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Mogusch
Ich hatte mich in mein Schicksal gefügt. Ich konnte es nicht abstreiten. Wer wäre denn geeigneter als ein Spielmann, um unseren Landsleuten die ungeheuren Entwicklungen aufzuzeigen, die sich anbahnten. So reiste ich von Dorf zu Dorf, einzig begleitet von meinem Mogusch, der sich als Kakadu getarnt hatte. Dass ein solcher Vogel für die Dorfbewohner einen ungewohnten Anblick bot, kam mir entgegen, denn er verlieh mir eine neue Identität; und so kannte man mich mittlerweile als den Geschichtenerzähler mit dem singenden Vogel. Ja, ihr habt richtig vernommen, aufs Singen verstand sich mein Mogusch genauso, wie flotte Sprüche von sich zu geben - wir hatten schließlich geübt-.
Das war selbstredend eine Sensation für die nicht gerade von Unterhaltungsvergnügen verwöhnten Leute. Was gab es Schöneres, als sich nach einem langen und harten Arbeitstag hinzusetzen und Geschichten über Magie, Abenteuer und Auseinandersetzung mit Mächtigen zu lauschen. Man munkelte inzwischen, dass meine märchenhaften Geschichten auf tatsächlichen Ereignissen beruhten. Dies tat meiner Beliebtheit keinen Abbruch, im Gegenteil. Immer mehr suchten mich Interessierte am folgenden Tag auf und baten mich um konkretere Hinweise.
Doch dies zog auch unangenehmen Besuch an. Den herrschenden Kreisen war meine Beliebtheit in den Dörfern ein Dorn im Auge. Mehrmals hatten sich deren Agenten unter die Zuhörer gemischt. Sie sollten aufzeichnen, ob ich blasphemische oder aufrührerische Reden führte. Ich ließ mich davon nicht beirren und vertraute auf meine Magie und meinen Mogusch. Wir waren mittlerweile ein eingespieltes Team. Meine Geschichten waren gewürzt mit haarsträubenden Abenteuern. Sie zogen die Zuhörer derart in ihren Bann, dass sie alles um sich herum vergaßen. Unterschwellig hatte meine Fabulierkunst für die Agenten eine solchermaßen hypnotische Wirkung, dass sie sich am Schluss nicht an Details erinnern konnten. So mussten sie mit leeren Händen zu ihren Auftraggebern zurückkehren.
Nachdem inzwischen mein Ruf vorauseilte, bereiteten sich die Dorfbewohner auf meine Darbietungen vor und reservierten eine geeignete Lokalität. Auch heute hatte sich schon früh eine größere Anzahl von Zuhörern eingefunden. Jeder wollte sich einen Platz sichern, meine Geschichten wollten sie um keinen Preis verpassen. Bald gab es ein Gerangel um die besten Plätze. Da konnte mein Mogusch nicht mehr an sich halten. Er flog fröhlich seine Runden und krächzte anzügliche Bemerkungen ins Publikum. Er erntete dafür Gelächter; für mich war dies das Zeichen, zu beginnen.
Ich stimmte meine Harfe, entlockte ihr zarte, leise Töne und verband sie sukzessive zu einer subtilen und harmonischen Hintergrundmelodie. Sie entführte die Zuhörer in meine Geschichte: