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Zum Gebot der Menschlichkeit, Ethik und Verantwortung, Intuition der Sittlichkeit
ОглавлениеHelmut Lauschke
Welt - Arztsein - Menschlichkeit
Motivation, Ethik, Tun
Die Geburt des Menschen und sein Staunen über die Welt ist der Anfang der Philosophie (Platon).
Der neue Mensch verjüngt das Sein durch die Andersartigkeit im Sehen, Denken und Gestalten.
Ärzte tragen für die nächste Zukunft eine außerordentlich große Verantwortung. (Professor Dr. F. Lickint, Dresden-Friedrichstadt: Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 62. Kongress Wiesbaden April 1956)
Die große Herausforderung nahe der namibisch-angolanischen Grenze
Inhalt
Zum Gebot der Menschlichkeit, Ethik und Verantwortung, Intuition der Sittlichkeit 5
Endzeitdrohung, Notstandsethik und die Verantwortung in der Überforderung 37
Der Menschheits-‘Parkinsonismus’ – Zitternde Hände halten die Gemeinschaft 37
Bedingungen für das Kommen des ‘neuen’ Menschen 48
Fortschritt im Menschen als Persönlichkeit 49
Wahrheit und Verantwortung 50
Aus dem Alltag des tätigen Arztseins 53
Die Geraden der Motivation 54
Das Mädchen Kristofina, das vom Blitzschlag getroffen wurde 58
Notfallentbindung durch Kaiserschnitt und Grenzüberquerung auf dem Eselskarren mit schwerer Bauchverletzung 62
Die klimatischen Umstände bei der Arbeit 105
Heftige Detonation in der näheren Umgebung 112
Kurz nach Mitternacht 115
Das Mädchen mit dem Knochensarkom 124
Schattengesichter der nächtlichen Razzien 153
Notoperation zur Lebensrettung einer jungen werdenden Mutter 160
Drei Männer in Handschellen werden vorgeführ 165
Die Bedeutung des Fußes für die Bewegungsfreiheit in der Wüste 168
Der Mann, dem das rechte Bein davonflog 172
Aus dem Brief eines Kollegen und Freundes 180
Im Zeitalter rapide voranschreitender Wissenschaften und Technik muss die Ethik substantiell umfassender und tiefer verstanden werden, um die ‘Superkräfte’ des entfesselten Prometheus, Sohn der Titanen Iapetos und Klymene, (im Auftrag der Götter erschafften Prometheus und Epimetheus die irdischen Lebewesen) unter Kontrolle zu bringen beziehungsweise zu zähmen, bevor sie im Chaos der Katastrophen die Menschheit unumkehrbar in den Abgrund treiben.
Prometheus ist wie Atlas , Epimetheus und Menoitios , Sohn der Titanen Iapetos und Klymene .
Er erschuf aus dem Ton der Erde den Menschen, Athene hauchte dem Geschöpf mit ihrem Atem den Verstand ein. Prometheus lehrte die Menschen verschiedene Arbeiten, das Zählen, die Buchstaben, den Lauf der Gestirne, den Umgang mit Tieren, die Kunst zu heilen und anderes.
Nachdem die Götter auf das im Gegensatz zu ihnen sterbliche Menschengeschlecht aufmerksam geworden waren, kam es zu einer Begegnung von Sterblichen und den Göttern , bei der Prometheus für seine Sterblichen sprach. Bei der Aufteilung eines Opferstieres zwischen Göttern und Menschen ging er allerdings so weit, die Unsterblichen betrügen zu wollen. Das Fleisch verbarg er im Fell und überzog die Knochen mit Talg in der Hoffnung, die Götter würden so die minderwertigen Knochen wählen. Zeus jedoch durchschaute den Betrug und versagte daher den Prometheus ' Menschen das für ihre Zivilisation nötige Feuer. Prometheus aber holte den Menschen das Feuer verborgen in einem Stengel des Riesenfenchels.
Daraufhin ließ Zeus von Hephaistos die Pandora schaffen, die mit ihrer Büchse die Übel über die Menschheit brachte. Den Prometheus, befahl Zeus , von Hephaistos und seinen Gesellen in die skythische Einöde zu schleppen und über einem Abgrund an den Kaukasus zu schmieden. Zeus ’ Unerbittlichkeit ging so weit, dass er täglich einen Adler aussandte, der an Prometheus ' Leber fraß, die sich aber immer wieder erneuerte.
Prometheus durfte jedoch hoffen, seine Qualen zu enden, wenn er die Weissagung auslege, dass Zeus durch eine neue Ehe Verderben bevorstehen würde. Zeus erlaubte zudem, dass ein anderer – an Prometheus ' Stelle an den Felsen geschmiedet – für ihn sterben könne.
Prometheus blieb jedoch ungebeugt und war nach der Sage dreißigtausend Jahre angeschmiedet, bis Herakles auf seinem Weg zu den Hesperiden vorüberkam. Aus Mitleid mit dem Gequälten tötete er den Adler mit einem seiner unüberwindlichen Pfeile. Den Prometheus löste er vom Felsen und stellte an seine Stelle den Kentauren Cheiron (Chiron), der freiwillig in den Tod gehen wollte. Prometheus musste allerdings weiterhin einen eisernen Ring mit einem Felsstück tragen, um Zeus die Genugtuung zu geben, sein Widersacher sei nach wie vor noch am Kaukasus angeschmiedet.
