Читать книгу Carringo und die verbotene Stadt: Western - Heinz Squarra - Страница 8

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Gus Feiler grinste gemein, als er auf die Kirche zuritt.

Die Sektierer hatten das alte Gebäude verlassen und standen auf der Straße Spalier zu beiden Seiten der Fahrbahn. Ganz am Ende, vor dem schiefhängenden Portal, tauchte der weißbärtige Bruder Holy in seinem langen, kuttenartigen Gewand auf.

Hass Stelly waren die Hände zusammengebunden. Ein Lasso verband die Arme mit dem Banditen auf dem Pferd, so dass Stelly nichts weiter übrigblieb, als dem Pferd zu folgen, wollte er nicht umgerissen und über den Boden geschleift werden.

Schmährufe waren das erste, was Stelly von der fanatischen Menge der Gläubigen hörte. Noch vor wenigen Stunden waren sie Glaubensbrüder gewesen. Dann hatte es für ihn genügt, den ewigen Gesang der Vorbeter nicht mehr hören zu müssen, um die eigenen Gedanken zu ordnen und das Absurde ihrer Situation zu begreifen.

Der Reiter gab seinem Pferd jäh die Sporen.

Stelly konnte nicht mehr so schnell und wurde umgerissen. Hart stürzte er auf den Boden. Das Lasso straffte sich sofort und riss ihn weiter. Das fadenscheinige Hemd zerfetzte wie auf einem Reibeisen. Sein Kinn schabte über den Sand. Er rutschte in eine hart gewordene Rinne, wurde gedreht und ein Stück auf dem Oberarm weitergezerrt. Er meinte, dass ihm die Arme aus den Schultern reißen müssten. Das war die Hölle, die er sich schlimmer nicht auszumalen vermochte.

Plötzlich ließ der Zug nach. Aber kaum lag er still, stürzte die aufgepeitschte Menge von rechts und links heran. Stelly wurde ergriffen, auf die Beine gestellt und mit Knüppeln, Holzkreuzen und Feldwerkzeugen geschlagen, bis er wieder zusammenbrach und nicht mehr merkte, was mit ihm geschah.

Es rauschte in seinen Ohren und pochte in den Schläfen. Er dachte, es könne nur ein böser Traum sein, den er durchlebte und aus dem er daheim in Whipple in seinem Bett jeden Augenblick in Schweiß gebadet erwachen musste.

Er wurde hochgerissen und losgelassen, taumelte, drohte wieder umzufallen und wurde gestützt. Es war kein Traum.

Bruder Holy ging von der Kirche auf ihn zu. Fackelschein beleuchtete sein hartes Gesicht mit den glühenden, hypnotisierenden Augen und seinem langen Bart, der wie Silber vom Kinn und den Wangen bis auf die Brust floss.

Der Sektenanführer blieb vor ihm stehen. Die anderen ließen Hass Stelly los und traten zurück.

Bruder Holy schüttelte den Kopf. Eher traurig als wütend schaute er auf den ungläubig gewordenen Mann mit den Fesseln und dem Lasso an den Händen.

„Dich hat der Teufel verhext!“

Die Menge um Stelly herum stimmte ein dumpfes Geheul an, das an die Kojoten in den Bergen erinnerte.

Stelly wurde immer elender zumute und er wusste auf einmal nicht mehr, ob es nicht doch eine große Sünde gewesen war, dem neuen Glauben so rasch wieder abzuschwören, nur weil die Arbeit hart wie eine Fron, das Essen schlecht und wenig und das Leben wie das eines Sklaven war.

„Du hast die Kirche der Engel verraten wollen!“, fuhr Bruder Holy ihn mit jäh veränderter Stimme an.

Stelly zuckte wie unter Peitschenhieben zusammen, wollte zurückweichen, stieß aber gegen die Menge und wurde mit Holzkreuzen traktiert. Er stürzte auf die Knie.

„Tod allen Ungläubigen!“, brüllte ein fanatischer Sektierer im Hintergrund.

„Tod! Tod!“, riefen ein paar andere.

Das wilde Geheul, das nichts Menschliches mehr hatte, hallte wieder durch die Stadt, bis Bruder Holy die Hände in den Himmel reckte. Stille kehrte ein.

