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Der Zuckerhase

Von Hunden gejagt

Wald und Felder waren tief verschneit. Nur auf manchen Äckern lugte hier und da ein Kohlkopf aus dem Schnee, und an diesen Kohlköpfen knabberten einige Hasen herum, darunter auch Hoppelpoppel.

„Ein vorzüglicher Kohl, findet ihr nicht auch?“, meinte Hoppelpoppel, während er an einer Blattspitze knabberte.

„In diesem Jahr ist er besonders gut“, bekräftigte der zweite Hase.

„Da hat sich der Bauer auch angestrengt“, sagte ein dritter Hase. „Karren voll Mist hat er hergefahren und im Sommer den Boden zweimal aufgehackt.“

„Wenn der wüsste“, meinte sein Nachbar, „dass wir jetzt seinen Kohl auffressen, dann ginge es uns schlecht.“

„Wir Hasen müssen auch leben“, erklärte Hoppelpoppel und ließ es sich weiterhin gut schmecken. „Unseren eigenen Kohl anbauen, können wir nicht. Dafür sind die Menschen da.“

„Pst!“, machte der dritte Hase und stellte seine Löffel hoch. „Seid mal ruhig! Ich höre so etwas wie Hundegebell.“

Alle drei setzten sich auf die Hinterbeine und schauten in die Richtung, aus der sie die Hunde bellen hörten.

„Seht mal“, sagte der zweite Hase, „dahinten kommen Jäger. Jetzt geht’s uns an der Kragen!“

Immer lauter wurde das Bellen, je näher die Meute kam. Für die Hasen war es jetzt höchste Zeit, das Weite zu suchen.

„Wenn wir in verschiedene Richtungen laufen, haben wir mehr Aussichten, lebend davonzukommen“, empfahl Hoppelpoppel den anderen. „Also macht’s gut, ihr beiden!“

Die Hasen stoben davon, dass der Schnee durch die Luft wirbelte.

Aber auch die Hunde waren nicht faul und blieben den Hasen dicht auf den Fersen. Sie hatten es vor allem auf Hoppelpoppel abgesehen, der geradeaus gelaufen war. Mehrmals glaubten die Hunde, zupacken zu können, doch kurz vor ihrer Nase schlug der Hase jedes Mal flink einen Haken und war wieder gerettet. Die Meute dagegen schoss dabei noch ein Stück in die alte Richtung, bis sie eine neue Spur aufnehmen konnte.

Um diese Zeit zogen die drei Wichtel Stips, Stöps und Stups ihren Schlitten durch den Wald. Sie hatten einen ganzen Sack voll Tannenzapfen für ihren Herd gesammelt und auf den Schlitten festgebunden. Während sie durch den Schnee stapften, sangen sie, um die Kälte ein wenig zu vergessen:

Hips, höps, hups!

Wir heißen Stips, Stöps, Stups.

Bald werden wir zu Hause sein,

dann heizen wir es tüchtig ein.

Hips, höps, hups!

Wie freun’n sich…

Sie hatten ihr Lied noch nicht ganz zu Ende gesungen, als plötzlich von der Seite etwas angesaust kam und gegen sie prallte. Die Wichtelmännchen, die Tannenzapfen, der Schlitten und das noch unbekannte Etwas purzelten durcheinander.

„Ojemine! Mir tut die Nase weh!“

„Mir dagegen der große Zeh!“

„Und mir der Rücken, ojemine!“

So jammerten die Wichtelmännchen.

„Ich bestehe nur noch aus tausend Stücken“, wehklagte auch Hoppelpoppel.

Stips erholte sich als Erster von dem Schrecken.“ Nanu, das ist ja ein Hase, der uns da über den Haufen gerannt hat!“

„Ich war ein Hase. Jetzt bin ich nur noch ein Hasenbraten.“

„Erst fährst du wie ein Donnerwetter zwischen uns – und jetzt machst du auch noch faule Witze“, tadelte Stöps und klopfte sich den Schnee aus Jacke und Hose.

„Ich meine es todernst“, versicherte Hoppelpoppel, der regungslos auf dem Rücken lag. „Das könnt ihr mir glauben, Wichtelmännchen. „Ich bin tot, mausetot. Fühlt nur mal mein Herz.“

„Für einen toten Hasen schlägt es noch ganz schön!“, stellte Stups fest.

„Was…, es schlägt noch…?“

„Und wie! Bum-bum-bum-bum…!“

„Dann lebe ich also noch…?“

„Ich habe jedenfalls noch keinen toten Hasen sprechen hören“, meinte Stips lachend.

