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Paulo wächst heran und gründet eine Familie

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Hans Müller-Jüngst

PAULO REDMANN

Impressum

Texte: © Copyright by Hans Müller-Jüngst

Umschlag: © Copyright by Hans Müller-Jüngst…

Verlag: Hans Müller-Jüngst

Waisenhausstr. 4

47506 Neukirchen-Vluyn

HaMuJu@t-online.de

Druck: epubli, ein Service der

neopubli GmbH, Berlin


Printed in Germany



Paulo Redmann wurde als Sohn der Marga Redmann und ihres Mannes Arthur Redmann 1950 in Dinkelstein, einer kleinen Stadt am Fuße der Löhrberge in Norddeutschland, geboren.

Sein Vater war eine stattliche Erscheinung, sowohl was seine Körpergröße als auch was seinen Körperumfang betraf.

Er legte immer Wert auf eine angemessene Erscheinung, das hieß, dass man ihn fast ausschließlich in Anzug und Krawatte sah, wenn er das Haus verließ, und man kannte ihn in der Nachbarschaft kaum in einem anderen Aussehen.

„Guten Tag Arthur, machst du wieder einen Spaziergang?“, fragte man ihn dann, und Arthur Redmann antwortete:

„Ich will mir nur die Beine vertreten und mache eine Runde um den Block!“

Seine Nachbarn trugen Arbeitskleidung oder Freizeitkleidung, niemand von ihnen würde alltags Anzug tragen.

Arthur Rebmann aber ließ sich in seine Entscheidung, Anzug zu tragen, nicht hineinreden, auch nicht von seiner Frau. Wahrscheinlich wollte er sich von der Kriegszeit absetzten, in der man aus Gründen der Unterversorgung einfachste Kleidung getragen hatte.

Er hatte bei seinen Spaziergängen immer einen Gehstock bei sich, der seine Körperhaltung noch aufrechter erscheinen ließ.

Nicht dass er einen Stock gebraucht hätte, nicht weil er ein körperliches Defizit zu verzeichnen gehabt hätte, nein, der Stock war Teil des Gesamtbildes, das er für jeden sichtbar abgab.

Er war von Berufs wegen Prokurist bei einer Firma, die Staubsauger herstellte und bei den Hausfrauen hohes Ansehen genoss. Die Vertreter, die unterwegs waren, um die Staubsauger zu verkaufen, hatten leichtes Spiel.

Arthur Redmann war seit 30 Jahren bei der Firma und hatte sich bis zum Posten des Prokuristen hochgearbeitet. Auch er war früher Vertreter bei „Saugwerk“ und konnte sich gut erinnern, was es bedeutet hatte, bei den Hausfrauen zu erscheinen und seinen Staubsauger vorzuführen. Er war immer nett aufgenommen worden und konnte überzeugend darbieten, wie gut die „Saugwerk“-Staubsauger arbeiteten. Oft wurden ihm bei solchen Gelegenheiten Kaffee und Kuchen angeboten, worauf er sich gerne einließ.

Seit er nur noch im Innendienst tätig war, dann als Prokurist, gestaltete sich sein Arbeitstag ganz anders. Er hatte ein geräumiges Büro und saß die ganze Zeit hinter seinem Schreibtisch.

Die Firma „Saugwerk“ war seit ihrer Gründung in Dinkelstein ansässig, das war vor über 50 Jahren.

Alfred Strom hatte in den Wirren der Weltwirtschaftskrise die Gelegenheit beim Schopf gepackt und zunächst ganz klein angefangen, bis er den Betrieb immer mehr ausgeweitet hatte, es arbeiteten dann um die 1000 Menschen bei „Saugwerk“, was natürlich für die Wirtschaft von Dinkelstein von erheblicher Bedeutung war. Jeder Dinkelsteiner kannte „Saugwerk“, und die Firma war bis weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Arthur Redmann mischte auch in der Stadtpolitik kräftig mit und war über Jahre hinweg Stadtrat für die CDU im Stadtparlament.

Die CDU führte die Stadt während der gesamten Nachkriegszeit mit absoluter Mehrheit, sie war in den Augen der meisten Dinkelsteiner Garant für wirtschaftliche Stabilität und für die Bewahrung der Werte. Wenn Arthur Redmann im Stadtrat das Rederecht zugeteilt wurde, und er sich erhob, dann herrschte schon allein wegen seines imposanten Äußeren augenblicklich Ruhe, und wenn er dann mit seiner sonoren Stimme anfing zu reden, regte sich nichts mehr im Saal.

Viele seiner Zeitgenossen trauerten seiner Amtszeit im Stadtrat hinterher, als er mit Ende 50 aus Altersgründen ausschied, er war auch gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe.

Zu Hause fühlt er sich am wohlsten, wenn ihn seine Marga umsorgte und ihn bekochte. Dann zog er seine Anzugjacke aus, lockerte seine Krawatte und schlüpfte in seine Hausschuhe. Er nahm sich die Zeitung und setze sich mit ihr lange Zeit an den Tisch und las.

Nach dem Essen legte er sich nachmittags immer hin und schlief. Er durfte dabei nicht gestört werden, sonst würde er fuchsteufelswild, das bekam schon Paulo in seinen jungen Jahren zu Hause zu spüren.

Marga führte ein sehr zurückgezogenes Leben, war aber mit dem, was ihr geboten wurde, sehr zufrieden. Sie pflegte das, was man gemeinhin Hausfrauendasein nannte, dazu gehörten das Putzen und das Kochen. Aber diese Tätigkeiten bereiteten ihr sogar Freude, sie klagte nicht, sondern sang dabei sogar fröhliche Lieder.

Einmal in der Woche traf sie sich mit Freundinnen in der Stadt, und sie ging mit ihnen einkaufen. Wichtiger als der Einkauf war aber der anschließende Cafebesuch.

Jede nahm zu dem Kaffee, den sie sich bestellten, ein ordentliches Stück Torte und genoss es, es wurde dabei nicht ein Wort geredet. Wenn dann alle ihre Torte gegessen hatten, setzte aber eine Redeorgie ein, in der alles zur Sprache kam, was sich in der zurückliegenden Woche ereignet hatte. Doch während die anderen ihre Männer und deren Allüren vorführten, hielt sich Marga zurück, sie wollte nicht über ihren Mann lästern, weil sie es zu sehr achtete, was er tat. Dann sahen sich die Frauen eine ganze Woche lang nicht, mit Ausnahme des Wochenmarktes, den einige aufsuchten, bis sie wieder einkaufen und im Anschluss in das Café gingen.

Wenn allerdings jemand vorher Geburtstag hatte, wurde das natürlich gefeiert, und alle Frauen waren eingeladen. Man schenkte sich Pralinen oder Parfums, etwas, von dem jeder wusste, dass sich das Geburtstagskind darüber freute.

Um spätestens 19.00 h, war die Geburtstagsfeier immer zu Ende, dann gingen die Frauen wieder nach Hause.

Arthur wartete dann immer schon auf Marga, nicht, dass er ihr Vorwürfe machte, er wusste ja, wo sie gewesen war, aber er hatte Marga gern um sich.

Sie unterhielten sich dann über Margas Heimat, die in Ostpreußen lag, Arthur war während des Krieges in Ostpreußen und hatte Marga dort kennengelernt. Sie sind dann gemeinsam vor den anrückenden Russen nach Westen in Arthurs Heimatstadt gegangen.

Marga war in Ostpreußen die Tochter eines Gutsbesitzers und hatte ein sehr angenehmes Leben geführt, sie hatte ein eigenes Pferd und ritt jeden Tag mit ihm aus.

Sie konnte sich bei ihrer Flucht nicht mehr von ihren Eltern verabschieden, und sie wusste nicht, was aus ihnen geworden war, sicher sind sie während der Besatzung durch die Russen ums Leben gekommen.

Arthur hatte mehrere Male versucht, Kontakt zu der inzwischen russischen Heimatstadt Margas aufzusuchen, um zu erfahren, ob Margas Eltern noch lebten. Er hatte aber nie eine Rückantwort auf sein Gesuch hin erhalten. Von Fahrten nach Ostpreußen, die inzwischen angeboten wurden, hatten Marga und er Abstand genommen, Marga wollte ihre Heimat im Gedächtnis behalten, so wie sie damals, als sie floh, ausgesehen hatte.

Marga war für eine Frau recht groß, sie war 1.75 m und überragte damit ihre Freundinnen um Einiges. Auch waren ihre Freundinnen eher vollschlank, wie man ihre Leibesfülle freundlich umschrieb, während Marga schlank war. Nie aß sie im Übermaß, und das Stück Torte, dass sie sich einmal pro Woche gönnte, hungerte sie sich im Anschluss wieder herunter, bis ihre Waage das ihr genehme Gewicht anzeigte.

Dinkelstein war als Kleinstadt Ziel vieler umliegender Dörfer, weil sie trotz ihrer Kleinheit alles bot, was man zum Einkaufen benötigte. Es gab neben den gängigen großen Märkten und Discountern zusätzlich einige im Ort gewachsene Anbieter von Kleidung und Schuhen, darüber hinaus waren auch ganz alte Metzger und Apotheken in der Stadt ansässig.

Die Stadt wurde von der „Löhrallee“ durchzogen, welche die Hauptachse war, an der die wichtigen Geschäfte lagen. Etwa in der Hälfte ihrer Länge durch die Stadt gab es einen Kreisverkehr, von dem die „Bahnhofstraße“ zum Bahnhof und die „Pestalozzistraße“ zum Schulzentrum abzweigten.

In der „Bahnhofstraße“ gab es das Cinemaxx, ein Multiplexkino mit 6 Sälen, das gut besucht war, und vor allem von Jugendlichen frequentiert wurde.

Das Schulzentrum war mit seinem pädagogischen Zentrum, das ausreichend Platz bot und gleichzeitig Aula war, auch Kulturzentrum und Theater von Dinkelstein.

Auch in der „Bahnhofstraße“ lag das „Pulp“, eine Diskothek, zu der Jugendliche auch aus den Nachbargemeinden anreisten und sich vergnügten.

Am Beginn der Bahnhofstraße lag das „Café Klein“, dass einmal in der Woche von Marga Redmann und ihren Freundinnen besucht wurde, und das eine ordentliche Kuchenauswahl hatte.

Hinter dem Bahnhof floss zwischen den „Lörbergen“ und der Stadt die „"Hilme"“, ein gemächlich dahin plätscherndes Flüsschen, dass durchschnittlich 50 cm tief und 4 m breit war.

Am Stadteingang gab es ein Schwimmzentrum mit Hallenbad und Freibad, um dessen Errichtung sich zehn Jahre zuvor im Stadtrat die Gemüter erhitzt hatten, und wo sich Arthur Rebmann lauthals für dessen Bau stark gemacht hatte, obwohl der Bau Millionen gekostet hatte, und dessen Erhalt Unsummen verschlang.

„Aber“, so Arthur Redmann, „ein Schwimmzentrum gehört nun mal einmal zu einer Stadt von der Größe Dinkelsteins, und es erhöht deren Attraktivität!“

An der anderen Seite der Stadt lagen ein Umspannwerk und ein Sägewerk. Für den Betrieb des Sägewerkes war für die Zukunft an Wasserstoff gedacht, was besonders die Fraktion der Grünen im Stadtrat favorisierte. Dabei sollte der Wasserstoff mit Strom aus Windkraftwerken und Elektrolyse aus Meerwasser kostenlos gewonnen werden, er sollte dann über Pipelines oder Tankwagen auf Schiene oder Straße zu den Abnehmern geliefert werden.

