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Klaus Hansen gerät mit 19 Jahren als Soldat nach der Schlacht von Stalingrad in russische Kriegsgefangenschaft. Unter härtesten klimatischen und anderweitig harten Bedingungen werden die Gefangenen im nordsibirischen Arbeitslager Dudinka, einer Stadt mit etwa zwanzigtausend Einwohnern auf der Ostseite des kilometerbreiten und mehrere Monate vereisten Unterlaufs des Jenissei, im Straßenbau eingesetzt. Auch arbeiten sie am Bau einer Wohnstadt und von Industrieanlagen in der südöstlich gelegenen Stahlstadt Norilsk. Nach mehr als sieben Jahren kehrt Klaus Hansen mit rechts gelähmtem Arm nach einer Schussverletzung der Schulter und den Erfrierungen an den Händen und Füßen in die Deutsche Demokratische Republik zurück.

Sein Vater wurde als “unverbesserlicher” Sozialist von den Nazis im KZ Buchenwald umgebracht. Seine Mutter und die Geschwister wurden auf der Flucht von Ostpreußen durch eine fehlgesteuerte deutsche Artilleriegranate beim Kampf um die Festung Königsberg mit zahlreichen anderen Flüchtlingen auf ihren Fluchtwagen getötet.

An Verwandten gibt es nur noch den Onkel Hermann, der seine Frau Emanuela in den 40ziger Jahren der Naziherrschaft verloren hat, weil sie das arische Blut nicht rein in ihren Adern hatte. Außer dem Onkel gibt es die vier Jahre jüngere Kusine Almute und den Neffen Harald, der wenige Monate älter ist als Klaus Hansen. Dem Neffen ist der Verzehrungskampf und die Verschleppung nach Sibirien erspart geblieben, weil er zu Beginn des Russlandfeldzuges eine Kopfschussverletzung erlitt, dass er als kampfuntauglich aus der Wehrmacht entlassen wurde und in die Heimat zurückkehrte, wo er seitdem an epileptischen Anfällen leidet.

Als Spätheimkehrer tritt Klaus Hansen 1950 das “Schnell”-Studium der Theologie an, weil mit den Verletzungsfolgen das Medizinstudium, um Chirurg zu werden, nicht mehr in Frage kam. Die Erlebnisse aus dem Krieg, die Schlacht von Stalingrad und die Jahre im nordsibirischen Arbeitslager Dudinka, und dass er das überlebt hat, brachten ihn zu der Erkenntnis, dass es eine übermenschliche Macht geben muss, auch wenn sie das Leben seiner Tante Emanuela nicht gerettet hat.

Klaus Hansen, der an Jahren nicht mehr jung ist, ist seit einem Jahr Jungpfarrer an einer lutherischen Kirche in einem Vorort der Stadt, der als Arbeiterbezirk den Namen Karl Liebknecht trägt. In einer engen Nebenstraße unweit des Marktes bewohnt er zwei kleine Mansardenzimmer, deren Untermiete aus dem kleinen Gehalt noch erschwinglich ist.

Frau Lehmann, eine ältere alleinstehende Frau, deren Mann in Russland gefallen ist, ist die Hauptmieterin der Dachwohnung. Um ihre spärliche Rente aufzubessern, hat sie zwei Mansardenzimmer vermietet. Sie hat ein Einsehen mit der körperlichen Behinderung von Klaus Hansen, wäscht und bügelt gegen ein kleines Entgelt seine Wäsche, besorgt das Frühstück und die anderen Mahlzeiten und bezieht zweimal im Monat das Bett mit frischer Wäsche.

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