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Ein Hauch im Nacken

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Öffentliche Hinrichtungen waren Volksfeste. Würstchen wurden verkauft, Bier ausgeschenkt. Der Bürgermeister sah sich veranlasst, zur Besonnenheit des Publikums aufzurufen. 1854 hatte man die Guillotine auf den Gerberwiesen vor Leipzigs Stadttoren aufgestellt. Carl August Ebert hatte in der Stadt geraubt und gemordet. Als man ihn endlich überführte, war sein Strafregister länger, und er war bereits andernorts „zum Tod durchs Rad von unten herauf“ verurteilt worden. In Leipzig vollstreckte man’s durchs Fallbeil. Es war die letzte öffentliche Hinrichtung in der Stadt. Unter dem Hurra der Massen fiel August Eberts Kopf. Todesurteile allerdings wurden in Leipzig bis 1981 vollstreckt.

„Das Schafott, zu welchem drei Stufen in die Höhe führten, war vielleicht vier- bis fünfhundert Schritt von dem Ufer der Parthe errichtet … Wagen und Stände mit Kaffee-, Bier- und Schnapsverkäufern; Händler mit Semmeln, Kuchen, Brot, Fleischwaren und Wiener Würstchen wechselten mit Kolporteuren, welche Mordtaten und Hinrichtungen in Poesie und Prosa laut zum Verkaufe anboten, ab. Alles lachte, drängte und machte mehr oder minder rohe und zweideutige Witze. Mehrere industriöse Leute waren mit ganzen Wagen voll Stühlen und Holztischen erschienen, welche sie an die Zuschauer vermieteten und wobei sie reißenden Absatz fanden.“ Ein Volksfest angesichts des Todes. „Trotz des regnerischen Wetters und des durchweichten Bodens des Platzes hatten sich doch 20 000 Menschen, eher mehr denn weniger, allein fast ausschließlich der unteren Classen angehörend, als Zuschauer eingefunden. Bei der Ankunft des Gerichtszuges begaben die richterlichen Personen sich auf die für dieselben errichtete Tribune. Der Delinquent, welchen Herr Archidiakonus Dr. Tempel bis an das Schafott begleitete, bestieg dasselbe anscheinend gelassen, und nach einer von Herrn Criminalrichter Dr. Rothe gehaltenen kurzen Ansprache an die Versammlung hatte die Execution ohne die mindeste Störung ihren ernsten und raschen Verlauf. Die versammelte große Menschenmenge verhielt sich ruhig und schweigsam und entfernte sich ebenso, ohne daß, wie rühmend anzuerkennen ist, die geringste Unzüglichkeit vorkam.“

Es war die letzte öffentliche Hinrichtung in Leipzig. Sie fand am 16. Juni 1854 auf den Gerberwiesen statt. Diese lagen hinter dem Gerbertor an den Gleisen der Magdeburger Eisenbahn und der Berliner Straße, „welche damals außer der Scharfrichterei und einem kleinen Häuschen der Damenbadeanstalten im Gerbergraben kein einziges Wohnhaus aufzeigte“. Enthauptet wurde der Brandstifter und dreifache Mörder Carl August Ebert durch die Guillotine.