Die vermessene und daher verantwortungslose Unterwerfung der Natur hat nun den Menschen selbst ergriffen mit den Folgen, die psychologisch wie physiologisch erschrecken lassen und in der Behandlung der Erkrankungen nicht gekannte Herausforderungen abverlangen. Die Gefahr liegt in den orphisch-kosmologischen Größen der Endgültigkeit. Denn was der Mensch dieser Zeit zu tun in der Lage ist, das hat es bisher nicht gegeben.
Da auf die Menschheit die überlieferte Weisheit mit all ihrem Wissen gerichtet ist, steigert sich die Seinsproblematik in der Erhebung zur Exponentialfunktion. Die Sicherheitszone des Seins ist nicht markiert, um die apokalyptischen Auswirkungen zu vermeiden. Die Normen von ‘Gut’ und ‘Schlecht’ sind nicht klar gezeichnet.
Die Asymptoten sind den ethischen Prinzipien anzulegen, um sie zu erfassen und die Wahrscheinlichkeit drohender Gefahren frühzeitig zu erkennen. Das Bild vom Menschen trifft das Seelische wie das Physische im Leben mit der zeitorientierten Prämisse des Überlebens.
Die Denkasymptoten auf dem Wege der Ethik tangieren das Sein des Menschen in der Frage, warum es Menschen auf dem Planeten gibt. Mit dem Anlegen der Asymptote an den heutigen Daseinskreis ergibt sich die zweite Frage nach der Existenz des Menschen für die Zukunft. Die Teilfrage schließt die Sicherung dieser Existenz ein. Die Zukunft mit ihren Detailverzweigungen gewinnt an Bedeutung, weil das Leben mit dem Überleben dem größer werdenden Wagnis entspricht.
Sicht und Wissen um den Menschen beziehen holistisch die planetaren Weiten in das Bewusstsein der personalen Kausalität ein. Da zentriert sich die Ethik auf den Grad der Sittlichkeit in der Sichtweise und Sichtanalyse in der Einbeziehung des Mitmenschen.
Im Denken, Tun und in der Gesellschaft befasst sich die Ethik mit den Handlungen großer Reichweiten, was über die Vorurteile, das Vorwissen und die Mutmaßungen hinausgeht. All das ruft die Verantwortung in das Zentrum der Ethik in den berührten Dimensionen von Raum und Zeit. Es wird die Verantwortung sein, die im Denken und menschlichen Handeln erneut und immer wieder auf den Prüfstand kommt, weil es der Mensch ist, der sich in seinen Fehlern verrennt, verhakt und hängenbleibt.
Der Fortschritt in seiner globalen Dynamik übersteigt in der denkerischen Reflexion die Grenzen der Realität, dass es seelisch wie physisch in zunehmendem Maße zu Störungen im Befinden durch Vereinsamung mit dem Gefühl der Verlorenheit und zu schweren psychisch-körperlichen Erkrankungen kommt, die das individuelle Dasein sozial marginalisieren und in die Tiefen des Elends reißen.
Der äußere Fortschritt geht mit der inneren Depression einher, wo die Hoffnung auf das Leben in menschlicher Würde oft in die Hoffnungslosigkeit umschlägt und auf dem Boden der Verzweiflung und Zerrüttung liegenbleibt. In der Zielsetzung kommt die menschliche Unbescheidenheit hinzu, dass der eingschlagene Weg der falsche ist und nicht zum Ziel führt.
Deshalb schließt die Verantwortung die Axiome ‘Furcht’ und ‘Ehrfurcht’ ein, um sich als Mensch in der oft zweifelhaften Freiheit gegen die willkürlichen Übergriffe von Macht und Unrecht zu schützen. Utopie ist die eine Seite und Realität die andere Seite des Daseins, dazwischen gibt es keine durchgezogene Grenze.
Der Zustand des Menschen wird durch seine Natur und die Natur der Dinge um ihn herum bestimmt. Dadurch wird auch das Gute am Menschen erkennbar. Das menschliche Handeln in seiner Weite und die Verantwortung seines Tuns werden dabei eingefasst. Der Mensch hat es gelernt, dass er trotz seiner erfinderischen Größe klein gegenüber den natürlichen Elementen geblieben ist, was in den Wissenslücken und den Forschungsfehlern zum Ausdruck kommt.
Die Freiheiten, die sich der Mensch herausnimmt, haben zwar die Wesensgröße der Natur verwundet, aber geschmälert hat der Mensch das Wesen der Natur in ihrer Größe und Weite, ihrer Mannigfaltigkeit und Großartigkeit nicht. Vielmehr steht der Mensch sprachlos staunend vor ihrer stillen Duldsamkeit und zwingt sich in der gedanklichen Reflexion zur Achtung des fruchtbringenden Bodens und des Lebens auf ihm mit der Maßgabe der persönlichen Bescheidung und Bescheidenheit.
Auch wenn der Mensch für viele Krankheiten bedeutsame diagnostische Fortschritte gemacht und Wege der Heilung gefunden hat, die Sterblichkeit beugt sich vor ihm nicht. Das lehrt ihn, die Natur zu achten und sie nicht in profitgieriger Weise weiter auszubeuten, wenn er die Apokalypse mit dem Menschheitsuntergang vermeiden will.
