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Einleitung und Danksagung

Als ich vor einiger Zeit von Wilfried Schubarth, einem der Mitherausgeber der Reihe »Brennpunkt Schule« im Kohlhammer-Verlag, gefragt wurde, ob ich ein Buch zu Konfliktkultur in Schule schreiben könne, war noch nicht absehbar, wie einschneidend die Corona-Pandemie sich auf die Schule auswirken würde. Insofern greift dieses Buch diese wie auch etliche andere Phänomene auf, die ihren Niederschlag in der Schule finden. Stand in früheren Jahren das Thema Gewalt in Schulen auf der Tagesordnung, so beunruhigen heute Antisemitismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit nicht nur Lehrkräfte und Pädagoginnen und Pädagogen. Mobbing ist nach wie vor ein Problem, verschärfend wirken sich aber Cyber-Mobbing sowie Hass und Hetze im Netz aus. Die Globalisierung hinterlässt so auch ihre Spuren in der Schule bei gleichzeitig mangelnder Medienkompetenz und deren Vermittlung in der Schule.

Auch wenn sich negative Auswirkungen gesellschaftlicher Phänomene in der Schule zeigen, so gibt es doch eine große Chance, diesen entgegen zu wirken, denn Schule ist der Ort, an dem nahezu alle Kinder und Jugendliche erreicht werden können.

Die Corona-Pandemie hat Verschwörungsideologen, Leugner und sogenannte Querdenker auf den Plan gerufen, die die Wirklichkeit und deren Komplexität ausblenden und die Unsicherheiten, die nicht nur durch die Klimakrise in der Zukunft absehbar sind, populistisch ausnutzen und das demokratische Gemeinwesen in Frage stellen. Diesen Tendenzen muss sich die Schule entgegenstellen. »Schweigen ist nicht neutral« ist der Titel eines Dossiers des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Dieses markiert die Notwendigkeit, auf der Grundlage der Grund-, Kinder- und Menschenrechte überall dort die Stimme zu erheben, wo diese Rechte verletzt werden.

Alte Gewissheiten werden immer wieder in Frage gestellt, die Schule unterliegt einem ständigen Wandel. Das muss nicht als Hindernis, sondern kann auch als Chance gesehen werden. Dazu muss sich Schule diesen ständigen Veränderungen stellen, wie es in einem demokratischen Schulentwicklungsprozess gut gelingen kann. Denn es gilt, schon früh einen demokratischen Habitus (Wolfgang Edelstein) zu entwickeln, um Gesellschaft in diesem Sinne mitzugestalten. Eine Schule sollte dabei sinnliche Räume (Horst Rumpf) anbieten, denn so erst werden Kompetenzen lebendig und können gelebt werden.

Die meisten Schulen – insbesondere in der Mittel- und Oberstufe und deutlich weniger in den Grundschulen – folgen einem Muster von abfragbarem Lehrstoff durch Tests. Philosophisches Denken wird marginalisiert, wie es Edgar Morin (2012) konstatiert. Die Nachhaltigkeit von nur angehäuftem Wissen ist begrenzt. Insbesondere werden oft Fragen, die komplexeres Denken erfordern, nicht erörtert oder nur am Rande gestreift. Primär wird in Schule nicht in Projekten gelernt, die eine umfassende und komplexere Form des Verständnisses von gesellschaftlichen Phänomenen ermöglichen können. Dies zeigt sich beispielsweise beim Thema des Verständnisses der Klimakrise, die es erfordert, naturwissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Phänomene gemeinsam zu denken. Auch die Verletzlichkeit der Gesellschaften, wie es sich in der Corona-Pandemie zeigt, erfordert es, in der Schule nicht nur ein Verständnis dafür zu entwickeln, sondern auch zu lernen, mit Ungewissheiten umzugehen. Denn diese werden unser Leben in Zukunft immer mehr bestimmen. In der Praxis der Schule zeigt sich, dass diese Form des Lernens nicht den notwendigen Raum erhält. Auch wurden Kinder und Jugendliche in der Corona-Zeit in der Regel in Hinblick auf das Lernen nicht befragt und daher ihre Bedürfnisse nicht berücksichtigt. Demokratielernen hat in diesem Zusammenhang einen zentralen Stellenwert. Es gibt Anstöße, um ein Bewusstsein für das Verständnis gesellschaftlicher Phänomene zu entwickeln.

Dieses Buch möchte Mut machen, bestehende Ansätze demokratischen Lernens in der Schule zu verstetigen oder sich auf den Weg zu machen, die eigene Institution so zu verändern, dass eine andere Lern- und Schulkultur möglich wird und dann bestehen bleibt. Gute didaktische und methodische Ansätze bestehen bereits und lassen sich in der Praxis u. a. bei den Gewinnern des Deutschen Schulpreises in unterschiedlichen Ausprägungen finden. Sie müssen nur in noch mehr Schulen Einzug halten.

In diesem Buch werden im 1. Kapitel ( Kap. 1) die wesentlichen aktuellen Phänomene, die auf Schule wirken, erfasst, beschrieben und analysiert. Im 2. Kapitel ( Kap. 2) werden dann wesentliche theoretische Grundlagen beschrieben, mit denen eine Reaktion auf diese Phänomene möglich ist.

Im Praxisteil werden im 3. Kapitel ( Kap. 3) konkrete Ansätze und methodische Verfahren referiert, die zu einer gelungenen Schulkultur beitragen. Diese werden im 4. Kapitel ( Kap. 4) ergänzt um konkrete Hinweise auf Literatur und Institutionen, die die Schule bei ihren vielfältigen Aufgaben unterstützen können. Schließlich erörtert das 5. Kapitel ( Kap. 5) ausgewählte Methoden, die direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Den Abschluss bilden eine Zusammenfassung und ein Fazit.

Danksagung

Die Arbeit an diesem Buch wäre nicht möglich gewesen, wenn ich nicht von verschiedener Seite Unterstützung erfahren hätte. Insofern möchte ich mich sehr bei Marion Altenburg-van Dieken bedanken, die mit mir die Konzeption des Buchs erstellt und kritisch die Texte durchgesehen und Anregungen gegeben hat. Ferner bedanke ich mich herzlich bei Christa Kaletsch und Manuel Glittenberg für viele gute Anregungen im 1. Kapitel. Tipps zum Thema sexuelle Gewalt habe ich von Nikola Poitzmann erhalten. Stefan Rech gab mir wichtige Impulse zum Abschnitt Dialogverfahren im 3. Kapitel. Ganz besonders möchte ich mich beim Team »Zusammenleben neu gestalten« der DeGeDe Hessen (Kaletsch/Glittenberg/Rech) bedanken, die mir viele ihrer Ideen und methodischen Anregungen zur Verfügung gestellt haben, die sich insbesondere im 5. Kapitel finden. Die Herausgeber Fred Berger, Wilfried Schubarth, Sebastian Wachs und Alexander Wettstein haben das Manuskript sorgfältig gelesen und mir gute Anregungen gegeben, Julian Gutsche hat die grafischen Darstellungen und Tabellen gut aufbereitet. Gute Unterstützung erhielt ich auch von Klaus-Peter Burkarth und dem Lektorat des Kohlhammer-Verlags. Dafür bin ich allen dankbar. Mein Dank gilt auch meiner Frau Maria Ernst für die wohlwollende und kontinuierliche Begleitung in der Schreibphase.

Neu-Anspach, September 2021

Helmolt Rademacher

Konfliktkultur in der Schule entwickeln

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