Читать книгу Raumschiff Prokyon und die Kinder der Parallelwelt Raumschiff Prokyon #17 - Harvey Patton - Страница 7

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Ein Summer schnarrte, Carange beugte sich vor und schaltete das betreffende Bildgerät ein. Im Holokubus erschien das Abbild des Roboters, der im Funkraum des Raumhafens Wache hielt, er neigte den Kopf und meldete: »Die HORAK kehrt von ihrer Reise zur Welt der kosmischen Betrüger zurück, Herr. Ihr Funker hat soeben gemeldet, dass das Schiff in zwei Großzeiten hier auf dem Hafen niedergehen wird.«

»Hat er etwas davon gesagt, ob Lindlars Mission ein positives Ergebnis gezeitigt hat?«, erkundigte sich der Mann in der Zentrale gespannt. Der Maschinenmensch schüttelte den Kopf.

»Nichts dergleichen, Herr. Er lässt dir lediglich ausrichten, dass er dir gleich nach seiner Ankunft eingehend Bericht erstatten wird.«

»Dann kann ich mir schon vorstellen, was er zu sagen hat«, murmelte Carange mürrisch, schnippte mit den Fingern, und der Holokubus wurde wieder dunkel. »Oder siehst du irgendeinen Grund zum Optimismus, Varselia?«

»Kaum, so wie ich Lindlar kenne«, sagte die junge Frau mit dem kurzen, silbrigen Haar neben ihm. »Er gehört zu jenen atavistischen Typen, die auch dann noch nach einem Ausgleich suchen, wenn ihnen jemand den Kopf unter Wasser drücken will. Entsprechend wird auch das Ergebnis seiner Reise sein.«

»Trotzdem mussten wir ihn ausschicken«, erklärte der ältere Mann mit den scharfen Gesichtszügen. »Die Computer haben seine Person als die einzige bezeichnet, die ausreichend diplomatisches Geschick besitzt, wie sie es nennen. Eine etwaige Verhandlungslösung hätte uns, bei nur halbwegs annehmbaren Konditionen, doch mehr gebracht als jede andere, die uns bleibt.«

Varselia lachte sarkastisch auf.

»Das denkst du! Anfangs hätte es vielleicht so ausgesehen, aber auf die Dauer wären wir bestimmt wieder die Dummen gewesen. Diese Gauner sind so aalglatt und verstehen so geschickt zu formulieren, dass selbst die Computer nicht mehr mitkommen. Nein, ihnen muss eine Lehre erteilt werden, so gründlich, dass ihnen die Lust, andere zu betrügen, ein für allemal vergeht!«

Carange zuckte unbehaglich mit den Schultern und erhob sich.

»Vielleicht hast du Recht, aber noch wissen wir nicht definitiv, wie Lindlars Mission ausgegangen ist. Suchen wir also die Ratshalle auf, er wird sich vom Schiff aus direkt dort hinbegeben.«

Sie verständigten die übrigen Mitglieder des Zentralen Rates, und alle fanden sich in der Halle ein. Zwei Stunden oder Großzeiten später wussten sie genau, dass alles umsonst gewesen war.

Der Flug hatte nicht mehr eingebracht als die Erkenntnis, dass die betrügerischen Händler gar nicht daran dachten, auch nur im Geringsten von den früher ausgehandelten Verträgen abzugehen. Sie pochten auf ihre Rechte ohne Rücksicht darauf, dass dadurch die Wirtschaft eines ganzen Planeten praktisch ruiniert wurde.

»Sie waren so freundlich und höflich wie immer«, erklärte Lindlar und hob die Hände in einer mutlosen Geste. »Sie hörten mich zwar geduldig an, gaben mir dann aber lächelnd zu verstehen, dass sie uns in nichts nachgeben würden. Wir hätten seinerzeit ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, die Handelsverträge zu prüfen. Wenn wir es trotz der Computer nicht geschafft hätten, Schwachstellen darin zu entdecken, wären wir selbst schuld.«

Von den Ratsmitgliedern kamen zornige Ausrufe, doch Carange hob gebieterisch die Rechte und unterband den Lärm.