Die Eingriffe in die Natur zum Fortbestand des Lebens müssen daher kritischer überlegt, durchdacht und enger begrenzt gehandhabt werden, wenn sich der Planet von den Eingriffen des Menschen erholen und es mit dem Leben weitergehen soll. Wissenschaft und Kunst können weiter Großes leisten, wenn der Mensch sich diszipliniert, gebildeter und naturfreundlicher verhält. Er muss die Grenzen der von ihm geplanten und gemachten Eroberungen erkennen. Jede Art der Übertreibung ist schädlich und vernichtet, was zum großen Teil nicht wiederherstellbar ist.
Aus der Selbstbestimmung kommt die Willkür, die in der Lage ist, die Grundlage mit ihren Prinzipien für das menschliche Dasein zu zerstören, dass sie praktisch außer Kraft gesetzt wird. Das ist die Ursache für die sozialen Entzündungen und gesellschaftlichen Reibungen. Die notwendigen Kräfte zur Herstellung der Balance für mehr Gerechtigkeit wirken in Richtung der Entropie. Im Ausgleich der Abweichungen ist das Ziel jener Zustand, wie er vor den Eruptionen der menschlichen Willkür mit der für sich herausgenommenen Freiheit war.
Das heißt: Die Kontrolle des Menschen in seinen Handlungen ist lücken- und mangelhaft, gegen die sich die menschliche Natur erhebt. Die Natur des Menschen liegt über der von ihm zu tragenden Verantwortung. Menschlicher Wille und seine Klugheit müssen sich mit der Sittlichkeit vertragen. Die Kräfte der Vernunft müssen gestärkt und konkordant in der Sittlichkeit aufgehen, ihre Prinzipien verteidigen und festigen und sie der nächsten Generation verständlich übergeben. Damit wird die Ethik ‘reformiert’ und auf den neuesten Stand von Inhalt und Sprache gebracht Rechtschaffenheit der jungen Generation erklärt und ihr ‘zu treuen Händen’ übergeben.
Die Prinzipien und Gebote der Ethik müssen dem menschlichen Leben erhalten bleiben und von den Menschen eingehalten werden. Das bedeutet, dass die Ethik selbst zu leben, zu überleben und in den Folgegenerationen weiterzuleben hat. Ihr Tod wäre nicht weniger als der Tod der Menschheit. So sind Arzt und Patient die Teilhaber der gemeinsamen Gegenwart, wo der Patient den Anspruch auf das menschlich gute Verhalten des Arztes hat. Das ist dann die Sittlichkeit im Für- und Zueinander.
Es gibt die kritische Verletzbarkeit der Natur, was die Natur des Menschen bis hin zum Patienten einschließt, die durch eine Vielzahl technischer Interventionen des Menschen verursacht wird. Die gesetzten Verletzungen sind meist ungewollt, geben sich aber im angerichteten Schaden zweifelsfrei zu erkennen. So geht die Erkenntnis nicht selten mit dem Schock der Erschrockenheit einher, was Wissenschaft angerichtet und geschadet hat. Es ist der kausale Faktor, der aus den Fugen der Logik herausgefallen ist oder ‘post rerum’ (post tot discrimina rerum = nach so vielen Krisen der Dinge) aus den Fugen herausgerissen worden ist.
Tatsache ist, dass sich das menschliche Handeln permanent verändert (Heraklit: ‘Panta rhei’ = alles fließt) und an völlig neuartigen Objekten unbekannter Größen- und Schwierigkeitsordnungen probiert und die neue Geschicklichkeit in der Hantierung und Gestaltung dieser Objekte entwickelt. Der Wissens- und Hantierungsdrang des Menschen geht in die Biosphäre hinein und von dort in die Atmosphäre um den Planeten hinauf. Es gibt Forschungsobjekte, zu deren Bewältigung der Forscher die Verantwortungskapazität zu erweitern, anzugleichen und genauer zu fokussieren hat, was die Begrenzung des Forschungsauftrags gegenüber angrenzenden Gegenständen betrifft.
Da die Gegenstände des visuellen wie des geistigen Blickfeldes größer werden, schließt sich die Frage an, ob nun die Natur als Ganzes und alles durchsetzende gleich einer neuen π-Größe in die menschliche Verantwortung fällt und dort einzuordnen ist. In diesem Zusammenhang muss über die Größenordnung der Ethik und die aus ihr abzuleitenden Pflichten nachgedacht und angeglichen werden.
Das ‘Interesse’ in der Verantwortung ist bilateral beziehungsweise multilateral, was der Mensch nicht unilateral verbiegen kann, weil es in der Gegenwart der Schöpfungsmacht der Natur mitgegeben wurde und für die Zukunft weiter mitgegeben wird. Der Mensch ist abhängig vom Zustand der Natur. Da ist die Ethik auf den Menschen gerichtet in der Weiterung der Kausalreihen in der Gleichzeitigkeit und Raumdehnung, wenn die Technik in Gang gesetzt und die Gangrichtung mit der neuen Größenordnung und dem neuen Sein als Faktor in die Gleichung der erweiterten Ethik gesetzt wird.
Auf der Zielgeraden der Menschheit stehen Gesundheit, Wohlfahrt, Bildung und Rechtschaffenheit nebeneinander, um den Menschen die Grundlage zu geben, die Hoffnungen und Erwartungen auf ein Leben in gegenseitiger Achtung, Gerechtigkeit und Würde mit dem Glück der Liebe in der umfassenden Mitmenschlichkeit zu erfüllen.