„Sie spüren nicht den leisesten Schmerz, höchstens einen ganz kurzen Hauch über dem Nacken“, hatte Dr. Joseph Ignace Guillotin die von ihm erdachte Weiterentwicklung des Fallbeils der französischen Nationalversammlung vorgestellt. Paradoxerweise war der Namensgeber „an der eigentlichen Konstruktion gar nicht beteiligt. Es stellte sich nämlich heraus, daß er ein reiner Theoretiker war und nicht imstande, die von ihm so eifrig vorgeschlagene Köpfmaschine technisch exakt zu entwerfen. Der französische Generalprokurator Roederer mußte daher im Februar 1792 einen Kollegen Dr. Guillotins, den Chriurgen Dr. Louis, mit der Konstruktion beauftragen. Die technisch-handwerkliche Ausführung besorgte schließlich der deutsche Klavierbauer Tobias Schmidt, der mit 960 Livre das günstigste Angebot gemacht hatte. Am 25. Mai 1792 wurde die Guillotine zum ersten Mal in Gebrauch genommen: Der Raubmörder Nicolas-Jacques Pelletier wurde in Paris auf dem Grève-Platz geführt, wo ihm gemäß den Bestimmungen des Strafgesetzbuches mit dem Fallbeil der Kopf abgeschlagen wurde.“ Die aus humanitären Gründen neu erfundene Köpfmaschine war ein Instrument, „das im wesentlichen aus zwei Teilen bestand: einem Kippbrett, auf dem der Verurteile festgeschnallt wurde, und einem etwa fünf Meter hohen Gerüst, von dem das scharf geschliffene Fallbeil, von zwei seitlichen Schienen geführt, herabfiel und den Nacken des Verurteilten mit absoluter Genauigkeit traf. Das Kippbrett war beweglich. Der Delinquent wurde in der Regel aufrecht stehend daran festgegurtet und anschließend in waagerechte Position genau unter das Fallbeil geschwenkt. Der Kopf wurde dann noch mit einer Art Halsgeige festgehalten. Die Hinrichtung mit dem Fallbeil dauerte meist nur ein paar Minuten. Die Verurteilten hatten keine langen Todesqualen mehr zu erleiden, denn die Maschine funktionierte im wahrsten Sinne des Wortes mit tödlicher Sicherheit.“

Drei Morde, Brandstiftung und unzählige Diebstähle waren Carl August Ebert nachgewiesen, er hatte alles eingestanden. Jetzt erlitt er die dafür verhängte Strafe. Schon einmal war der Verbrecher „zum Tode durchs Rad von unten herauf“ verurteilt worden. Nur war es „Eberten am 28. August 1848 gelungen, aus dem Gefängnisse zu entweichen“.

Zwei Wochen später stand August Ebert in Leipzig vorm Halleschen Thor, „barfuß und ein paar Schuhe in ein Tuch gewickelt, das er unter dem Arme trug. Er war schlecht gekleidet, hatte jedoch das Haar nach der Mode gekämmt und pomadisiert.“ Auf Fragen zur Person gab er verdächtige und widersprechende Antworten. Und da er „keine Legitimationspapiere bei sich hatte und sich einigen Anschein von Blödsinn zu geben suchte, so wurde er in polizeilichen Gewahrsam genommen. Es lag die Vermuthung nahe, daß er ein entsprungener Verbrecher sei; denn seine Angaben trugen das Gepräge der Erdichtung. Er nannte sich Friedrich Müller, wollte aus Frankfurt a. O. gebürtig sein und aus Amerika kommen. Er sagte, seine Eltern seien gestorben, den Vater habe er nicht gekannt, seit der frühesten Jugend habe er sich auf einem Segelschiffe befunden, welches zwischen Hamburg und Amerika hin- und hergefahren, und auf welchem seine Mutter Köchin, er selbst Schiffsjunge gewesen sei. Die Polizeibehörde zu Leipzig stellte umfassende Nachforschungen an, um die wahre Persönlichkeit dieses Menschen zu ermitteln. Jedoch ohne allen Erfolg.“ Man wies ihn in die Versorgungsanstalt zu Colditz ein, musste ihn alsbald daraus entlassen, denn seinen Erzählungen konnte niemand die Unwahrheit nachweisen. Friedrich Müller fiel der Stadt Leipzig als Heimatloser zu. „In ehrlicher Weise sein Fortkommen zu suchen, lag gar nicht in Müllers Willen, die äußere Freiheit ließ ihn wieder dem thierischen Triebe nach Raub nachhängen: er stieg ein und stahl“, wurde mit Gefängnis belegt, „und nach Verbüßung dieser Strafe von der Leipziger Polizeibehörde zur Correction ins Georgenhaus eingesperrt.“

