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Henrik Stolz
Spiel mir das Lied der Liebe
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
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Страница 5
Einleitung Die Perspektive des besten Freundes „Sie haben Ausgang bis dreiundzwanzig Uhr dreißig. Dreiundzwanzig Uhr dreißig ABV.“ Mit einem der schönsten Sätze, den der Militärjargon zu bieten hat, beendete der Kompaniekommandant seine Rede. Ungefähr zweihundert Soldaten schrien voller Tatendrang ein erleichtertes „Merci!“ über den Waffenplatz zurück. Im selben Moment löste sich die geometrisch exakt angeordnete Menschenformation, der man mit einem geschulten Auge den Grad der einzelnen Bestandteile entnehmen konnte, in Windeseile auf. Einem Ameisenhaufen gleich stoben die Uniformierten geschäftig auseinander, um kein Minütchen der kostbaren Freizeit missen zu müssen. Endlich Feierabend! Ich ließ die graue Kaserne hinter meinem Rücken verschwinden und schritt mit meinen Kameraden in Richtung „Soldatenstube“. Ihrem Namen alle Ehre machend, füllte sich die Kneipe, inklusive bewirtschafteten Vorgartens, rasch mit durstigen Stimmen und genießerischem Gelächter. Auf runden Serviertabletts dahergeflogen verwandelten uns die kühlen Biere in eine angeheiterte Gesellschaft. Ich hatte vermutlich ein Maß über den Durst getrunken, als mich meine Blase um eine Erleichterung bat. Ihrer Bitte Folge leistend erhob ich mich und ersuchte das stille Örtchen. „Eine neue Sprachnachricht“ leuchtete mir von meinem Handydisplay entgegen. In freudiger Erwartung lauschte ich konzentriert der Stimme meines besten Freundes, während ich mich bemühte, keine allzu große Sauerei zu veranstalten. Im Verlaufe seines Berichtes wandelte sich meine Mimik so sprunghaft, als trainierte ich gerade meine Gesichtsmuskulatur. Es begann mit einem Lächeln, doch dann riss ich die Augenbrauen hoch, nur um sie im nächsten Moment zusammenzuziehen; hierauf rümpfte ich die Nase, schob den Kopf leicht hervor, presste Ober- auf Unterlippe und blies danach die Backen auf, aus denen die Atemluft unter einem leisen Zischen langsam entwich. Als die Nachricht beendet war, stand ich noch immer vor dem Pissoir, den Blick auf die weiße Wand gerichtet. „Das kann nicht sein“, dachte ich. In den ersten Sekunden hielt ich seine Nachricht für einen Scherz, denn diese Art von Scherzen schien ihm ganz ähnlich. Aber nein, dafür war seine Stimme viel zu gelassen, sie klang ernst und zielorientiert, so als wüsste er wieder einmal genau, was er wollte. Ich kannte ihn schon einige Jahre und wusste bestens, dass seine Ideen manchmal auf spontanen Entscheidungen basierten. Diese Geistesblitze und Spontaneität mochte ich auch sehr an ihm; zu einem neuen, kurzfristigen Abenteuer würde er niemals „nein“ sagen. Doch das, was er jetzt berichtete, war einfach nur dämlich! Absoluter Schwachsinn! Was hatte ihn dazu gebracht, diese Entscheidung zu fällen? Wie kann man nur auf den Gedanken kommen, im Alter von 19 Jahren eine Fernbeziehung von Europa nach Amerika zu führen? Völlig absurd, blauäugig und unüberlegt. Mit offenem Munde stand ich noch einige weitere Sekunden in Schockstarre, unfähig, diese Information in einen sinnvollen Kontext einzuordnen. Doch ebenso wie der Alkoholrausch die Reaktionszeit erhöht, fühlt man sich auch in seiner Meinung und Weltanschauung bestärkt und ist dazu geneigt, weniger Selbstzweifel auszuüben, ganz zu schweigen von den Bemühungen um Objektivität. Als ich meine Fassung wiederfand, zögerte ich keine Sekunde, ihm ebenfalls eine Sprachnachricht zukommen zu lassen, um darin meine ungefilterten Gedanken mit gehobener und lallender Stimme mitzuteilen. Ob ich heute anders daran denke? Gewiss. Nicht nur weil ich die ganze Sache nüchterner betrachten kann, sondern weil ich mit ihm und durch ihn gelernt habe. Dieser Entscheid veränderte ihn, so wie uns jeder Entscheid in gewissem Maße verändert. Eine Entscheidung für etwas ist zugleich eine