Die Grenze zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen verschwimmt. Der Spalt zwischen beiden wird enger, dass es eine Frage der Zeit ist, dass es diesen Spalt nicht mehr gibt. Die zur Welt gewordenen künstlichen und künstlerischen Werke wirken auf den Menschen ein, als sei die Natur nun technisch erneuerbar. Dieser Aspekt der Erneuerung des Seins ist mit der technisch verstandenen Freiheit erst kürzlich in das Leben der Menschen getreten.
Mensch und Gesellschaft fühlen sich durch diese Technik durch die fehlenden und mangelhaften Erfahrungswerte existenziell und menschlich durch den Verlust der Mitmenschlichkeit bedroht. Die abnehmende Gesprächsbereitschaft und die zunehmende Vereinsamung, die schon im Kindesalter einsetzt, geben Grund zu größter Sorge, da Seinsängste und seelisch-körperliche Störungen in zunehmendem Maße zu Erkrankungen führen, die medizinisch behandelt werden müssen.
Die Annahme der Gegenwart dient auch als Einleitung der gedachten Vorbereitung auf die Zukunft. Aus religiöser Sicht richtet sich das jetzige Handeln auf den Zustand nach dem Tod. Der Mensch bittet (im Gebet) um den Gnadenschild Gottes und auf das Weiterleben seiner Seele nach Sündenvergebung. Dabei weiß der Mensch um seine Verfehlungen, dass er die Seligkeit nicht verdient. Es ist Gott in seiner Barmherzigkeit, der dem Menschen die Seligkeit schenkt. Diese Erwartung übersteigt um vieles die Vorstellung, was Ethik ist und zum Inhalt hat, und was sie trägt und gebietet. Mit dem göttlichen Geschenk der ewigen Seligkeit verliert jede Art menschlicher Vorbereitung auf das Weiterleben nach dem Tode an Bedeutung.
Denn was das diesseitige Leben betrifft, sind es die Begriffe der Gerechtigkeit, Achtung, Rechtschaffenheit, Menschlichkeit und Nächstenliebe, die im Wort zusammengefasst und vom Inhalt her gehoben und in dieser Bündelung festgehalten und ethisch ‘eingelagert’werden. Eine Vollendung kennt die Ethik nicht, solange der Mensch auf dem Planeten lebt, denkt und abeitet. Denn in der gedachten Selbstvollendung gibt es zu viele Egoismen, die als Störfaktoren die wahre Vollendung mit der Erfüllung der ethischen Pflichten und Prinzipien blockieren.
Menschliches Handeln geschieht letztlich um der Zukunft willen, was dem Täter erst in der zweiten oder dritten Gedankenreihe in den Sinn kommt. Von dort geht die Verpflichtung an das Jetzt aus, die zeitgebunden und darum auch vorläufig ist. Da unterscheiden sich die Ethik des Vorläufigen von der Ethik des Endgültigen, dass man auf dem Zwischenstück von ‘vorläufig’ nach ‘endgültig’ von einer ‘Übergangs-‘ oder ‘Zwischenethik’ sprechen kann.
Im Zeitalter der modernen Technik kommuniziert das Tun im Sinngehalt, der Wertigkeit und seinen Weiten und Folgen mit dem Kontroll- und Warnzentrum der Ethik. Der Mensch müht sich in der Adaptation gegen die sich ändernden Fakten des äußeren Lebens, um das ‘Augenmaß’ zwischen ‘gut’ und ‘schlecht’ auf den Stand seiner Zeit zu bringen, dass er die Tat ins Licht der Wahrheit setzen kann. Der Mensch versucht sein Glück im Bewusstsein und Wissen, dass er bezüglich der ethischen Auflagen unvollendet und so im Leben unvollkommen ist.
Philosophisch ist es weniger die Gültigkeit als mehr die Genügsamkeit, um als Mensch mit den gigantischen Aufgaben Schritt zu halten und fertigzuwerden. Es ist die Unverträglichkeit mit der Ethik, die das Leben von Generation zu Generation schwerer macht, ob in der Wertigkeit des menschlichen Lebens oder im umfassendsten Sinne des Zusammenlebens von Mensch und Natur und weiter noch unter den Gesichtspunkten von Frieden und Friedfertigkeit.
Die Verantwortung wird größer und ist in zunehmendem Maße gefordert, je höher die Maßstäbe von Technologie und Technik gehen und je enger das soziale Leben in der modernen Zivilisation mit seinen schmerzhaften Kerben wird. Zu oft setzt Technik menschenfeindliche Akzente, als lege der Homo faber sich mächtig ins Zeug, um die obersten Stockwerke über die Wolken hinaus in den Himmel zu setzen.
Die Sterblichkeit gehört zur Natur des Menschen, bei der die Jahre des Lebens aufgrund der Lebensbedingungen mit seinen Höhen und Tiefen den Zeitpunkt des Sterbens festlegen. Der Zeitpunkt des letzten Atemzuges ist Gegenstand von Klage, Trauer und Ergebung. Die Furcht vor dem Tod mit der Angst vor dem Sterben liegt darin, dass der Mensch die für das Sterben erforderliche Weisheit nicht erlangt hat und sich für den Tod unvorbereitet und unreif fühlt.
Mensch und Menschlichkeit sind in Gefahr, zu vereinsamen und sich zur verlieren. Damit steht die Dauerhaftigkeit des Lebens auf dem Spiel mit dem Absturz ohne Rückkehr. Das Leben auf dem Planeten hat einen Anfang und ein Ende, damit das Gleichgewicht, auf dem die ewige Harmonie des Lebens beruht, die tief in die Medizin hineinreicht, erhalten bleibt. Nichts und niemand kann aus der Rolle des großen Lebenszyklus fallen, ohne dafür gestraft zu werden. So sieht es auch die Ethik, die mit der ‘Weltenvernunft’ enger verbunden ist, als es der Mensch zu Lebzeiten geglaubt und erwartet hat.
