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IV

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War man am Tage des feierlicher Einzugs überrascht gewesen über die gründliche Umwandlung im Charakter des Königs, so stieg dieses Erstaunen immer höher, je mehr Oriand unter dem Einfluß seiner lieblichen Gemahlin ein ganz neuer Mensch zu werden schien.

Jetzt regierte er sein Land selbst, ließ sich Rechenschaft ablegen über die Art und Weise, wie seine Beamten ihre Pflicht erfüllten, rief jeden zum Gefühl der Gerechtigkeit, beschützte die Schwachen, brachte die Starken durch väterlichen Rath zur Nachgiebigkeit, strafte nur mit Wiederwillen, wo es unvermeidlich war, und benahm sich als echt christlicher König.

Beatrix genoß ohne Störung seine Liebe; der geringste Blick ihrer Augen war wie ein Befehl für ihn; aber sie machte von ihrer Macht nur Gebrauch, um Armen zu helfen, Bedrängte zu vertheidigen, Leidende zu trösten, und durch vielfältige Werke der Barmherzigkeit, Glück und Frieden um sich her zu verbreiten.

Sechs Monate lang dauerte des Königs gute Stimmung fort ohne daß noch je ein Anfall von Jähzorn ihn traf. Sein Blick und seine Worte waren ebenso heiter und ebenso lieblich, als am ersten Tage, und seine-Liebe zu Beatrix schien noch zuzunehmen, denn er war ihr dankbar für den wohlthätigen Einfluß, den sie auf sein einst so schroffes und reizbares Gemüth ausübte.

Jetzt war er nicht mehr versunken in die Sucht nach wilden Vergnügungen; und ging er noch einmal auf die Jagd in den Wäldern seines Gebietes, so geschah es in Gesellschaft seiner geliebten Gattin und mit seinem ganzen Hofe, wie zu einem fröhlichen Feste, zur Erholung und zu fröhlichem Geplauder.

Dieses allgemeine Glück, diese unzerstörbare Zufriedenheit der Gemüther folterte die herrschsüchtige Mattabruna. Oft, wenn sie mit Markus allein war, fragte sie zähneknirschend, ob sie denn zu ewigem Leiden und zu immer tieferer Erniedrigung verurtheilt bleiben solle? So dürfte es nicht fortdauern; es müßte ein Mittel gesucht werden, meinte sie, um den König von seiner schrecklichen Verblendung zu erlösen und Beatrix in das Verderben zu stürzen.

Aber Markus, der vorsichtig war und sein Leben nicht leichtsinnig wagen wollte, überredete sie jedesmal zur Geduld und zum Aufschub. Mattabruna irrte sich, sagte er, in dem entmuthigenden Gedanken, daß die Verläumdung gegen die Königin unter dem Volke ausgestorben wäre. Er wüßte es besser durch Savary, der ihm täglich meldete, wie Landleute und Bürger, ja, wie selbst Ritter noch stets heimlich das Wort »Zauberei« flüsterten.

Und in der That, welche Fürstin, wie gut und großmüthig auch, könnte jedermann befriedigen? Müßte sie nicht, um die Meisten ihrer Unterthanen glücklich zu machen, vielen andern mißfallen? Ein unerwarteter Zufall, ein Nichts könnte jeden Tag die Verläumdung wie ein Unwetter über dem Haupte der Königin zum Ausbruch bringen. Man müßte sich verstellen, den günstigen Augenblick abwarten, und sich bereit halten, um unbekannt und verborgen, Gift in des Königs Wunde zu gießen, sobald sein Herz einmal diese Wunde erhalten hätte.

So besänftigte Markus die erzürnte Fürstin mit einer Hoffnung, deren Verwirklichung zu ihrem großen Verdruß jedoch immer zweifelhafter zu werden schien.

Welche Raserei, welcher Neid, stürmten in ihrem Gemüth, als Beatrix eines Abends mit Thränen der Wonne in den Augen ihr anvertraute, daß der gütige Gott dem Könige ein Kind schenken würde . . . Und möchte es ein Sohn sein, ein Erbe der Krone, wie würde Oriand und das ganze Land dem Himmel danken!

Mattabruna verbarg die Angst und den Haß, der sie quälte, und jubelte mit ihrer Schwiegertochter über die schöne Aussicht; aber alsbald stellte sie sich so, als wäre sie unpäßlich, und lief nach ihrem Zimmer, wo sie in aller Eile Markus rufen ließ.

