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Krank im Kreuz – Einleitung
ОглавлениеEine bekannte Persönlichkeit erzählte bei gegebenem Anlass gerne die Geschichte, wie ihm sein Rücken zu schaffen machte. Er suchte einen Arzt auf, der ihm riet, heiße Tücher aufzulegen. Auf dem Weg nach Hause kehrte er zum Essen ein und Hans, der Oberkellner, riet ihm zu kalten Tüchern.
„Natürlich nahm ich kalte Tücher – und als ich den Arzt das nächste Mal traf und ihm erzählte, was ich getan hatte, schüttelte dieser den Kopf und sagte: ‚Komisch, der Kellner im Golfclub sagte mir, ich sollte heiße Tücher empfehlen‘.“
Über Rückenschmerzen gibt es eine Menge Geschichten und Witze, mehr wohl als über jede andere Erkrankung. Und von allen Krankheiten weist der Rückenschmerz vielleicht die ungewöhnlichsten üblen Eigenschaften auf.
Rückenschmerzen kommen fast so häufig wie gewöhnliche Erkältungen vor. Allein in Deutschland werden Tag für Tag weit über einhundert Personen mit dem Befund „Bandscheibenvorfall“ operiert.
Aber es bedarf keiner lebenslangen körperlichen Arbeit, um von Rückenschmerzen befallen zu werden. Dies kann auf die unterschiedlichste Art und Weise geschehen. Man müht sich vielleicht mit Gartenarbeit ab; oder hat beim Golfspiel einen Bilderbuchabschlag geschafft; oder man öffnet einfach ein Fenster; oder beugt sich nur vor, um den Schuh zuzubinden… Jedenfalls trifft es einen plötzlich und unerwartet.
Ein heftiger, stechender, ja qualvoller Schmerz. Bei jeder Bewegung – sofern man sich überhaupt noch bewegen kann – schmerzt es im unteren Rücken. Wir haben das klassische Bild einer spontanen Lumbago-Ischialgie vor uns.
Aber zumeist haben derartige Schmerzereignisse eine Vorgeschichte. Häufig sind dies unmerkliche Unterkühlungen im Bereich des unteren Rückens.
So geschehen bei der Gartenarbeit: Es ist warm, wir bücken uns, dabei verrutscht das Hemd leicht nach oben, der untere Rücken ist unbedeckt und es geht vielleicht noch ein leichter Wind.
Oder eine andere Situation: Wir sind bei Freunden zu einer Gartenparty eingeladen. Gegen Abend kühlt die Luft ab, wir frösteln etwas, halten es aber noch nicht für nötig, ein weiteres Kleidungsstück anzuziehen. Und schon kann es zu spät sein.
Ein weiteres Beispiel kann ungewohnte körperliche Arbeit sein, die unsere untrainierten Muskeln beansprucht; möglichst noch mit leichtem Schwitzen und anschließender Abkühlung der am Körper langsam trocknenden Wäsche verbunden.
Und – so sagen viele: Es ist einerlei, ob der Rücken dann gedehnt, ausgestreckt, eingesprüht und erwärmt, massiert oder sonst wie behandelt wird.
Von diesem Augenblick an hat man „es“. Der Schmerz mag nach einiger Zeit nachlassen. Aber Monate oder auch nur Wochen später beugt man sich zur Morgenwäsche über den Waschtisch im Badezimmer – und wieder ist es passiert.
Jetzt ist man offiziell ein chronischer Rückenpatient, einer von vielen Millionen.
Ja, Rückenschmerzen sind Mode, eine Krankheit, die „in“ ist. Mit dem Rückenschmerz ist es aufgrund einer herrschenden Vorstellung fast so, als ob jemand, der einmal daran leidet, immer daran leidet; und wenn man schon mit einer Krankheit leben muss, man auch stolz darauf sein kann.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist die Redensart, dass der Rückenschmerz dann unvermeidbar geworden ist, als der Mensch vor vielen Jahrtausenden lernte, auf zwei Beinen zu stehen, anstatt auf allen vieren zu kriechen. Aber offensichtlich muss die Lehre von der Unvermeidbarkeit mit einigem Argwohn betrachtet werden, da Millionen von Menschen durchs Leben gehen können, ohne jemals diesen stechenden Schmerz zu haben.
Eine andere verbreitete Ansicht ist, dass die moderne Medizin beim Rückenschmerz kein Stück vorangekommen sei. Die herrschende Meinung scheint zu sein, dass gegen chronische Rückenschmerzen keine wirksame Therapie existiere, dass es keine Methode zur Verhütung von Rückenschmerzen gebe, dass Rückenschmerzen zumeist das Resultat kaputter Bandscheiben seien. Und dies bedeute einen chirurgischen Eingriff und sei hoffnungslos.
Alles dies sind jedoch Falschaussagen.