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Einleitung

„Permanent geht es ums Geld: Bei so trivialen Vorgängen wie dem Bezahlen an der Supermarktkasse, beim Blick aufs Konto oder dem Planen.“

(Kremer, 2018)8

Geld, so wie wir es heute kennen, hat nach M. Miller9 3 grundsätzlich unterschiedliche Funktionen:

1 die Wertaufbewahrungsfunktion

2 die Wertmessungsfunktion und

3 die Zahlungsmittelfunktion.

In der Diskussion stehen diese Funktionen bereits bei Ökonomen der österreichischen Schule10 im Fokus. Miller weist nun zudem darauf hin, dass die Wertaufbewahrungsfunktion die wohl wichtigste Funktion ist, und sich in akuter Gefahr befindet. Es ist richtig, wenn er auch feststellt, dass es dabei keine Rolle spielt, ob Geld als Bargeld oder in Bits gespeichert und aufbewahrt wird. Dabei ist Kapital, das durch Akkumulation von Geld entsteht, nichts anderes als angesammeltes Bargeld und digital gespeichertes Geld, also eingesammeltes und dann gespeichertes Geld. Deshalb können Kreditkarten und Guthabenkarten, die auf gespeichertes Geld zurückgreifen, auch wie Geld eingesetzt werden. Die Aufbewahrung von Geld bei den Banken11 leidet natürlich, wenn Zinsen und Kostenrechnungen das Geld entwerten und damit das Geld selbst schneller an Wert verliert als der Rost das Eisen zerstört. Die Aufbewahrungsfunktion ist nun insofern auch eine Art Tausch, weil dabei nicht der aktuelle Wertetausch eine Rolle spielt, sondern der zeitversetzte Wertetausch. Die Wertbemessungsfunktion stellt hingegen einen Tauschwert im nichtrealen Raum dar, der allerdings im Tausch zwischen realer und irrealer Welt zu einem realen Tauschwert werden kann. Die irreale Welt ist bei genauerer Betrachtung auch nicht ganz so irreal wie auf den ersten Blick. Als irreal möchten wir hier all die Phänomene aufführen, die den physikalischen Zeitenraum zwar beeinflussen, aber in ihm vordergründig nicht real skalierbar sind.12

Das Kapital als real einsetzbares Tauschmittel scheint nun nicht nur für die Akteure an den Marktplätzen, vor allem den Finanzmarktplätzen, sondern auch für Ökonomen und Sozialphilosophen wie Marx13 und Piketty14 eine besondere Anziehungskraft auszuüben. Ohne Geld gäbe es aber das dabei angesprochene Finanzkapital überhaupt nicht, weshalb Geld doch zunächst anzusprechen ist. Kann man Kapital erklären und sogar die Gesetze des Kapitalismus herausarbeiten, ohne Entstehung und Funktion von Geld zu kennen und zu verstehen? Wohl kaum! Deshalb hier der Versuch, dies möglichst kompakt aufzuarbeiten!

Wenn der Ökonom Thomas Mayer in seinem Buch „Die neue Ordnung des Geldes“15 in der Einleitung davon ausgeht, dass in Podiumsdiskussionen, an denen er teilnahm, unter sogenannten Experten … „heillose Verwirrung über die einfachsten Begriffe herrschte“16, so ist es wahrlich vonnöten, diese Begriffe hier näher zu betrachten, zumal sich dieses Buch nicht so sehr an die Experten als vielmehr an den Normalbürger richtet. Dieser will doch endlich wissen, wie Geld und Kapital dazu herangezogen werden können, Wachstumsvorgänge in der Wirtschaft anzukurbeln, um so den Wohlstand zu mehren.