Dann glaubten sich die Polizisten auf der Spur. Sie fanden, „daß in den Mittheilungen der Berliner Sicherheitspflege ein Steckbrief hinter einem Schneidergesellen Carl August Ebert aus Drossen noch unerledigt war“. Dieser war wegen Raubmordes, Brandstiftung und mehrerer Diebstähle zur Fahndung ausgeschrieben. Friedrich Müller entsprach dem Signalement nicht nur äußerlich, er hinkte wie beschrieben. Nur hatte man jenen Ebert bereits in Frankfurt am Main verhaftet. Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte, doch teilte man diesen den Leipziger Ermittlern nicht mit, „so geschah es, daß dieser verschlossene Bösewicht am 16. November 1852 aus dem Georgenhause zu Leipzig wieder entlassen werden mußte und nur in polizeilicher Aufsicht behalten wurde, während er mit Handarbeiten Verdienst suchte und bald da, bald dort in der Stadt in Schlafstelle lag. Selbst aber in dieser äußeren Freiheit, wo sein Thun und Treiben von der Behörde überwacht war, vermochte er nicht den räuberischen Trieb zurückzuhalten, der aller Gefahren spottete und noch weniger auf den Richter achtete.“

Die Georgenstraße befand sich im Bahnhofsviertel, Hahnekamm und Hans-Poeche-Straße verlaufen heute ähnlich. Damals war es eine „Sackgasse, welche auf die westliche Umfassungsmauer des Schützenhauses stößt; unterhalb dieses Stadtheils breitet sich nordwärts der Leipzig-Dresdener-Eisenbahnhof aus, so daß in geringer Entfernung sich täglich ein reges Leben entfaltet“. In jener Straße wohnte Witwe Friese. Das nur an wenige Leute vermietete Haus stand einzeln am hinteren Rand der Sackgasse und bot nur äußerst geringen Verkehr mit der übrigen Stadt, zumal im Winter. Am 5. Januar hatte man Witwe Friese zum letzten Mal gesehen. Mehrmals klopfte der Vermieter an ihre Stubentüre, fand diese jedoch stets verschlossen. Er war nicht der Einzige, der vergebens auf Einlass hoffte, so setzte er die Polizeibehörde davon in Kenntnis.

„Als diese die Stube öffnen ließ, fand man die Friese entseelt darin. Sie lag, Kopf und Gesicht mit Blut bedeckt, völlig angekleidet, mit dem Rücken auf einem Stuhle; der Kopf hing herab, beide Hände berührten ausgestreckt den Boden, und die rechte hielt ein scharfes blutiges Messer. Quer über den Hals verließ eine lange, weitklaffende Schnittwunde und eine Lache dicken, geronnenen Blutes tränkte den Boden. Nach Aufrichtung des, mit einer schwarzen Mütze bedeckten Kopfes zeigte sich der Schädel an mehreren Stellen auf furchtbare Weise zerschmettert und allmählich entdeckte man 16 mehr oder weniger bis in das Gehirn dringende Wunden, die augenscheinlich von einem harten, stumpfen Instrumente bewirkt worden waren.

Die Friese war als eine wohlhabende Frau bekannt gewesen, man fand in ihrer Wohnung mehrere Gegenstände von Werth, namentlich auch Documente und Schuldverschreibungen; dagegen nur wenig baares Geld, mit einigen Zwanzigkreuzern in einer Plüschtasche verwahrt, ungeachtet die Friese erst ein oder zwei Tage vor ihrem Tode eine nicht unbeträchtliche Summe an Zinsen, in Cassenbillets und Zweithalerstücken, erhalten hatte. Ebenso fehlten Ringe und Busennadeln, in deren Besitz die Friese nach den Angaben verschiedener Personen gewesen war. Erstere hatte sie an einen Faden gereiht, gewöhnlich in ihrer Commode liegen gehabt. So war es denn klar, daß die Friese auf gewaltsame Weise ihren Tod gefunden, daß sie unter Mörderhand gefallen, eines Theils ihrer Habseligkeiten beraubt und daß von dem Mörder mit kaltblütiger Besonnenheit und raffinierter Bosheit das erschlagene Opfer in eine Lage und Stellung gebracht worden war, die den Glauben erwecken sollte, als habe die Friese mit eigener Hand ihrem Leben ein Ende gemacht …

