem Stuhl und stellte noch einen zweiten Stuhl dorthin, er kletterte erneut auf seinen Stuhl und nahm das Megaphon.

„Liebe Mitbürger“, sagte er wieder, „heute ist der für Gudon wahrscheinlich wichtigste Tag der letzten Jahre, ich habe Euch zwei Dinge mitzuteilen.

Das erste ist, dass wir ab sofort Fertighäuser auf Eure Grundstücke stellen werden und das zweite ist:

Gudon ist mit sofortiger Wirkung frei, alle Nigren können gehen, wohin sie wollen, auch zu den Tolanern, die uns bei unseren Neubauten mit Hilfskräften und Maschinen unterstützen werden!“

Ein Raunen ging durch die Menge, was bedeutete, dass so recht niemand glaubte, was der Bürgermeister da sagte.

Aber plötzlich stieg neben dem Bürgermeister jemand auf den zweiten Stuhl und ließ sich das Megaphon geben, das war Aatu bei lebendigem Leib.

„Liebe Nigren“, sagte er gegen die Buhrufe, die ihm zu Beginn seiner flammenden Rede entgegenschlugen, „ich weiß, dass mich viele von Euch hassen werden und ich habe lange überlegt, ob ich mich überhaupt unter Euch trauen soll, aber ich habe mir schließlich einen Ruck gegeben und bin hierher gekommen.“

Wieder ertönten Buhrufe und manche riefen:

„Schnappt ihn Euch und hängt ihn auf!“, aber das waren Heißsporne, die sich wichtig machen wollten.

„Lasst ihn doch wenigstens reden!“, riefen andere, Besonnenere und Aatu fuhr dann fort:

„Ich weiß, wir Tolaner haben Euch großes Unrecht zugefügt und wissen im Grunde nicht, wie wir das wieder gutmachen können, bei uns allen ist die Erkenntnis gereift, dass wir Euch, besonders jetzt, wo Ihr so schlimm von dem Erdbeben betroffen seid, helfen und Euch Eure Freiheit wiedergeben wollen, ich möchte Euch meine Hände entgegenstrecken und hoffe, dass sie möglichst viele von Euch ergreifen.

Lasst uns einen Schlussstrich unter unsere alte Feindschaft ziehen und uns miteinander verbrüdern!

Ich weiß, dass es so manchem von Euch schwerfallen wird, jemandem der einmal erbittert gegen Euch gekämpft hat, die Hand zu reichen, ich bitte Euch, gebt Euch einen Ruck!“

Aatu stieg von seinem Stuhl herab und ging ein paar Schritte auf die Nigren zu, die in der ersten Reihe standen und er streckte seine Arme aus und wollte ihnen die Hand geben.

Aber sie wichen zunächst zurück und Aatu bewegte sich wie ein Raubfisch in einem Schwarm, der jeder seiner Bewegungen auswich.

Bis er auf einen Nigren zulief, der stehenblieb und ihm direkt in sein Gesicht sagte:

„Da bist Du also, der mir meine Familie genommen und alle umgebracht hat, die mir in meinem Leben einmal etwas bedeutet haben, Du hast sie ermordet und Elend und Leid über uns alle gebracht und Du wagst Dich unter uns!

Aber ich muss Dir Deinen Mut hoch anrechnen, dass Du Dich unter Deine Feinde traust und damit rechnen musst, dass sie üble Rache an Dir nehmen!

Dennoch, trotz aller negativen Gefühle, die ich gegen Dich uns alle Tolaner hege, reiche ich Dir meine Hand, weil ich glaube, dass nur auf diesem Wege unsere Völker eine gemeinsame Zukunft haben können!“

Aatu ging zu ihm und schlug ein, die beiden schüttelten lange die Hände und erst noch verhalten, dann aber schnell lauter werdend ertönte ein Jubel unter den Nigren, die erst jetzt zu begreifen schienen, was es für sie bedeutete, dass Aatu zu ihnen gekommen war.