»Lindlar trägt keine Schuld an diesem Ergebnis, er hat bestimmt alles getan, was er konnte. Immerhin wissen wir jetzt genau, woran wir mit diesen Halsabschneidern sind, und entsprechend werden wir auch handeln. Wir werden ihnen beweisen, dass wir uns zu wehren wissen, und das soll schnell und sehr gründlich geschehen. Noch heute wird die Ausarbeitung der Pläne vollendet werden, und die Schiffe können spätestens übermorgen starten. Dann wird diesen Betrügern ihr ewiges Lächeln vergehen, mein Wort darauf!«

*

Die Schiffe schienen geradezu aus dem Hyperraum zu purzeln. Ihre Kursberechnungen waren mit größter Genauigkeit ausgeführt worden, denn ihr Pulk erschien nur knapp drei Millionen Kilometer vom Zielplaneten entfernt, über eine Distanz von weniger als zehntausend Kilometer im Quadrat verteilt.

Die Flotte war nicht groß, sie zählte nur insgesamt vierzig Einheiten. Doch die Schiffe waren Riesen, jeweils achthundert Meter lang und im Mittel halb so stark, und vorzüglich bewaffnet.

Letzteres bewiesen sie schon Minuten später.

Sie schwärmten sofort aus, rasten in einem Gewaltmanöver auf den Planeten zu und kreisten ihn ein. Einige in der Nähe befindliche Schiffe der Händler ergriffen schleunigst die Flucht und zogen sich in sichere Entfernung zurück. Atemlos und zitternd beobachteten ihre Insassen, was nun weiter geschah. Sie waren zwar gerissene Händler und gewissenlose Betrüger, aber Gewalt war ihnen weitgehend fremd.

Entsprechend schlecht war ihre Welt gegen diesen überraschenden Überfall gesichert. Die wenigen im Raum befindlichen Wachschiffe befanden sich draußen zwischen den äußeren Planeten, die übrigen blieben am Boden. Diese Vorsicht zahlte sich aus, denn dadurch entgingen sie der sicheren Vernichtung.

Nur die Raumforts im Orbit um den Planeten eröffneten sofort das Abwehrfeuer, nachdem ihre Besatzungen den ersten Schock überwunden hatten. Doch es gab nur insgesamt sechs von ihnen, und obendrein wurden ihre Gefechtsortungen durch einen Schauer von gerichteten Störimpulsen praktisch lahmgelegt.

Ihre Strahlschüsse gingen ins Leere, die der Angreifer trafen dafür um so besser. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie sämtliche Abstrahlpole der Forts zusammengeschmolzen, wobei aber sorgfältig darauf geachtet wurde, dass die Bedienungen nicht zu Schaden kamen. Dann öffneten sich die großen Schotte in den Hüllen der Raumer. Hunderte von Beibooten lösten sich daraus und schossen dem Boden des Planeten entgegen.

Sie landeten an allen wichtigen Punkten, und dann ergossen sich aus jedem etwa drei Dutzend humanoide Roboter. Sie waren, ebenso wie die sie befehligenden Raumfahrer, mit Kombiwaffen ausgerüstet, setzten jedoch die tödlichen Strahlen nur in Ausnahmefällen ein.

Lautsprecher rieten der Bevölkerung, keinen sinnlosen Widerstand zu leisten, und dieser blieb auch weitgehend aus. Wer sich aber doch den Invasoren entgegenzustellen versuchte, brach bald im Hagel von Paralysestrahlen zusammen. Als dann auch noch die großen Schiffe landeten, verließ auch die letzten Tollkühnen der Mut.

Die Planetarier verkrochen sich in alle möglichen Schlupfwinkel, der Weg für die Angreifer war frei.