Bei seiner Ankunft brach sie in Verwünschungen aus und beschuldigte ihn der Feigheit, sogar der Untreue. Jetzt wäre es wahrscheinlich zu spät, um noch an Rache zu denken und sie wären zu ewiger Erniedrigung verurteilt; denn wenn Beatrix dem Könige einen Erben schenkte, würde Oriand dann nicht durch dieses neue Band unüberwindlich an sie gefesselt bleiben? Würde sie nicht als Mutter seines Kindes in seinen Augen geheiligt sein? Nun könnte nichts mehr die Macht der Königin brechen, als ein Meuchelmord! Daran wäre er schuld; seine Blödigkeit würde wahrscheinlich sie beide in’s Verderben stürzen . . . «

Mit solchem Rasen ließ sie dem Ritter keine Zeit, ein Wort zu sprechen, bevor sich ihr Herz der Galle, die es erfüllte, entledigt hatte. Er schien jedoch für ihre Vorwürfe wenig empfindlich und lächelte sogar.

»Ihr lacht?« rief sie, »Spottet ihr denn über mein Leid? Ha, Ihr habt meine Wohlthaten vergessen. und nun verlasst ihr ein ohnmächtiges Weib, das Euch weder Gutes noch Uebles mehr zufügen kann?«

»Ihr täuscht Euch, Mattabruna ist noch nicht todt; sie wird leben für die Rache!«

»Ich bin froh, ich bin glücklich, Fürstin,« antwortete der Ritter, sobald er ein Wort äußern konnte. »Unsere Rache ist nahe.«

»Wie, was sagt Ihr?« murmelte Mattabruna mit Augen voll Hoffnung; »unsere Rache ist nahe?«

»Ja, morgen schon bricht der Sturm los. Der Seneschall hat in einem abgelegenen Stadtviertel eine Frau gefangen, die beschuldigt wird, öffentlich gesagt zu haben, daß die Königin eine Zauberin sei und durch einen höllischen Geist beschützt werde. Im Verhör hat sie eine andere Frau bezeichnet, als erste Verbreiterin des verläumderischen Gerüchtes und diese zweite hat noch andere angegeben. – Der Seneschall, in der Meinung, seine Pflicht zu thun und dem König gefällig zu sein, hat diese Weiber, fünf an der Zahl, nach dem Gefängniß gebracht. Morgen werden sie vor den Richtern erscheinen und unfehlbar zum Scheiterhaufen verurtheilt werden. Diese Gefangennehmung erweckt eine große Aufregung unter dem Volke und nichts kann hindern, daß die Sache dem König zu Ohren komme. Ihr sehet den gewaltigen Eindruck aus sein Gemüth vorher, Fürstin! Er wird erfahren, daß man im Lande so über die Königin spricht. Der Zweifel wird in ihm entstehen; wir werden diese Gluth heimlich anschüren, und in kurzer Zeit unser Ziel erreichen, ohne uns der mindesten Gefahr bloßzustellen. Ich sehe sie bereits verstoßen und verbrannt . . . «

»Getödtet durch seine Hand!

Verflucht von jedermann!

Verbrannt als eine gottvergessene Zauberin.«


»Und Euch, Fürstin, sehe ich wieder auf dem Throne, in unbeschränkter Macht und Hoheit über das Land gebietend!«

»Ja, ja, und Euch für Eure Treue belohnend mit Gütern und Ehrenstellen.«

So frohlockten Beide lange Zeit über den wahrscheinlichen Fall der unschuldigen Königin, und berathschlagten über die Rolle, die jeder in diesem Trauerspiel auszufüllen haben würde, bis endlich die Stunde der Nachtruhe sie trennte.

Des andern Tages am Morgen ging der Seneschall zu Hofe und ließ den König um eine geheime Audienz ersuchen, indem er vorgab, daß er ihm gewisse wichtige Dinge mitzutheilen hätte.

Oriand gestand seine Bitte bereitwillig zu und drückte ihm sogar die Hand, als der Beamte, dessen bewährte Treue er kannte, in seiner Gegenwart erschien.

Aber kaum hatte dieser gemeldet, daß Weiber gefangen säßen, aus deren Lippen man die gräuliche Beschuldigung der Zauberei gegen die Königin ertappt hätte, so brüllte der König wie ein Löwe, schlug die Hand an sein Schwert und sah den Seneschall so wüthend an, daß dieser vor seinem flammenden Blick mit einem Angstschrei zurückwich und bebend die Hände aufhob, indem er jammernd ausrief:

»Gnade, Gnade für mich, Herr Fürst! Ich meinte meine Pflicht zu erfüllen. Was ich that, geschah aus Liebe zu Euch, aus Ehrerbietung gegen die Königin!«

Der Zorn Oriands mußte diesmal unbegreiflich stark und gewaltig sein; denn, wie es ihm in solchen Umständen gewöhnlich begegnete, dieses Uebermaß des Zorns gab ihm die Kraft, seine Aufregung zu bezwingen. Seine Lippen bebten noch wohl, ein drohender Funke glühte noch in seinem düstern Blick: aber er schien plötzlich gelassen und verhielt sich ganz still, während er zu Boden starrend, die Abscheulichkeit des blutigen Hohnes erwog, der ihm und der Königin angethan war.

König Oriand

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