Was ist Geld? Das wäre damit die erste Frage, die es zu beantworten gilt. Die beiden Quellen, aus denen sich die Beantwortung ableiten lässt, sind nach Mayer in folgenden Auffassungen manifestiert: Für die einen ist Geld eine besondere Ware, die durch gesellschaftliche Konvention zu einem Mittel für den Tausch wirtschaftlicher Güter geworden ist. Für die anderen ist Geld nur ein Maß für die Schuld, in der wir Mitmenschen gegenüberstehen, die uns ein wirtschaftliches Gut überlassen haben.17 Vielleicht ist der Ausgleich einer Schuld in sakraljuristischer18 Sicht sogar der Ursprung des Geldes überhaupt19. Geld als Ware oder Geld als Schuld, damit sind zwei konträre Auffassungen auf dem Tisch zu dem, was Geld für die Menschen in der Regel zu sein scheint. Dem möchte ich eine dritte, eine vermittelnde Definition entgegenstellen: Geld hat sich zu einem Äquivalent für erbrachte Leistungen in der Form von Gütern oder Dienstleistungen entwickelt. Damit wird die Wertschätzung für diese Arbeitsleistungen zum Ausdruck gebracht, so dass dieses Geld selbst Schulden tilgen kann. Dabei entsteht immer ein Gläubiger-Schuldner-Verhältnis, selbst dann, wenn Ware und Geld gleichzeitig ausgetauscht werden. Gibt der Verkäufer eine Ware, zum Beispiel eine Schachtel mit Pralinen an den Käufer, so erwartet er dafür Geld vom Käufer. Der Verkäufer ist dabei der Gläubiger und der Käufer der Schuldner. Der Ausgleich wird mit Geld erzielt, in jedem Fall eine Art Schuldschein, der anschließend als Geld weitergegeben wird, um zum Beispiel damit Kakaopulver oder auch eine Zeitung einzukaufen. Als transferierbarer Schuldschein kann dieser Geldschein prinzipiell ewig im Umlauf bleiben, es sei denn, er enthalte eine aufgedruckte Markierung zur Entwertung. Das kann ein festgelegtes Datum sein oder auch nur der Registriercode, dem ein entsprechendes Datum unterlegt wurde, zu dem der Schein als Schuldschein ungültig wird, vielleicht, weil der Kredit dann fällig wird, oder auch die noch bestehende Schuld neu zu justieren ist. Mit der heute sehr verbreiteten Geldschöpfung durch einen Kredit ist auch das Datum für die Entwertung festgelegt, wobei in der Regel nicht genau der Schein zurückgegeben wird, der bei Kreditvergabe ausgezahlt wurde. Generalisierend kann also nur das nicht an einen Kredit gebundene Geld ohne ein offizielles Verfallsdatum sozusagen ewig im Umlauf bleiben.20

In der Folge stellt sich die Frage danach, was denn Kapital ist, und damit verbunden, was der Zins ist, den man für Geld und Kapital erwarten darf.

Gehen wir erst mal davon aus, dass Kapital durch die Akkumulation (Ansammlung) von Geld entsteht, so liegt der Gedanke nahe, dass Sparen die Grundlage für eine Kapitalbildung und die Kreditvergabe sei. Vielfach wurde nun der Zins auf zur Verfügung gestelltes Kapital als eine Belohnung für den damit verbundenen Konsumverzicht aufgefasst. Dieser Zins kann aber nur an der Knappheit des zur Verfügung stehenden Kapitals bemessen werden, wie dies schon Keynes aufzeigt. „Der Besitzer von Kapital kann Zinsen erhalten, weil das Kapital knapp ist, gerade wie der Besitzer von Land einen Pachtzins erhalten kann, weil das Land knapp ist“ (Keynes, 1974).21

Zu unterscheiden ist hierbei die künstlich erzeugte Knappheit durch Erzeuger und Händler von der natürlichen Knappheit der Ressourcen und aller anderen Waren, die ihren Wert nicht aus der Knappheit einer Arbeitsleistung erhalten, sondern aus einer Knappheit jenseits von Arbeitsleistungen. Keynes geht auf diese wesentliche Unterscheidung nicht ein, was zu Zeiten der 1. Industriellen Revolution und davor auch kein wirkliches Thema war, und zwar deswegen, weil natürliche Knappheit nicht generell, sondern nur eher marginal in begrenzten Bereichen vorlag. Dies hat sich bereits im Verlauf der 2. Industriellen Revolution geändert und wird erst im Zeitalter des Internets der Dinge sich grundlegend ändern. Je kapitalintensiver produziert wird und je mehr dieses Kapital auch entsprechende Erträge abwirft, umso mehr wird sich Kapital ansammeln und die Knappheit auflösen.

Kapital können wir nun auch als eine Ansammlung von Schuldscheinen betrachten, noch nicht eingelöste Schuldscheine, oder auch als einen Schuldschein, der vom Kapitaleigner über einen Kredit zu seinen Lasten entstanden ist, indem er Geld aus einem Kreditvertrag erhalten hat. Kapital muss demnach nicht aus einem Sparverhalten heraus entstehen, womit ein wesentliches Hindernis in Form der Knappheit nicht grundsätzlich beseitigt ist, aber doch nicht mehr in der bislang angenommenen Ausschließlichkeit vorliegt. Durch den Verlust der bisherigen Knappheit im noch näher zu erläuternden „Sicheren Geldsystem“ kann Kapital leichter bereitgestellt und damit auch eher Wachstum durch den Faktor Geld angestoßen werden.