Wie schon zuvor, gingen diese auch jetzt methodisch vor. Truppweise drangen sie in Produktionsstätten und Lagerhäuser ein, ließen die Dutzendware unberührt, raubten dafür aber große Mengen von wertvollstem technischen Material. Es wurde mittels der mitgeführten Transportplattformen in die Schiffe und Raumboote geschafft, ebenso viele private Kostbarkeiten.

Andere Gruppen hatten es auf die Computerzentralen der Händler abgesehen.

Jede moderne Zivilisation, die über einen bestimmten Punkt ihrer Entwicklung hinausgekommen war, konnte ohne die kybernetischen Helfer nicht mehr bestehen. Dabei war die Tatsache, dass sie alle nur möglichen Berechnungen innerhalb kürzester Zeit durchführen konnten, nur zweitrangig. Weit wichtiger war ihr Vermögen, Myriaden von Daten in vergleichsweise winzigen Kristallen zu speichern und auf Abruf wiederzugeben.

Kein menschliches oder sonst intelligentes Hirn konnte auch nur einen Bruchteil von dem behalten, was in den Speichersektoren eines einzigen Computers Platz fand. Sie nahmen die Essenz unzähliger Wissensgebiete in sich auf, sie »wussten« um viele Dinge, die nur für einen begrenzten Personenkreis bestimmt waren. Sie waren die Geheimnisträger dieser Zeit.

Das wussten auch die Angreifer, und nun rächten sie sich an den betrügerischen Händlern auch auf diesem Gebiet.

Ihre Erfahrungen mit Computern fußten auf einer Praxis, die vermutlich älter war als die Rasse ihrer Kontrahenten. Deshalb fiel es ihnen auch nicht schwer, alle Sicherungen und Sperrschaltungen zu überwinden. Als die Einsatzgruppen die Gebäude wieder verließen, blieben hinter ihnen geleerte Speicher zurück, deren Inhalt in die eigens für diesen Zweck mitgeführten Minicomputer überspielt worden war.

Der dadurch angerichtete Schaden musste unermesslich sein, aber genau das hatten die Invasoren gewollt. Sie hielten sich nur wenig länger als einen Tag auf dem Planeten auf, dann waren ihre Aktionen beendet. Aus sicheren Verstecken heraus beobachteten die bebenden Planetenbewohner, wie sich die Trupps aus Männern und Robotern zu den Booten zurückbegaben. Diese wurden bald darauf in die großen Schiffe eingeschleust, dann stiegen die Giganten wieder auf.

Schwer beladen traten sie die Rückreise an, und hinter ihnen blieb als Objekt ihrer gelungenen Rache ein gelähmter, weitgehend ausgeplünderter Planet zurück.

Daran, dass es einmal hätte soweit kommen können, hatte nie einer der gewieften Händler gedacht!

Sie hatten es zuvor stets nur mit Völkern zu tun gehabt, die ihnen zivilisatorisch unterlegen gewesen waren und gar nicht über Mittel verfügten, um sich an den Ausbeutern zu rächen. In diesem Fall aber hatten sie sich eindeutig übernommen, und die Opfer hatten gewaltsam zurückgeschlagen, und dieser Schock saß tief.

*

Groote Eylandt, Galaxy-Bar

»Endlich!«, sagte Taff Bannister Caine aufatmend, leerte sein Glas und lehnte sich zurück. »Es gibt viele Dinge, die ich mag, und relativ wenige, die ich weniger mag, aber nur ein paar, die ich auf den Tod nicht ausstehen kann. Dieser feudale Zauber hier gehört eindeutig in die letzte Kategorie!«

Er machte eine umfassende Armbewegung, die den großen Festsaal und die vielen uniformierten oder sonst festlich gekleideten Frauen und Männer gleichermaßen einschloss. Regierung, GRAT und die Raumflotte waren durch hohe Repräsentanten vertreten, daneben aber auch viele Planeten des früheren COOP und der neu geschaffenen FEDERATION OF STARS.