Wissen ist ein Teil der Wahrheit, auch was die Dinge der künftigen Zustände des Menschen und der Welt betrifft. Es ist das geradlinig kausale Denken in die Zukunft hinein, bei dem wahrscheinliche und mögliche Folgen aufgezeigt und zum Teil extrapoliert werden. Es ist das ‘vorstufige’ Wissen (aus Realität und Möglichkeit), das sich einfügt zwischen dem Idealwissen der Ethik und dem angewandten Wissen des praktischen Lebens.
Aus dem Wissen kommt der Unterschied von Gesundheit und Krankheit. Die Besonderheit der Beobachtung ist, dass das Wissen im Fokussieren auf das Objekt das Vergleichsobjekt nicht aus dem Auge verliert, um die Kraft der Dialektik im Seinsbezug zu erhalten. Es geht um das Erkennen der Stärke des Gegensatzes im Gegenteil, weil Teil und Gegenteil das Ganze bedingen. Das Wissen strebt aus der Vorläufigkeit zur Endgültigkeit, ohne jemals endgültig zu werden, weil es kein Ding im kosmischen Sinne gibt, das endgültig und ohne Veränderung ist.
Ob Absicht, Vorsicht oder Rücksicht: Die Gewissheit der Vorläufigkeit trägt den Menschen weiter, und wenn es der Natur entsprechen soll, dann stromabwärts, weil dem Menschen auf Dauer die Kraft genommen wird, gegen den Strom der Wahrheit und der ihr innewohnenden Ethik zu schwimmen. Der Mensch ist im Zweifel an sich selbst, wenn er sich der Pflicht zur Verantwortung in der Erweiterung und Vertiefung der Ethik unterwirft. Die Angst ist begründet im Verlorengehen des Selbstwertes und der Selbsterneuerung.
Das Problem ist die Balancierung in der Neuorientierung, weil ohne sie der richtige Weg in die Zukunft nicht gefunden wird und auf den Irrwegen sich die Fallsucht ausbreitet. Der Mensch braucht die führende Hand, so wie der Erwachsene das staunende Kind in die Welt führt und ihm die Dinge erklärt und im Weitergehen ihm die Furcht vor der Welt des Unbekannten nimmt beziehungsweise zu nehmen versucht. Das Wissen allein löst die Probleme der Furcht nicht. Die führende Hand ist vonnöten, solange das Bekannte kurz und das Unbekannte lang ist.
In der größten Gefahr steht die Angst vor dem gewaltsamen Tod ganz vorn. Der Tod erregt das Äußerste der Furcht als die zwingende Reaktion des Ringens, das eigene Leben zu retten. Das Gefühl mit den Ängsten ist stärker als das Mitgefühl zum anderen Menschen mit der Ausnahme, was das Leben des eigenen Kindes betrifft. Wir heben das Gefühl der Furcht über unsere Köpfe und führen es tief in die Sprache der Poesie, die Musik und die visuellen Künste hinein. Diese Führung ist die individuelle Vorbereitung zur Überwindung der vielen Hürden bis zur endgültigen Bereitschaft, den Weg über die letzte Brücke aus der Zeitlichkeit heraus und allein zu gehen. Es ist die letzte Pflichtübung, die wir in der Verantwortung vor der Ethik zu erfüllen haben.
Der Pflichtcharakter des Lebens reicht zum ethischen Grundprinzip, das erkannt und bejaht sein muss. Die Extrapolation fordert den höheren Grad an Wissenschaft, als er bei der Werksgestaltung zur Anwendung kommt, denn was für die Nähe ausreicht, reicht für die Ferne in ihrer Nichtmessbarkeit nicht mehr aus. Die Sicherheit der einen Extrapolation führt zur Unsicherheit der anderen Extrapolation mit den wartenden Unergründlichkeiten. Die Vorhersage aus der Nähe mag möglich sein, in die Ferne hinein ist solche Vorhersage nicht möglich.
Das Wissen vom Möglichen ist ein Ansatz im Verständnis zur Gewinnung der Erkenntnis. Es sind die Denkversuche von der Annahme der Prämisse bis zum abschließenden Dann. Darin erhellen sich die Prinzipien der Moral in der Reflexion über das eingangs Mögliche hinaus. Ihre Sicherheit ist unabhängig von wissenschaftlichen Analysen und ihren Folgerungen. Diese Sicherheit führt in der Beglaubigung zur Gewissheit der Existenz der Vernunft mit dem über den Gegenstand hinausgehenden Willensentscheid. Die Nützlichkeit der Entdeckung hängt von der Art der Denkprozesse und ihrer Gedankenexperimente ab.
Die Idealsphäre kommt der Wahrheit am nächsten. Die Gefahr liegt im ‘science fiction’, also in jenen Gedankenexperimenten, deren Ergebnisse die heuristische Funktion vortäuschen. Die Gefahr im Allgemeinen ist, dass wir zu wenig wissen, um Bekanntes gegen Unbekanntes einzutauschen. Das führt zu Unsicherheiten und Verzögerungen, wenn Entscheidungen zu treffen sind, dass die praktische Umsetzung im Sinne der Prognose verspätet oder gar nicht stattfindet. Da kommen die Prinzipien der Ethik durch die Verzögerung zu spät oder nicht mehr zur Geltung.