Bei der Verbrennung des Wasserstoffs entstünde als Abfallprodukt nur Wasser und kein CO2!

Hinter dem Bahnhof gab es eine schmale Brücke über die „"Hilme"“, die von den Landwirten mit ihren Traktoren befahren wurde, wenn sie auf ihre Felder gelangen wollten. Auch Spaziergänger überquerten über sie den Fluss, wenn Sie den Wald an den „Löhrbergen“ erreichen wollten.

Die „Löhrberge“ waren ein Mittelgebirgszug, der an seiner höchsten Stelle 531 m maß, das war der „Schöngipfel“, und den zu erreichen setzten sich viele Dinkelsteiner besonders an Sonntagen zum Ziel.

Oben auf dem schön Gipfel gab es ein Restaurant mit Außenbetrieb und sonntags hat man Mühe, am frühen Nachmittag noch einen Platz zu bekommen. Der Betrieb ließ dann merklich zum Herbst und Winter hin nach, und der Strom der Restaurantbesucher verlagerte sich nach innen und war auch längst nicht mehr so stark wie im Sommer.

Am Mittwoch und am Samstag fand auf dem Marktplatz in der „Pestalozzistraße“ ein Wochenmarkt statt, zu dem Besucher aus Dinkelstein und allen Nachbardörfern erschienen. In aller Herrgottsfrühe begann um 6.30 h der Markt, und es dauerte bis 13.00 h, wenn die ersten Marktstände wieder abgebaut wurden.

Man sah auf dem Markt vor allem Hausfrauen in ihren Kitteln, die oft mit Fahrrädern angereist kamen, wenn sie aus Dörfern in der unmittelbaren Nachbarschaft stammten und eine Einkaufstasche mit sich trugen.

Im Laufe des Vormittags wurde es auf dem Markt so voll, dass man sich zwischen den Marktständen kaum bewegen konnte.

Als besondere Attraktion auf dem Markt galt der Fischstand, denn in Dinkelstein gab es nirgendwo sonst die Möglichkeit, frischen Fisch zu kaufen.

Real hatte den Versuch unternommen, donnerstags einen Fischwagen auf dem großen Parkplatz des Einkaufsmarktes zu postieren, das aber mangels Nachfrage dann wieder aufgegeben.

Auf dem Wochenmarkt haben sich viele, nur um ein Quätschchen zu halten, und Marga Redmann ließ sich auch dort blicken und kaufte ein. Wenn Sie auf eine ihrer Freundinnen traf, stellten sie sich an den Rand des Marktes und unterhielten sich, oft stieß eine weitere ihrer Freundinnen zu ihnen.

Nie gingen sie aber vom Markt aus ins Café, sondern sie packten die Sachen, die sie eingekauft hatten und gingen zu sich nach Hause.

Arthur Redmann war ein fleißiger Spaziergänger, an beinahe jedem Sonntag lief er mit Marga über die „"Hilme"brücke“, und steuerte den Wald an den „Löhrbergen“ an.

Von dort aus liefen die beiden auf den „Schöngipfel“ und fanden sich in Gesellschaft vieler anderer, die auch den Gipfel bestiegen.

Oben, vor oder in dem Restaurant, bestellte sich Arthur Redmann immer ein Viertel Weißwein vom Wein des Hauses, während Marga sich ein Kännchen Kaffee bringen ließ. Kuchen nahm sie keinen, ihr Mann ohnehin nicht.

Marga achtete auf ihre Linie, und ihr langte das Stück Torte völlig, das sie in der Woche mit ihren Freundinnen im Café aß.

Marga und Arthur Redmann wohnten von Anbeginn an in der Altstadt von Dinkelstein in Arthurs Geburtshaus. Dort war Platz genug für alle, als Paulo noch dort lebte. Er hatte ein großes Zimmer und konnte dort mit seinen Freundinnen und Freunden Partys feiern, ohne seine Eltern zu stören, im Sommer in dem riesigen Garten, der zum Haus gehörte.

Im Alter von 19 Jahren verließ Paulo sein Zuhause und ging zum Studium nach Hamburg, wo er an der Uni die Fächer Mathematik und Geschichte für das Lehramt an Gymnasien belegte. Nach seinem Referendariat in Hamburg hatte sich Paulo an sein altes Gymnasium in Dinkelstein versetzen lassen.

Er war während seiner ganzen Kindheit und Jugend in der Altstadt ein glücklicher Mensch gewesen, es wurden ihm zu Hause viele seiner Wünsche erfüllt.

Er hatte im Alter von 10 Jahren eine elektrische Eisenbahn zu Weihnachten bekommen die in jedem Jahr um weitere Teile ergänzt wurde, bis er eine stattliche Anlage hatte, an der er stundenlang saß und spielte.

Oft waren Freunde bei ihm und spielten mit, denn nicht jeder hatte eine elektrische Eisenbahn, weil die in der Anschaffung doch ihren Preis hatte.

Zu seinen Eltern hatte er ein sehr herzliches Verhältnis, besonders zu seiner Mutter, die nichts auf ihren Paulo kommen ließ.

Wenn er gegen 13.30 h von der Schule nach Hause gekommen war, stellte sie ihm sein Mittagessen auf den Tisch und setzte sich zu ihm. Dieses Ritual hatte sich Paulo eingeprägt, und er würde es nie vergessen, er musste dann erzählen, was er an dem Vormittag in der Schule erlebt hatte.

Marga heuchelte ihr Interesse nicht, wenn sie Paulo dazu aufforderte, sie ließ ihn spüren, dass sie wirklich wissen wollte, was er erlebt hatte, und Paulo merkte das.

Wenn Marga missgestimmt war, warum auch immer, ging er zu ihr, nahm sie seine Arme, und es dauerte nicht lange, und Margas Miene hellte wieder auf.

Seinen Vater bekam er nur selten zu Gesicht, außer am Wochenende, und da machte er ausgiebige Ruhepausen, in denen er nicht gestört werden wollte. Paulo begleitete seine Eltern sonntags immer auf den „Schöngipfel“, er durfte sich oben in dem Restaurant dann immer ein Stück Kuchen bestellen, dazu nahm er eine Limo.

Eine besonders schöne Zeit war für Paulo immer der Urlaub, den er einmal im Jahr mit seinen Eltern machte. ihr bevorzugtes Reiseziel war Juist, sie fuhren auch einmal in die Berge nach Österreich, aber das gefiel niemandem von ihnen, also blieb es bei Juist.

Auch eine Reise ins Ausland, nach Portugal, Italien oder Spanien wollte niemand von ihnen unternehmen, das hätte doch einen erheblichen Umstand bei der An- und Abreise bedeutet, den wollten sie nicht auf sich nehmen.

Sie nahmen auf Juist immer die gleiche Ferienwohnung, und der Vermieter kannte sie natürlich schon.

Als Jugendlicher hatte Paulo eine Freundin, die Anna hieß und in seine Jahrgangsstufe ging, sie kam vom anderen Ende der Stadt aus der Daimlerstraße, war aber mit ihrem Fahrrad in 5 Minuten bei ihm.

Paulo war während seiner gesamten Schulzeit ein Mädchenschwarm, sodass er mit 17 das schönste Mädchen des Gymnasiums zur Freundin hatte.

Er hatte das Gardemaß seines Vaters, allerdings nicht dessen Körperfülle. Er hatte brünettes Haar, das er mittellang trug, und er hatte eine athletische Figur.

Anna war für ein Mädchen auch recht groß, hatte blondes Haar, dass sie lang trug, und beide trugen sie immer Jeans und T-Shirts wie ihre Altersgenossen.

Marga war beinahe ein bisschen eifersüchtig auf Anna, gönnte aber auf der anderen Seite Paulo sein Glück.

Als Paulo zur Universität nach Hamburg und Anna nach Münster ging, trennten sich die beiden voneinander, was nicht ganz schmerzfrei über die Bühne ging, beide kamen aber schnell über die Trennung hinweg.

Paulo war zu Hause ausgezogen, und das machte Marga am meisten Kopfzerbrechen wie allen Müttern, deren Kinder nach langen Jahren schließlich das Haus verließen. Aber Paulo kam am Anfang noch an jedem Wochenende nach Hause und brachte seiner Mutter eine Tasche Schmutzwäsche zum Waschen mit.

Marga verwöhnte ihn dann mit allem, was das Herz begehrte. Sie stellte sich in die Küche und zauberte für ihn ein fantastisches Essen und Paulo genoss seinen Status als Student.

Er ging in Dinkelstein ins „Pulp“ und traf dort seine alten Schulkollegen.

Und wenn es am Sonntag wieder Abschied nehmen hieß, war bei Marga kein Halten:

„Heute musst du wieder zurück, versprich mir, dass du am nächsten Wochenende wiederkommst!“, sagte sie mit Tränen erstickter Stimme zu Paulo, und Paulo nahm sie in seine Arme und drückte sie an sich.

„Natürlich komme ich am nächsten Wochenende wieder“, sagte Paulo, „wer soll mir denn sonst meine Wäsche waschen?“

So spielte sich während der ersten Semester ein Wechsel zwischen Studium und Nachhausefahren ein, mit dem sowohl Paulo als auch Marga gut zurechtkamen. Dann aber, so etwa im vierten Semester, lernte Paulo auf einer Hochschulfete Sara kennen und lieben.

Er tanzte mit ihr und merkte gleich, dass das etwas anderes war als das Gezappel, das er mit anderen Mädchen auf der Tanzfläche vollführte.

Wenn Blues getanzt wurde, legte Sara ihren Kopf an Paulos Schulter und schmiegte sich an ihn, und Paulo legte seine Arme um sie und zog sie zu sich.

Sara und Paulo küssten sich innigst, Sara ging auch mit auf Paulos Zimmer, das er im Wohnheim hatte, und Paulo ging auch mit zu Sara. Dort liebten sie sich und standen stundenlang nicht aus ihren Betten auf, sie lagen eng umschlungen und drückten sich.

Sara war ähnlich wie Anna und hatte auch langes blondes Haar, sie gefiel Paulo auf Anhieb, nicht aber wegen der Ähnlichkeit zu seiner ersten großen Liebe.

Sara war ein grundsolider Mensch und verlässlich, dass merkte Paulo sofort, sie war im 4. Semester wie Paulo und studierte auch auf Lehramt für Gymnasien, sie hatte Französisch und Geschichte belegt.

Sara kam aus Hildesheim und war in den ersten Semestern auch an jedem Wochenende nach Hause gefahren und hatte dort ihre Schmutzwäsche von ihrer Mutter waschen lassen. Als sie aber mit Paulo zusammen war, wurde es seltener, dass die beiden nach Hause fuhren, und sie wuschen ihre Wäsche in der Waschmaschine, die im Keller des Wohnheims stand.

Wenn sie überhaupt nach Hause fuhren, wechselten sie zwischen Hildesheim und Dinkelstein, und Paulo war bei Saras Eltern sehr willkommen, die froh waren, ihre Tochter in den Armen eines soliden jungen Mannes, wie Paulo einer zu sein schien, zu wissen.

Sara hatte noch eine jüngere Schwester, Evelyn, die noch in das letzte Schuljahr ihres Gymnasiums ging.

Dann fuhren sie nach den Dinkelstein und wurden dort auf das Gleiche hervorragend beköstigt wie bei Saras Eltern.

