Читать книгу Carringo - Ein Mann rechnet ab: Western Roman - Heinz Squarra - Страница 6

1

Оглавление

Jonathan Parker zügelte sein Pferd und schaute in das Flimmern über dem leuchtenden Sand. Die große Saguarokakteen. Yukkabüsche und Cottonwoods wurden von der Lichtspiegelung verzerrt und waren manchmal nahe, dann wieder weit entfernt zu sehen. Auch die zweispännige Kutsche, die sich näherte, schien solche Entfernungssprünge zu vollführen.

Parker zog das Gewehr aus dem Scabbard und repetierte es. Finstere Entschlossenheit zeichnete das Gesicht des fünfundfünfzigjährigen Mannes. Er streckte seine vierschrötige Gestalt im Sattel. Sein eisgraues Haar hing unter dem verstaubten Hut hervor und umrahmte etwas wirr den kantigen Schädel. Fest packten die großen Hände des Händlers und Fuhrunternehmers aus Horsehead Tanks die Waffe. Seine Lippen pressten sich zusammen.

Schon waren das entfernte Hufgetrappel und das Knallen der Peitsche zu hören.

„Komm nur, Jeremy Jones“, murmelte der Reiter verbissen. „Ich warte bereits auf dich!“

Er schnalzte mit der Zunge, lenkte sein Pferd bis zu zwei hohen Cottonwoods und hielt zwischen ihnen im weit nach unten hängenden Geäst. Jetzt konnte man ihn von der Kutsche aus erst sehen, wenn es zu spät war, umzukehren und das Weite zu suchen.

Lauter wurden die Geräusche. Ein Mann schaute hinten aus dem Gefährt und rief dem Fahrer etwas zu.

Obwohl Parker wusste, wen er erwartete, schlug ihm beim Anblick jenes Fahrgastes das Herz schneller. Der Insasse der Kutsche war vierzig Jahre alt, mittelgroß und dick und hatte ein gedunsenes, von Schweiß überzogenes Gesicht. Zwischen seinen Wurstfingern steckte eine dicke

Zigarre, mit der er herumfuchtelte.

Jonathan Parker lenkte das Pferd aus der Deckung. Der Zweispänner war nur noch zwanzig Yards entfernt. Sein Fahrer sah Parker sofort. Er trat auf den hölzernen Fußhebel am Bock, beugte

sich nach hinten und zog jäh die Zügel an. Auch der dicke Wageninsasse erkannte den Reiter. Die Brasil entfiel seinen Fingern und blieb im Staub zurück. Das Gefährt hielt.

Parker war noch exakt acht Yards vom Wagen entfernt. Sein Gewehr zielte auf Jeremy Jones, den Reisenden.

„Aussteigen!“, befahl er Schroff.

Der Fahrer setzte sich stockgerade und vermied es, nach unten zu schauen.

„Los, Jones, aussteigen!“, befahl Parker noch einmal. „Das Spiel ist für dich gelaufen!“

„Ich bin Beamter der Regierung!“, stieß der schwitzende Mann in der Kutsche hervor.

Parker lächelte hart. „Ich weiß, Jones. Und was für ein Beamter!“

„Ich kann nichts dafür, dass man Ihnen die Lieferverträge für die Reservation abgenommen hat!“, jammerte der Dicke. „Ich habe nur meine Pflicht getan.“

„Sie haben die Verträge nur einem anderen zugeschanzt, der Sie dafür bezahlte“, entgegnete Parker. „Und mir habt ihr eine Falle gestellt, in der ich umkommen sollte. Aber ich lebe. Aussteigen!“

„Fahren Sie weiter!“, rief der Beamte der Regierung und Beauftragte für die Vergabe der Reservatslieferungen in Texas dem Fahrer zu.

Doch der Mann saß steif wie eine Puppe auf dem Bock und schien nicht zu hören.

Parker ritt weiter, beugte sich zur Seite und öffnete mit der linken Hand den Schlag.

Jones schob sich auf der gepolsterten Bank zurück. Doch er reagierte nicht schnell genug. Der vierschrötige Fuhrunternehmer packte ihn am Kragen und riss ihn aus dem Wagen.

Das Pferd schnaubte und vollführte einen Satz nach der Seite.

Jeremy Jones stieß einen Schrei aus, fiel aus dem Gefährt und stürzte in den Sand.

Der Kutscher knallte mit der Peitsche. Die beiden Pferde zogen an. Wild pendelte der offene Schlag herum, krachte gegen die Seitenwand, schleuderte zurück und schnappte zu.

Staub hüllte Parker und den auf der Frachtstraße liegenden Mann ein. Jones hob die Hand, als wolle er winken.