Sie alle waren zu der Feier geladen worden, die den Teilnehmern der Expedition zur Galaxis Gastrion zu Ehren veranstaltet wurde. Sie hatte vor zwei Stunden begonnen, und seitdem waren insgesamt sieben Reden gehalten worden. Zwar hatte jeder Redner auch die Verdienste der PROKYON-Crew gewürdigt, doch das war für Caine kein Grund, seine Meinung zu revidieren.

Luca Ladora nickte.

»Alexandros war der letzte Redner, jetzt ist Schluss mit dem Blabla. Macht euch fertig zum Sturm aufs kalte Büfett, Freunde!«

Alexa van Grooten kam auf den Tisch der Crew zu, jetzt eine reife Frau, die seltsamerweise mit jedem Jahr an Schönheit gewann. Sie sah die Gesichter der Raumfahrer, und ihr Lächeln erstarb.

»Was habt ihr nur?« fragte sie, während sie neben Mitani Platz nahm. »Dies ist doch euer Ehrentag, weshalb dann diese geradezu unziemlich ernsten Gesichter?«

Taff erklärte es ihr mit knappen Worten und schloss: »Außerdem fehlen zwei in unseren Reihen, die auch einen guten Teil mit zum Gelingen beigetragen haben – Chra'p Tansyks und Sheere McLoed! Weshalb sind sie nicht auch eingeladen worden? Haben die Initiatoren befürchtet, das Aussehen des Raguers könnte die Gäste von draußen erschrecken?«

»Keineswegs«, wehrte die Admiralin ab, »du siehst das vollkommen falsch, Taff. Für die beiden waren die Belastungen durch die Ereignisse auf Zuflucht und in M 33 doch zu groß, bei ihnen haben die Ärzte gewisse Spätfolgen ihres Eremitendaseins auf Lathaga registriert. Deshalb haben die Psychologen sie nochmals in ihre Obhut genommen, für die nächsten Wochen sitzen sie dort fest.«

»Diese Seelenklempner«, meinte Orvid Bashkiri verächtlich. »Mit mir wollten sie dasselbe versuchen, aber ich habe mich energisch gewehrt! Das Zusammensein mit der ruhmvollen PROKYON-Crew ist mir Medizin und seelische Aufrüstung genug.«

»Haha!«, machte Landar Johannis. »Du meinst doch nicht etwa jene disziplinlosen Individuen, die sonst immer als PROKYON-Saubande bezeichnet werden? Eine ausgesprochen passende Bezeichnung, die Benson da erfunden hat, meine ich.«

»Irrtum, LaJo«, rief Lars Gunnarsson. »Das war nicht er, sondern der Große Weise Elefant Min Jian-Ksu – und auch der fehlt hier in unserer Runde, verdammt ja! Dass er so plötzlich und formlos zurückgetreten ist, will mir immer noch nicht in den Kopf.«

»Man hat tatsächlich das Gefühl, in ihm einen Vater verloren zu haben«, bestätigte Caine. »In manchem glich er dem guten alten Marschall Drechsler, nur pflegte dieser keine asiatischen Sinnsprüche zu verwenden. Von George J. Mattewson werden wir mit Sicherheit auch keine zu hören bekommen, denke ich.«

»Wir werden uns mit Sicherheit an ihn gewöhnen«, meinte Mitani.

»Darauf einen Schluck«, vollendete Dorit Grenelle und hob ihr Glas. »Eines Tages werden wir es sein, die von der Bühne abtreten müssen, und trotzdem wird sich die Erde weiter drehen! Der Anfang aller Weisheit liegt in der Erkenntnis, dass niemand in der Welt unentbehrlich ist.«

»Treffender hätte ich es auch nicht formulieren können«, sagte der Commander anerkennend. Ein Roboter hatte inzwischen nachgeschenkt, auch die Admiralin hatte einen Longdrink erhalten, und alle tranken. Dann deutete Luca diskret auf einen schlanken Mann mit seltsam grünlicher Hautfarbe, der zwischen einem Flottenoffizier und einer jungen Frau von Nuchaar am Büfett stand.