Entscheidung gegen etwas anderes. Er schlug den risikoreichen Weg ein, nahm Kosten und Leid in Kauf, um sich für sein Bauchgefühl zu entscheiden. Viele der Auswirkungen und Konsequenzen, die dieser Entscheid mit sich brachte, durfte ich miterleben und einige wenige davon sogar mitgestalten: angefangen mit der Sprachnachricht, meine überstürzte Antwort auf seine Kundgebung bezüglich des veränderten Beziehungsstatus sowie dieses Buch, das Sie nun in den Händen halten. Am allermeisten beeindruckte mich die Kraft, mit der er hinter seiner Entscheidung stand, und die Ausdauer, mit der an ihr festhielt. Ich finde, eine der wichtigsten Eigenschaften, die das Menschsein ausmacht, ist die Fähigkeit, sich für das einzusetzen, was man liebt. Meine Perspektive Dies ist die Geschichte, die von Drittpersonen als kitschig und kindlich betrachtet werden könnte. Die Geschichte, welche die meisten als „nicht schon wieder so ein Quatsch“ oder „immer die gleiche Leier“ abstempeln werden. Doch diese Geschichte entstand nicht auf dem Schreibtisch. Diese Geschichte entstand im Herzen zweier junger Verliebter, die nicht den Verstand eine Geschichte schreiben ließen, sondern dem Willen zur Zärtlichkeit, Zweisamkeit und Liebe eine Chance gaben. Diese Geschichte ist nicht wie jede andere nach Struktur und Handlungsablauf aus den Lehrbüchern entstanden. Diese Geschichte enthält keine dramaturgische Struktur, die stur eingehalten wurde. Nicht der Gedanke, eine Liebesgeschichte zu schreiben, ließ diese Zeilen ihren Lauf nehmen. Hier wurde die Liebesgeschichte gelebt, gefühlt und ist so real und pur mit allen Emotionen, die darin vorkommen, dass dieses Buch auf meinen Erinnerungen und nicht meinen Fantasien beruht. Kitsch war ebenfalls nie meins und ist es immer noch nicht. Ich denke zurück an all diese Erinnerungen und ich fühle all diese Emotionen wie damals, doch wie mir all dies geschah, ist mir bis heute ein Rätsel. Jeden Tag verblasst die Wahrhaftigkeit dieser Erlebnisse ein Stück mehr. Jeden Tag entferne ich mich gefühlsmäßig mehr von den Erinnerungen, die mir geblieben sind, und jeden Tag zweifle ich mehr an der Tatsache, dass dies wirklich ich war. Ich sehe Bilder, auf denen wir abgebildet sind. Ich habe die Erinnerung dazu im Kopf, doch ich erkenne mich nicht mehr. Die Glaubwürdigkeit, dieses Erlebnis gehabt zu haben, schwindet immer mehr. All diese Geschehnisse sind so außergewöhnlich und wirken mit der Zeit immer unglaubhafter. Ich möchte aber diese Erinnerung für immer behalten. Ich erkannte so vieles über mich selbst und über das Leben durch all diese Erlebnisse, dass ich trotz des vielen Schmerzes, den ich erlitt, diese Erfahrung um nichts in der Welt eintauschen würde. Ich erkannte den Wert, von einer Person wahrhaftig respektiert zu werden, mit all meinen Fehlern und Wahrheiten. Ich erkannte, was es hieß eine Person aufrichtig und ohne Geheimnisse in meine eigene Welt einzubringen, in der sie fortan eine wichtige Stellung einnahm. Ich erkannte meinen eigenen Wert und idealisierte meine eigene Persönlichkeit, indem ich mir durch dieses Selbstvertrauen, das ich erlangte, mehr Wert zusprach. Die guten Zeiten lehrten mich vieles über die Muße sowie die Glückseligkeit. Die schönen Stunden erkannte ich und ich sprach mir zu, diese so ausgiebig zu leben, wie es nur ging. Ich befand mich in einer völlig neuen Lebenssituation und es gefiel mir. Doch der Wendepunkt war unvermeidlich. Ich fing an, in der Vergangenheit zu leben, und zehrte von den Erinnerungen. Die Tage vergingen und die Trauertage überwogen schnell die schönen Tage. Bald hatte ich ein Gefühl meines Selbst entwickelt, das mich stets auf eine niedrigere Position stellte, als ich es eigentlich verdiente. Ich erlebte emotionales Leiden und erkannte, dass es manchmal keine Entscheidungen braucht und dass man lernen muss, zu warten. Ich war ebenfalls auf der anderen Seite, auf der positiven, und erlebte die euphorische Glückseligkeit, die nur durch die Anerkennung