Die Menschheit hat die Pflicht zum Dasein. Diese Pflicht ist für das Große und Ganze unbedingt. Von dem Prinzip der Unbedingtheit im Großen und Ganzen unterscheidet sich die bedingte Pflicht des Einzelnen zum Dasein. Damit erhebt sich das Prinzip, dass Experimente am Menschen verbietet. Der ethische Grundsatz stützt das Verbot, dass dem Menschen in seinem Wesen und in seiner Existenz weder ein Leid noch ein Schaden zugefügt werden darf.
Für das Leben der Menschheit als Ganzes gilt das unbedingte Unverletzlichkeitsgebot, das für den einzelnen Patienten im Fall der bösartigen Erkrankung nur bedingt zutrifft, wenn eine palliative Behandlung der medizinischen Radikalmaßnahme vorgezogen wird, unter der der Patient sterben kann.
Aus der ontologischen Sicht der Verantwortung ist es die Idee des Menschen, die Zeugnis gibt, warum es Menschen geben soll und wie sie sein und sich verhalten sollen. Der religiöse Glaube kann der Ethik die Grundlage zum Warum und Wie des Menschen liefern (fides quaerens intellectum), die auf dem Gedankenweg der Philosophie erst mühsam und ohne die endgültige Sicherheit erarbeitet werden muss. Die moderne Technologie mit den apokalyptischen Möglichkeiten lehrt darüber hinaus, dass die anthropozentrische Ausschließlichkeit einer kritischen Prüfung bedarf. Die Rechtfertigung des menschlichen Lebens hat offene Fragen, die mit wachsender Sorge gestellt werden und die sorgfältige und begründbare Antwort verlangen. Die Apokalypse rückt an, und das Dasein der Menschheit steht auf dem Spiel.
Aristoteles beurteilt den lebendigen Körper als organisch (soma organikon) und mit Werkzeugen begabt oder aus Werkzeugen bestehend. Die menschliche Hand nannte er das “Werkzeug der Werkzeuge”, weil sie selber das vorbildliche Werkzeug ist, das die künstlichen Werkzeuge schafft und als Verlängerung der menschlichen Hand gebraucht. In diesem Sinne ist der menschliche Organismus ein Zweckgebilde, da der Begriff ‘Werkzeug’ in der Verbindung des Zweckes gedacht wird.
Die willkürliche Körperbewegung (bei Mensch und Tier) wird bestimmt durch Zweck und Ziel, die von Subjekten ausgeführt wird, deren Handlung der Natur entspricht. Es ist anzunehmen, dass beim Tier die Wirksamkeit vom Zweck ohne die dem Menschen zuerkannte Rationalität und freie Wahl gesteuert wird und sich dadurch vom Menschen unterscheidet.
Jedes Organ im Organismus dient dem Zweck, die ihm zukommende Funktion zu ergreifen und zu erfüllen. Damit trägt die Erfüllung der Funktion zur Erhaltung des Organismus bei. In der Biologie trifft auf die Genese das individuelle Wachstum (Ontogenese) und die Entstehung der Art (Phylogenese). Ontogenese ist die keimkausale Bestimmung des Individuums, und Phylogenese ist keimkausale Artenbestimmung. Darüber hinaus gibt es genetische Zufallsänderungen der Plus- und Minusvarianten, deren Ergebnisse die Art und den Grad der natürlichen Auslese bestimmen.
Mit der Evolution der Subjektivität tritt ein neues heterogenes Aktionsprinzip in die Natur, als wäre ein radikaler Unterschied nicht nur unter den Arten, sondern im Grad des Bewusstseins, das dem Prinzip untersteht. Die andere Alternative ist, dass Geist und Seele mit Eintritt der passenden Stoffe aus der Natur selbst hervorgehen. Diese Eigenschaft ist in ihrer Herkunft an die Nichttranszendenz gekoppelt. Was dann das Bewusstsein betrifft, ist es der Versuch, die Vorteile des Dualismus freizulegen.
Was die Emergenzlehre betrifft, da sollte der Unterbau nicht vom Überbau her interpretiert werden; die Erklärungskategorien sollten die neu auftretende Kausalität nicht als schon vorgebildet betrachten. Die Natur gibt Zeugnis von sich in dem, was sie hervorbringt. Doch kann keiner vorhersehen, was im Laufe der weiteren Evolution aus dem Boden hervorgehen wird. In der Selbst- und Körperbestimmung ist das Denken aus der inneren und der äußeren Freiheit unverzichtbar. Letztlich ist der Natur die Erzeugung der Zielkausalität zuzuschreiben. Zur Erkenntnis dessen muss der reduzierten Minimal-Sichtweise widersprochen werden.
Der Begriff ‘Natur’ muss in seiner Ganzheit betrachtet und durchleuchtet werden. Es geht um die Ethik, dass der ontologische Sitz vom Zweck von der Seinsspitze zur Seinsbreite erweitert wird. Die Subjektivität haftet in gewisser Weise der Oberfläche der Natur an. Dagegen spricht die herausragende Spitze ‘des Eisbergs’ für den stummen Inhalt. Es ist der Dreierbezug von Wurzel, Stamm und Frucht. Der Zweck hebt sich wirkstark aus der Subjektivität heraus und verleiht dem stummen Inhalt die Sprache. Da kommt das Wort als der zweckhinweisende Stoff mit dem eingewickelten Gegenstück.