Viele von ihnen gingen zu ihm, sie kannten ihn ja nicht und hatten auch an den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Tolanern nicht teilgenommen.

Sie fanden, dass der König der Tolaner ein gutaussehender Mann war, der Dinge gesagt hatte, die das Herz eines jeden Nigren erfreuten.

Einige gaben ihm ihre Hand uns klopften ihm sogar auf die Schulter.

Dazu konnte sich Brando nicht bereiterklären, aber er gehörte durchaus zu denen, die ein Ende des völlig zerrütteten Verhältnisses zwischen Tolanern und Nigren begrüßten und auch Shirin war da auf seiner Seite.

Ihre Söhne hatten ohnehin nichts mit der Feindschaft zu den Tolanern im Sinn, sie kannten sie ja nur vom Hörensagen und waren gespannt darauf, jetzt einmal welche von ihnen kennenzulernen.

Inzwischen war Aatu beinahe allen Nigren wohlgesonnen, sie sahen in ihm den Erlöser von der Drangsal, die sie während der letzten Jahre in Gudon erdulden mussten.

„Morgen werden für Gudon Fertighäuser angeliefert und unsere Maschinen erscheinen, mit denen Eure Straßen wieder repariert werden!“, rief Aatu und seine letzten Worte gingen beinahe im Geheul der Menge unter.

Brando ging mit seinen Leuten wieder nach Hause, das allerdings noch aus nur zwei Zelten bestand.

Er machte ein Feuer und zog sich wie alle anderen wärmende Sachen an, in denen sie sich vor die Flammen setzten.

„Einen besseren Zeitpunkt, um uns wieder von Euch zu verabschieden, hätte es gar nicht geben können!“, sagte Paul und er sah Shirin und Brando dabei an.

„Wenn Ihr also wollt, entlassen Shirin und ich Euch wieder aus der Zeitblase, habt Ihr überlegt, wie Ihr wieder zu den Tolanern kommt?“

„Wenn Shirin morgen früh zu Neea und Nuron fährt, fahren wir mit dem Bus mit“, sagte Paul, „wir werden erst noch eine Nacht bei Euch verbringen.“

„Ich hoffe, Ihr werdet bei den Tolanern nur Gutes über uns erzählen, Ihr könnt allerdings nur aus der Erinnerung an die Dinge dabei schöpfen, die Ihr am ersten Tag bei uns erlebt habt, wir haben Euch in eine Zeitblase versetzt und wenn Ihr sie wieder verlasst, wird alles, was Ihr in ihr erlebt habt, aus Eurem Bewusstsein gelöscht!“, sagte Brando.

„Sicher bekommt Ihr ein schönes neues Haus, in dem Ihr Euch wohlfühlt und Ihr werdet nach Nuville und ins Gebirge fahren und Euch alles ansehen können“, sagte Bernd, „für Euch beginnt ab heute ein neuer Abschnitt.“

Shirin begann, das Abendessen vorzubereiten und alle halfen dabei mit, die Sachen hinzulegen, die sie essen wollten, sie kochte auch Tee, und alle aßen und tranken mit Zuversicht auf eine gute Zukunft für die Nigren.

Brando legte große Holzstücke auf, und die Flammen schlugen um sich und erleuchteten den Platz, an dem sie saßen.

Jeder starrte in das Feuer und musste an Aatus Worte am Nachmittag denken, alle Zeichen standen auf Neuanfang.

Sie redeten an dem Abend nicht mehr viel und gingen, nachdem sie alles übergezogen hatten, was an warmen Sachen verfügbar war, früh schlafen.

Am nächsten Morgen wurden die Erdenbürger von Shirin geweckt.

Brando war schon wach und saß am Feuer, die Jungen konnten noch eine Weile schlafen.

Er wünschte einen guten Morgen und nachdem alle neben ihm saßen, auch Shirin, sagte er:

„Shirin und ich werden Euch jetzt wieder aus der Zeitblase befreien!“ und die beiden schlossen kurz die Augen und gingen in sich.

Besinnliche Geschichten (4)

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