Читать книгу mensch MIT Gebärmutter - ein Puzzleteil zum Menschenbild - Hedwig v. Knorre - Страница 55
Titel
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Ich hatte das. Ich habe es genossen. Beim Stillen lag ich entspannt im Bett und habe mein Kind genossen. Ich habe die Arbeit ausgeblendet, die auf mich wartete, und ebenso die großen Probleme dieser Welt. Ich war ganz im Hier und Jetzt. Ich empfand es als Wunder, immer und immer wieder neu: mein Kind, hier so nah bei mir – es ernährt sich durch mich, durch meine Milch! Meine Brust gab meinem Kind alles, was es zum Leben brauchte.
Meine Kinder genossen es ebenso wie ich. Entspannt und genussvoll tranken sie. Ihre kleinen Händchen tatschten auf meiner Brust herum. Ihre Augen waren halb geschlossen, dann wieder neugierig weit geöffnet. Manchmal suchten sie mein Gesicht, und wenn sie meine Augen fanden, lachten sie breit und vergaßen für einen Moment das Trinken! Dann lief meine Milch aus ihrem Mündchen und ich erinnerte sie sanft mit einem Wort und einer Fingergeste, weiter zu trinken. Manchmal tranken sie weiter, ihr Blick tief in meine Augen versunken. Bis sie satt und friedlich einschliefen.
Das, fand ich, ist die wahre Bestimmung meiner Brust! Sie ist eine erogene Zone, ja, auch beim Stillen. Das Saugen des Kindes an der Brustwarze produziert Hormon- und Neurotransmittercocktails, die echt „süchtig“ machen können! Glück ist es, das Gefühl, das ich versuche zu beschreiben und ich hatte es. Ich war glücklich mit meinen Kindern. Das war gut für meine Kinder. Und für mich auch.
Viele Frauen, viele Kinder kennen das nicht. Es gibt in unserer Gesellschaft eine Unzahl von Hindernissen, die Müttern und Kindern dieses Glück verwehren. Ich freue mich, dass ich als Hebamme einigen Müttern und Kindern zu diesem Glück verhelfen konnte. Das Wissen darum fehlt oft sogar bei Fachleuten.
Es ist das Glück des Kindes, Milch zu bekommen, zu nehmen. Auf der anderen Seite ist es das Glück der Mutter, da sie ihre Milch ja geben MUSS!
Denn was wäre mit meiner vollen Brust ohne mein Kind? Nicht nur überflüssig und sinnlos wäre sie, nein, sie würde mich quälen und krank machen! Trank mein Kind, sagte ich oft „danke, dass du so schön trinkst! Das tut meiner Brust gut! Sie war so voll, es tat schon richtig weh …“
Wir waren ein unterschiedliches Paar: ich groß, mein Kind klein. Ich gab Milch, mein Kind trank die Milch. Doch wir waren ein gleichwertiges Paar! Das Geben und Nehmen war ein notwendiger und glückbringender Prozess, für beide Seiten gleichermaßen.
Dieses Glück ist meines Erachtens der Kern für ein friedliches, gleichwertiges Zusammenleben von Menschen auf dieser Erde. Wer dieses Glück kennt, dies Glück des Gebens und Nehmens zwischen zwei Menschen, sucht es immer und überall wieder. Glück über das Geben-Können auf der einen Seite, Glück über das Nehmen auf der anderen Seite. Gleichwertig beglückend für beide Seiten.
Milchstau, Brustentzündung – auch davon war ich nicht verschont. Mit einer milchspendenden Brust umgehen, das will gelernt sein. Manchmal geht es ohne Schäden nicht ab. Eine milchgefüllte Brust ist empfindlich. Fuhr ich im heißen Sommer Fahrrad, schon hatte ich Schmerzen vom Fahrtwind und als Folge Milchstau – mit – Vorsicht! Entzündungsgefahr!
Dies Glück fiel mir nicht zu. Ich musste es lernen und es mir erkämpfen. Meine Mutter hat es ganz anders gemacht. Sie hatte noch den „3.Reich-Umgang“ mit Kindern gelernt. Auch die Gesellschaft erwartete etwas anderes. Mehr Stress, mehr Konsum, irgendwie.
Doch ich spürte tief in mich hinein: wie ist es eigentlich gedacht? Von der Natur, von Gott, von der Schöpfung? Es gab viele Hindernisse in mir und um mich herum. Auch der Vater meiner Kinder war zeitweise ein Hindernis.
Doch ich suchte und fand dieses Glück immer wieder von Neuem. Auch als meine Kinder älter wurden und die Fänge der zwanghaften, ausbeuterischen Normen unseres Gesellschaftssystems sie erreichten, fanden wir doch über viele Jahre lang immer wieder zurück zu diesem gemeinsamen Glück. Ob wir Ausflüge miteinander machten, Unternehmungen – ob ich bei Schulaufgaben half … es war mir das Wichtigste, Erfüllendste, Kostbarste überhaupt, das warme nahe Miteinander!
Ich hatte also dieses Glück mit meinen Kindern. Es war mir das Kostbarste meines Lebens überhaupt, das aller-aller-Wichtigste, heilig sozusagen. Mein Fühlen, Denken, Da-Sein, mein ganzes Leben drehte sich darum. Auch jetzt, Jahrzehnte später in der Rückschau kann ich nichts Falsches oder Schlechtes daran finden, im Gegenteil.
Auch in meinem Beruf gab ich es weiter. Jeder Moment, in dem mir das ein wenig gelang, erfüllte mich mit tiefster Zufriedenheit und Freude.