eines anderen Menschen hervorgerufen wurde. Diese Erfahrung zeigte mir die Höhen und Tiefen des Lebens in kürzester, aber intensiver Weise. Ich gab und bekam. Ich liebte und hasste. Ich erkannte, dass meine Seele keine unendliche Kapazität hat. Durch all dies bemerkte ich meine Grenze der Belastung und erlebte den Punkt meiner seelischen Toleranz. Durch dies erkannte ich, dass ich auf meine Seele sowie auf mein Wohlbefinden Acht geben muss. Unsere Geschichte Ich entschied mich im Spätsommer 2017 für sechs Wochen mein Leben in Südfrankreich zu verbringen. Dies tat ich mit der Vorstellung, eine gemütliche und prägende Zeit zu erleben. In der Tat war mein Dasein so lebenswert wie zu fast keinem anderen Zeitpunkt meines bewussten Lebens. Ich sparte über Jahre, beendete meine Ausbildung und war nun auf mich und meinen Alltag fokussiert. Ich erwachte täglich mit neuen Ideen und Fantasien, wie ich bewusst in den Tag hinein leben könnte. Ich war glücklich über die so schöne Zeit mit meinen Freunden, der Familie und die noch nie da gewesene Möglichkeit, alles selbst in die Hand zu nehmen, dass ich mich beinahe gegen den Auslandaufenthalt entschieden hätte. Ich war das erste Mal in meinem Leben auf mich gestellt. Ich konnte entscheiden, was mir in fünf Minuten oder in fünf Wochen passierte. Ich konnte alles in meinem Dasein planen. Dies dachte ich zumindest zu jenem Zeitpunkt. Wie die Zeit so verging, landete ich nach einem kurzen Flug und schwermütigen Abschied in Montpellier. Zu diesem Zeitpunkt war diese Stadt für mich ein Ort wie jeder andere. Ich organisierte mit gebrochenem Französisch ein Taxi und fuhr zu meiner Unterkunft, die ich mit anderen Sprachschülern teilte. Nach einigen Minuten der Stille unterhielten wir uns im Taxi über die Ortschaft, die französische Sprache und wer wo aufwuchs. Ich konnte kaum Französisch, der Taxifahrer wiederum kaum Englisch. Doch trotz allem verstanden wir uns. Angekommen, versprach ich ihm, ihn bei meiner Rückreise wieder zu benachrichtigen. Er gab mir seine Visitenkarte, bevor ich das Gebäude, mit dem ich so viele Erinnerungen verbinden würde, betrat. Die erste Woche verging, wie ich mir sie vorgestellt hatte. Ich schloss viele Freundschaften und hatte eine tolle Zeit mit viel Sonnenschein und französischem Wein. Als am Wochenende leider einige der Kumpane aus meiner Residenz wieder nach Hause gingen, wurde spekuliert, wer die neuen Gestalten sein könnten, welche die nun leeren Schlafgemache übernehmen würden. Gedanken machte ich mir nicht allzu viele dabei. Ich gedachte einfach, meine Zeit zu genießen, und beachtete die Neuankömmlinge kaum. Doch zu meinem Erstaunen freundete ich mich mit einigen auf Anhieb an. Ich spielte natürlich denjenigen, der alles schon kannte, und machte den Vorschlag, in die „Australian Bar“ zu gehen. Jeden Montag 1 Euro für ein Bier und somit fast offiziell für alle Studenten dieser Studentenstadt. Einen humorvollen und vergnüglichen Abend hatten wir. Ich strahlte vor Lebensenergie, die von meiner derzeitigen Lebenssituation und den vielen neuen Freunden ausgelöst wurde. Ich freundete mich schnell mit meiner bis heute sehr guten Freundin Lisa an. Wir plauderten die ganze Nacht, wobei ich so in Stimmung war, dass ich einen guten Spruch nach dem anderen brachte. Dies kommt häufiger vor, doch in jener Nacht waren diese unerwartet gut. Ich bemerkte im Verlaufe des Abends eine weitere Gestalt, die sich an unsere Gesellschaft gewöhnen wollte. Ich hatte nichts dagegen. Eine weitere junge, schöne Dame, die meine Aufmerksamkeit genoss, konnte ich nicht ablehnen. Als die Nacht nun fortgeschritten war und wir alle zu derselben Unterkunft gingen, in der wir residierten, ahnte ich noch nichts. Ich machte mir zu dieser neuen Gestalt folgende Gedanken: Erstens dachte ich mir, wie schön sie war, und zweitens, dass ich sowieso keine Chance hätte, bei ihr zu landen. Ihr Name war übrigens Sofia. Die Tage vergingen und wir verstanden uns, als kannten wir