„Warten Sie!“, rief er. „Warten Sie doch!“

„Vorwärts, schneller!“, rief der Fahrer seinen Pferden unter heftigem Peitschenknallen zu.

Das zweispännige Gefährt entfernte sich rasch und wurde unsichtbar.

„Ich tue doch nur meine Pflicht!“, rief der zitternde Regierungsbeamte. Er begriff, dass er sich nach dem großen Geschäft seines Lebens viel schneller nach Washington hätte absetzen müssen, wollte er nicht nur seine Haut, sondern auch den Profit retten.

Jonathan Parker saß ab und ließ den Zügel aus der Hand fallen. Und weil er in dem zitternden, schwitzenden Mann auch keinen ernsthaften Gegner mehr sah, schob er sein Gewehr in den Scabbard. Sein Schatten fiel auf die Jammergestalt, und er entdeckte den dicken Geldgürtel, den der andere unter der offenstehenden, städtischen Jacke umgeschnallt trug. Parker beugte sich hinunter, raffte mit einer Hand die Jackenaufschläge zusammen und zerrte den Beamten auf die Füße.

Jones Gesicht glich einer reifen Tomate. Die Schweißströme liefen auf Jacke und Hemd.

Dieser Mann hatte Jonathan Parker zum Verbrecher gestempelt und verhaften lassen. Und das alles nur, um eine Legitimation dafür zu erhalten, ihm die Lieferverträge der Regierung entziehen zu können. Alles war sorgfältig und von langer Hand geplant gewesen und hatte nur dem einen Zweck gedient, die Lieferungen einem anderen zuzuschanzen. In Jones hatten die Halunken die Gestalt gefunden, die sie für ihre Pläne in der Regierung brauchten. Aber ihre Rechnung war nicht aufgegangen. Er, Parker, war frei und nicht gebrochen. Er gedachte, um sein Recht zu kämpfen, und er hatte an dieser Stelle angefangen.

„Du wirst alles erzählen, Jones“, versicherte Parker und zog den an der Jacke gepackten Halunken dicht zu sich heran. „Und du wirst kein Wort von der Wahrheit vergessen. Du wirst das auch an der richtigen Stelle von dir geben, damit es amtlich aufgeschrieben wird. Hast du kapiert?“

Jones blickte ihn mit hervorquellenden Augen an. Parker nahm ihm den Geldgürtel ab und stieß ihn zurück. Jones ruderte mit den Armen, stolperte und fiel hin.

Der Händler und Fuhrunternehmer aus Horsehead Tanks öffnete den Geldgürtel und kriegte große, staunende Augen. Der Judaslohn für Jones Dienste übertraf noch seine kühnsten Erwartungen. Tausende von Dollars leuchteten ihm in bunten, knisternden Scheinen aus dem offenen Geldgürtel entgegen.

Jones stierte ihn an.

„Hölle und Schwefel, haben die sich das was kosten lassen“, murmelte Parker kopfschüttelnd.

Während der Händler noch beschäftigt war, das herausquellende Geld wieder in den Gürtel zu stopfen und ihn zu schließen, entschloss sich Jeremy Jones, die einzige Chance zu nutzen, die er noch sah. Er sprang auf, war mit drei Schritten bei dem Pferd und schwang sich in den Sattel. Seine Überraschung gelang. Parker hatte nicht damit gerechnet. Doch das Pferd stand ungünstig. Sein Kopf war dem Händler zugekehrt, und der konnte nach dem Kopfgeschirr greifen, als Jones dem Tier die Absätze in die Seiten stieß.

Parker verlor den Geldgürtel. Das Pferd wieherte. Jones stieß ihm noch einmal die Absätze in die Flanken, aber zum Glück hatte er keine Sporen. Dennoch ging das Pferd los. Parker wurde mitgerissen, verlor den Boden unter den Füßen verkrampfte die Hände um das Kopfgeschirr und brachte das Pferd dadurch wieder zum Stehen.

Jones fluchte und riss das Gewehr aus dem Scabbard. In letzter Sekunde entging Parker auch dem Tod. Er packte den Lauf und riss die Waffe aus den Händen des anderen. Bevor Jones wieder versuchen konnte, zu fliehen, schnappte Parker dessen Bein.

Jeremy Jones stieß einen entsetzten Schrei aus, als er aus dem Sattel stürzte. Er schrammte auf die Schulter, wurde wieder auf die Füße gerissen und sah vor seinem Gesicht die bullige Faust des Fuhrunternehmers auftauchen. Bevor er begriff, was geschah, traf ihn Parker voll. Er landete im Staub.

„Du entgehst mir nicht mehr“, sagte Parker grimmig, als er den Geldgürtel aufhob.

Carringo - Ein Mann rechnet ab: Western Roman

Подняться наверх