»Ein ganz neues Exemplar in jener Sammlung, die fortan den Namen FEDERATION OF STARS trägt?«, erkundigte er sich halblaut.

Alexa van Grooten nickte.

»Ein Teil der Konkursmasse des Ersten Freien von Zuflucht oder Sandy sozusagen, denn der hatte zuerst Kontakte zu diesem Volk. Die Leute nennen sich selbst Triarer, sie kommen von einer Welt im Sternbild Ursa Minoris oder Kleiner Bär, 489 Lichtjahre von der Erde entfernt. Sie versuchen natürlich jetzt, mit uns ins Geschäft zu kommen, nachdem auf Zuflucht nichts mehr zu holen ist. Ihre Handelsdelegation ist vor zehn Tagen angekommen, als ihr noch in der Galaxis Gastrion unterwegs wart.«

»Und ich dachte immer, unsere Crew hätte ein Monopol in Bezug auf das Entdecken fremder Rassen«, meinte Caine amüsiert. »Mit wem mögen die Brüder aber zuvor Handel getrieben haben, wenn nicht mit den Menschen? Da muss es also wohl auch noch andere geben, und ich war der Meinung, unsere alte Raumkugel wäre seit Jahrhunderten gründlich erforscht.«

»Keine Ahnung, Taff«, sagte die Admiralin. »Da fragst du wohl am besten Alexandros Demosthenes, ich hatte mit diesen Leuten bis jetzt noch nichts zu tun. Ich schicke ihn zu euch herüber, wenn ich ihn treffe, jetzt muss ich leider wieder gehen.«

Der Fremde drehte sich um, und nun sah man das verbindliche Lächeln. Seine Züge wirkten harmonisch und angenehm, das Fehlen jeder Behaarung auf dem hohen Schädel störte kaum. Es wurde voll durch die großen, strahlend blauen Augen kompensiert, sie blickten treuherzig und unschuldig.

Alexa trank aus und entfernte sich, und nun suchten auch die Crew und LaJo das Büfett auf. In der nächsten Viertelstunde waren sie eifrig damit beschäftigt, die lukullischen Spezialitäten diverser fremder Planeten zu dezimieren, bis dann Orvid den Commander anstieß.

»Dort kommt noch einer von den Grünen – ja, da drüben neben dem Abgesandten der Anchorannies. Der sieht aber ziemlich aufgeregt aus, gerade so, als wäre irgendwo etwas passiert.«

Caine nickte, sah aber nur mit einem Auge hin, denn Mitani schob ihm gerade etwas in den Mund, das aufregend pikant schmeckte. Sein Interesse wurde erst geweckt, als die beiden Triarer nach einem erregten Wortwechsel fast im Laufschritt die Gruppe ansteuerten, in der sich der neue Verteidigungsminister befand.

Lars grinste und bemerkte: »Die stellen sich an, als hätte ihnen eben jemand das Geschäft ihres Lebens verdorben ... Hmm, scheint wohl doch eine ernstere Sache zu sein, denn Mattewson ruft Alexa, Matsumoto und noch ein paar große Tiere zu sich. Vielleicht sollten wir einmal hören, was es da wohl geben mag.«

»Kommt nicht in Frage«, erklärte Taff und nahm einen Schluck aus dem Champagnerglas. »Wer sich zur Arbeit drängt, kommt darin um, und wir haben ohnehin eben erst im M 33 ein dickes Übersoll abgeleistet!«

»Du sprichst mir aus der Seele, hoher Boss«, stimmte Luca zu. »Da, jetzt verschwinden sie alle zusammen – warum machen wir es ihnen nicht einfach nach?«

»Das erste vernünftige Wort, das du heute gesprochen hast«, kam es von Dorit. »Hat jemand Einwände dagegen? Okay, dann nichts wie auf ins Vergnügen, im Augenblick achtet niemand auf uns.«

Eine Minute später saßen sie in einem der vielen Nebenräume, in dem sich schon zwei andere Schiffsbesatzungen befanden. Die Crews kannten sich zwar nur flüchtig, aber trotzdem kam zwischen ihnen sofort jener lockere Ton auf, den man drüben im Festsaal vergebens suchte. Man war unter sich, die Bedienungsroboter bekamen zu tun, und alle fühlten sich wieder einmal so richtig wohl.