uns schon seit Jahren. Ich genoss ihre Freundschaft. Nicht lange ging es und wir realisierten, dass wir zu mehr fähig waren, als gute Freunde zu sein. Wir entdeckten, dass sich unser Inneres geborgen fühlte, wenn wir zu zweit waren. Wir bemerkten, den anderen brauchen zu müssen. Die Zeit verging und der Rest der Welt wurde immer mehr ausgeblendet. Wir hatten unsere eigene kleine Welt in einer kleinen, paradiesischen Stadt in Südfrankreich. Unser eigenes kleines Paradies, indem unsere Regeln galten. Wir kannten keine Verpflichtungen und keine Bürden. Wir lebten in den Tag hinein und wir empfanden Unangenehmes als angenehm, solange wir dabei zusammen sein konnten. Ich konnte es nicht fassen. Sich zu verlieben in den Ferien! Es hörte sich an, als wäre dies ein Film, in dem ich die Hauptrolle spielen sollte. Ich kannte aber die Enden aller dieser Filme und diese waren keine glücklichen. Ich oder wir wussten, auf was wir uns da einließen. Ich kam nicht mit der Absicht in die Ferien, Liebe zu finden, genauso wenig wie sie. Wir fielen in eine Welt, in der wir keine Zeit kannten. Wir fielen in eine Geschichte, in der das Ende unbestimmt war. Die Tage vergingen und die Zeit wurde immer mehr zu einem Gegenspieler. Wir mussten der Wahrheit ins Gesicht schauen. Wir erkannten, dass unsere Zweisamkeit keine Zukunft haben würde, und verbrachten unsere Nächte mehr und mehr ineinander verschlungen mit Tränen in den Augen. Wir diskutierten über die Möglichkeiten, die wir haben würden, und über unsere so ungewisse Zukunft. Es war eine so unverständliche Realität, derer wir bewusst werden mussten. Wir erkannten, dass unsere Seelen zusammengehörten, aber unsere Wurzeln waren fürchterlich weit entfernt. Wir fühlten uns veräppelt vom Schicksal und beklagten uns über diese so unfaire Begebenheit. Ich wohnte in der Schweiz und sie in Florida. Es war das erste Mal in unseren beiden Leben, dass wir uns in eine andere Person verliebten und wir uns dessen so sicher waren. Das erste Mal, dass die Geborgenheit nicht zuhause, sondern bei einer bestimmten Person des Eros war. Unser Verstand sagte „nein“, doch unser Herz siegte über diese Entscheidung. Es fühlte sich falsch an, nicht zusammen zu sein. Der unvermeidliche Tag stand vor der Tür und wir verabschiedeten uns am Flughafen. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Ich hatte ein Stechen in der Brust. Einen Willen, alles zu unternehmen, um diesem ein Ende zu bereiten. Ich wartete auf den Moment, in dem die Nachricht kommen würde, dass wir mehr Zeit für uns haben würden. Ich wartete auf den Moment, aufzuwachen, um zu realisieren, dass dies alles ein Traum war und wir im selben Ort leben würden. Nichts dergleichen geschah. Die Zeit drängte, sie musste zum Gate und wir winkten uns hinterher, bis wir uns nicht mehr sahen. Ich saß vor dem Flughafen und starrte teilnahmslos auf den gepflasterten Boden. Ich fühlte, wie mein Herz verhärtete und sich die Einsamkeit in meiner Brust breitmachte. Ich war diese Einsamkeit nicht mehr gewohnt. Ich verbrachte die letzten fünf Wochen beinahe ununterbrochen in Zweisamkeit. Alle meine Gefühle verblichen und eine Leere breitete sich aus, in der eine kleine Flamme der Hoffnung loderte. Ein kleines Feuer, das aber heiß und willig brannte. Ich bekam eine Nachricht von Sofia und in diesem Augenblick sprang der erste Funke zu diesem Buch über. Ich kam wenige Tage später ebenfalls nach Hause. In meine Heimat, die ich als ein anderer Mensch verließ als derjenige, der zurückkam. Nicht nur die Liebe überwältigte mich. Ich lernte Persönlichkeiten kennen, die mich ewig prägen werden. Ich knüpfte Freundschaften mit Menschen, die meine Freude leider heutzutage nicht spüren, aber ich bin über nichts mehr dankbar, als dass ich diese Menschen kennenlernen durfte. Als ich mich wieder ein wenig einlebte und mich an die neue Situation gewöhnte, machten wir ein Datum aus, an dem wir uns wiedersehen konnten. Ich ging nach Amerika. Ich hatte einen Weg