Im Sommer lief Sara mit auf den „Schöngipfel“ und genoss es, durch den Wald zu laufen, sie freute sich dann immer auf das Stück Kuchen, dass sie sich im Gipfelrestaurant aussuchen durfte.

Marga war wieder beinahe eifersüchtig auf Sara wie damals auf Anna, das Gefühl war aber nicht mehr so ausgeprägt, sie fand sich schließlich damit ab, dass Paulo seine eigenen Wege ging.

Sie mochte Sara sehr, und das galt umgekehrt genauso.

Paulos Vater blieb immer ein Stückchen außen vor, aber Sara baute auch zu ihm ein gutes Verhältnis auf.

„Wie läuft es denn so mit Eurem Studium?“, fragte er die beiden schon mal, und Sara antwortete dann:

„Wir müssen in einem Jahr beide unseren Bachelor machen, bevor wir dann den Master anhängen.“

Damit gab sich Paulos Vater zufrieden und fragte nicht weiter nach.

Marga spürte, dass sich bei ihrem Sohn und dessen Freundin etwas anbahnte, etwas Festes, in die Zukunft Weisendes.

Als Sara und Paulo am Sonntag wieder abgereist waren, sprach Marga mit ihrem Mann darüber:

„Arthur, ich glaube, dass sich zwischen Sara und Paulo etwas Ernstes anbahnt, was denkst du darüber?“

„Ich sehe das genauso wie Du, wollte aber erst Dein Urteil darüber abwarten!“, antwortete Arthur.

Sara absolvierte ihr Referendariat auch in Hamburg mit Paulo zusammen und ließ sich danach nach Feldstadt in die Nachbarstadt von Dinkelstein an das dortige Gymnasium versetzen.

Die beiden liebten sich wie am ersten Tag und zogen zusammen, Paulo kaufte ein Haus auf dem „Sonnhügel“ in Dinkelstein.

Sie hatten ein Reihenhaus mit nicht zu großem Garten, denn Gartenarbeit mochten sie beide nicht so gerne.

Ansonsten führten sie ein geordnetes Leben in Dinkelstein und Paulos Eltern kamen gelegentlich vorbei, wie sich auch Saras Eltern hin und wieder blicken ließen.

Sara und Paulo schlossen Bekanntschaft mit all ihren Nachbarn und lebten sich auf dem „Sonnhügel“ ein, und eines Tages war Sara schwanger.

Diese Nachricht schlug bei Saras und Paulos Eltern ein wie eine Bombe, und sie sahen sich augenblicklich schon als Großeltern, die mit ihrem Enkelkind über den „Sonnhügel“ spazierten.

Aber Sara stand erst am Anfang ihrer Schwangerschaft, und Paulo war außer sich vor Freude über seine kommende Vaterschaft.

Alles stand danach im Zeichen von der Geburt des Kindes.

Sara und Paulo dachten von da an in Kategorien, wie es werdende Eltern taten, das hieß, dass sie sich am Abend hinsetzen und Namensbücher durchgingen. Namen wie Arthur, Fritz, wie Saras Vater hieß oder Paulo für Jungen schieden nach ihrer Meinung vollkommen aus, und auch Marga, Sara oder gar Erica, wie Saras Mutter hieß, kamen für Mädchen nicht in Frage.

Sie ließen sich von Bekannten und Freunden Namen nennen und sprachen über sie, sie verglichen diese Namen immer mit Menschen die diesen Namen trugen, und die sie kannten, und wenn der oder die Betreffende sympathisch war, kam der Name in die engere Wahl, falls nicht, wurde er fallen gelassen.

Auf diese Weise bekamen Sara und Paulo Namen zu Gehör, von denen sie vorher noch nie gehört hatten. Sie schoben die Entscheidung für einen Namen immer weiter vor sich her, bis Sara im 5. Monat schwanger war, aussah wir eine wandelnde Kugel, und sie immer noch keinen Namen hatten.

Das Besondere an Sarahs Schwangerschaft war, dass sie von Zwillingen entbunden werden sollte, weshalb sie so sehr an Körperumfang zulegte. Es sollten zwei Jungen werden, für die dann die Namen gefunden werden mussten, und sie einigten sich schließlich auf Ben und Joshua. Beide Namen fanden Zuspruch bei ihren Eltern, und auch Evelyn fand diese Namen akzeptabel, wobei sie als Schwester der Mutter natürlich um ihre Meinung gebeten worden war.

Für Sara und Paulo bedeutete die Nachricht von den Zwillingen, dass sie für die Zimmerauswahl für ihren Nachwuchs ganz neu disponieren mussten, es mussten dann zwei Zimmer her, die ihr Haus aber hergab.

Alles, was sie im Vorfeld schon eingeplant hatten, musste doppelt beschafft werden. Aber so viel Zeit hatten sie noch, dass sie neu planen und sich auf die neue Situation einstellen konnten.

Als Marga einmal zu Besuch war, sagte sie:

„Wer hätte gedacht, dass du gleich Zwillinge bekommen würdest, Sara, ich kenne aus meiner näheren Verwandtschaft niemanden mit Zwillingen.“

„Ich bin schon sehr gespannt auf die Erfahrung mit den beiden ich kenne auch in meinem Bekanntenkreis niemanden mit Zwillingen, Paulo und ich werden dann zu einem Großeinkauf fahren, ich denke, dass wir zu IKEA nach Feldstadt gehen werden“, antwortete Sara.

„Sagt mir Bescheid wenn ihr fahrt, ich komme dann mit, wenn ich darf, vielleicht kann ich kleine Tipps geben“, sagte Marga.

„Natürlich kannst du mitkommen“, antwortete Sara, „Paulo wird sich freuen, wenn er das erfährt.“

Sara und Paulo waren beide 29 Jahre alt und damit in dem Alter, in dem man eine Familie gründen konnte. Beide hatten sie den Wunsch geäußert, zu heiraten, es gab eigentlich keinen Grund, aber sie machten es eben. Das Standesamt beraumte einen Hochzeitstermin an, und sie feierten mit beiden Familien im Ratskeller in der Altstadt von Dinkelstein.

Das war das erste Mal, dass die beiden Familien aufeinandertrafen, und sie waren sich auf Anhieb sympathisch.

Paulos Vater hatte den Ratskeller reserviert und alle dorthin eingeladen, er hatte ein opulentes Hochzeitsessen bestellt.

Sara und Paulo waren dann ein Ehepaar, und Sara behielt ihren Namen Klute als Zusatz sie hieß dann Klute-Redmann, der Familienname sollte aber Redmann sein.

Sie unterhielten sich beim Essen über die eigenen Hochzeiten, und wie lange die schon zurück lagen, Evelyn musste von ihrem Gymnasium berichten. Dann erzählte Sara:

„In vier Monaten ist es soweit, dann kommen Ben und Joshua zur Welt, und bis dahin müssen wir alle Sachen zusammen haben, die wir benötigen.“

„ihr müsst unbedingt an Spieluhren über den Wickelkommoden denken!“, sagte Saras Mutter.

„Und ihr müsst Heizstrahler installieren, damit sich Eure Jungen nicht erkälten, wenn sie gewickelt werden!“, sagte Marga.

„Nächste Woche fahren wir zu IKEA, dort kaufen wir alles, was wir brauchen“, sagte Sara.

Sie sind im Anschluss noch alle mit zu Marga und Arthur gegangen und haben sich im Wohnzimmer hingesetzt, Marga und Arthur hatten vorher ausreichend Stühle besorgt, damit auch jeder einen Platz bekam. Arthur hatte von seinem guten Wein auf den Tisch gestellt, es gab aber auch Kaffee, Bier, Schnaps und Wasser. Sie machten nicht mehr allzu lange, weil die Hildesheimer noch eine Stunde Rückreise vor sich hatten.

Am frühen Abend fuhren Sara und Paulo zum „Sonnhügel“ zurück und gingen früh zu Bett.

„Jetzt sind für Mann und Frau“, sagte Paulo zu Sara, und Sara küsste ihn.

In der darauffolgenden Woche fuhren sie mit Marga nach Feldstadt, um zu IKEA zu gehen, Arthur war zu Hause geblieben, weil er sich nicht ganz wohl fühlte. Feldstadt war von Dinkelstein aus gut zu erreichen, man verließ die Stadt nach Westen über die „Löhrallee“ und war nach 8 km in Feldstadt.

Feldstadt hatte die Einrichtungen, die man in einer Großstadt fand wie Kreishaus, Krankenhaus, in dem Sara später gebären würde und eben IKEA.

Feldstadt war Kreisstadt und hatte etwas über 100.000 Einwohner, das Autokennzeichen des Kreises war FE.

Die drei hatten am Donnerstagmorgen eine Zeit erwischt, in der bei IKEA nicht allzu viel los war, das merkten sie schon, als sie auf den riesigen Parkplatz fuhren und nicht alle Parkboxen belegt waren, wie sonst immer. Sie liefen gleich in die Abteilung für Babymöbel und suchten sich Wickelkommode, Schränke, Heizstrahler, Spieluhren und Kleinigkeiten aus, weil sie alles zweimal kaufen mussten kam ein ganz schöner Berg an Sachen zusammen, und sie überlegten nicht lange und nahmen den Lieferservice in Anspruch.

Sara musste langsam laufen und geriet schnell außer Atem, Marga und Paulo stützten sie als sie durch die langen Gänge in dem Kaufhaus liefen. Schließlich setzten sie sich in das Restaurant und nahmen sich Kaffee und Kuchen von der Theke.

„Ihr müsst euch noch einen Kinderwagen zulegen, einen für Zwillinge!“, sagte Marga und Sara antwortete:

„Wir können, wenn wir hier fertig sind, zum „Babyparadies“ fahren, ich weiß, wie man dahin kommt.“

Also fuhren sie, nachdem sie bei IKEA eingekauft hatten, zum „Babyparadies“ und schauten sich Zwillingskinderwagen an.

Sie entschieden sich für ein Modell mit längs angeordneten Sitzen, weil diese Kinderwagen nicht so breit war, und man deshalb mit Ihnen durch enge Hindernisse fahren konnte. Gleichzeitig hatten Freunde ihnen gesagt, dass sie darauf achten sollten, dass die Räder am Kinderwagen nicht zu klein waren, damit sie auf losem Untergrund nicht stecken blieben.

Sie nahmnen ein Modell, das ihnen zugesagte, und Paulo verstaute es in seinem Wagen.

„Damit haben wir für heute aber erst einmal genug eingekauft!“, sagte Paulo, und Sara und Marga gaben ihm recht.

Sie fuhren wieder nach Dinkelstein und Paulo machte noch einmal Kaffee.

„Wenn ich dir irgendwie helfen kann, Sara, beim Kochen, Putzen oder Waschen, dann musst du mir nur Bescheid sagen!“, sagte Marga.

„Ich danke Dir, aber noch kann ich alles machen wenn auch langsam“, antwortete Sara.

Daraufhin brachte Paulo seine Mutter nach Hause, und kurz nachdem er auf dem „Sonnhügel“ zurück war, ging das Telefon:

„Paulo, Vater geht es sehr schlecht, komm doch bitte schnell vorbei, ich habe schon den Notarzt verständigt!“, sagte Marga.

Paulo sagte Sara Bescheid und machte auf dem Absatz wieder kehrt, um zu seinen Eltern zu fahren.

Er kam gerade als er Notarzt seinen Vater auf eine Bahre legen und in den Krankenwagen schieben ließ.

„Wir müssen ihn nach Feldstadt ins Krankenhaus bringen!“, sagte der Notarzt und war schon mit dem Krankenwagen verschwunden.