Genau sechzehneinhalb Minuten lang – dann tauchte Dorian Benson auf und beorderte die PROKYON-Crew ins Dienstzimmer des Admirals!

*

»Was hat das zu bedeuten, George J.?«, erkundigte sich Caine mit deutlichem Unmut. »Dies ist ein Abend, der uns zu Ehren aufgezogen wurde, wenn ich mich recht entsinne! Weshalb jetzt diese Störung, im wirklich ungeeignetsten Augenblick?«

Der neue VM hob bedauernd beide Hände.

»Ich bedaure sie wirklich aufs Tiefste, das darfst du mir glauben, Taff«, versicherte er. »Der Anlass ist jedoch nach Meinung aller hier Anwesenden ernst genug, um sie voll und ganz zu rechtfertigen. Wenn nämlich eine Welt in unserer Raumkugel sozusagen aus heiterem Himmel plötzlich überfallen wird, können wir es uns wohl kaum leisten, tatenlos zuzusehen! Akzeptiert?«

Der Commander schaltete augenblicklich um und nickte ernst.

»Voll und ganz, dafür ist Krieg jeder Art eine viel zu ernste Angelegenheit. Ein Überfall, sagst du – das lässt mich automatisch an den Planeten Wellrun Delta 79 denken, an den falschen Direktor Mattock und seinen verwünschten Drachenbund. Liegen die Dinge hier so ähnlich, oder gibt es gar eine direkte Parallele dazu?«

»So ähnlich, aber auch wieder ganz anders«, meldete sich Tonkawa Matsumoto zum Wort, der Chef des Galaktischen Sicherheitsdienstes. »Letzteres vor allem deshalb, weil der angegriffene Planet keine von Menschen des bisherigen COOP bewohnte Welt ist. Es handelt sich um Triar, von dessen Existenz wir erst vor Kurzem erfahren haben, und dessen Repräsentanten hier anwesend sind.«

Er wies auf die beiden grünhäutigen Männer, die bunt gestreifte, mit Goldfäden durchwirkte Anzüge trugen.

»Dies ist Gn'uh Siktian, Leiter der Handelsdelegation von Triar, dies sein Stellvertreter Gh'ag Karadashian. Sie befinden sich auf Einladung von Alexandros hier, und Gh'ag erhielt die bestürzende Nachricht vor einer halben Stunde über Hyperfunk.«

Er stellte auch Taff vor, der Commander nahm die Hände der beiden und musterte die Fremden nun erstmals aus der Nähe.

Sie waren so weitgehend humanoid, dass sie sich praktisch nur durch ihre abweichende Hautfarbe von normalen Menschen unterschieden. Beide hatten grazile, geschmeidig wirkende Körper, ihre Gesichter lächelten jetzt zwar nicht mehr, wirkten aber trotzdem überaus anziehend und sympathisch.

Caine nickte den beiden zu und fragte sachlich: »Darf ich euch bitten, mir kurz zu schildern, was auf eurer Welt vorgefallen ist?«

Er sah den Delegationsleiter an, aber Karadashian kam diesem zuvor.

»Es war einfach furchtbar, Commander!«, jammerte er. »Wir sind ein kleines, friedliebendes Volk, das sein bescheidenes Auskommen durch den Handel hat und noch nie einen Krieg führte. Deshalb verfügen wir auch nur über eine kleine, kaum bewaffnete Wachflotte und einige veraltete Raumforts. Der Gegner aber kam mit einer großen Flotte von riesigen, stark bewaffneten Schiffen plötzlich aus dem Hyperraum und griff Triar ohne jede Vorwarnung oder gar Kriegserklärung an. Und dann ...«

Er ließ einen langen Wortschwall los und schilderte empört und entsetzt das Vorgehen der Angreifer. Als ihm die Luft ausblieb, sprang Siktian ein und jammerte genauso blumenreich weiter. Matsumoto versuchte vergeblich, die beiden zu stoppen, die Minister und Offiziere mussten sich alles ein zweites Mal anhören.

