Читать книгу Wien by NENI - Haya Molcho - Страница 12
ОглавлениеNuriel Elior Nadiv Ilan
Vier lockige Energiebündel großzuziehen war das nächste wichtige Kapitel in ihrem Leben. Nuriel, Elior, Ilan und Nadiv wurden innerhalb von nur sechs Jahren geboren. Haya lacht: „Ich war ständig schwanger. Und ich war es sehr gern.“ Die ersten Buchstaben der Vornamen ihrer Söhne bildeten viele Jahre später den Namen NENI. Die vier Brüder gingen auf die Vienna International School und wurden begeisterte Skateboarder, wohlvertraut mit den Skater-Treffpunkten auf der Donauinsel und in der Nähe der Urania. Auch die Wiener Punkszene auf dem Heldenplatz war ihnen nicht fremd. So international wie die Gästeschar in ihrem Elternhaus waren auch ihre Mitschüler und Freunde. Gäste und Verwandte einzuladen, war für die Molchos immer ein fester Bestandteil des Lebens, Küche und Esstisch blieben der Mittelpunkt des Hauses. Wenn Haya heute überlegt, wo zuhause ist, sagt sie mit Nachdruck: „Überall. Solange ich dort mit meiner Familie leben kann!“
NENI
Die Offenheit für Neues und die Neugier auf die Vielfalt, die die Welt zu bieten hat, hat Haya ihren Söhnen mitgegeben. Nuriel erinnert sich gern an ein prägendes Erlebnis aus seiner Kindheit: „Ein indischer Freund hat mich einmal nach Hause zum Abendessen eingeladen. Ich war total überrascht, als alle mit ihren Händen aßen. Das fand ich großartig.“ Elior ergänzt: „Ich bin mit US-amerikanischen Filmen und TV-Serien aufgewachsen, ich habe mich nie besonders österreichisch oder israelisch gefühlt. Heute ist das anders, ich spreche viel häufiger Deutsch und Wien ist meine Heimat geworden.“ Der Dritte der Brüder, Ilan, sieht seine Wurzeln in Israel, er fühlt sich den Traditionen und dem Lebensstil des Landes verbunden. „Die Bereitschaft, Gefühle auszudrücken, und die Offenheit, das hat mich in Tel Aviv sehr beeindruckt. Um Wien zu verstehen, braucht man Zeit. Die Lebensqualität hier ist einzigartig, die Größe ist perfekt, nicht zu groß, nicht zu klein. An beiden Orten, in Wien und Tel Aviv, lieben die Menschen es, gutes Essen zu genießen, und verstehen Kulinarik als wichtigen Teil der Kultur.“ Für den jüngsten Sohn, Nadiv, kann zuhause überall sein: „Identität hat für mich nichts mit Geographie zu tun. Aber hier ist meine Familie, und Wien bedeutet für mich Sicherheit.“
War die Kindheit der vier Molcho-Brüder von Vielfalt in Sprache und Kultur bestimmt, so gilt dies erst recht für das Essen. Haya liebt es, für ihre Familie zu kochen. Die Geburtstagsfeiern, die sie für ihre Söhne ausrichtete, sind legendär. Wie bei Sprache und Kultur mischen sich die kulinarischen Prägungen bei ihren Söhnen, die schon als Kinder auch die Wiener Küche zu schätzen wussten. Elior schwärmt von der Größe der Schnitzel, die oft über den Tellerrand ragten. Sein österreichischer Fastfood-Himmel bestand aus Leberkäsesemmel und Käsekrainer (ein Würstchen mit Käse, von den Wienern liebevoll „Eitrige“ genannt, weil der geschmolzene Käse die Wurst beim Hineinbeißen zum Explodieren bringt). Das war auch Ilans erste Wahl, mit frischem Kren (Meerrettich) und Mischbrot mit dicker Kruste serviert.
Nuriel liebte es, im Supermarkt frisch gemachte Sandwiches nach Wunsch zu ordern. Dabei hatte er immer die Qual der Wahl: Semmel, Kornspitz oder anderes Gebäck, mit oder ohne Butter, mit welcher Wurst? Mit einer Scheibe eingelegter Gurke (sauer oder salzig), Senf (scharf oder süß), mit oder ohne frisch geriebenen Kren? Für Nadiv ruft das Essen zuhause die stärksten Kindheitserinnerungen hervor: „Haya kombiniert auf eigene Art österreichische und nahöstliche Elemente. Schnitzel hat sie statt mit Semmelbröseln mit gemahlenen Mandeln paniert. Kartoffelsalat hatte oft einen Hauch orientalischer Gewürze.“ Kein Wunder, dass Hayas Küche für die Familie Molcho letztlich der bleibende Hort der Erinnerung ist.
ETWAS NEUES
Als die Kinder erwachsen wurden, ging Haya auf Ende 40 zu. Sie spürte, dass es Zeit war für etwas Neues. Etwas, das ganz sie war. Samy fragte sie: „Was liebst du?“ Die Antwort war klar: „Kochen!“ Sie sammelte erste Erfahrungen im Catering, und schnell kam auch der Gedanke: Wie wäre es mit einem Restaurant? Als 2009 ein Platz am Wiener Naschmarkt frei wurde, nutzte Haya die Chance, ungeachtet der Tatsache, dass die Nachbarschaft vor allem aus Müll und Ratten bestand. Sie wusste einfach, es war der richtige Platz. Wenn sie erzählt, wie sie als Quereinsteiger die Bank überzeugten, Umbau und Eröffnung des NENI zu finanzieren, spricht der Schalk aus ihr: Ihr Konzept sei sehr überzeugend gewesen – und sie brachten zu den Terminen Hummus mit. Der war mindestens so überzeugend.
Nuriel und Haya erinnern sich: „Was mussten wir am Anfang alles lernen! Catering unterscheidet sich stark vom Betrieb eines Restaurants. Man weiß immer, für wie viele Personen gekocht werden muss und man kann planen. In einem Restaurant weiß man das nie genau. Wir haben viele Fehler gemacht, haben oft gelacht und viel geweint. Wir haben diesen Cheesecake, ein Rezept von Oma. Wenn bei einem Gast etwas nicht optimal gelaufen war, haben wir den Kuchen als Entschuldigung serviert. Zu Beginn brauchten wir ziemlich viel davon! Im Lauf der Zeit kamen dann immer mehr Gäste extra für den Käsekuchen – er ist bis heute ein Klassiker auf unserer Karte.“