Marga stand in ihrer Haustür und weinte und Paulo ging zu ihr und nahm sie in seine Arme, er drückte sie an sich und sagte:

„Im Krankenhaus ist er in guten Händen, sie werden ihn dort schon wieder auf Vordermann bringen!“ Er ging mit seiner Mutter ins Haus und sagte ihr:

„Du kommst heute Abend mit zu uns, pack bitte ein paar Sachen für dich zusammen, morgen früh fahren wir zum Krankenhaus!“

Marga tat schließlich, was Paulo verlangt hatte, und stand dann abfahrbereit mit einer Tasche im Wohnzimmer.

„Nimm Vaters und deine Papiere, Geld und die Haustürschlüssel mit!“, sagte Paulo, und als seine Mutter alles beieinander hatte, gingen sie zu Paulos Wagen und fuhren zum „Sonnhügel“.

„Was ist mit Vater?“, fragte Sara sofort und Paulo antwortete:

„Er ist gerade nach Feldstadt zum Krankenhaus gebracht worden, Mutter und ich fahren Morgen früh hin und schauen, wie es ihm geht!“

Sara sagte zu Marga:

„Setz dich erst einmal hin und trinke einen Cognac, und sie schenkte ihrer Schwiegermutter einen Schwenker ein. Marga trank den Schnaps, kam aber nicht zur Ruhe. Als sie dann früh ins Bett gegangen waren, wälzte sich Marga auf der Wohnzimmercouch hin und her und fand keinen Schlaf. Marga machte in der ganzen Nacht kein Auge zu und stand wie gerädert am nächsten Morgen wieder auf.

Paulo und sie fuhren in der Früh ohne Frühstück nach Feldstadt zum Krankenhaus und ließen sich an der Pforte das Zimmer von Arthur nennen, nachdem sie sich dort ausgewiesen hatten.

Sie fuhren mit dem Lift hoch auf die Etage, auf der Arthur lag und klopften an seine Zimmertür, als sie keine Antwort erhielten, öffneten sie die Tür und fanden Paulos Vater an Schläuche angeschlossen. Sein Blutdruck wurde überwacht und sein Puls permanent gemessen, er war aschfahl im Gesicht und sah aus wie ein Häufchen Elend. Marga konnte kaum die Fassung bewahren, so sehr nahm sie der Anblick mit, und kurze Zeit später erschien der Stationsarzt auf Arthurs Zimmer.

Er ging zu Marga und rückversicherte sich, dass sie Frau Redmann war, dann sagte er hier:

„Frau Redmann, es sieht mit ihrem Mann nicht gut aus, er hat Lungenkrebs in fortgeschrittenem Stadium, und wir geben ihm noch höchstens vier Wochen!“

Marga ließ sich auf einen bereitstehenden Stuhl fallen und fing an zu weinen, Paulo war bei ihr und hielt ihre Hand.

„Sind Sie mit ihrer Diagnose absolut sicher?“, fragte Paulo den Stationsarzt.

„Absolut!“, antwortete dieser.

Paulo und Marga blieben eine Zeit lang bei Arthur, Paulo sah aber, dass er nichts tun konnte, er wusste nicht einmal, ob sein Vater sie überhaupt wahrnahm.

Er drängte dann seine Mutter, mit ihm zu kommen und ging mit ihr zu dem Krankenhauscafe und ließ sich zweimal Frühstück geben. Marga saß wie versteinert und wollte nichts essen aber Paulo forderte sie auf:

„Du musst essen, damit du bei Kräften bleibst!“ Marga nahm dann ein Brötchen und bis ein Stück ab, aber Paulo insistierte:

„Iss weiter, wenigstens ein bisschen musst du essen!“

Und Marga zwang sich ein Brötchen hinein und trank auch eine Tasse Kaffee dazu.

„Gehen wir noch einmal zu Vater, bevor wieder nach Hause fahren?“, fragte Paulo sie dann, und Marga wollte noch ein Blick auf ihn werfen, bevor sie wieder nach Hause fuhr.

Sie würden in der kommenden Zeit an jedem Tag nach Feldstadt fahren, um ihn zu sehen, Paulo würde Marga bringen.

Als sie auf dem „Sonnhügel“ angekommen waren sah Sara schon an ihren Gesichtern, dass sie nichts Gutes zu erzählen hätten, und Paulo berichtete hier von der Krebsdiagnose des Stationsarztes.

„Das ist ja schlimm!“, rief Sara aus und kümmerte sich um Marga, die schweigend auf einen Wohnzimmerstuhl gesunken war.

„Er wird schon wieder gesund werden, wir fahren jeden Tag nach Feldstadt!“, sagte Sara, was ich in diesem Moment aber nicht so sicher, ob das auch wirklich stimmte.

Sie und Paulo bemühten sich, Marga auf andere Gedanken zu bringen indem sie sie mit Aufgaben betrauten, die bei Ihnen anfielen wie Kochen zum Beispiel.

Aber Marga war in Gedanken immer bei Arthur und hatte die Krebsdiagnose des Stationsarztes im Hinterkopf.

Am nächsten Nachmittag fuhren Paulo und sie, nachdem Paulo seinen Unterricht beendet hatte, nach Feldstadt und besuchten Arthur.

Als sie sein Zimmer betreten lassen, lag er unverändert regungslos in sein Bett, das Gesicht eingefallen und blass. Sie blieben eine Zeit lang bei ihm, und Marga hielt seine Hand. Es wurden Kaffee und Kuchen gebracht und Marga nahm den Kuchen und wollte Arthur füttern, sie merkte aber gleich, dass er den Kuchen nicht essen wollte.

Als der Stationsarzt ins Zimmer kam, begrüßten sie sich, und Marga fragte ihn, ob Arthur überhaupt äße.

„Das ist das große Problem mit ihrem Mann, wir werden bei ihm, wenn sie wieder gegangen sind, eine Magensonde legen und ihn künstlich ernähren“, sagte der Arzt.

Marga sah ihn mit großen Augen an, und er sagte:

„Machen Sie sich darüber keine Sorgen, das ist ein ganz normaler Vorgang, wenn die Patienten nicht essen wollen oder können, legen wir Ihnen eine Sonde.“

Marga und Paulo verabschiedeten sich wieder von Arthur bis zum nächsten Tag, und als sie auf dem Flur waren, sagte Marga:

„Das macht mir aber doch Sorgen, dass sie ihm eine Magensonde legen!“, aber Paulo antwortete:

„Du hast doch gehört, das ist ein ganz normaler Vorgang, und du brauchst dich darüber nicht aufzuregen!“

In Wirklichkeit sah Paulo schon der Tod seines Vaters kommen, so wie sie ihn in seinem Zimmer liegen gesehen hatten, apathisch, geistig nicht anwesend und scheinbar willenlos hatte er sich im Stillen von der Welt verabschiedet.

„Was mache ich bloß allein mit meinem großen Haus?“ fragte Marga auf der Rückfahrt plötzlich im Auto, und Paulo dachte nach.

„Da werden wir schon eine Lösung finden!“, antwortete Paulo. Er überlegte, wie es wäre, wenn Sara und er zu seiner Mutter zögen, ihr Haus auf dem „Sonnhügel“ würden sie wieder verkaufen und wären auf Anhieb schuldenfrei.

Zu Hause besprach er seine Gedanken mit Sara, und Sara gab ihr Einverständnis zum Umzug.

„Wenn es so schlecht um deinen Vater steht, sollten wir an deine Mutter denken und sie nicht allein lassen!“, so Sara. Es dauerte dann nur noch eine Woche und Sara und Paulo erhielten einen Anruf vom Krankenhaus aus Feldstadt.

„Es tut uns leid, ihnen mitteilen zu müssen, dass ihr Vater in der letzten Nacht verstorben ist!“ Diese Nachricht traf sie alle zunächst einmal sehr, besonders Paulo Mutter fing sofort an zu weinen und hörte erst einmal nicht mehr auf. Paulo tröstete sie und sagte:

„Liebe Mutter, Vaters Tod trifft mich genauso wie Dich, aber wir müssen in die Zukunft sehen!“, und er erzählte seiner Mutter, was er sich überlegt und schon mit Sara besprochen hatte. Augenblicklich hörte Marga auf zu weinen und war gefasst, Paulo drückte ihre Hand und sah ihr ins Gesicht:

„Alles wird wieder gut!“, sagte er. Aber Marga fiel es sehr schwer, mit dem Tod ihres Mannes zurechtzukommen, sie war einerseits relativ gut gestimmt, was ihre Aussichten für die Zukunft anbelangte, andererseits aber auch von tiefer Trauer befallen.

Paulo kümmerte sich gemeinsam mit ihr um die Bestattungsformalitäten und setzte gemeinsam mit dem Bestatter einen Beerdigungstermin fest. Marga und er schrieben an alle Bekannten und Verwandten und luden sie zur Beerdigung ein, sie gaben eine Große Annonce im „Dinkelsteiner Anzeiger“ auf, in der sie auch Ort und Zeit der Beerdigung hingewiesen, die Beerdigung sollte drei Tage später an einem Freitag stattfinden.

Besonders nahestehende Bekannte und Verwandte sollten sich im Anschluss im „Ratskeller“ zu einem Kaffeetrinken einfinden.

„Ich habe in meiner Größe gar nichts anzuziehen!“, rief Sara aus und Marga antwortete ihr:

„Das macht doch nichts, jedermann kann doch sehen, dass Du schwanger bist und deshalb nichts Passendes anzuziehen hast!“

Am Freitagmorgen war zunächst ein Trauergottesdienst angesetzt, und die Kirche war voll. Neben den Hildesheimern waren vor allem alle Stadtoberen anwesend, denn Arthur war ein bekannter Mann gewesen. Sie gingen zu Marga und Paulo und kondolierten, am Schluss erschien der Pfarrer und sprach ihnen sein Beileid aus.

Dann nahm jeder in der Kirche Platz und der Gottesdienst begann, der Pfarrer war an einem der letzten Tage bei Paulo und hatte einige Höhepunkte aus Arthurs ereignisreichem Leben notiert, die flocht er in seine Predigt ein und sprach sie besonders an. Als die Predigt beenndigt war, ging der Bürgermeister von Dinkelstein nach vorn und hielt eine Rede auf Arthur, er stellte ihn als grundsoliden und anständigen Menschen dar, und er hob einige Höhepunkte aus Arthurs Abgeordnetendasein hervor.

Nach dem gemeinsamen Vaterunser gingen die gesondert Geladenen in den Ratskeller und setzen sich zu Kaffee und Kuchen zusammen.

Marga saß vor Kopf, und Paulo saß neben ihr und tröstete sie.

Nach 2 Stunden wurde das Kaffeetrinken schließlich aufgehoben, und Saras Vater kann nach vorn zu Marga, er sagte ihr:

„Liebe Marga, wir haben deinen Mann ja gerade noch kennengelernt und gleich gemerkt, dass er ein sehr feiner Mensch gewesen war.“ Er legte dabei seine Hand auf Margas Schulter und umarmte sie leicht zum Abschied, dann fuhren sie zurück nach Hildesheim.

Als sie Beerdigungsfeierlichkeiten vorbei waren, gingen Marga, Sara und Paulo zum „Sonnhügel“ setzen sich ins Esszimmer. Paulo holte für jeden etwas zu trinken und schnitt das Thema „Umzug in die Altstadt“ an.

Marga ergab sich sofort ganz offen und forderte Sara und Paulo geradezu auf, ihr Vorhaben auch in die Tat umzusetzen.

