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Aus dem Leben (1. Akt)

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Die Herkunft des Menschen gibt ein Indiz für die Höhe seiner Kultur und Moral. Der Beweis, wie sich Menschen in der Gemeinsamkeit ihrer völkischen Eigenschaften verhalten, steht solange aus, bis der Prozess im Denken und in der praktischen Umsetzung abgeschlossen ist. Es ist ein oft schwieriges und mühevolles Unterfangen, den Wahrheitskern aus den Umständen der Zeit und den Lebensbedingungen und Wechselwirkungen individueller Verhaltensweisen im Rahmen vorgegebener Normen der Gesellschaft herauszuschälen. Der Mensch steht nicht für sich alleine da. Umstände, die ihn in die Gesellschaft fest eingebunden haben, sind zu berücksichtigen, was die ganze Sache in der Beurteilung komplizierter macht. Gut muss nicht heißen, dass der Mensch von vornherein gut ist, so wie umgekehrt aus einem schlechten Ergebnis nicht direkt abzuleiten ist, dass der Mensch als Individuum schlecht ist.

[Einige Stimmen aus dem Chor erscheinen auf der Bühne.]

1. Stimme aus dem Chor :

Die Sonne kam, und mit ihr kam der erste Tag.

Es folgten Frühling, Sommer, Herbst und Winter, da kamen Frucht und Fruchtbarkeit, kamen Freude und die Ernte.

2. Stimme aus dem Chor :

Mit dem Tag kam auch die Nacht mit dem Mond und mit den Sternen. Mit der Freude kam die Trauer, kam die Angst um Leben und das Sein.

Ich lass dich nicht allein zurück. Zusammen nehmen wir den Zug zum Himmel, dann bist auch du die Schmerzen dieser Erde los. Ich verberge sie vor deinen Augen, die sich mit Freude füllen werden.

Chor :

Dabei holtest du den Menschen aus den Weltenfernen und formtest ihn zum Ebenbild.

3. Stimme aus dem Chor :

O Gott, o Jahwe, warum hast Du das getan?

Sieh, was mit den Menschen geschah, als es brannte und rußte und roch nach dem verbrannten Fleisch. Das kann dein Plan so doch nicht gewesen sein mit dem Formen und dem Schaffen mit den Feldern und Bäumen um den Menschen herum.

Chor [weiter unsichtbar]:

Wir können das Geheimnis nicht lösen mit dem, was sich am Menschen ereignet. Es wird ein Rätsel bleiben, denn es fehlt die Brücke zum Verstand. Tief steckt das Geheimnis im Gewand, das zeitnah ist und über alle Zeiten wallt.

4. Stimme aus dem Chor :

Lasst endlich ab vom blinden Zank, nehmt eure Hände weg vom Streit. Es kämpft die Zeit, was Zeiten doch nicht lösen.

Chor :

Fluten kommen, Fluten gehen, mit ihnen kommen die Versprechen in Lichtjahren und darüber hinaus. Fluten überschwemmen die frühe Tat, sie schwemmen weg die junge Saat

auch die für Frieden und Gerechtigkeit. So flutet das Leben auf und davon bis dorthin,

wo wir verwundert und verwundet heute stehn.

O Bildner der reißend wallenden Fluten, o du Meißler von Zeit und Welt.

Jahwe [ist unsichtbar]:

Ich gab euch das, worauf ihr steht mit wendenden Köpfen auf gestreckten Knien.

Ich griff in die Unendlichkeit hinein und gab der Galaxie das Licht so weit ihr seht und denkt und geht. Ich verstreute die Sonnen und gab die Planeten dazu. Für euch ist es der Planet Erde,

der groß genug sein soll für eure Hände und Füße, wenn auch die Spirale des Seins denkerisch über eure Köpfe hinausreicht.

Für euch soll dieser Planet der Leuchtpunkt sein, den ich aus der Urmasse formen ließ

und dem Sonnenkreis zufügte wie noch andere Planeten, damit ihr seht, was um was zu kreisen hat. So sind Boden und Atmosphäre bereitet,

wo ihr nun zu leben und zu wirken habt. Es ist der Anfang, und der ist getan, wo ihr seht und steht vor eurem Sein, das für das Universum von Bedeutung ist.

Nun seht, geht und wirkt, macht euch an die Arbeit! Ruht euch nicht auf gefällten Bäumen aus, seht euch vor, nicht schon im Anfang zu wanken.

Ich gebe zu, dass ich den Menschen schuf,

weil ich nach ihm verlangte. Es ist der mögliche Widerspruch, der mir an ihm gefällt,

wenn auch seine Logik mich oft wundert.

Alles in allem: Es ist das Gespräch, das ich mit ihm suche, denn das Universum ist nicht frei

von groß und klein, von gut und böse, dass er, der Mensch, wenn er mich sucht, oft aufsässig mich verwünscht, verflucht. Doch wisst, das schreckt mich nicht von meinem Tun, auch dann nicht, wenn ihr denkt, ich tue nichts.

1. Geist :

Der Donner schlägt gar mächtig drein, und Bergmassive brechen auseinander, die Erde wankt, mit ihr die Menschheit, es spuckt aus Kratern hoch zum Himmel. Ströme reißen das Strombett fort, es gibt das schreiende Gewimmel. Scharen rennen über Land, fliegen durch die Luft und schwimmen in den Tiefen der Ströme.

Neue Spalten reißen auf, neue Löcher folgen ohne Ende, an den Ecken scharren, nagen, fressen sie, und wenn sie sich besser kennen,

dann fressen sie sich selbst, die Großen fressen die Kleinen und das, wenn das Leben gerade beginnt.

Es ist der Anfang der großen Schöpferkraft,

sie schafft und trifft die Auslese.