vor mir, den ich allein gehen musste. Ich verließ meine Familie und mein Umfeld ein weiteres Mal vollkommen auf mich gestellt, um in Amerika eine neue Familie kennen zu lernen. Ich flog nach Miami, um meiner jungen Liebe eine Chance zu geben. Ihre kolumbianische Familie nahm mich sofort auf und gab mir zu verstehen, dass ich willkommen sei. Diese Geborgenheit und dieses Gefühl, eine zweite Familie gefunden zu haben, waren unbezahlbar. Als ich ankam, realisierte ich, wie die Familienangehörigen schon einiges über mich vernahmen und mir freudig hinterhergrinsten. Ihre Großmutter bekannte sich in durch spanischen Akzent gebrochenem Englisch zur Aussage, dass es gut sei, dass ich bei ihnen sei. Diese so bedingungslose Aufnahme in die Familie meiner jungen Liebe schien alles noch viel perfekter zu machen. Doch dieses Erlebnis gab mir ebenfalls einen neuen Einblick in die Persönlichkeit meiner Freundin. Nach der Zeit, die ich mit Sofia verbrachte, dachte ich, sie vollständig zu kennen. Dies dachte ich zumindest, doch ich wusste im Inneren, dass dies nie der Fall sein könnte. Wie könnte man auch einen Menschen und dessen Persönlichkeit innert wenigen Wochen vollständig kennenlernen? Jeder Tag macht einen Menschen zu dem, was er heute ist. Ich war mir bewusst, nicht die Vollständigkeit ihrer Seele gefunden zu haben. Doch ich war erfreut, ihre Familie kennenzulernen. Ihre Schwester, von der sie immer sprach, und ihr Vater, der ziemlich gemütlich sein sollte. Vor diesem hatte ich natürlich am meisten Respekt. Ich wusste, dass dies so eine Art Ritual in den Staaten ist, bei dem es darum geht, den Anforderungen des Vaters bestmöglich zu entsprechen. Glücklicherweise war dieser genauso wie beschrieben und wir bauten ein erstklassiges Verhältnis auf. Ich wurde nicht ohne Grund zu dieser Zeit eingeladen, denn „Thanksgiving“ fand gerade statt. Ein Fest, bei dem man zusammenkommt, um die wichtigsten Personen seines Lebens und die Familie wertzuschätzen. Während des so köstlichen Abendessens mit dem traditionellen Truthahn, passenden Saucen, dem Süßkartoffelstock und etlichen weiteren Köstlichkeiten, die auf dem Tisch standen und nur darauf warteten, um verschlungen zu werden, hatte ich plötzlich einen Gedanken. Ich fühlte mich als Schweizer wohl in dieser ausschließlich südamerikanischen Zusammenkunft. Ich fühlte mich so, als wäre ich schon seit Jahren zu diesen Festlichkeiten eingeladen. Als kenne ich diese Familie wie die meine. Es kam mir alles so vertraut vor, wobei der Wein diesem Gefühl ein wenig Unterstützung leistete. Ich bin der Meinung, man sollte Komplimente nicht vorenthalten, und ich begann beinahe gleichzeitig ein Gespräch mit der Mutter meiner Freundin wie sie mit mir. Nun unterhielten wir uns eine Weile, wobei sie mir die wohl schönsten Worte offenbarte, die ich mir nur vorstellen konnte. Natürlich war es mir wichtig, dass die Familie mich mochte und dass ich bei ihnen einen vertrauensvollen Eindruck hinterließ. Und genau diese Worte lösten eine Euphorie in mir aus, als sie mir sagte, „You know we really like you and you already feel like a part of the family1.“ Ich würde keine Sekunde dieser tollen Erinnerungen hergeben. Nach dieser Zeit flogen wir zusammen in die Schweiz und es waren nicht nur gefühlte, sondern tatsächlich 30 °C kälter als in Florida. Somit war es aus mit hauseigenem Pool und am Strand liegen. Unsere Aktivitäten wurden ins Innere verlegt und Decken hervorgeholt. Wir saßen nun drinnen in der warmen Stube und beobachteten die so märchenhaften Schneeflocken, wie sie eine nach der anderen den Garten sanft bedeckten. Ich war glücklich. Ich fühlte mich vom Schicksal verstanden und erkannte meine Bestimmung. Ich sah alles plötzlich so eindeutig. All meine Handlungen ergaben Sinn und waren in sich selbst nicht hinterfragbar. Es fühlte sich so an, als gäbe es keine Probleme mehr. Die Welt war in Ordnung, wenn ich mit ihr zusammen war.
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