„Ich habe doch Platz genug, ihr könnt euch im Haus ruhig ausbreiten und habt noch Zimmer für Eure Kinder. Ich werde mich mit einem Zimmer bescheiden, das riesige Wohnzimmer können wir ja gemeinsam nutzen, aber ich brauche es nicht, wie gesagt, ich habe ja ein Zimmer!“, sagte Marga.

„Wir müssen erst einmal bei dir räumen und Sachen, die du nicht mehr brauchst, auf den Sperrmüll werfen auch wenn du glaubst, dich nicht von bestimmten Dingen trennen zu können, gib dir einen Ruck und leg die Sachen heraus!“, forderte Paulo Marga auf.

„Wir müssen unsere Möbel ja auch unterkriegen!“, warf Sara ein. Marga sah die beiden an und nickte mit ihrem Kopf.

Am nächsten Tag fuhren Sara und Marga mit Saras kleinem Wagen in die Altstadt und sahen sich in dem riesigen alten Haus um, sie kamen am Ende auf so viele Altmöbel und abgenutzte Sachen, dass Sara sagte:

„Ich denke, wir sollten eine Firma mit dem Ausmisten betrauen, wir allein kommen da nicht zurecht, zumal ich mich kaum noch richtig bewegen kann!“ Marga ging zu den alten dunklen Schränken und zu den Sofas, den alten Schabrackensesseln und strich mit einer Hand über die zum Teil kostbaren Möbel.

„Ich denke, du hast Recht, das hier im Wohnzimmer ist ja nur ein Teil des Mobiliars, Dinge, von denen ich mich nicht lösen kann, räumen wir in den Keller, aber sieh Dir nur den alten Sekretär an!“, und sie stand neben dem wuchtigen Möbelstück, „den hat Arthur früher immer zum Arbeiten benutzt, er stammt auch von seinen Großeltern, hat also schon einige Jahre auf dem Buckel.“

„Marga, auch der Sekretär muss weg oder in den Keller“, erwiderte Sara, „wir können jetzt nicht die Geschichte eines jeden Möbelstücks rekapitulieren.“

Marga und sie liefen durchs ganze Haus und besahen , was weg musste, und was bleiben konnte. Sara griff zum Telefon und rief eine Entrümpelungsfirma an, die es in Feldstadt gab, und die mit einem Lkw kommen wollte.

Dann gingen die beiden Frauen daran, ein Zimmer für Marga auszustaffieren, und sie nahmen den Raum neben dem Wohnzimmer, der eine ausreichende Größe hatte.

Sie räumten das Zimmer zunächst ganz leer und machten es dann sauber.

Es lag in der ganzen unteren Etage Parkett, bis auf die Küche und das Badezimmer.

„Ich finde, dass du einen schönen Teppich in dein Zimmer legen solltest!“, schlug Sara vor, und Marga nickte dazu.

Die Wände waren mit Raufaser beklebt, sodass man sie nur streichen musste, das würden Sara und Marga zusammen machen.

Als sie in dem leeren Zimmer standen, machten sie Pläne, wie das Zimmer einzurichten wäre, und Marga wies zunächst ihrem Bett einen Platz zu. Dann sahen sie eine Sitzecke vor, wo sie auch Margas Fernseher hinstellen würden. Es gäbe dort eine Couch, einige Sessel und einen Tisch, dann müsste auch ein Schrank in das Zimmer.

Es blieb noch ausreichend Platz in dem Raum, Marga hütete sich aber davor, ihn zu voll zu stellen, sie könnte nach und nach noch ein paar Kleinigkeiten im Zimmer postieren.

Die Gästetoilette, die sich neben Margas Zimmer befand, sollte zu einem Badezimmer vergrößert werden, das nur für Marga reserviert wäre. Dazu sollte die Wand zu dem kleinen Abstellraum daneben herausgenommen werden.

Am frühen Nachmittag kam Paulo aus der Schule in die Altstadt, und er sah sich in dem alten Haus seiner Mutter um.

„Wie ich sehe, habt ihr schon ein Zimmer leergeräumt, das soll wohl dein Zimmer werden, Mutter?“, fragte Paulo.

„Das Gästeklo nebenan soll zu einem Badezimmer erweitert werden! “, sagte Sara, „und Marga und ich haben eine Entrümpelungsfirma bestellt, die sich um die ganzen alten Sachen kümmern soll, was Marga behalten will, kommt in den Keller.“

„Der Raum hier muss gestrichen werden“, sagte Paulo, „ich fahre zum Baumarkt und hole die nötigen Sachen!“

Und noch am selben Tag strichen Marga und Sara das Zimmer, während Paulo durchs Haus lief und alte Sachen ausmusterte. Es gab das eine oder andere Stück, dass er für wert befand, aufgehoben zu werden und das er, wenn er konnte, in den Keller brachte.

Am Abend, als sie fertig waren, fuhren sie wieder zum „Schönhügel“ und beim Abendessen sagte Marga:

„Ich freue mich, in der Altstadt weiter mit euch wohnen zu können!“

„Wir freuen uns auch!“, sagte Paulo.

„Sara, du musst morgen früh einen Umzugswagen für übermorgen bestellen!“, fuhr Paulo fort.

„Ist gut“, sagte Sara, „das mache ich, wir können morgen mit unserem Auto ja schon einmal Kleinzeug rüberfahren!“

„So wie ich das gesehen habe, sind alle Räume mit Raufaser tapeziert, sodass wir einen Anstreicher bestellen können, der die Räume weiß streicht, auch muss jemand kommen, der das Gästeklo zum Badezimmer erweitert, ich kenne da jemanden in Dinkelstein, um den ich mich augenblicklich kümmern werde“, sagte Paulo.

Sara war vier Monate vor dem Geburtstermin von Ben und Joshua, der würde um den 20. November liegen, sie fühlte sich relativ gut, und konnte, wenn auch mit Einschränkungen, noch gut zulangen.

Am nächsten Tag fuhren sie wieder mit ihrem Kleinwagen in die Altstadt rüber, und sie begannen, Margas Zimmer einzuräumen. Zwischendurch tätigte Sara zwei Anrufe zur Umzugsfirma und zu einem Anstreicher.

Sie nahm sich einen Einkaufszettel für IKEA und schrieb drei kleine Sessel darauf, die Couch auch den Tisch und den Schrank nahmen sie von den alten Möbeln.

Du brauchst auch noch eine Lampe für die Sitzecke und eine Deckenlampe!“, sagte Sara und schrieb die Lampe auf den Zettel. Als sie soweit alles hingestellt hatten, meinte Marga:

„Ich würde gerne in die Mitte des Zimmers und neben den Tisch einen Teppich hinlegen“, und Sara schrieb Dinge auf.

Sie gingen im Anschluss in die anderen Räume und notierten die Möbel, die die Entrümpelungsfirma nicht mitnehmen sollte. Paulo hatte da schon vorgesiebt und Möbel, die aufbewahrt werden sollten, gekennzeichnet.

Sara und Marga schnappten sich dann jeder eine Leiter und nahmen die Deckenlampen ab, die zum Teil sehr altmodisch aussahen und legten sie zur Seite. Dann gingen sie an die Fenstervorhänge und nahmen auch die herunter, sie hingen schon seit Jahren vor den Fenstern. Sie würden für neue Gardinen Stoff bei IKEA kaufen, ebenso wie neue Deckenlampen, und Sara schrieb alles auf ihren Zettel.

Am frühen Nachmittag erschien Paulo, und er war bei dem Mann, der das Gästeklo ausbauen sollte und hatte mit ihm einen Termin vereinbart.

„Ihr wart ja so richtig fleißig“, sagte er und begutachtete Margas Zimmer.

Sara und Paulo wollten sich eine komplett neue Küche zu legen und würden sie bei IKEA kaufen und von IKEA-Leuten aufbauen lassen. Sie liefen zu Margas alter Küche und Marga sagte:

„Das ist meine alte Küche, sie ist so ungefähr 30 Jahre alt, zum Teil haben Arthur und ich noch Sachen vom Vorbesitzer übernommen, die demzufolge noch viel älter sind.“

„Das muss alles raus und durch neue Küchenmöbel und -geräte ersetzt werden!“, sagte Paulo.

Es gab in der Küche auch nicht ein Teil, das sie übernehmen wollten, sicher hatte der Gasherd schon beinahe antiquarischen Wert, aber wem nutze das, wenn er möglicherweise den modernen Sicherheitsbestimmungen nicht mehr genügte? Eine Spülmaschine hatte Marga gar nicht, sie hatte die bei paar Dinge, die Arthur und sie an Geschirr und Besteck benutzt hatten, immer von Hand abgespült, was für die beiden sicher ausreichend war.

Wenn die alten Küchenmöbel raus transportiert worden wären, müsste man auch mal sehen, ob die alten Leitungen noch in Ordnung wären, die müssten die IKEA-Leute in Augenschein nehmen.

Sie würden die Großgeräte wie Kühl/Gefrierkombination, Spülmaschine, Mikrowelle und Herd/Backofen auch bei IKEA kaufen und sich von den IKEA- Leuten beraten lassen.

Dann liefen sie zu den Räumen, die einmal Kinderzimmer werden sollten und da war klar, dass sie komplett neu möbliert werden müssten, und Sara schrieb auf ihren Einkaufszettel noch Lampen und Teppiche für die Kinderzimmer, dazu Kinderbetten und Bettwäsche.

Und schließlich waren sie im Schlafzimmer von Marga und Arthur, und da müsste alles auf den Sperrmüll und durch die Schlafzimmermöbel ersetzt werden, die sie in ihrem Schlafzimmer auf dem „Sonnhügel“ hatten.

Kleinmöbel, die sie aussortiert hatten und aufbewahren wollten, brachten sie in den Keller.

Der Keller war von Marga und Arthur eigentlich nie genutzt worden, nur die Gasheizung belegte einen Raum. Früher belegten sie zwei weitere Räume mit Koks für die Kokszentralheizung, danach wurden diese Räume für zwei große Öltanks gebraucht und mit der Gasheizung, die Marga und Arthur zehn Jahre zuvor hatten einbauen lassen, standen diese Räume leer.

Marga, Sara und Paulo stellten die Sachen, die sie aufbewahren wollten, in diese Räume und mussten sehen, dass sie sie nicht schnell voll gestellt hatten.

Am späten Nachmittag machten sie Schluss und fuhren zum „Sonnhügel“ zurück.

Sara war mit der Entrümpelungsfirma so verblieben, dass sie am Vormittag käme und mit der Umzugsfirma, dass sie ihre Sachen vom „Sonnhügel“ am Nachmittag in die Altstadt brächte.

Der Anstreicher würde unabhängig von den beiden Firmen arbeiten können, und der Mann, der das Gästeklo erweitern sollte, käme irgendwann, so wie Paulo es mit ihm verabredet hatte.

Sara, Marga und Paulo aßen das letzte Mal auf dem „Sonnhügel“ zu Abend, danach wohnten sie in der Altstadt in der „Herrengasse“.

Die beiden Frauen waren am nächsten Morgen schon um 8.00 h in der Altstadt und warteten auf die Entrümpelungsfirma, die kam pünktlich und die Männer fingen auch gleich an, die alten Sachen in den Lkw zu laden. Auch brachten sie die Dinge, die verwahrt werden sollten, in den Keller, um die Mittagszeit war das Haus ganz leer.

Sie hatten in der Küche ein paar Dinge so belassen, wie sie waren, vor allem Kühlschrank, Herd und Sitzmöbel.

