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Die Entwicklung der modernen Medizin hat dazu geführt, dass der Prozess des Sterbens immer mehr mit medizinischen und existenziellen Fragen verbunden ist, die von der betroffenen Person entschieden werden müssen: Welche therapeutische Option will ich noch? Wie lange soll gegen ein mögliches Sterben angekämpft werden? Welchen Preis an Einbuße von Lebensqualität und an zunehmender Gebrechlichkeit bin ich bereit, für ein gewisses Maß an Lebensverlängerung zu bezahlen? Welche Ziele möchte ich in meinem Leben noch erreichen und wann ist der Zeitpunkt gekommen, um das Sterben zuzulassen?

Wir haben heute die Möglichkeit, in beeindruckendem Maße selbst zu bestimmen, wann für uns die Zeit zum Sterben gekommen ist. Das ist gegenüber früher ein Zugewinn an Freiheit. Selbstbestimmtes Sterben ist zum neuen Paradigma unter den Rahmenbedingungen eines modernen Gesundheitswesens und einer hoch entwickelten Medizin geworden. Allerdings liegt in solcher Selbstbestimmung nicht nur ein Angebot an Freiheit. Sie erweist sich zugleich als Zumutung für Sterbende. Denn es ist gar nicht immer so einfach, herauszufinden, was man denn eigentlich will, was in einer konkreten Situation für einen stimmig ist und wie man sich entscheiden soll. Ja, manche empfinden die Herausforderung selbstbestimmten Sterbens schlicht als eine Überforderung, als eine Freiheit, die man so gar nicht unbedingt ausleben will.

Für Ärzte war es über lange Zeit indiskutabel, dass ihr Auftrag primär darin besteht, den Tod zu bekämpfen und Leben – so weit möglich – zu erhalten. Entsprechend sind viele (noch) mit dem Gespräch über die Ziele und Prioritäten der Patientinnen, über eine mögliche Therapiebegrenzung und das Zulassen des Sterbens überfordert.

Welche Haltung man dazu auch einnehmen mag: Wir kommen nicht darum herum, uns mit der Realität heutigen Sterbens auseinanderzusetzen. Dieses Buch ist eine Einladung, sich dieser Herausforderung zu stellen und sich auf sie einzulassen – schon bevor sich das Ende unseres Lebens abzeichnet. Getragen sind die folgenden Überlegung von der uralten Überzeugung, dass sich die Auseinandersetzung mit dem Sterben, mit der eigenen Sterblichkeit lohnt – nicht nur, um am Ende des Lebens besser mit den sich stellenden medizinischen Entscheidungssituationen umgehen zu können, sondern um bereits mitten im Leben bewusster und intensiver zu leben. Das heißt, so zu leben, dass man lebenssatt wird und zu gegebener Zeit das Leben auch loslassen kann.

Wir hoffen, dass die folgenden Seiten dazu beitragen, dass mehr Menschen die Chance selbstbestimmten Sterbens als Ausdruck von Freiheit wahrnehmen können und einigermaßen sachkundig damit umgehen lernen. Und dass die folgenden Ausführungen zu einer offeneren Haltung der Medizin gegenüber dem Lebensende beitragen. Der Aufbau des Buches bzw. die Abfolge der Kapitel hat aus unserer Sicht eine innere Logik. Dennoch sollte es für jede Leserin möglich sein, dort mit der Lektüre zu beginnen, wo ihr besonderes Interesse liegt, und das eine oder andere Kapitel gegebenenfalls auch einfach zu überspringen. Das sollte dem Verständnis des Inhalts keinen Abbruch tun.

An der Entstehung eines Buches sind immer verschiedene Personen und Institutionen beteiligt. Darum haben wir als Autoren Grund zum Danken: Einmal den »Erstleserinnen und -lesern« des Manuskriptes für ihre hilfreichen Rückmeldungen: Lotti Eigenmann, Ursa Neuhaus, Eva Niedermann, Markus Minder und Dr. Uwe Sperling. Ihre Kommentare haben uns bei der Überarbeitung des Textes weitergeholfen. Sodann dem Verlag rüffer&rub für die engagierte Begleitung dieses Buchprojektes insbesondere durch Anne Rüffer, die das Manuskript lektoriert hat.

Zürich, im Juli 2020

Heinz Rüegger & Roland Kunz

Über selbstbestimmtes Sterben

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