Nachdem der Leichnam der Friese aus der Stube entfernt worden war, durchsuchte man dieselbe genauer, um Gegenstände aufzufinden, die möglicher Weise von Interesse für die Untersuchung sein konnten. Hierbei fand man in dem in der Stube stehenden Bette der Friese zwischen den Matratzen und dem Unterbette ein altes, unter den Armen blau abgefärbtes und in auffallender Weise schmutziges Mannshemde von grober Leinwand. Es fanden sich zwar nun noch andere Mannshemden vor, diese lagen aber zerstreut in der Stube herum, waren auch von sehr feiner weißer Leinwand, frisch gewaschen, sauber genäht und trugen vorn an der Brust auf einem in Herzform eingenähten Stück Leinwand als Zeichen die roth eingestickten Buchstaben A. F. mit einer Zahl darunter. Offenbar also waren dieß Hemden, die von dem den Namen Andreas geführt habenden, verstorbenen Ehemanne der Friese herrührten, wie sie denn auch nachmals von einer Person, die diese Hemden in den Händen gehabt, als Friesesche Hemden bezeichnet wurden. Unter diesen Umständen erschien der Fund jenes Hemdes im Bette der Friese von Wichtigkeit; trug solches auch keine Buchstaben als Zeichen an sich, so war doch anzunehmen, daß es nicht der Friese gehört, und der Gedanke mußte nahe liegen, daß möglicher Weise der Mörder sich jenes alten, schmutzigen Hemdes entledigt und dafür eins von den in der Stube liegenden, frischgewaschenen schönen Frieseschen Hemden angezogen und mitgenommen habe.“

Die Hemden – eine erste Spur. Eine nächste ergibt sich, als zwei Nachbarinnen sich eines fremden Mannes entsinnen, „der in der letztern Zeit einige Male ins Haus gekommen und nach dem Logis der Friese hinaufgegangen war. Noch am letzten Tage, am 5. Januar wollten beide Zeuginnen diesen Mann im Hause gesehen haben … Sie beschrieben jenen Fremden als einen kleinen untersetzten Mann mit einer kurzen grünen Jacke, dunklen Beinkleidern, dunkelfarbiger Mütze, mit plumpen Gesicht und einem etwas hinkenden Gang.“

Zunächst ergeben die Nachforschungen nichts, bis man in Erfahrung bringt, „daß auf der Ulrichsgasse (Seeburgstraße) ein Mensch wohne, dessen Statur und Kleidung so ziemlich auf Jenen passe und der auch in der letzten Zeit in etwas auffälliger Weiser Geld ausgegeben habe. Am frühen Morgen des 14. Januar verfügte sich der mit dieser Ermittlung beauftragte Diener der Behörde in das Quartier des oben Bezeichneten und traf nun hier noch im Bette liegend jenen geheimnisvollen Unbekannten, den angeblichen Müller, den die Stadt Leipzig unter die Zahl ihrer Einwohner hatte aufnehmen müssen. Beim Eintritte des Beamten in die Kammer zog Müller sich das Deckbett über den Kopf weg, er wurde aufgefordert, sich zu erheben, und hierbei zeigte sich, daß er ein weißes Hemd von feiner Leinwand auf dem Leibe trug, das aber ebenfalls schon beschmutzt war. Auch noch ein zweites, diesem ganz gleiches Hemde fand sich im Besitze Müllers vor. Beide Hemden glichen in Stoff, Größe, in der Art, wie sie genäht waren, sowie in ihrer sonstigen Beschaffenheit genau denjenigen, welche in der Stube der Friese mit dem Zeichen A. F. und einer Zahl darunter vorhanden gewesen waren. Nur war an dem einen das Zeichen herausgetrennt, während bei dem andern an der correspondierenden Stelle ein Stück Leinwand weggerissen war. Nichtsdestoweniger erkannte man aber an den vorhandenen Spuren noch ziemlich deutlich die Formen der ausgetrennten Buchstaben und namentlich war es gerade der Buchstabe F. dessen Form am deutlichsten hervortrat. Nicht minder zeigte sich noch ziemlich deutlich die Spur eines in Herzform darauf genäht gewesenen Stückes Leinewand. Müller war durchaus nicht im Stande, einen Nachweis darüber zu geben, wie er in den Besitz dieser beiden Hemden gekommen sei; die Angabe, die er darüber machte, trug das offenbare Gepräge der Lüge und Erfindung.“