Sara fuhr dann mit Marga zu IKE und kaufte die Dinge, die auf ihren Einkaufszettel standen, und dann nahm Sara Paulos größeren Wagen für die Sessel, die sie in Margas Zimmer stellen wollten und fuhr noch einmal zurück.

Um 14.00 h kam der Umzugswagen zum „Sonnhügel“, und die Männer luden in Windeseile alles in ihren Lkw und brachten die Sachen zur „Herrengasse“, dort stellten sie sie ins Haus und hatten damit ihren Auftrag erledigt. Nach langem Hin und Her hatten sich Marga, Sara und Pauo darauf verständigt, dass der alte Sekretär in Margas Zimmer käme, mit der Hilfe der Männer brachten sie ihn hinüber.

Am Abend war die Hauptarbeit vollbracht, die alten Möbel waren durch die Entrümpelungsfirma entsorgt und die Umzugsmöbel vom „Sonnhügel“ in die „Herrengasse“ gebracht worden.

Sie richteten Saras und Paulos Schlafzimmer ein, damit sie dort auch übernachten konnten. Margas Zimmer war ja soweit schon fertig, dass sie dort schlafen konnte.

Der nächste Tag war ein Samstag, und sie fuhren alle noch einmal zum „Sonnhügel“, um zu sehen, dass sie auch alles ausgeräumt hatten, dann ging es aber wieder zurück zur „Herrengasse“, und sie nutzten das Wochenende, um ihre Zimmer einzurichten.

Da IKEA am Samstag bis 20.00 h geöffnet hatte, fuhren sie noch einmal zu IKEA und kauften Kleinigkeiten wie Teppiche und Lampen, vor allem aber machten Sara und Paulo einen Termin für die Küchenaufstellung perfekt. Sie baten Marga, doch im Restaurant auf sie zu warten und gingen in das Küchenstudio, um sich beraten zu lassen. Sie entschieden sich schließlich das „Metod“-System, hielten sich aber offen für Ratschläge des Küchenservice, den sie in Anspruch nehmen wollten. Sie vereinbarten einen Termin, an dem die Küchenfachleute von IKEA erscheinen und die Küche aufstellen würden.

Es stellte sich heraus, dass die Küchenplanung mit so vielen Kleinigkeiten versehen war, an die man vorher gar nicht gedacht hatte, aber sie würden sie beim Treffen mit den IKEA-Leuten schon berücksichtigen.

So war ihr Aufenthalt im Küchenstudio doch von nicht zu langer Dauer, und Sara und Paulo gingen zum Restaurant, wo sie Marga trafen, die sich freute, nicht länger allein sitzen zu müssen.

Sie wollten zuerst essen und dann für Marga Lampen und Teppiche kaufen.

Gardinenstoff würde Sara in der Folgewoche auch bei IKEA kaufen, sie würde die Gardinen mit dem Saumband selbst kürzen.

Nachdem sie gegessen hatten, gingen sie zu den Lampen und kauften für Marga eine dimmbare Stehlampe und eine Deckenlampe. Danach kauften sie noch zwei Teppiche für Margas Zimmer.

Sie würden noch unendlich oft zu IKEA fahren und Kleinigkeiten kaufen, sie müssten sich zuerst einen Überblick verschaffen, was sie noch alles nötig hatten.

Sie verbrachten die folgenden Tage damit, die Räume einzurichten, und Margas Raum war der erste, der fertig war, und sie fühlte sich sehr wohl in ihm. Das Wohnzimmer bereitet ihnen mit seinen 45 Quadratmetern ein paar Schwierigkeiten, sie überlegten, ob sie es in einen Fernsehraum oder in einen Aufenthaltsraum verwandeln sollten, in dem man sich einmal hinsetzte und las.

Sie kamen überein, beides in dem Riesenraum zuzulassen. Sie postierten in eine Ecke Saras und Paulos Sitzmöbel, die sie auf dem „Sonnhügel“ in ihrem Wohnzimmer stehen hatten, daneben stellten sie Bücherregale mit den vielen Büchern, die sie, zum Teil ungelesen, hatten. Unter die Polstermöbel mit einem kleinen Tisch legten sie einen hellen Teppich.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes richteten sie eine Fernsehecke ein, ebenfalls mit Polstermöbeln. Das war die Grundstruktur des Wohnzimmers, an der einen Seite gab es einen Kamin, aber im Sommer brauchte man den nicht.

Auch die Kinderzimmer waren soweit fertig, es standen die Kinderbetten, die Schränke, die Wickelkommoden und Paulo müsste noch die Heizstrahler und die Spieluhren anbringen.

In den Räumen müssten noch Gardinen angebracht werden, und Sara und Marga sahen sich bei IKEA um, um schöne Stoffe zu bekommen.

So ergänzten sie peu a peu in den Zimmern das, was dort stand, mit ausgefallenen und attraktiven kleinen Dingen, sie mussten sich auch noch um Bilder kümmern, die sie an die Wände hängen konnten. Teilweise waren das Fotos aus eigenem Bestand, aber die großen Freiflächen im Wohnzimmer zum Beispiel verlangten schon nach ansprechenden Bildern.

Und wenn sie wirklich herausragende Bilder kaufen wollten, mussten sie schon in eine Galerie gehen oder Poster kaufen und sie in einem Passepartout bringen.

Sara konnte sich kaum noch richtig bewegen, und Marga und Paulo nahmen ihr alle schwere Arbeit ab, sie konnte nur noch mit Marga zu IKEA fahren und dort ganz gemächlich die langen Gänge entlang laufen.

Als die IKEA-Leute wegen der Küche in der „Herrengasse“ waren, zeigte sich deren handwerkliches Können, sie nahmen Maß, legten Steckdosen, befanden die vorhandenen Leitungen für gut, auch die Gasleitung und machten Einrichtungsvorschläge. Sie schlossen den Spülmaschinenabfluss an den Spülensyphon an und fertigten eine Skizze an, auf der man die endgültige Küche sehen konnte. Die Küche bot ausreichend Platz für alle, sodass sie dort essen konnten.

Dazu mussten sie aber einen Essplatz einrichten, und einen stabilen Tisch und solide Stühle besorgen. Sie ließen sich von den IKEA-Leuten etwas zeigen, was ihren Vorstellungen sehr entgegenkam. Sie bestellten die Sachen gleich und wollten sie sich anliefern lassen, genauso wie die anderen Küchensachen, die sie in Absprache mit den IKEA- Leuten auch noch bestellten.

Am Ende brauchten die IKEA-Leute drei Tage und die Küche war tipptopp aufgebaut, auch der Essplatz wirkte einladend.

Dass Letzte, was in der Küche montiert werden musste, war das Licht, sie nahmen neben einer Deckenlampe viele kleine Lichtquellen, die sie unter die Küchenschränke und auch am Essplatz anbrachten.

„Lasst uns doch unsere schöne neue Küche mit einem Essen einweihen, das wir zusammen zubereiten sollten, jeder kann nach zwei seiner Bekannten einladen!“, schlug Sara vor.

„Ich finde die Idee ganz ausgezeichnet, wir müssen überlegen, was wir kochen sollten, ich würde zwei meiner liebsten Freundinnen einladen!“, sagte Marga.

„Sara und ich können Freunde aus unseren Schulen einladen, vermutlich werden das aber schon Freunde von meinem Gymnasium sein, denn Sara wird ja jetzt eine ganze Zeit in ihrem Gymnasium fehlen“, sagte Paulo.

Sie saßen zu dritt an ihrem Esstisch und fühlten sich dort sehr wohl.

„Wir müssen noch ausreichend Stühle besorgen, damit auch jeder einen Platz hat“, sagte Sara.

Paulo sagte in seinem Gymnasium seinen beiden Freunden, an die er dachte, Bescheid und Marga unterrichtete ihre beiden Freundinnen, die auch immer dabei waren, wenn sie nach dem Einkaufen ins Café gingen und dort Torte aßen.

Alle dachten sie an drei Gänge, die sie zubereiten wollten: da war zuerst Saras Suppe aus Karotten, Lauch und Ingwer, als Nachtisch sollte es Eis mit geschmolzener Kuvertüre geben. Nur beim Hauptgang waren sie sich noch nicht einig, er sollte aber auf jeden Fall etwas Vegetarisches sein.

„Ich bin dafür das wir Pilzrisotto machen, dazu kann es frische Champignons und Steinpilze geben“, sagte Paulo.

„Ich schließe mich an, weil ich das Essen für ausgezeichnet halte, und sich unsere eingeladenen Gäste sicher darüber freuen werden!“, sagte Sara.

„Ich kenne euer Risotto gar nicht und mache aber mit!“, sagte Marga, „wenn es so gut ist wie ihr sagt, werden sich meine Freundinnen sicher auch freuen!“

Zum Nachtisch würde es Vanilleeis geben, wie man es in jedem Supermarkt bekam, und es würde als Soße Kuvertüre im Wasserbad erhitzt.

„Ich schlage als Termin für unser Essen den nächsten Samstag vor!“, regte Paulo an.

„Ist gut, dann lass uns den Samstag nehmen!“, sagte Sara.

„Ja gut, dann Samstag!“ , schloss sich Marga an.

Sie würden am nächsten Morgen ihr erstes gemeinsames Frühstück in der neuen Küche zu sich nehmen. Die nächste Bäckerei lag um die Ecke, und Paulo bot sich an, Brötchen kaufen zu gehen. Sara und Marga deckten den Tisch und kochten Kaffee, und sie zelebrierten ein gelungenes Frühstück.

Marga und Arthur hatten den „Dinkelsteiner Anzeiger“ abonniert, und Marga hatte das Abo beibehalten. Paulo sagte:

„Zu einem guten Frühstück gehört immer eine Zeitung!“ , und er nahm sich den Anzeiger und las ihn durch. Er hatte nicht die Erwartung, hohes journalistisches Niveau in seiner Zeitung vorzufinden, der Anzeiger bedeutete ihm aber ein Stück Heimatverbundenheit. Außerdem gab es auf seiner Rätselseite ein Sudoku, und das löste Paulo jeden Morgen für sein Leben gern.

„Was soll es zu unserem Essen zu Trinken geben?“, fragte Sara. Marga hatte noch aus Arthurs Beständen jede Menge Moselwein im Keller, den wollte sie anbieten. Paulo erwiderte aber:

„Zu einem italienischen Essen gehört auch ein italienischer Weißwein, biete du deinen Freundinnen den Moselwein an, ich besorge vier Flaschen „Pinot Grigio“! Ich selbst trinke ja nur alkoholfreies Bier, das besorge ich schon!“

Am Mittwoch begab sich Sara an die Suppe, sie hatte alle Zutaten, die sie für das Essen brauchte, bei Aldi und bei Edeka gekauft, die es beide in der Altstadt gab. Am Nachmittag hatte sie die Suppe fertig, und nachdem sie abgekühlt war, stellte sie sie in ihre neue Kühl/Gefrierkombination und fror sie ein.

Sara versuchte am Samstag auf dem Wochenmarkt die Pilze zu bekommen, und Marga begleitete sie dabei, und tatsächlich gab es neben den Champignons auch frische Steinpilze, weil sie gerade in der Pilzsaison waren.