»... und jetzt ist unsere Welt vollkommen ruiniert!«, schloss Gh'ag Karadashian schließlich erschöpft. »Man hat unsere Fabriken und Lagerhallen ausgeplündert, alle wichtigen Daten aus den Computern gestohlen. Unser Volk wird jammervoll zugrunde gehen, sofern es nicht Hilfe durch euch erhält!«

Taff Caines Gesicht war unbewegt geblieben, aber innerlich konnte er gar nicht anders, als sich heimlich zu amüsieren, und der Crew erging es ebenso.

Die beiden Triarer schienen mit einer blühenden Phantasie ausgestattet zu sein. So viele Einzelheiten, wie sie hier schilderten, konnte ein simpler Funkspruch gar nicht enthalten haben, einen guten Teil davon hatten sie demnach frei dazu erfunden. Das weckte bei Taff den Verdacht, dass die Angehörigen dieses Volkes es mit der Wahrheit nicht immer so genau nehmen mochten. Gn'uh und Gh'ag übertrieben zweifellos absichtlich – warum?

Ihr aalglattes Wesen erinnerte den Commander in gewisser Weise an das Auftreten der Anchorannies vor noch nicht allzu langer Zeit. Damals hatten Raylly und seine Gefährten auch mit treuherzigsten Mienen versucht, die Erdmenschen zu überlisten und hereinzulegen. Hatten die Triarer vielleicht etwas Ähnliches vor?

Nein, das kann nicht gut sein!, überlegte Taff. Dieser Überfall hat zweifellos stattgefunden, und wir können das nachprüfen, bis zu ihrer Welt ist es nur ein besserer Katzensprung. Demnach geht es den Grünen offenbar nur darum, unser Mitleid zu erregen, um dann eine großzügige Hilfe herauszuschlagen.

Warum aber gerade von uns? Sollten die Angreifer tatsächlich von einem Planeten des COOP gekommen sein?, dachte Caine alarmiert.

»Wisst ihr, wer euren Planeten überfallen hat? Wie sahen die angreifenden Schiffe aus?«, fragte er knapp.

Gh'ag Karadashian sah ihn aus feuchten, blauen Augen an.

»Das kann ich nicht sagen, es ging aus dem Funkspruch nicht hervor. Jedenfalls waren sie sehr groß und schwer bewaffnet, besaßen viele Beiboote ...«

»Danke, das genügt«, erklärte Matsumoto hastig, ehe der Triarer seinen Sermon noch einmal ganz abspulen konnte. »Jedenfalls kann ich euch versichern, dass es keine Schiffe von der Erde waren, wir haben noch nie im Traum daran gedacht, andere Völker zu überfallen. Wir sind aber gern bereit, euch auf jede nur denkbare Weise zu helfen. Allerdings müssten wir zunächst ein Schiff zu eurer Welt entsenden, dessen Besatzung sich vom Ausmaß der angerichteten Schäden an Ort und Stelle überzeugen kann. Gebt ihr eure Einwilligung dazu?«

»Dazu sind wir nicht befugt«, sagte Gn'uh Siktian, »eine Entscheidung von diesem Ausmaß kann nur unsere Regierung treffen. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sie zustimmen wird; erlaubt ihr, dass wir uns zurückziehen, um von unserem Schiff aus Funkverbindung mit Triar aufzunehmen?«

Mattewson stimmte zu, und die beiden Grünhäutigen wurden durch Benson hinausgeleitet.