Von großer Bedeutung ist die allgemeine Zweckhaftigkeit in ihrem unverrückbaren und kausal verketteten Getriebe. Die Naturwissenschaft steht da vor einem weiten offenen Feld. Es gibt die Feststellung, dass die Naturwissenschaft selbst im Klärungsprozess, was das Universum ist und beinhaltet, von dem, was sie erklären kann, ausgeschlossen ist.
Das subjektive Streben geht über endlos weite Wege, um das Emportauchende zu erkennen und aus dem Dunkel des Nichtwissens in die Helligkeit der ersten Erfahrung zu heben. Der psychische Blick findet im Verborgenen statt, und der Anblick der Seele ist dem Suchenden versagt. Es liegt im menschlichen Staunen, das bis zur Erschütterung führt, dass ‘Psyche’ und das ‘Selbst im Ich’ zwei unterschiedliche Dinge sind. Das Hervorbringen neuen Lebens gehört der Zweckbestimmung der Natur im Kern der Schöpfung an. Es ist die Natur, die in ihrer end- und grenzenlosen Großzügigkeit und in ihrer mütterlichen ‘Selbstlosigkeit’ kundtut, dass sie Teil des Lebens ist und den Urgrund zum Leben mit ihren fruchtbaren Böden gibt.
Es ist damit zu rechnen, dass neue Gelegenheiten neue Ziele entstehen lassen. Die neuen Positionen verlangen nach einer Neuorientierung im Handlungsbereich. Die neue Situation betrifft zunächst das Einzelne, wo der Anfang im Aufbau der molekularen Organstruktur zu suchen ist. Von da an wird die Sichtbarkeit des Neuen immer deutlicher in der Tendenz, Einfluss auf den Fortgang der Evolution zu nehmen. In dieser Freiheit mit den Zufälligkeiten im Anfang formen sich die Gründe des Schicksals um und weiter auf, worin die Chancen und Gefahren für die Menschheit liegen.
Die Auswirkungen des Klimawandels um den Globus geben gigantische Probleme auf, die zur Zeit Schrecken und Ängste hervorrufen, die es in diesem Ausmaß noch nicht gegeben hat. Die Dringlichkeit der Lösung der Probleme zum Überleben der Völker ist eminent. Der Angriff, dem Klimawandel entgegenzuwirken steckt in den Startlöchern, doch das politische Konzept in der Einheitlichkeit zur völkerübergreifenden Rettung fehlt.
Die Welt hat Werte, die den Menschen ansprechen, der die Werte zum Zielzweck seines Strebens macht. Damit ist geklärt, dass von einer ‘wertfreien’ Natur keine Rede sein kann und dass es an der Überlegenheit der Natur in puncto Höhe und Weite der Schöpfung und an ihrer Dauerhaftigkeit keinen Zweifel gibt. Der Unterschied vom Wert an sich und der Wertung eines Dings führt zum Verhältnis von ‘Gut’ und ‘Sein’. Die Wertelehre als solche gründet sich auf das Gute im Sein. Dort wird aufzeigbar, dass die Natur in den Werten die Autorität hat, vom Menschen die Anerkennung und Einhaltung dieser Werte zu verlangen.
Über dem Spalt von Sein und Sollen schwebt die Verantwortung. Denn es ist das Gute als das Wertvolle, dessen Möglichkeit die Forderung nach der Verwirklichung enthält und damit ein Sollen wird. Dazu braucht es den Willen, der die Forderung versteht und ins Handeln umsetzt. Es ist der immanente Anspruch des Guten-an-sich auf die Verwirklichung in dieser Welt. Damit wird das Gute zum Gegenstand des Seins, womit die Axiologie als Wertelehre zum Bestand der Ontologie wird.
Die Natur setzt die Werte, die im ‘de-facto’ erstrebten Zweck die Verwirklichung finden. In der Zieleinstellung geht es um Erfolg oder Misserfolg, was weit vom Urteil über die Zielgüte ist. Es ist das Interesse der Verwirklichung; darüber geht keine Verpflichtung zur weiteren Ableitung hinaus. So liegen die Ziele wahrnehmbar in der Natur und leuchten in der Wertigkeit des Tatsächlichen.
Die Zielstrebigkeit in der Selbstbejahung entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg. Das Sein im zweckgebundenen Handeln ist das Gegenteil zum Nichtsein. Die Tatsache des Seins ist die Differenz zum Nichtsein im Grundwert aller Werte. Das Sein hat Sinn und steht über der Leere der Indifferenz. In der Maximierung der Zweckhaftigkeit wächst mit der Zahl die Differenz zum Nichtsein.
Im Bereich der Organik hat die Natur ihre Zeichen gesetzt. Es ist die Mannigfaltigkeit der Formen einer jeden Art, die unter ‘gesunden’ klimatischen Bedingungen fortschreitet und sich multipliziert. Die Neuentstehung von Arten geht zum Preis der Vernichtung anderer Arten, wobei ein Zweck auf Kosten anderer Zwecke verwirklicht wird. Es ist die Weisheit im Geheimnis der Natur, der es auf die Erhaltung des Lebens auf dem Planeten mit seinen Böden, der sauerstoffhaltigen Atmosphäre und seinen Wasserressourcen in vorderster Linie ankommt.
