Читать книгу Kosmologisch - Harald Lesch - Страница 7
ОглавлениеKOSMO-LOGISCH
Alexander von Humboldts zentrales Werk heißt »Kosmos – Entwurf einer physischen Weltbeschreibung«. Grundlage waren 16 öffentliche Vorträge, die der Naturforscher im Winter 1827/28 im großen Saal der Berliner Singakademie hielt. Diese Vorlesungen zählen zu den Sternstunden der Geschichte der Wissenschaftspopularisierung oder der Public Understanding of Science, wie man heute sagen würde. Das Besondere an diesen Vorlesungen: Humboldt erreichte Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft. Das soziale Spektrum reichte vom Maurermeister bis zu König Friedrich Wilhelm III. Der Eintritt war frei. Auch einkommensschwache Bevölkerungsgruppen hatten so die Chance, sich mit den Ergebnissen naturwissenschaftlicher Forschung auseinanderzusetzen. Beispiellos: Die hohe Besucherzahl. Wie berichtet wird, konnten in jeder Vorlesung mehr als 800 Besucher, darunter auffallend viele Frauen, gesichtet werden.
Auch ein zeittypischer Macho-Witz machte die Runde: »Der Saal fasste nicht alle Zuhörer, und die Zuhörerinnen fassten nicht den Vortrag.« Darüber lachte »Mann« vor 200 Jahren.
Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769–1859)
Bildnachweis: Alexander von Humboldt, Gemälde von Joseph Karl Stieler, 1843, wikimedia, gemeinfrei
Humboldts Vorträge an der Singakademie bildeten die Grundlage für sein späteres Werk »Kosmos«, in welchem er schreibt: »Wissen und Erkennen sind die Freude und die Berechtigung der Menschheit.« Wissen und Erkennen – nicht als Produktionsfaktor, nicht als Ressource, nicht als Humankapital, nicht als individuelle Pflicht und Anforderung, für die Schule oder für das Leben lernen zu müssen, sondern als Freude und Berechtigung, weil es einfach schön ist, etwas zu erkennen, weil es Freude bereitet, an der Welt etwas besser zu verstehen.
Harald Lesch versucht, etwas von diesem humboldtschen Anspruch unter den Bedingungen der Wissensgesellschaft einzulösen. Wie kommt einer, der 1960 in Hessen als Sohn eines Gastwirts geboren wurde dazu, sich für Astrophysik zu interessieren?
Dazu eine Selbstauskunft:
»Als die Amerikaner auf den Mond geflogen sind, war ich neun.«
BILDNACHWEIS: Komplett Media
Ich bin 1960 geboren. Das heißt, als die Amerikaner auf den Mond geflogen sind, war ich neun. Und heute weiß man, dass Kinder in diesem Alter außerordentlich empfindsam sind für Richtungsentscheidungen. Wenn da was Wichtiges passiert in ihrem Leben, dann ist es das, was sie leiten wird. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der man der Technik viel zugetraut hat.
Die Zukunftsvisionen der 1960er-Jahre – wie es im Jahr 2000 aussehen wird – sind bombastisch gewesen. Ich war sehr von der amerikanischen Weltraumfahrt beeindruckt. Das hat mich schon sehr früh interessiert. Die Astronauten waren ja auch Helden, das waren Jungs, echte Bringertypen, würde man sagen. Die waren auch das, was man heute unter »cool« versteht. Das war einfach Klasse. Dass die zum Mond geflogen, da oben gelandet sind, das hat mich durchgeknetet bis zum Gehtnichtmehr. Natürlich wäre ich am liebsten Astronaut geworden, aber das hat nicht geklappt.
Da gibt es eine nette Anekdote am Rande: Ich hatte einen Brief mit Passfoto von mir an die NASA geschickt. Dazu muss man wissen, dass ich seit meinem dritten Lebensjahr eine Brille trage. Und die NASA schrieb tatsächlich zurück: Erstens nehmen wir keine deutschen Astronauten und zweitens keine Brillenträger. Damit war für mich der Fall erledigt. Sie empfahlen mir aber, ich solle doch dann Astronom werden. Ich habe mich dann relativ früh entschlossen, Physik zu studieren und muss sagen: Es war gut so.