Als sie gegangen waren, lachte Alexa kurz auf und meinte: »Die beiden waren so verzweifelt, dass es fast schon ansteckend war. Vermutlich haben sie hier und da etwas übertrieben, aber das liegt vielleicht so in ihrer Art. Ansonsten scheinen die Triarer ein umgängliches und liebenswürdiges Volk zu sein.«

»Das sind sie zweifellos«, stimmte ihr Alexandros Demosthenes zu. »Ich glaube, wir können sie ohne lange Karenzzeit in die FEDERATION OF STARS aufnehmen, genetisch stehen sie uns näher als etwa die Tochagaan oder die Fanden.«

»Nur immer langsam, so etwas steht vorläufig längst noch nicht zur Debatte«, warf Tonkawa Matsumoto ein. »Ehe wir einen solchen Schritt unternehmen, müssen wir erst einmal wissen, inwieweit wir ihnen trauen können. Ein liebenswürdiges Gebaren und treue blaue Augen sind keine Gewähr für ihre Ehrlichkeit. Was sagst du als unsere Fremdrassenexpertin dazu?« Damit wandte er sich an Mitani N'Kasaa.

»Bis zur Expertin fehlt noch eine ganze Menge, fürchte ich«, gab Caines Gefährtin zurück. »Rein gefühlsmäßig möchte ich dir aber in etwa Recht geben, denn die beiden haben meiner Ansicht nach ganz schön übertrieben. Falls das symptomatisch für ihr ganzes Volk ist, wäre Vorsicht wirklich angebracht.«

»Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, die mit Bedacht maßvoll entstellt werden«, ergänzte Taff. »Doch wir kommen ganz vom eigentlichen Thema ab, dem Überfall auf Triar; da steht nach wie vor die Frage offen, wer ihn durchgeführt haben könnte. Bis jetzt wissen wir nur, wer es nicht war, nämlich wir selbst, und das hilft uns keinen Schritt weiter.«

»Genau deshalb haben wir euch rufen lassen«, sagte Mattewson. »Ihr habt von allen unseren Besatzungen die meiste Erfahrung und dürftet also am schnellsten feststellen können, wohin die Spuren dieses Angriffs weisen. Das soll eure Hauptaufgabe sein, wenn ihr dort hinfliegt, sobald die Regierung von Triar ihre Erlaubnis zu einem Besuch gegeben hat. Daran ist nach Lage der Dinge wohl kaum zu zweifeln, schließlich haben wir Hilfe zugesagt.«

Caine sah die Freunde an und nickte dann.

»Keine Einwände, George J. Wer den Krieg kennt, liebt den Frieden, und jeder Friedensbrecher ist automatisch unser Gegner, man hat uns am Kreuzweg der Dimensionen nicht umsonst zu Hütern der Menschheit bestimmt. Nachdem wir jetzt endlich, und hoffentlich für immer, Ruhe vor dem Erbe der Kosmischen Urmächte haben, müssen wir darauf achten, dass niemand anders an ihre Stelle treten kann.«

Die beiden Triarer kehrten wenig später zurück und brachten die erwartete Antwort. Es wurde festgelegt, dass die PROKYON X am Mittag darauf abfliegen sollte, mit Gn'uh Siktian und Karadashian an Bord. Ihr Schiff blieb mit der restlichen Delegation auf der Erde zurück, die vorbereitenden Verhandlungen gingen weiter.

Die Crew kehrte in die Galaxy-Bar zurück und versuchte dort anzuknüpfen, wo sie aufgehört hatte. Doch das gelang ihr nicht, die Gedanken aller schweiften immer wieder ab und beschäftigten sich mit der neuen Aufgabe.

Man versuchte gerade erst, als Nachfolger des COMMONWEALTH OF PLANETS unter Einbeziehung der nicht-menschlichen befreundeten Völker die FEDERATION OF STARS zu etablieren. Noch war sie längst nicht stabil, und jede Störung des labilen Gleichgewichts konnte verheerende Folgen haben!

Noch vor Mitternacht verabschiedeten sich die Raumfahrer von den anderen Crews und LaJo und suchten ihr Quartier in Basis 104 auf.

Raumschiff Prokyon und die Kinder der Parallelwelt Raumschiff Prokyon #17

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