Читать книгу Ein Schmerz der nie vergeht - Helga Deuss - Страница 3

Prolog

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Vierundachtzig Jahre bin ich alt, habe zwei fleißige Töchter, acht wunderbare Enkelkinder und das Allerschönste für mich ist mein Urenkel, das schönste Kind dieser Welt. Immer wieder bin ich sehr froh darüber, dass meine Kinder und Enkelkinder bisher nicht erleben brauchten und in Zukunft hoffentlich auch nie erleben müssen, was ich als Kind in meiner Heimat Königsberg, dem heutigen Kaliningrad, im Zweiten Weltkrieg und nach Kriegsende als Wolfskind durchleben musste. Den vielen Qualen zum Trotz haben ich überlebt, je- doch die Grausamkeit des Krieges in seiner vollen Ausdehnung erlebt. Gewalt gegen Frauen aber auch gegen uns Kinder, die in dieser Zeit keinerlei Schutz zu erwarten, hatten war weit verbreitet. Bei aller Gleichgültigkeit und Grausamkeit bin ich in dieser schlimmen Zeit aber auch Menschen begegnet, die sich ihre Menschlichkeit bewahrt hatten um mit uns elternlosen Wolfskindern, von denen es viele gab, das wenige Teilten was ihnen noch geblieben war, seien es Lebensmittel, Kleidung oder ein Platz zum Schlafen um vor Raub und Vergewaltigung sicher zu sein.


Das unbeschreibliche Chaos, dass ein Krieg verursacht, die Anarchie und Rechtlosigkeit aber auch der Verlust der Kindheit einer ganzen Generation und das Wissen darum, zu welchen Untaten Menschen fähig sind, prägt meine Generation bis heute. Zu stehlen und auf dem Schwarzmarkt Lebensmittel zu „organisieren“ war keine Frage von Recht und Ordnung, von erlaubt oder verboten, sondern lebensnotwendig. Es wurden von uns Kindern Aufgaben übernommen, die in Friedenszeiten von Erwachsenen erledigt worden wären, wir jedoch ha- ben das nicht hinterfragt. Wir haben funktioniert. Weil es gegeben und noch dazu lebens- notwendig war. Trotzdem haben wir alle Hunger gelitten und auch eine Menge Dinge gesehen, die nicht für Kinderaugen bestimmt sind. Wem der Urinstinkt des Überleben-Wollens fehlte, der fiel in kürzester Zeit Krankheit oder Hunger zum Opfer.


Der Verlust der Heimat, die Kriegserlebnisse, aber auch der Tod lieber Angehöriger aus jener Zeit: Das ist ein Schmerz, der nie vergeht.

Die Geschichte von uns Wolfskindern und unserem Überlebenswillen aber auch das Wissen um die Grausamkeit des Krieges aus der Sicht eines Kindes sollen mit dem vorliegenden Buch der Nachwelt erhalten bleiben, damit unsere Geschichte nicht vergessen wird.



Ein Schmerz der nie vergeht

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