„Auf ihm liegt der Fluch der Hölle!“, verkündete Bruder Holy. „Er ist ein neuer Judas, den wir erkennen sollten.“

„Tötet ihn!“, schrie der Mann im Hintergrund. „Reinigt ihn mit seinem eigenen Blut!“

Beipflichtendes Brüllen ertönte. Schon drängte die Menge wieder näher und hob die Requisiten und Werkzeuge, um Hass Stelly zu erschlagen.

Bruder Holys Augen leuchteten. Diese Nacht wurde zu einem Triumph für seine Heilsverkündung, denn seine Anhängerschaft schweißte sich im Hass auf den einzelnen fester zusammen. Aber wieder hob er die Hände, um zu prüfen, wie groß sein Einfluss auch unter solchen ungünstigen Vorzeichen noch war.

Sie schwiegen und blickten auf seine Lippen und in seine glühenden Augen.

„Wir wollen ihn bekehren“, verkündete Bruder Holy. „Lasst ihn Buße tun und uns versuchen, seine Seele zu retten!“

Ein paar Sekunden war es still. Die Menge reagierte verblüfft. Hatte es eben noch so ausgesehen, als dürften sie den Abtrünnigen totschlagen, so war jählings ihr Verständnis gefragt.

Bruder Holy kniete auf den Boden, reckte die zusammengefalteten Hände in den Himmel und sprach ein kurzes Gebet, das eine Fürbitte für den Gestrauchelten war, wie er Stelly nannte. Dann stand er auf.

„Du musst büßen, mein Bruder! Finsternis und Hunger werden dir dabei helfen!“

Ein Wink Holys ließ ein paar kräftige Vorbeter aus der Menge treten. Stelly wurde ergriffen und von den Fesseln und dem Lasso befreit. Sie schleiften ihn zu einem Gebäude, das einen Keller hatte, und stießen ihn die Treppe hinunter in die Dunkelheit.

Hass Stelly war zu schwach, um so schnell nach unten laufen zu können. Er stolperte schon auf der zweiten Stufe, rutschte ab, stürzte und rollte die Stiege hinunter.

Auf kaltem Boden blieb er benommen liegen. Die Tür stand noch offen. Fackelschein reichte bis tief in den Keller.

Stelly hob den Kopf und sah kahle Lehmwände vom festgestampften Boden bis zur Decke. Kein einziger Gegenstand stand herum, kein Stuhl, kein Talglicht, keine Lampe, nichts.

„Es waren zwei“, sagte oben der Bandit. „Aber unsere Leute sind schon hinter dem anderen her.“

Bruder Holy schaute auf Sam Brewman, den Anführer der Banditen, die inzwischen die Funktionen einer Schutztruppe übernommen hatten, aber eher nach innen als nach außen gerichtet.

Brewman war mittelgroß, bullig, stiernackig und schrankbreit. Kleine, tückische Augen blickten aus dem stoppelbärtigen Gesicht mit der Boxernase. Brewman grinste den Sektenführer an. Er war kein dummer Gläubiger, der Holys Sprüchen glaubte, da ihm jegliche Frömmelei abging. Eher fühlte er sich wie ein Geschäftspartner des Seelenmasseurs, der für ihn schlicht ein Rattenfänger war. Holy sammelte alles ein, was einstmals materieller Besitz seiner Sektenmitglieder gewesen war und was sie unterwegs in Städten, auf Ranchos und Farmen zusammenbettelten. Und Sam Brewman war fest entschlossen sich davon einen gehörigen Anteil zu sichern.

„Es ist Berry Miles“, sagte eine Frau, die wie Stelly und Mine in Whipple den Verheißungen Holys erlegen war und alles hatte stehen und liegen lassen, um mit der Sekte zu ziehen.

Bruder Holy schaute auf die versammelte Menge im Fackelschein. Sein Blick glitt von einem Gesicht zum anderen, und er wählte ein paar ihm ganz besonders ergebene Männer aus, die er zusätzlich zu den Banditen hinter dem Flüchtling her hetzte.

Carringo und die verbotene Stadt: Western

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