Sowohl durch eine hohe Sparleistung wie auch durch billige Kredite kann die Knappheit des Kapitals abgebaut werden. Ist Kapital nicht mehr knapp, so sinkt die Bereitschaft dafür, hohe Zinsen zu zahlen bis hin zu dem Zeitpunkt, ab dem Kredite nur noch mit Nullzinsen unterzubringen sind. Die Bereitschaft, Kapital ohne Zinserträge herzugeben, kann jedoch nur mit entsprechenden Absicherungen gefördert werden. Fehlende Inflation ist zum Beispiel ein Anzeichen für den sicheren Rückerhalt langfristig bereitgestellter Gelder. Ebenso kann eine Einlagensicherung helfen Vertrauen zu schaffen, Vertrauen darauf, dass das geliehene Geld zurückgezahlt wird. Vertrauen und Sicherheit schafft aber auch eine privatrechtliche Absicherung durch Verträge, die eine Arbeitsleistung absichern, wie beim noch näher zu besprechenden „Sicheren Geld“.22

Im Regelfall sollte es in einem auf Krediten aufbauenden Geldsystem kein irgendwo gelagertes und aufbewahrtes Geld geben, da das im Umlauf befindliche Geld immer ein Schuldverhältnis darstellt. Aufbewahrtes Geld, das im Sparstrumpf steckt, ist vergleichbar dem Schuldschein in der Kommode, der nicht eingelöst wurde. Es gibt immer, wenn auch nur virtuell, einen Gläubiger und einen Schuldner. Erhalte ich bei einem Geschäftsvorfall 100 Euro als Entgelt für eine Ware, so bin ich der Gläubiger der Ware und mein Gegenüber, der mir dafür Geld gegeben hat, tritt als Schuldner auf, bis der Austausch der Ware gegen das erhaltene Geld dieses Schuldenverhältnis auflöst. Das Geld steht für einen Schuldschein, der mit Arbeitsleistungen oder Waren ausgelöst wird. Wird Geld dem Umlauf entzogen, so besteht das Schuldverhältnis dennoch weiter, außer der auf einer Banknote ausgewiesene Schuldwert wird per Deklaration oder Gesetz für nichtig erklärt.23 Genau diese Entwertung des Geldes per Deklaration oder Gesetz sollte bei einem abgesicherten Geld ausgeschlossen sein.

8 Geld regiert die Welt (Kremer, 2018).

9 Miller, 2017.

10 Geld ist nach Mises das allgemein akzeptierte Tauschmittel, in dem die anderen Funktionen aufgehen, also untergeordnet sind.

11 Hier soll der Einfachheit halber von Aufbewahrung gesprochen werden, obwohl genau betrachtet das Geld der Kunden nicht aufbewahrt, sondern geliehen ist, der Bankkunde leiht der Bank Geld.

12 Vor allem psychische und soziale Phänomene sind hier zu nennen, da diese den Handlungsraum der Menschen mitbestimmen, nicht aber in den drei physikalischen Raumdimensionen bestimmbar sind.

13 Marx, 1872.

14 Piketty, 2014.

15 Mayer, Die neue Ordnung des Geldes, 3. aktualisierte Auflage 2015 (2014).

16 Mayer, Die neue Ordnung des Geldes, 3. aktualisierte Auflage 2015 (2014), S. 12.

17 Mayer, Die neue Ordnung des Geldes, 3. aktualisierte Auflage 2015 (2014), S. 15.

18 sakraljuristisch = kirchenrechtlich in einem nicht auf ein bestimmtes Kirchenrecht bezogenes Recht, das sich aus der allgemein akzeptierten Moral, somit aus der Schuld den Göttern bzw. dem Gott gegenüber als dem Heiligen, Sakralen sich ableitet.

19 Höffe, 2017, 24. September: Der bestialische Ursprung des Geldes, ein Artikel, in dem Höffe die Geburt des Geldes in einen Entstehungszusammenhalt bringt mit der Tilgung der Schuld des Mörders gegenüber der Familie des Getöteten, nicht als Sühne oder Strafe, sondern als Ausgleich für entgangene Leistungen und als Ersatz für die dann nicht mehr notwendige Blutrache.

20 Ob die Rückführung der Kredite zu der notwendigen und erwünschten Verringerung der Geldmenge im derzeitigen System führt, das sollte durch die Kontrolle der Notenbank gesichert sein, kann aber hinsichtlich der Wirksamkeit bezweifelt werden.

21 Keynes, 1974 (5. Auflage, aus dem Englischen übersetzt von Fritz Waeger).

22 Möltgen, H.M., Dauerhaftes Wachstum, 2017!

23 Dies geschieht mit jeder Währungsreform und der Einführung neuer Zahlungsmittel.

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