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2.2.2 Fallpauschalen und Sonderentgelte bzw. DRGs

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Eine Möglichkeit der anbieterseitigen Beeinflussung und Anreizsteuerung im stationären Bereich ist die Entlohnung mittels Fallpauschalen und Sonderentgelten bzw. DRGs.

In Deutschland wurde 1995 mit Verabschiedung der Bundespflegesatzverordnung die Einführung von Fallpauschalen und Sonderentgelten für ca. 150 definierte Leistungskomplexe beschlossen. In der Folge wurde beschlossen, ein DRG-System – angelehnt an das australische Modell – einzuführen, das diese Entwicklung konsequent fortsetzt. Im Fallpauschalen-System, das in Australien und einigen anderen Ländern bereits einige Jahren zuvor eingeführt wurde, erhält der Leistungserbringer sein Entgelt für die Behandlung eines Patienten mit einer bestimmten Diagnose, definiert in »Diagnosis Related Groups« (DRGs). Zu einem bestimmten Fall-Basiswert werden Zuschläge für verschiedene Sachverhalte gezahlt, insbesondere bezüglich des Schweregrads der Erkrankung selbst bzw. erschwerende Nebendiagnosen, die einen Ausdruck für die korrelierenden Leistungsaufwendungen darstellen sollen. Dieses System lässt sich mit der Formel »Geld für Leistung« beschreiben.

Vor der Einführung von Fallpauschalen wurden in Deutschland und in den meisten anderen Ländern Tagessätze für den Aufenthalt der Patienten im Krankenhaus als Berechnungseinheiten für die Entlohnung erhoben. Der Anreiz bestand also darin, möglichst viele Behandlungsplätze – »Betten« – vorzuhalten und diese Betten möglichst gut auszulasten. Durch die Einführung der Fallpauschalen und Sonderentgelte kam es für diese Leistungen zu einer Umkehr des Anreizes. Es ist nicht mehr sinnvoll, die vorhandenen Betten zu füllen. Der Anreiz besteht vielmehr darin, mit der für die DRG definierten Menge Geldes die dafür definierte Gesundheitsleistung kostendeckend oder gar mit einem Überschuss zu erbringen. Durch die Umkehr des Anreizes war eine Umorientierung der Anbieter geplant und zu erwarten: Eine Erwartung betraf das Absinken der stationären Aufenthaltsdauer der Patienten für vergleichbare Leistungen. Dies ist inzwischen eingetreten. Lag die Verweildauer von Patienten in deutschen Krankenhäusern 1990 noch bei durchschnittlich 15,3 Tagen, war dieser Wert für 1996 – also nach der Einführung der Fallpauschalen – auf durchschnittlich 11,4 Tage gesunken.23 Bedingt durch die Einführung des DRG-Systems liegt sie inzwischen bundesweit bei ca. 6,8 Tagen.24

Es wurden jedoch auch andere Erwartungen bzw. Befürchtungen geäußert. Es wurde vermutet, dass das neue Entgeltsystem insbesondere folgende Gefahren in sich berge:

1. Zum einen beinhalte es die Gefahr, dass dem Patienten das medizinisch Erforderliche, das im »Preis« für die DRG einkalkuliert ist, bei nicht kostendeckender Leistungserbringung aus Kostengründen vorenthalten werden könnte; so z. B. die histologische Aufarbeitung von Operationspräparaten oder notwendige krankengymnastische Übungen. Auch wurde befürchtet, dass aus Gründen der »Abrechnungsoptimierung« medizinische Leistungen, die medizinisch sinnvoll parallel während eines Eingriffes durchführbar sind, nunmehr während zweier Aufenthalte erbracht würden, wie z. B. die beidseitige, einseitige Operation von Leistenbrüchen, die auf eine zweizeitige Operation anlässlich zweier Krankenhausaufenthalte verteilt wird oder die Aufdehnung von Arterien mittels Kathetern (PTCA) an verschiedenen Gefäßen, die nicht während einer Sitzung erbracht wird, sondern in mehreren, separat abrechenbaren Eingriffen.

2. Zum anderen bestehe die Gefahr, dass die als DRG vergüteten Leistungen vom einzelnen Krankenhaus aus wirtschaftlichen Gründen vermehrt erbracht würden, also die Indikation für Leistungen großzügiger gestellt wird, als dies akzeptabel oder medizinisch sinnvoll ist, wie z. B. bei der Operation von symptomlosen Gallensteinleiden.

3. Darüber hinaus befürchtete man, dass nicht mehr genügend qualifiziertes Personal für die Erbringung der Leistungen vorgehalten werde, um an dieser Stelle Kosten zu sparen, was z. B. in vermehrten Operationen ohne Facharztstandard bei Operateur oder Assistent oder im Einsatz von Arzthelferinnen im Kreißsaal statt Hebammen seinen Ausdruck finden könnte. Die Personalkosten im Krankenhaus, die etwa zwei Drittel (67 %) der Gesamtkosten eines Krankenhausbetriebes ausmachen, sind durch tarifliche Vereinbarungen weitgehend fix und nahezu nur auf diese Weise zu beeinflussen.25

4. Schließlich wurde befürchtet, dass unter diesen Bedingungen die Ergebnisqualität leide.

Um diese Entwicklungen zu beobachten, vergleichende Qualitätsinformationen zu erhalten und ggf. steuernd eingreifen zu können, wurde die Einführung der Fallpauschalen und Sonderentgelte begleitet von der Entwicklung und Einführung eines entsprechenden bundesweit verbindlichen Qualitätssicherungssystems, der Qualitätssicherung bei Fallpauschalen und Sonderentgelten, die inzwischen auf die Begleitung des DRG-Systems umgestellt wurde.

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