Wie gehetzt sprang Hoppelpoppel auf. „Wenn ich hier nicht gleich verschwinde, dann geht’s mir an den Kragen. „Die Hunde sind hinter mir, eine ganze Meute. Hört ihr sie kläffen?“

„Es ist mucksmäuschenstill“, versicherte Stups. „Du hast sicher geträumt.“

Hoppelpoppel schlackerte mit den Ohren. „Wenn ihr mir nicht glaubt, dann geht doch meinen Spuren nach. Irgendwo stoßt ihr schon auf die Fährte der Meute.“

„Aber jetzt sind keine Hunde mehr hinter dir her“, stellte Stöps fest. „Du hast sie unterwegs abgeschüttelt.“

„Abgeschüttelt…!“, wiederholte Hoppelpoppel zweifelnd. „Das denkst auch nur du. Nein, die Hunde geben nicht eher Ruhe, bis sie mich gefasst haben. So wie ich sie kenne, suchen sie jetzt die ganze Gegend ab. Vielleicht haben sie mich schon umzingelt.“

Stips lachte. „Du bist ein richtiger Angsthase.“

„Ihr habt gut reden, euch jagt ja keiner.“

„Was willst du denn tun?“, fragte Stups.

„Am liebsten möchte ich mich in ein Mauseloch verkriechen, aber das geht ja leider nicht.“

„Versteck dich doch in deiner Höhle, bis die Gefahr vorüber ist“, riet ihm Stips.

„Kaninchen haben Höhlen, wir Hasen aber nicht. Hier draußen auf dem verschneiten Feld falle ich mit meinem braunen Fell schon von weitem auf.“

„Du müsstest eben im Winter ein weißes Fell haben“, sagte Stöps. „Wie wär‘s, wenn wir dich anstreichen?“

„Das wäre gar nicht so schlecht, Wichtelmännchen. Habt ihr denn überhaupt weiße Farbe?“

„Das nicht, aber wir haben Puderzucker.“ Stups strahlte. „Wenn wir den in warmem Wasser auflösen, wird klebriger Zuckerguss daraus. Damit brauchen wir dich nur von Kopf bis Fuß zu bestreichen – und schwupps! wird ein Zuckerhase aus dir.“

„Ich höre immer Zuckerguss“, sagte Hoppelpoppel. „Was ist das eigentlich?“

„Mach dir keine Gedanken darüber“, antwortete Stups „Hauptsache, du siehst nachher so weiß aus wie Schnee.“

„Ja“, stimmten die anderen Wichtel ihm zu, „am besten fangen wir gleich an. Aber du musst schön still halten, lieber Hase.“

„Ich halte sogar die Luft an, wenn ihr wollt, Wichtelmännchen.“

Zusammen mit Hoppelpoppel eilten die drei Wichtel zur alten Buche und machten sich gleich daran, den Zuckerguss herzustellen. Dabei sangen sie fröhlich:

Hips, höps, hups!

Wir heißen Stips, Stöps, Stups.

Wir tarnen jetzt mit Zuckerguss

das Hasenfell von Kopf bis Fuß.

Hips, höps, hups!

Wir heißen Stips, Stöps, Stups.

Den Zucker tüchtig versalzen

Sobald sie ihre Arbeit beendet hatten, bedankte sich Hoppelpoppel und hoppelte zufrieden davon. Er hatte jetzt keine Angst mehr, entdeckt zu werden, denn mit seinem neuen weißen Fell war er kaum noch im Schnee zu erkennen. Selbst die beiden anderen Hasen vom Kohlacker bemerkten ihn erst, als er dicht vor ihnen stand.

„Du siehst ja auch wie ein Schneemann“, sagte der eine Hase verblüfft. „Was hast du da auf deinem Fell?“

„Das ist Zuckerguss.“

„Davon habe ich noch nie gehört.“

„Die Wichtelmännchen brauen das Zeug zusammen“, erklärte Hoppelpoppel.

„Ob sie noch mehr davon haben…?“, wollten die anderen Hasen von ihm wissen.

„Als ich weglief, war noch die halbe Schüssel voll.“

„Dann lass ich mich auch mit Zuckerguss beschmieren“, sagte der eine Hase und machte sich auf den Weg.

„Warte“, rief der andere, „ich komme mit!“

Die Sache mit dem Zuckerguss sprach sich in Windeseile im Wald herum. Kein Wunder, dass daher in den nächsten Tagen die Hasen vor der Hütte der drei Wichtel Schlange standen.