Friedrich Müller wird in Haft genommen, die Beweise seiner Schuld sind erdrückend. Mehr als 20 Taler hatte er ausgegeben „theils in Cassenbillets, theils in Zweithalerstücken, theilweise aber auch in Zwanzigkreuzern“, genau wie sie der Witwe Friese ausgezahlt worden waren. Nach der Tat, „in den Nachmittagsstunden des 5. Januar war er zu einem seiner Bekannten gekommen und hatte zu demselben goldene Ringe, an einen Faden gereiht, sowie Busennadeln gebracht, vorgebend, er habe diese Dinge gefunden“. Und er hatte sich mit jenem Bekannten dahingehend verabredet, „daß dieser für den Fall etwaiger Nachforschungen von Seiten der Behörde nur sagen solle, er, Müller, habe das Geld von ihm bekommen, da er es ihm schuldig gewesen sei“. Die Zeuginnen erkennen in Friedrich Müller jenen Mann, den sie am Tattag beobachtet hatten. „Nicht genug, es wurde auch durch die umfassendsten und genauesten Erörterungen zu fast unumstößlicher Gewißheit erhoben, daß das im Bette der Friese aufgefundene Hemde ihm gehöre, ja daß er es noch am 5. Januar auf dem Leibe getragen habe.“ Es war in der Besorgungsanstalt zu Colditz gefertigt worden.

Und die Ermittler haben Zweifel, dass Friedrich Müller tatsächlich Friedrich Müller heißt. Sie senden an die betreffende Königlich Preußische Behörde die nötige Mitteilung und fügen dieser ein lithografiertes Bild des Täters bei. Zwei Beamte nehmen Müller vor Ort in Augenschein und „erkannten auf das Bestimmteste“ in ihm den Mörder August Ebert. Am 26. April 1853 gesteht Friedrich Müller seine falsche Identität und den Mord an Witwe Friese und nicht nur das.

Carl August Ebert wurde am 12. Juni 1822 zu Drossen (Ośno Lubuskie) geboren. Der Sohn eines Tagelöhners hat seinen Vater nie gekannt, die Mutter früh verloren. Ein kurzer Schulbesuch lehrte ihn notdürftig Lesen und Schreiben. Bereits als zehnjähriger Knabe begann er zu stehlen. Ebert arbeitete als Ochsenjunge, später erlernte er das Handwerk eines Schneiders. 1844 begab er sich auf Wanderschaft. „Im März desselben Jahres kam er in das Dorf Tschiefer (Przyborów) bei Neusalz (Nowa Sól) an der Oder, und hier blieb er in Arbeit bis zum 7. Juni 1846. Er hatte hier ein vertrautes Verhältniß mit der Tochter eines Einliegers angeknüpft und mit ihr ein Kind erzeugt und gab vor, daß er sie heirathen wolle. Er war der Volljährigkeit nahe und hatte sich für vermögend ausgegeben.“ Er wollte vor Ort nicht länger bleiben. Mit dem gleichgesinnten Schiffsknecht Gutsche beschloß er, den alten Ausgedinger Schulze „zu berauben und nöthingenfalls auch zu ermorden. Es war nicht unbekannt, daß der alte Mann im Besitze eines Vermögens von etwa 3 000 Thalern war, und nachdem einige Zeit vorher die beiden Bösewichte schon einen vergeblichen Versuch gemacht hatten, stiegen sie in der Nacht vom 6. zum 7. Juni 1846 durch das Strohdach in die Wohnung des Greises ein. Als dieser, vom Geräusch erwacht, in den Hof ging, erschlugen sie ihn mit einem mitgebrachten Beile, schleppten ihn in die Wohnung zurück und steckten das Haus in Brand, nachdem sie des Erschlagenen Vermögen vergebens gesucht und nichts weiter als 16 Pfennige gefunden hatten, welche sie nebst einigen Stücken Fleisch als die ganze Beute mitnahmen.“ Beim Löschen des Feuers stand Ebert in erster Reihe und half löschen. Unter den Trümmern fanden sich die 3 000 Taler, das Opfer hatte sie eingemauert.