So viel Arbeit gab es dann auch nicht mehr beim zubereiten des Risotto und Sara, Marga und Paulo waren um 18.00 h mit den Vorbereitungen fertig. Sie hatten ihre Gäste für 19.00 h eingeladen und in der Küche den Esstisch gedeckt und mit Blumen drapiert. Pünktlich um 19.00 h ging die Stelle und Margas Freundinnen kamen zuerst, nur ganz kurze Zeit später erschienen auch die beiden Kollegen von Paulo. Sie machten erst einen Rundgang durch das Haus und die drei Bewohner zeigten den Besuchern alle Zimmer und fanden bei Ihnen große Bewunderung.

Im ersten Stock lagen die Kinderzimmer und Saras und Paulus Arbeitszimmer, in dessen Mitte sie ihre Schreibtische längsseits aneinander gestellt hatten. An den Wänden standen Regale voller Bücher, ausschließlich Fachbücher. Um der trockenen Arbeitszimmeratmosphäre ein wenig Auffrischung zu geben, hatten sie eine große Zimmerpflanze an das Fenster auf den Boden gestellt.

Danach gingen sie alle in Margas Zimmer, und das war das Zimmer im Haus, das am meisten ins Auge stach, weil es vollkommen fertig eingerichtet war.

Margas Freundinnen, Kati und Elfi, lobten Marga wegen ihres Geschmacks beim Einrichten.

Danach gingen die vier in die Küche und setzten sich an den Esstisch.

„So, wer möchte etwas trinken, wir haben italienischen Weißwein, Moselwein, Bier und alkoholfreies Bier?“

Paulus Freunde, Frank und Bernd, nahmen jeder erst einmal ein Bier.

„Wir können ja zu Fuß nach Hause laufen“, sagte Frank.

Kati und Elfi nahmen Moselwein, genau wie Marga, und Sara und Paulo nahmen alkoholfreies Bier.

„Schön das ihr gekommen seid, ich möchte euch sagen, was es heute bei uns zu essen gibt: Karotten-Lauch-Ingwer-Suppe, ein Pilzrisotto und zum Nachtisch Eis mit heißer Schokoladensauce“, sagte Sara.

Das hört sich ja gut an!“, entgegnete Elfi und Sara und Paulo gaben jedem ein Schälchen Suppe. Der Ingwer gab der Suppe eine asiatisch anmutende Schärfe, und die wurde von allen bemerkt und positiv hervorgehoben. Paulo hob sein Bierglas und stieß mit allen an: „Sara und ich freuen uns und trinken mit euch auf einen gelungenen Abend!“

„Wer möchte denn noch ein Schälchen Suppe?“, fragte Sara, als alle ihre Suppe gegessen hatten, und alle vier Besucher nahmen noch ein Schälchen.

Sara hatte das Risotto in einer größeren Schüssel angerichtet und stellte sie mit einer Kelle auf den Tisch. Der Reis war bissfest und die Champignons gaben dem Gericht eine sehr schmackhafte Note, der absolut herausstechende Geschmack kam aber von den Steinpilzen, die unbedingt an das Gericht gehörten.

„Das Risottto ist Dir aber sehr gut gelungen!“, rief Kati aus, und alle pflichteten ihr bei.

Jeder nahm zweimal vor dem Gericht und alle lobten es nochmal wegen seines ausnehmend guten Geschmacks.

Noch einmal stießen sie miteinander an, als Frank und Bernd aber auf italienischen Weißwein schwenkten, und Paulo öffnete eine Flasche von dem „Pinot Grigio“ und schenkte jedem von beiden ein Glas ein.

Nachdem sie alle von dem Eis zum Nachtisch gegessen hatten, waren sie mehr als satt.

„Wie geht es dir in Deiner Schwangerschaft, Sara?“, fragte Elfi dann und Sara antwortete:

„Danke der Nachfrage mir geht es ausgezeichnet und ich hoffe, dass das in den zwei Monaten, die ich noch habe, auch so bleibt!“

„Ich weiß nicht, ob ihr Nachwuchs habt, Frank und Bernd, aber bei uns dreien sind die Schwangerschaften 30 Jahre und mehr her!“, fuhr Elfi fort.

„Nein, wir haben noch keinen Nachwuchs“, antwortete Bernd.

„Ein Nachwuchs sitzt hier am Tisch!“, sagte Paulo und legte seinen Arm um die Schultern seiner Mutter und Marga strahlte stolz.

Es war ein sehr heißer Samstag, und es hatte auch am Abend nicht wesentlich abgekühlt, sodass sie in der Küche alle Fenster geöffnet hatten.

„Bei den Temperaturen muss man unweigerlich an Klimaanlagen denken, die in den Baumärkten überall angeboten werden“, sagte Bernd.

„Die Tage, an denen es so heiß ist wie heute, kann man aber an einer Hand abzählen, und ich denke, wenn man abends die Fenster öffnet, kann man es doch ganz gut aushalten!“, entgegnete Paulo. Im Folgenden kamen sie auf ihre Wohnsituation in Dinkelstein zu sprechen. Kati und Elfi wohnten beide auf den „Sonnenwall“ am anderen Ende der Stadt, wären zu Fuß aber in 15 Minuten zu Hause.

Frank und Bernd wohnten in der „Kirchstraße“ auf der anderen Seite der „Löhrallee“, und hatten dort beide vor zehn Jahren Baugrundstücke gekauft, auf denen sie Einfamilienhäuser hatten errichten lassen.

„In Dinkelstein ist nicht allzu viel los“, sagte Kati, „aber wenn man einmal etwas unternehmen will, fährt man eben die paar Kilometer noch Feldstadt.“

„Meine Frau und ich gehen sehr oft in unserer Cinemaxx, dass bei uns um die Ecke liegt, wir besuchen auch relativ oft Veranstaltungen im Kulturzentrum, ich finde, dass dort einiges geboten wird!“, sagte Frank.

„ Meiner Ansicht nach muss sich jeder fragen lassen, ob er wirklich ein so hoch stehendes kulturelles Angebot braucht und auch ausnutzt. Ich meine, wenn ich aus der Zeitung etwas über ein mir zusagendes kulturelles Angebot erfahre, sei es nun Kino oder Theater, und ich komme in Dinkelstein nicht zurecht, dann fahre ich doch nach Feldstadt oder noch weiter!“, sagte Sara.

„Neben dem kulturellen Angebot einer Stadt gibt es aber noch weitere Faktoren, die sie lebenswert machen können, ich denke da an reduzierten Verkehrslärm, gute Ausstattung mit Geschäften, oder gute Luft!“, wandte Paulo ein.

„Genauso sehe ich das auch!“, sagte Elfi, „das sind doch Punkte, mit denen sich Dinkelstein brüsten kann, und in deren Genuss kommen wir alle.“

„Ich glaube, dass das Punkte sind, die für eine junge Familie, die wir bald sein werden, von besonderer Bedeutung sind!“, sagte Sara.

„Was nutzt uns denn das beste Kinoprogramm und herausragendste kulturelle Angebot, wenn unsere Kinder nicht mitspielen und ununterbrochen herumschreien, wir müssen zuerst an unsere Kinder und deren Wohlergehen denken!“, sagte Paulo.

Gegen 22.30 h beendeten sie den Abend und Kati und Elfi wurden von Paulo nach Hause gefahren, während Frank und Bernd liefen.

Sara und Marga räumten die Küche auf, und als Paulo zurück war, gingen sie schlafen. Am Sonntagmorgen machten Sara, Marga und Paulo einen Spaziergang durch die Altstadt, um sich einen Überblick über ihr näheres Wohnumfeld zu verschaffen, das Paulo zwar noch von früher her kannte, es hatte sich in der Zwischenzeit aber doch einiges verändert.

Am Nachmittag setzte sich Paulo zum Korrigieren an seinen Schreibtisch, während Sara und Marga in der Küche einen Kuchen backten.

In den Folgetagen und -wochen statteten sie das Haus mit den noch fehlenden Kleinigkeiten wie Bilder aus, und es rückte der Geburtstermin langsam näher.

Es war Mitte November geworden, und ein eiskalter Ostwind bestimmt das Wetter, der Bruch mit dem Sommer hätte gar nicht drastischer ausfallen können. Sara verbrachte die Zeit ausschließlich im Liegen, sie hatte sich die Couch im Wohnzimmer ausstaffiert und las dort, lediglich, wenn es etwas zu essen gab, stand sie auf und lief in die Küche.

Als sich bei Sara die erste Wehe bemerkbar machte, rief sie Paulo, der zum Glück zu Hause war, und fuhr mit ihm nach Feldstadt ins Krankenhaus, und sie begaben sich gleich in die Geburtsabteilung.

Dort machte man Sara für die Geburt fertig brachte sie in den Kreißsaal und legte sie auf die Liege. Eine Hebamme war bei ihr, und sie bat Paulo, der natürlich dabei war, Saras Hand zu halten, als es auch schon losging.

Die Hebamme rief den Gynäkologen, der sofort erschien, er begrüßte Sara und Paulo und besah sich Saras inzwischen doch riesigen Bauch.

„Geht es Ihnen gut?“, fragte er Sara und Sara antwortete:

„Von ganz kleinen Zipperlein abgesehen geht es mir sehr gut.“

„Dann wollen wir mal!“, sagte der Arzt und drückte vorsichtig auf Saras Bauch.

Bei Sara setzten die Wehen ein, zuerst in größerem Abstand, dann aber kurz aufeinander. Sara begann vor Schmerz zu schreien, was für die Hebamme und den Arzt eine völlig normale Regung war, womit Paulo aber nichts anzufangen wusste.

Die Hebamme sah ihm an, dass er schlapp zu machen drohte und sagte ihm:

„Jetzt quetschen sie nicht zu sehr die Hand ihrer Frau, und reißen sie sich zusammen!“

Paulo sah Sara ins Gesicht, es war völlig entstellt, und er bekam mit, wie Sara kämpfte, als sich wieder eine Wehenpause einstellte.

Sara gab ihre verkrampfte Haltung auf und ließ alle Glieder locker, sie entspannte scheinbar, dabei ließen die nächsten noch heftigeren Wehen nicht lange auf sich warten.

Paulo sah bei Sara, wie sich ihre Gesichtszüge wieder spannten, und wie Zuckungen durch ihren Bauch gingen, sie schrie wieder vor Schmerz, und Paulo sah die Hebamme und den Arzt an.

Die Hebamme aber sagte nur:

„Es läuft alles ganz normal, keine Sorge!“, Aber für Paulo war nichts normal, er hörte seine Frau nur schreien und konnte ihr nicht helfen, außer dass er ihre Hand drückte, Sara schrie immer lauter.

„Mein Gott“ dachte Paulo, „was muss Sara nur durchmachen!“

Bei Sara war es so, dass ein Kind in der optimalen Gebärlage war, während das andere vermutlich mit der Gebärzange geholt werden musste, von einem Kaiserschnitt sahen sowohl der Arzt als auch die Hebamme aber ab.

„Und jetzt pressen, pressen, pressen!“, rief die Hebamme und Sara wandte sich in ihren Wehen und presste. Aber es tat sich nichts, stattdessen gab es eine erneute Wehenpause.

„Kannst du noch, Sara?“, fragte Paulo seine Frau und er war sichtlich mitgenommen, was Sara ihm ansah und sie grinste flüchtig.

„Frau Redmann, sollen wir ihnen ein schmerzstillendes Mittel geben, es werden jetzt noch einmal heftige Wehen einsetzen, dann sollten Sie es aber geschafft haben!“, sagte der Arzt, aber Sara lehnte dankend ab.

Und dann setzten noch einmal Wehen ein, dieses Mal noch stärker und eigentlich nicht auszuhalten, Sara schrie wie verrückt, Paulo stand da mit weichen Knien, und er war verzweifelt, dass er nicht helfen konnte.

