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Sorgen

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Der Song “Still” von Jupiter Jones gefällt mir total gut. Der spricht mein Herz an. Das ist bestimmt bei vielen Leuten so. Musik hat schon mein ganzes Leben begleitet. Sie drückt meine Gefühle aus und sie holt mich in besonders schlimmen Situationen wieder ins Leben zurück. Manchmal unterstreicht sie auch meinen Schmerz. Ich suhle mich in meiner Trauer und denke darüber nach wie schlecht es mir überhaupt geht. Ich leide wie ein krankes Tier, aber nach einer Weile geht es dann wieder bergauf. Es gibt auch Lieder die lösen in mir eine Trotzphase aus. Das brauch ich, wenn ich mal wieder total enttäuscht oder verletzt wurde. In meiner Trotzigkeit merke ich dass es mir besser geht, wenn ich mehr oder weniger allein durchs Leben ziehen sollte. Und das ich das auch allein schaffen kann. Ich weiß, diese Einstellung ist total beschissen. Stolz bin ich darauf nicht. Aber es tut einfach nicht so sehr weh. Ich hoffe ja, dass in einer Therapie bei mir so etwas wie Vertrauen wachsen kann. Vielleicht bekomme ich dadurch auch ein dickeres Fell. “Du brauchst ein viel dickeres Fell!” Das sagt meine Kusine immer zu mir. Sie hat Recht.

Meine Jungs machen mich noch mal verrückt. Sie schreiben eine fünf nach der anderen. Und denken sie können sich dazu noch alles Weitere erlauben. Mein großer hat sich jetzt für den T-Führerschein angemeldet. Ich bin wirklich gespannt ob er das hinbekommt. Lernen will er dafür nämlich auch nicht. Wenn ich daran denke wie schlau das Kerlchen eigentlich ist, ist es wirklich schlimm, dass er aber auch gar keine Lust hat ein kleines bisschen dafür zu tun. Man hat damals bei ihm ADHS diagnostiziert. Zwei Mal und das bei zwei verschiedenen Psychiatern. Ich hab mir schon damals gedacht, dass irgendetwas nicht stimmt bei Olli, denn schon im Kindergarten war er extrem auffällig. Regeln schienen für Olli praktisch nicht vorhanden. Warum muss man denn auch im Stuhlkreis sitzen bleiben? Wozu Kreise und Dreiecke zu Gruppen zuordnen und aus welchem Grund sollte man irgendetwas ausschneiden? Olli probierte lieber, wie man einen der untersten Bausteine der grandiosen Bauwerke anderer Kinder herausziehen kann, um zu genießen wie das Ganze mit lautem Geklapper in sich zusammenfällt. Oder er drehte die Schrauben der Autos raus, natürlich mit einem Messer das er in der Kindergartenküche entdeckt hatte. Das Schlimmste was er in dieser Zeit aber gemacht hatte war, dass er die Farben rot, blau gelb und grün einfach nicht sagen wollte. Die Kindergärtnerin sagte: ”Ihr Kind hängt sehr weit zurück!” Olli sagte mir: ”Die Frau Pieper war so laut, der wollte ich nicht sagen dass das Männchen rot ist.”

Mittlerweile ist Olli fünfzehn. Die normale Schulzeit war für uns alle die absolute Hölle. Ich weiß nicht wie er und wir das haben aushalten können. In der 3. Klasse haben wir es für ein Jahr mit einem Medikament mit dem Namen Medikinet probiert. Ich war zu dieser Zeit nervlich so erledigt, dass ich allem

zugestimmt habe, was man mir vor die Nase gesetzt hat. Medikamente, Ergotherapie, psychomotorisches Turnen, Konzentrationstraining, Psychotherapie. Ich weiß nicht wie viele Stunden ich in Wartezimmern

verbracht habe. Und wie viel Zeit ich mich nicht um meinen zweiten Sohn kümmern konnte – das kann ich nie wieder gut machen. Die Leute warfen mir vor ich würde mich nicht genug um mein Kind kümmern. An mein zweites Kind haben sie anscheinend nie gedacht. Tja, selbst meine Schwiegermutter hat mir hinter vorgehaltener Hand Vorwürfe gemacht. Doch ich glaube, sie wusste es auch nicht besser.

Die Lehrer von Olli fragten ihn täglich:” Hast du heute deine Tabletten genommen?” Das machten sie immer dann, wenn er mal etwas gemacht hat was nicht der Norm entsprach. Eine wirklich tolle Gesellschaft. Die Medikamente hab ich nach gut einem Jahr heimlich wieder abgesetzt. In den Sommerferien. Zu diesem Entschluss kam ich, als ich bei unserem Apotheker das Zeug vorbestellen wollte. Es war Samstag und er sagte mir er könnte es erst am Montag bestellen. Eigentlich war mir das ja egal, aber ich hatte erst nicht verstanden was er mir damit sagen wollte. Diese Art von Medikamenten darf ich nicht übers Wochenende in der Apotheke lassen. Ich fragte damals was denn das für merkwürdige Vorschriften seien. Ach Frau Juli, die fallen doch unter das Betäubungsmittelgesetz. Wussten sie das nicht? Früher war dieses Medikament ein Dopingmittel.

Nach diesen Worten war mir Sonnenklar: Mein Sohn wird diesen Scheiß nicht mehr lange nehmen. Wie kann man einem Kind so ein Gift verschreiben!!?? Das war für mich nicht zu fassen. Der Arzt war von diesem Tag an für mich gestorben.

Ich bitte alle Mütter auf dieser Welt: Lasst euch nicht eure Kinder vergiften!!

Leben - nicht nur irgendwie sondern richtig!

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