„Wo sollen wir nur all den Puderzucker hernehmen“, klagte Stips. „Ich habe eben die letzte Tüte angebrochen.“

„Aber wir können doch die armen Hasen nicht wegschicken, wenn wir die anderen schon mit Zuckerguss bestrichen haben“, gab Stups zu bedenken.

„Ich möchte nur wissen, woher all die Hasen herkommen“, wunderte sich Stips. „Früher gab es hier doch gar nicht so viele.“

Hoffnungslos betrachtete Stups die lange Reihe der wartenden Hasen. „Seht mal, wer dahinten steht!“, rief er plötzlich überrascht. „Das ist doch der Hase, der uns über den Haufen gerannt hat.“

„Ja“, pflichtete Stöps ihm bei, „derselbe, den wir als Ersten mit Zuckerguss getarnt haben. Und jetzt ist sein Fell wieder braun. Dabei hat es seitdem doch gar nicht geregnet. Wir fragen ihn mal, wie das kommt.“

Neugierig gingen die drei Wichtel die lange Reihe der wartenden Hasen entlang bis zu Hoppelpoppel.

„Guten Tag, lieber Freund“, begrüßte ihn Stips, „was willst du denn schon wieder bei uns?“

Hoppelpoppel sah verschämt zu Boden. „Ich möchte euch bitten, mich noch einmal mit Zuckerguss zu bestreichen.“

Stups runzelte die Stirn „Du bist doch erst vor drei Tagen bei uns gewesen.“

„Ja, aber jetzt ist alles wieder weg.“

„Wie kommt denn das?“, wollte Stöps wissen.

„Ach, wisst ihr, Wichtelmännchen, das war so. Nachdem ich so den lieben langen Tag über die Äcker gehoppelt war, da habe ich mir abends die Pfoten geleckt, um mich zu waschen, von Kopf bis Fuß, versteht sich. Dabei habe ich auf einmal gemerkt, dass die Pfoten zuckersüß schmecken – und da bin ich eben richtig putzsüchtig geworden.“

Das erzählte Hoppelpoppel so treuherzig, dass die Wichtelmännchen lauthals lachten.

„Sag lieber naschsüchtig statt putzsüchtig“, meinte Stöps.

„Bitte, bitte, liebe Wichtelmännchen, helft mir noch einmal! Ohne weißen Zuckerguss habe ich so schreckliche Angst vor den Jägern und ihren Hunden.“

Stups grinste. „Ich glaube, du hast mehr Appetit auf Zucker als Angst vor den Hunden. Erst helfen wir den anderen Hasen, die noch nicht an der Reihe waren.“

„Aber sie waren ja alle schon einmal da!“, gestand Hoppelpoppel.

„Was…! Die haben es genauso gemacht wie du?“

„Ja, Wichtelmännchen, sie sind alle auf den Geschmack gekommen.“

„Jetzt schlägt’s aber dreizehn!“, entfuhr es Stups. „Wir haben doch keine Zuckerfabrik!“

„Ja“, meinte auch Stöps. „Den Geschmack müsste man den Hasen eigentlich richtig versalzen.“

„Versalzen, Stöps, das ist es, versalzen…!“ Stips schlug sich gegen die Stirn. „Ja, ich hab’s! Hört her, Brüder, ich will euch meinen Plan erläutern.“

Die drei Wichtel steckten ihre Köpfe zusammen, damit die Hasen nichts hören konnten. Dann kehrten sie in ihre Hütte zurück, rührten einen neuen Zuckerguss an und begannen wieder die Hasen damit zu tarnen.

Als sie nach vielen Stunden endlich mit der Arbeit fertig waren, legten sie erleichtert die Pinsel beiseite.

Stups atmete auf. „So, die kommen so schnell nicht wieder.“

Und er behielt Recht! Die Hasen versuchten zwar auch jetzt wieder, sich den leckeren Zuckerguss abzulecken, doch der Geschmack wurde ihnen rasch verleidet. Denn die Wichtelmännchen hatten diesmal eine tüchtige Portion Salz unter den Zuckerguss gerührt.

Die langen Winter über blieben damit alle Hasen Zuckerhasen – oder sagen wir besser: versalzene Zuckerhasen. Erst als es milder wurde und regnete, änderte sich das. Denn der Regen löste Zucker und Salz auf, und so wurden aus den Zuckerhasen wieder richtige Feld-, Wald- und Wiesenhasen.

Drei Wichtel im Schuh

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