Читать книгу Käpten Rumbuddel und Pietje - Helmut Höfling - Страница 4
Das kommt vom Schmökern
ОглавлениеWir segelten also eines Tages wieder auf hoher See. Niemand von uns ahnte, dass wir schon bald eines der tollsten Abenteuer erleben sollten – auch nicht Smutje, unser dicker Koch, und nicht der Schiffsjunge Pietje, der gerade in die Kombüse trat.
„Was gibt’s denn heute Mittag zu essen, Smutje?“, fragte der Schiffsjunge.
„Fisch und Kartoffeln“, brummte der Koch.
Der Junge rümpfte die Nase und meinte: „Jeden Tag das gleiche. Wenn Sie wenigstens mal den Fisch anders machten, statt ihn immer nur zu braten. Auf die Dauer hängt einem der Bratfisch zum Hals raus.“
„Umso besser! Dann sparen wir heute eine Portion.“
„Wieso?“
„Deine!“
Pietje zog ein schiefes Gesicht, als er sah, dass der Koch ihn schadenfroh auslachte.
„Hunger hab ich trotzdem!“, knurrte der Junge. „Ich meine bloß, wenn Sie mich mal den Fisch kochen ließen. So was Leckeres haben Sie noch nie gegessen!“
„Eigentlich müsste ich dir je eine runterhauen“, antwortete der Koch, „weil du so frech bist und mir altem Seebären Vorschriften machen willst. Aber von mir aus koch, was du willst! Ich habe heute sowieso noch genug Arbeit im Laderaum.“
Damit hatte Smutje zweifellos Recht. So groß ist die Fliegende Möwe nun gerade nicht, dass ein Koch voll beschäftigt wäre. Unser Smutje kochte, wenn es Zeit dazu war, und in den übrigen Stunden arbeitete er an Deck oder im Laderaum. Da er an jenem Tag sowieso keine große Lust zum Kochen hatte, kam ihm Pietjes Angebot sehr gelegen.
„Ich werde ein Essen auf den Tisch zaubern, das sich sehen lassen kann!“, brüstete sich der reichlich vorwitzige Schiffsjunge.
Smutje griente und meinte: „Ich lasse mich überraschen. Und wenn’s nach sauren Heringsschwänzen schmeckt, kann ich dir ja immer noch die Hose stramm ziehen.“
Tja, so fing die Sache an mit Smutje und Pietje.
Kaum hatte der Koch die Kombüse verlassen, da machte sich der Junge auch schon mit wahrem Feuereifer an die Arbeit. Er schuppte die Fische schön sauber und nahm sie aus. Dann legte er sie in einen Topf mit wenig Wasser, schnitt Möhren, Zwiebeln und Sellerie dazu und ließ alles auf dem Herd dünsten. In einen zweiten Topf schüttete er Kartoffeln, und da es Pellkartoffeln werden sollten, brauchte er sie nicht erst noch zu schälen.
Nun dauert ja alles seine Zeit, bis es gar ist. Und Pietje wurde es zu langweilig, immer vor dem Herd zu stehen und zu warten. Deshalb nahm er sich einen Indianerschmöker, hockte sich in eine Ecke und begann zu lesen. Es muss ein verflixt spannendes Buch gewesen sein! Jedenfalls hatte unser Pietje nur noch Augen und Ohren für den Schmöker.
Und seine Nase…?
Tja, die klebte so fest an der Indianerfährte, dass Pietje nicht roch, was in der Kombüse stank: die Fische nämlich und die Kartoffeln. Sie waren so angebrannt, dass sie schwarz wie Kohlen aussahen! Erst als Smutje die Tür aufriss und mit einem Donnerwetter in die Kombüse reinplatzte, merkte der Junge, was los war.
„Du Satansbraten, nennst du das kochen? Aus der Kombüse kommt ein Qualm, als stände das Schiff in Flammen! Ich hab’s sogar unten im Laderaum gerochen.“
Erschrocken sprang Pietje auf und starrte den Koch verdattert an. „Ich – ich -“, stammelte er. „Es können nur die Kartoffeln sein.“
Da hob der Koch den Deckel vom Topf ab, in dem die Fische waren, und rief:
„So, und was ist hier mit den Fischen? Von denen ist auch nicht mehr übrig als schwarzer Dreck.“
„Die können gerade erst angebrannt sein. Ich hab die ganze Zeit dabeigesessen“, entschuldigte sich Pietje. „Sonst hätte ich doch was riechen müssen.“
„Wahrscheinlich hast du dir seit Jahren die Nase nicht mehr geputzt.“
Der Junge wollte aufbrausen. Aber er schluckte seine Antwort hinunter, als er den lauernden Blick des Kochs bemerkte, der etwas entdeckt zu haben schien.
„Sag mal, du Lausejunge, was hältst du denn da dauernd hinterm Rücken versteckt?“
„Ich…?“, fragte Pietje mit dem unschuldigsten Gesicht von der Welt. „Ich – eh -“
„Also, was ist das?“
„Das – das ist nichts, Smutje. Wirklich rein gar nichts!“
Mit einem Satz sprang der Koch auf den Jungen zu und entriss ihm das Indianerbuch. Er hielt es Pietje dicht unter die Nase und schimpfte:
„Nichts, sagst du? Das sieht aber verdammt nach’ nem Schmöker aus! Darin hast du wohl die ganze Zeit gelesen?“
„Nur ’n bisschen, Smutje.“
„Und wir sollen jetzt das angebrannte Zeug runterwürgen, wie?“
Zerknirscht stand der Junge da. Er war sich seiner Schuld bewusst, und da er die Scharte gern auswetzen wollte, schlug er Smutje rasch vor:
„Ich kann ja sofort was anderes kochen.“
„Dazu hast du leider keine Zeit mehr, mein Junge“, erklärte der Koch mit einem unheilvollen Grollen in der Stimme. “Denn zunächst werde ich dir das Schmökern in der Kombüse ein für alle Mal gründlich versalzen.“
Ohne lange zu fackeln, packte er den Schiffsjungen mit seinen groben Fäusten und legte ihn übers Knie.
„Au…! Au…! Au…!“, jammerte Pietje. Um Smutje davon abzuhalten, noch fester zuzuschlagen, schrie er lauter, als es nötig war.