2. Geist :

Jede Geschichte hat ihren eigenen Lauf, den vorherzubestimmen auch den Geistern schwierig ist. Vieles nehmen wir in Kauf, doch der Mensch, den Jahwe gestaltet hat, ist schier unberechenbar. Überholt, veraltet und entwertet ist, was wir für recht oder unrecht hielten.

Unfassbar für uns ist, wie sich der Mensch als Mensch entpuppt auf dem Wege seiner Tage,

hier lacht, dort weint, obschon es nach dem Lauf der Dinge mehr zum Weinen Anlass gibt.

1. Geist :

Nun ist das Rätsel aufgegeben, dass sich über den Sinn streiten lässt, warum es im Universum bislang friedlich war, doch der hohe Herr das Widerwort verwehrte, als das Denken noch in alten Bahnen lief.

Beide Geister :

Untrüglich ist das Licht der Sonne, die den Planeten Erde hält im Bann, tausend Sonnen mögen’s sein und das unsichtbar miteinander verbunden. Das ist dann die große Kraft, die Ordnung in den Dingen schafft, was der Zeitraum mit dem Menschen ist.

Geist des Widerspruchs :

Doch, das möchte ich betonen, dort, wo Licht ist, brauch ich nach Schatten nicht zu suchen,

selbst bei den lieben guten Geistern darf Ehrfurcht vor dem hohen Herrn nicht scheitern.

Ich will sagen, es ist nicht alles Gold, was glänzt, darum sei mein Widerspruch erlaubt,

gewagt sei noch viel mehr. So wage ich die Wette, dass es mit der Schöpfung so nicht ist.

Wenn Eitelkeiten in den Köpfen spuken, dann paart sich schnell zum Lebensernst die Lebensangst, obwohl es manchen Scherz zu machen gäbe, doch dazu fehlt dem Menschen der Verstand, da steckt er lieber den Kopf tief in den Sand.

So ist der Mensch der ew’ge Zweifler, der durch die Welt geschickt sich selber schickt

ob alt ob jung, er schweift umher, erblickt mal hier mal dort den Lebensfunken, den Kern der Wirklichkeit begreift er nicht. So irrt er geblendet und erschöpft durch Stadt und Land

oft gebrochen in zerrissenem Gewand verwirrt im Sinn und dann am Gegenstand, obwohl nicht immer dumm im Kopfe. Doch fehlt ihm der Mut zum nötigen Entschluss, die Gelegenheit am Schopf zu packen.

Stattdessen steigt er geflochtenen Intrigen nach,

da fehlt es an der richtigen Entscheidung, die zu treffen, Menschen zur Verzweiflung bringt,

anstatt sie anzupacken und den geraden Weg zu nehmen. So seid ihr Zeuge, was ihr vor euch seht, nicht immer wird euch das Wort gefallen,

doch die Frage ist und bleibt, was ist, was das Sein bedeutet. Da hört ihr schon die vielen Klagen die samt und sonders die Gemeinschaft ist.

In ihr mag Fleiß und Formungswille sein, doch seht ihr tiefer, was hinter dem Vorhang sich verbirgt, da seht ihr den Fremden und nicht den Freund. Da ist es kein Geheimnis mehr, dass die Raffgier und der Neid zerstören, was in Mühsal andere schafften, weil es Menschen gibt, die nicht gescheit sich benehmen wie die letzten Affen. Denn da wird Eintracht vorgetäuscht, was nicht mehr ist als ein Fetzen Tuch, wo Kampf und Heuchelei im Falschgewand hausieren, da stimmt auch nicht das gute Buch.

So wird gestorben ungezählt, als hätten Menschen einen andern Gott gewählt, dem Menschenopfer gar willkommen sind, wo Blut fließt, bis es nicht mehr weitergeht, wo am Stock nur noch der Tote steht. So liegt die Lüge auf der Hand der Zeit, wie sie in alten Zeiten schon gelegen hat, es bedarf des frühen Winkes mit dem kleinen Kniff, um das Oben vom Unten der Absicht zu erkennen. Dann fährt auch wieder jenes große Schiff, da mögen sich die So-gescheiten noch so stemmen. Wenn die Masten erstmal sitzen, der Wind die Hoffnung kräftig in die Segel drückt, da können Sterne und Kometen noch so blitzen, es geht vorwärts wie verrückt. Und was dann fährt, es nimmt den Weg vom alten Ort zum neuen hin, da macht ein Dritter den Gewinn, dafür geb ich euch mein Erdenwort.

1. Geist :

Des Schöpfers Donner wird aufs Neue schlagen, zürnen wird er, was Menschen sich so denken. Neue Krater werden klaffen, werden spucken, höchste Bergmassive werden auseinanderrucken. Kochend spritzt und steigt die Zorneslava, dass Städte niederbrennen mit dem guten alten Haus.

2. Geist :

Zeigen wird sich, was sich dann entfaltet, wenn der Lavastrom sich härtet und erkaltet, was aus dem heißen Kern sich neu gestaltet, wenn der Keimling sich nach oben drängt aus den Spalten zwischen Fels und Felsgestein.

Philosoph :

Ich sitze hier, die Welt zu begreifen, es ist schwer, die Linie so zu zeichnen, die das Leben mir zu denken gibt. Ich sehe Dinge kommen, gehen, sehe, dass es Menschen sind, die etwas tun, was sie nicht tun sollten. Ich sitze und denke, überdenke, weil vieles sich nicht begreifen lässt.

Chor :

So sind wir hier und leben und zeugen vor uns her, haben Stämme und Völker gebildet,

haben Kontinente genommen und treiben Wissenschaft und Kunst. Denn das, man hat es uns gelehrt, sei gut, und gut zu sein, das gehört auch zum Leben.

Saida, o du Weinende

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