August Ebert kehrt in seinen Heimatort zurück. Noch keine zwei Wochen daheim, beschließt er einen weiteren Mord. „In Drossen wohnte die Witwe des Braueigen Rantikow allein im Erdgeschoß ihres Hauses; sie war hoch in den Jahren und als bemittelt bekannt. Mit einer Frechheit, die ihres Gleichen sucht, ging Ebert zu ihr, sie ihrer Habe zu berauben; das erste Mal traf er sie nicht zu Hause an; sie war in der Kirche. Am 23. Juni 1846 wiederholte er seinen gräßlichen Besuch bald nach Mittag. Er drang in die Wohnung der 74jährigen Witwe ein und suchte nach dem Geld. Die hinzukommende Eigenthümerin schlug er nieder, so daß Stirn, Schläfe und Scheitelbein von acht Wunden zerschmettert waren; außerdem durchschnitt er dem Opfer den Hals. An Geld nahm er circa 90 Thaler an sich und so verließ er das Haus nach kurzem Aufenthalte auch die Stadt.“

Der Mord an der Witwe Rantikow wird schnell entdeckt, der Mörder zur Fahndung ausgeschrieben. Der Reisende macht sich verdächtig, schon am nächsten Tage wird August Ebert im nahen Reppen (Rzepin) verhaftet. „Die gegen ihn eingeleitete Untersuchung war zugleich auf eine große Zahl anderer Verbrechen gegen das Eigenthum und über mehr als 30 Mitschuldige zu erstrecken. Erst nach längerer Kerkerhaft gestand Ebert den an der Rantikow verübten Raubmord, dann auch die Ermordung des Auszüglers Schulze zu Tschiefer. Der Theilnehmer am letzteren Verbrechen, Gutsche, wurde ebenfalls erlangt und er, wie Ebert, sind durch zwei gleichlautende Urtheile zum Tode durchs Tode vom Rad von unten auf verurtheilt worden; an Gutschen ist die, im Gnadenwege in Enthauptung verwandelte, Todesstrafe im Oktober 1851 zu Drossen auch vollzogen worden; dagegen war es Eberten am 28. August 1848 gelungen, aus dem Gefängnisse zu entweichen.“

In Leipzig ist Carl August Ebert zum Tode durch das Fallschwert verurteilt worden. Der Mörder zitterte, als man ihn davon in Kenntnis setzte. Das für ihn eingereichte Gesuch um eine Milderung der Strafe ist abgeschlagen worden, die Hinrichtung wurde von Seiner Königlichen Majestät bestätigt.

„Um 5 Uhr am Morgen des 16. Juni 1854 setzte sich der Zug zum schon erwähnten Richtplatze auf den Gerberwiesen vom Gerichtshause aus in Bewegung. Eine Compagnie Communalgarde eröffnete denselben; dann folgten zwei Wagen mit dem Gericht und dem Geistlichen, dann der dritte, ein offener nur oben flach bedeckter Stuhlwagen, mit dem Verbrecher, und den Schluß bildete wieder eine Compagnie Communalgarde. Die letztere hielt auch draußen die Straße und den Eisenbahndamm besetzt und bildete das nothwendige Spalier, während um das Schafott mit dem Fallschwerte das Viereck des Königlichen Militärs formiert war …“

Die vermauerte Frau

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