Es ist der Erhaltungstrieb als Selbstzweck der Lebewesen, wo sich die Natur in ihrer Zweckerfüllung subjektiv zu erkennen gibt. Das strebende Wesen müht sich über die Natur hinaus in die Festigung des Selbstzwecks. Da kommt es zum Überlebenskampf, wenn die Bedrohung des Lebens mit der Kluft des Abgrunds umso deutlicher zutage tritt.
Das Leben ist die Konfrontation des Seins zum Nichtsein. Wenn Atmung und Stoffwechsel versagen, dann gibt es die Möglichkeit des Nichtseins als die permanente Antithese. Nur das Tun erhält den Zweck des Seins. Der Übergang vom Wollen zum Sollen zeigt auf den kritischen Punkt in der Moral dann, wenn die Seinsgrundlage erodiert.
Das Wollen ist ein Grundzweck, um den Seinsanspruch zu erfüllen. Dabei braucht die Selbsterhaltung nicht hervortreten, auch bedarf es zur Erfüllung keiner Überredung. Es bedarf auch nicht der Überlegenheit ‘höherer’ über ‘niedrigere’ Zwecke als Bestimmungsgrund, soweit die Unterscheidung nicht schon ethisch getroffen und als Pflicht zum höheren Zweck angeordnet ist.
Es gibt noch den Schritt zu der Aufgabe, die dem Handeln auferlegt ist, das ist der Schritt aus der Zeitlosigkeit in die Zeit. Doch lauert hinter diesem Schritt der Verdacht, dass mit den Aufgaben eine verkappte Form der Selbstbefriedigung vorliegt und das Sollen nicht mehr als eine Verkleidung des Wollens ist. Selbst das tönende Ja des ‘amor fati’ (Nietzsche: Die Liebe zum Schicksal) verhallt als leeres Noch-einmal-wollen nach dem bereits Getanen.
Doch ist zwischen werten und unwerten Zwecken zu unterscheiden. Das wirkliche Der-Mühe-wert-sein soll bedeuten, dass der Gegenstand gut für die Mühe ist, und das unabhängig vom Befinden der Neigungen. Diese Feststellung macht den Zweck zum Anlass des Sollens, in der die Verwirklichung des Guten durch das Subjekt konkret in Frage steht. Keine willensbetonte Theorie wird dem Urphänomen des Forderns gerecht, die das Gute als das Erstrebte rechtfertigt. Oft mangelt es dem Guten an Autorität zur Anbindung des Willens, die Wahl zu treffen. Das unabhängig Gute verlangt den Übergang zum Zweck. Der freie Wille kann diesen Übergang aber nicht erzwingen, das Gute zu seinem Zweck zu machen, dass sich die Anerkennung des Guten im Gefühl der Schuld ausweist.
Das sittliche Sein gewinnt mit der Annahme des Rufes der Pflicht; die Paradoxie der Moral ist, dass das Selbst über der Sache vergessen werden muss, um ein höheres Selbst werden zu lassen. Der gute Mensch ist nicht der, der sich gut gemacht hat, sondern der, der das Gute seinerwillen tut. Es ist nicht die Form, sondern der Inhalt des Handelns, was entscheidet. Nicht das Gesetz motiviert das sittliche Handeln, sondern der Ruf zur Tat; die emotionale Seite muss angesprochen, aktiviert und ins Spiel gebracht werden. Es liegt im Wesen der moralischen Natur des Menschen, wie die Einsicht vermittelt und die Antwort im Gefühl der Verantwortung findet.
Die Theorie der Verantwortung umfasst den rationalen Grund der Pflicht und den psychologischen Grund der Fähigkeit, den Willen zu motivieren und das Handeln dem Guten zuzuwenden. Erforderlich ist, für den Ruf zur Pflicht empfänglich zu werden und mit dem Gefühl der Verantwortung zu reagieren. Der Raum ist groß für das sittliche Verhalten aus dem guten Willen heraus, dessen Selbstgewissheit nach keiner Beglaubigung verlangt. Es kommt auf die Eingebungen des Herzens an, die von Natur her im Einklang mit den Sittengeboten sind.
Das faktische Fühlen ist gegeben und Teil des menschlichen Potentials im Sinn des normativen Prinzips, dass der Ruf sich an solche richtet, die von der Natur her für den Ruf empfänglich sind. Es kommt auf das Bedürfnis des Gefühls an, um mehr als nur der Impuls zu sein. Die Wirksamkeit des sittlichen Gebotes hängt von der subjektiven Bedingung ab, sie ist Prämisse und Objekt zugleich. Die Motivation muss vom Bogen des Gefühls berührt und umfahren werden, um den Willen zur Tat in Gang zu setzen und in die Richtung des Rufes zu lenken. Die Anwesenheit des Dabeiseins ist der Ausdruck der sittlichen Betroffenheit.
Ziel des sittlichen Strebens ist, den eigenen Zustand der Höhe der Sittlichkeit anzugleichen. Die Sittlichkeit ist unvergänglich und verlangt ihren Platz in dieser Welt. Dagegen ist die vom Menschen getragene Verantwortung mit dem Tod vergänglich. In der Ethik ist es die Andersartigkeit, die von der Verantwortung Besitz ergreift. Form und Geist der Situation prägen die Handlung und gehen im ethischen Entschluss über das gesteckte Handlungsziel hinaus.
Der Mensch muss sich den Anspruch der Sittlichkeit erwerben, um das Gefühl der Anteilnahme und Betroffenheit in sich zu entwickeln. Neben dem Gefühl der Ehrfurcht wird die Vernunft bezüglich der Universalität zur Quelle des Affektes und seines Gegenstandes.