„Pressen, pressen, pressen!“, rief die Hebamme beinahe noch lauter als Sara, plötzlich sah man ein Köpfchen, und gleich griff die Hebamme nach dem Körper des Kindes und zog es heraus, das zweite Kind wurde mit der Gebärzange geholt, es musste zuerst in die richtige Lage gebracht werden, bevor es auch herausgeholt wurde.

Augenblicklich war Sara jeglicher Schmerz genommen, die Hebamme schnitt die Nabelschnüre durch und säuberte die Babys, danach legte sie sie auf Saras Bauch, die über alle Maßen glücklich dreinschaute, und Paulo küsste zuerst seine Frau und dann ganz vorsichtig seine Kinder.

Der Erstgeborene sollte Ben und der zweite Joshua sein, und beide bekamen ein Armband, auf dem ihre Namen und Geburtsdaten vermerkt waren.

Die Geburt hatte alles in allem 3.5 Stunden gedauert und lag damit absolut im Rahmen. Ben und Joshua lagen an Saras Busen und tranken, danach schliefen sie ein.

„Das hast du sehr gut gemacht, Sara!“, sagte Paulo und küsste sie. Danach wurde Sara die Nachgeburt entnommen, und sie wurde gewaschen bevor Ben und Joshua in ihre Stubenwagen gelegt und mit Sara auf ihr Zimmer gebracht wurden.

Paulo rief seine Mutter an und teilte ihr mit dass alles gut gelaufen wäre und Ben und Joshua nach 3.5 Stunden auf der Welt waren. Marga gratulierte ihrem Sohn und war glücklich, Großmutter geworden zu sein, er sollte schnell nach Hause kommen und ihr alles erzählen, vor allem sollte er aber Sara von ihr grüßen und auch sie beglückwünschen.

Sara müsste mit Ben und Joshua eine knappe Woche im Krankenhaus verbringen, bis sie und die Kinder stabil genug wären, um nach Hause zu können.

Paulo hielt sich 2 Stunden bei Sara und seinen Söhnen auf, dann verabschiedete er sich mit einem Kuss von allen dreien und machte sich nach Hause auf.

„Morgen kommen Marga und ich euch besuchen, es wird Nachmittag werden!“, sagte Paulo schon im Gehen.

Zu Hause in der „Herrengasse“ wartete Marga schon auf ihn, und er setzte sich mit seiner Mutter bei einer Tasse Kaffee in die Küche.

„Na, dann erzähl mal, wie deine Söhne so aussehen, und wie die Geburt verlaufen ist!“, forderte Marga. Paulo überlegte kurz, bis er antwortete:

„Ich hätte nie gedacht, dass die Frauen bei der Geburt so viel Schmerzen erleiden müssen, Sara hat mir richtig leid getan, meine Söhne sehen toll aus, du wirst sie ja Morgen sehen, aber frag mich nicht, wem sie ähneln, das musst du selbst entscheiden!“

„Da hast du ja auch einmal erlebt, was es für Frauen bedeutet, ein Kind zu gebären, als Du geboren wurdest, konnte Dein Vater nicht dabei sein, und ich war auf mich allein gestellt, heute ist für die Frauen so manches einfacher, wie ich glaube, aber das eigentliche Gebären ist das Gleiche geblieben!“, erläuterte Marga.

Paulo ging in die beiden Kinderzimmer hoch und kontrollierte, ob auch alles da war, was hinein- gehörte, er ließ die Spieluhren laufen und machte die Heizstrahler an, zum Schluss stellte er die Heizung auf mittlere Stufe, und als alles funktionierte, war er zufrieden und ging wieder nach unten. Seine Mutter hatte inzwischen ein Essen zubereitet, und sie setzte sich zu ihm, während er aß.

Er würde von da ab eine Woche lang mit ihr in dem Haus verbringen, aber das war für ihn kein Problem, er kam mit seiner Mutter gut zurecht.

Am nächsten Tag fuhr er mit ihr nach Feldstadt ins Krankenhaus, und als die beiden in Saras Zimmer kamen, lagen Ben und Joshua in ihren Stubenwagen und schliefen. Sara hatte die ganze Zeit den Blick auf sie gerichtet, Marga ging zu ihrer Schwiegertochter und gab ihr einen Kuss auf die Wange, sie sagte:

„Liebe Sara, ich weiß als Mutter, welche Schmerzen dir die Geburt bereitet hat, aber das Ergebnis ist einfach toll!“ Sie ging zu den Stubenwagen und betrachtete Ben und Joshua genau, sie berührte sie aber nicht, um sie nicht zu wecken.

„Ich finde, dass sie Arthur ähnlich sehen!“, sagte Marga danach und sah zu Sara und Paulo, die nur nickten. Paulo fand, dass es viel zu früh war, um irgendwelche Ähnlichkeiten mit jemandem festzustellen, behielt das aber für sich.

„Mit Ben und Joshua ist alles in Ordnung, der Arzt hat heute Morgen zusammen mit der Hebamme bei Ben und Joshua die U2 durchgeführt, sie waren beide sehr zufrieden mit dem Ergebnis!“, plötzlich ging bei Ben ein Zucken durchs Gesicht, und alle waren begeistert, das zu sehen.

Kurze Zeit später war bei Joshua die gleiche Gesichtsregung zu sehen, und wieder waren alle hingerissen.

Ben und Joshua waren eineiige Zwillinge und glichen sich bis auf das noch kaum vorhandene Haar.

„Bist du mit dem Aufenthalt hier im Krankenhaus zufrieden?“, fragte Paulo Sara und sie antwortete:

„Das ist doch völlig egal, Hauptsache den beiden kleinen gut, und ich bin ja auch nur sechs Tage mit Ben und Joshua hier, dann kommen wir nach Hause!“

„Klappt mit Deinem Milchfluss alles?“, fragte Marga Sara.

„Zum Glück funktioniert das Stillen ausgezeichnet und ich brauche keine Milchpumpe, die beiden werden immer satt,“ sagte Sara.

Marga und Paulo gegen nach 2 Stunden wieder und fuhren nach Hause, am nächsten Tag wollten sie wiederkommen.

Zu Hause drehte Paulo die Heizung eine Stufe höher, es war wirklich schneidend kalt geworden, und er wollte nicht, dass seine Söhne frören, wenn sie auf ihren Zimmern wären.

Marga und er verständigten alle Bekannten , dass sie nun Ben und Joshua hätten und glücklich wären. Die Hildesheimer kamen und wollten unbedingt zu Sara ins Krankenhaus, und Paulo fuhr mit ihnen noch mal dorthin. Evelyn war auch mitgekommen, und sie war gespannt darauf, ihre Neffen zu sehen. Als sie in Saras Zimmer waren, stürmten sie geradezu auf Ben und Joshua zu, sodass Paulo sie schon bremsen musste, damit die Kleinen nicht erschraken.

Saras Mutter war außer sich und herzte ihre Tochter, und Ben und Joshua bekamen Küsse von der Oma.

„Ich finde, sie haben große Ähnlichkeit mit deinem Großvater, Sara!“, sagte Saras Mutter.

Ben und Joshua bekamen natürlich die plötzliche Unruhe im Zimmer mit und fingen an zu nölen, Sara nahmen die beiden zu sich, und sie waren augenblicklich wieder still.

„Liebe Schwester, dass hast du dich aber sehr anstrengen müssen, um zwei so liebe Kinder auf die Welt zu bringen!“, sagte Evelyn.

Sie bekamen jeder eine Tasse Kaffee auf Saras Zimmer und hielten sich 2 Stunden dort auf, dann wurde es Sara und den Kindern aber allmählich zu wild mit dem Besuch, und die Hildesheimer machten sich auf und verließen Sara, Ben und Joshua wieder.

Sie fuhren mit zu Marga und Paulo und sahen so eigentlich zum ersten Mal das neue/alte Haus, in dem sie nun alle lebten.

„Meine Güte, das ist ja riesig!“, rief Saras Mutter, und Paulo führte sie durch alle Zimmer. Er fing oben an und zeigte den Hildesheimern die Zimmer von Ben und Joshua, es war angenehm warm geworden und Evelyn rief aus:

„Wie niedlich!“, als sie die Spieluhren und die Wickelkommoden sah. Dann gingen Sie in Saras und Paulos Arbeitszimmer und Saras Eltern besahen sich die vielen Bücher in den Regalen.

„Das müssen die Kinder also alles heute lernen!“, kommentierte Saras Vater. Als sie unten in Margas Zimmer standen, waren sie sehr angetan von dem guten Geschmack, den Sara beim Einrichten bewiesen hatte. Es stimmte aber auch alles im Zimmer von den Gardinen bis zu den Teppichen und der alte Sekretär kontrastierte sehr angenehm zu den modernen Sesseln.

Sie setzen sich danach in das große Wohnzimmer, und Marga brachte jedem eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen.

„Wenn Sara mit den beiden Kleinen in 6 Tagen hier erscheint, findet sie alles perfekt vorbereitet vor“, sagte Saras Mutter.

„Was haltet ihr davon, wenn ich für uns alle etwas zu essen bestelle?, fragte Saras Vater, und die anderen waren nicht abgeneigt. Also griff Paulo zum Telefon rief den Italiener an, den es in der Altstadt gab, und er bestellte Spaghetti Carbonara, Pizza Quattro Staggioni und Insalata Italia und das alles zweimal.

Er ging nach einer halben Stunde mit seinem Schwiegervater los und holte in der Pizzeria das Essen.

Zu Hause hatte er noch von dem „Pinot Grigio“, Marga spendierte eine Flasche Moselwein, und Paulo selbst nahm ein alkoholfreies Bier.

Dann setzen sich alle in die Küche an den Esstisch und aßen in gemütlicher Runde.

„Wenn Ben und Joshua alt genug sind, setzen wir sie in einen Klemmsitz, den wir an der Tischplatte befestigen, und wir setzen Sie zu uns an den Esstisch“, sagte Paulo.

„Bis dahin liegen sie auf dem Boden auf einer Decke und spielen mit ihren Greifspielzeugen“, sagte Saras Mutter, und sie gab Paulo schließlich das kleine Paket, dass sie die ganze Zeit mit sich herumtrug. Paulo nahm es und packte es aus, und er entnahm ihm Greifspielzeug für seine Kinder, von dem Saras Mutter gerade noch gesprochen hatte.

Sechs Tage später kam Sara schließlich mit Ben und Joshua nach Hause und Marga und Paulo, die sie vom Krankenhaus abgeholt hatten, machten glückliche Gesichter.

Marga hatte in der Küche eine warme Decke auf den Boden gelegt, und die beiden Kleinen lagen zufrieden dort und hatten ihr Greifspielzeug.

„Ich habe mich richtig nach meinem Zuhause gesehnt!“, sagte Sara und setzte sich an den Esstisch. Dann kam Paulos Part, und er ging mit ihr und seinen Kindern in deren Zimmer hoch und wickelte eines von ihnen, er musste das ja erst noch lernen, hatte aber den Bogen schnell raus, und Ben und Joshua lagen anschließend freudestrahlend in ihren Kinderbetten.

In der Zeit spielte sich ein Leben bei Ben und Joshua ein Leben ein, das von Leichtigkeit getragen war, für die beiden bedeuteten die Erwachsenen Sara und Paulo Fixpunkte in ihrer Wahrnehmung, besonders natürlich Sara.

Paulo Redmann

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