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Kapitel 2

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Ich machte mich damit vertraut, wie es der Mannschaft seit ihrem Abflug von der Kolonie ergangen ist. Die Pegasus war ja schon bei diesem Zeitpunkt alles andere als ein neues Raumschiff. Denn mit ihr hatten schon Jahrhunderte zuvor die ersten Kolonisten, die die Erde verlassen hatten, unser neues Heimat-Sonnensystem erreicht. 300.000 Seelen waren durch den interstellaren Raum gereist, bis auf eine kleine Steuer- und Wartungscrew hatten diese den Jahrhunderte langen Transfer im Kälteschlaf verbracht. Zuvor hatten Naniten-Sonden dort einen einigermaßen erdähnlichen Planeten entdeckt, mit Lebensbedingungen kaum besser als auf dem Mars. Optimaler für eine Besiedlung erwies sich bald ein weiterer Äußerer mit einer Eiskruste wie bei den größten Monden des Jupiter, unter 100° kalt. Denn unser technisches Equipment kam mit der Kälte besser klar als mit den Temperaturextremen und Stürmen auf dem inneren Planeten, und atembare Luft musste sowieso aufbereitet werden. So gewöhnten wir uns an ein Leben in den Kammern von Raumstationen. Doch die Sehnsucht nach der Erde blieb in unserer Kultur erhalten, wurde schließlich übermächtig, bis unsere Administration entschied, die Pegasus wieder flott zu machen. Die Kolonie war zu diesem Zeitpunkt auf 7 Millionen Menschen angewachsen, und es meldeten sich wiederum 300.000 für den Kälteschlaftransfer mit der Pegasus, obwohl bekannt war, dass die Rückkehr zur Erde voraussichtlich gefährlicher würde als einst der Hinflug, denn die Systeme waren noch die Alten. Technologie wurde hier hauptsächlich eingesetzt, um das Überleben der Kolonie zu sichern, es war nicht daran zu denken, ein Raumschiff in der Größe der Pegasus neu zu bauen. Deshalb wurden die Systeme nur geflickt, was schon Risiken beinhaltete. Und es kam dann, wie es kommen musste. Die uns noch verbliebenen 3 Nuklear-Antriebsmodule, die noch von der Erde stammten, waren bereits nach 6 Jahren ausgebrannt, und wir mussten einen gewaltigen Umweg über 7 Sonnensysteme machen, um mit Hilfe des sogenannten Swing-By-Effektes in der Nähe von großen Himmelskörpern Betriebsenergie und Schwung zu sammeln für die Weiterreise. Dabei fielen viele der in die Jahre gekommenen Systeme der Pegasus aus, und die jeweiligen Wachteams hatten alle Hände voll zu tun, sie notdürftig zu reparieren. Nicht wenige unserer Leute kamen dabei um, aber es hielt uns auch auf Trab, was in dieser Situation ein glücklicher Umstand war.

Schon waren die drei Tage um, und ich musste meinen Dienst antreten. Von Haus aus Mathematikerin und Kybernetikerin war ich für das Computersystem und die Navigation der Pegasus verantwortlich. Die Systeme funktionierten, wie schon angedeutet, nur noch notdürftig, und so hatte ich alle Hände voll zu tun.

Die Stimmung auf dem Schiff war nicht gut, da immer noch kein Signal von der Erde kam. Wir hatten den Van-Allen-Gürtel der Sonne schon fast durchquert, da hörten wir endlich die erlösende Nachricht. Eine Sendestation auf dem Plutomond Charon hatte unser Signal beantwortet. Kurz darauf saßen wir in der Lounge. Das Signal wurde über Lautsprecher übertragen. Eine kalte Stimme wies uns an, in den Orbit des Jupitermondes Ganimed einzuschwenken. Das war alles. Mir fröstelte. Nach 700 Jahren kam als Begrüßung nicht mehr als das! Ich hatte ein unbehagliches Gefühl, während meine Kameraden Sektflaschen köpften und zu feiern begannen. Ich ließ mir nichts anmerken, doch meine Freude blieb verhalten. Schon bald zog ich mich in mein Quartier zurück. Ich wollte ausgeschlafen sein, war ich doch nicht nur für die Crew, sondern für die 300.000 Menschen mitverantwortlich. Während der Arbeit mit der Crew blieb ich ziemlich förmlich, wahrscheinlich empfanden mich die Anderen als kühl. Ich wusste selbst, dass ich ein wenig pedantisch war. Die Flickschusterei hatte ein Ausmaß erreicht, das alles sprengte, was ich auf der Raumfahrtakademie, aus meiner Sicht vor Kurzem erst, gelernt hatte. Viele der Unglücksfälle während des Fluges, mit denen ich mich aus den Datenbanken vertraut machte, wären mit einem höherem Sicherheitsbewusstsein vermeidbar gewesen. Während des langen Fluges hatte viel Schlendrian Einzug gehalten, und ich musste jetzt auf die Einhaltung eines minimalen Sicherheitsstandards, soweit das möglich war, bestehen. Damit machte ich mich natürlich nicht gerade beliebt, doch der Kapitän und der Erste Offizier wussten, dass meine Konsequenz schnell für uns alle überlebenswichtig sein konnte, und sie unterstützten mich. Doch es war keine leichte Zeit und ein einsamer Posten. Einmal musste ich dem Techniker, der mir zugeteilt war, die Flasche wegnehmen, da er ungeniert während seiner Dienstzeit Alkohol trank. Drei Tage redete er nur noch das Allernotwendigste mit mir, doch danach festigte sich meine Position. Ich war zwar nicht die Beliebteste, doch ich kann Einiges verkraften. Es auf einsamen Posten auszuhalten, war bei uns eine Tugend. Die mir noch öfter zugute kommen sollte. Doch es ging mir nicht gut. Nachts schlief ich schlecht, die Unterhaltungsmedien, mit denen ich mich abzulenken versuchte, waren alt. Privat verbrachte ich in diesen Tagen nur mit dem ersten Offizier Sandler etwas Zeit, wir trafen uns, hörten Musik, bewegten uns durch Holo-Programme. Doch ich vermied, ihm zu nahe zu kommen. Was die Liebe betraf, war er mit einer der Stewardessen zusammen. Hatte ich Eifersucht in ihren Augen gesehen? Sie hatte keinen Grund dazu. Irgend etwas sagte mir, wenn wir überleben wollten, dann musste ich voll da sein, Spielchen auf diesem Gebiet hätten unser aller Leben gefährdet. Dennoch hoffte ich trotz der kühlen Begrüßung auf ein späteres Leben in Liebesglück auf der Erde. Sie war unser Traum. Oft vertrieb ich mir die Zeit, indem ich mir alte Filme von der Erde aus dem Archiv zum wiederholten Male anschaute.

Sylvias Rückkehr zur Erde

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