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Оглавление1. Tiere sind auch nur Menschen
Der Mensch – die Krone der Schöpfung!
Nicht alle sehen das so.
Hund und Herrchen
Mein Herrchen geht heut mit mir aus.
Hurra! Gejault, gehüpft!
Obwohl – er geht nie weit vom Haus,
und er riecht nicht mal eine Maus,
die da am Wegrand schlüpft.
Wie duftet es so wundervoll
da links und rechts am Steg,
doch Herrchen findet´s nicht so toll,
er will nicht, dass ich schnuppern soll,
und zieht mich immer weg.
Ja, Stöckchenspringen hat er gern,
ich tu es ihm zulieb.
„Ja brav, bring´s Stöckle zu dein´m Herrn!
Ja aufgepasst, ich will dich´s lehrn!“
Er hat so´n Bildungstrieb!
Ich hör von ferne Hundgebell,
mein Herrchen hört es nicht.
Ich würde hin gern rasen schnell.
„Hier bleibst du“, schimpft er, „auf der Stell!“
Na gut! Und ich verzicht.
Steigt mir ein Düftlein in die Nas,
ein fremdes Exkrement,
dann heißt es gleich „Pfui, pfui!“ Das war´s,
denn da versteht er keinen Spaß,
weil er es halt nicht kennt.
Ich wälzte mich so gern im Dreck,
das wär mein höchstes Glück,
doch Herrchen zieht mich eilig weg.
„Pfui, böser Hund!“ Wie immer steck
ich wieder mal zurück.
Trotz allem mag ich Herrchen sehr,
ein Streit gäb mir ´nen Stich.
Wo krieg ich sonst mein Futter her?
´Ne Trennung fiele mir sehr schwer.
Was tät er ohne mich!
Der weise Schildkröt
Ein Schildkröt chillt am Palmenstrand,
sieht Menschen um sich her
und denkt sich mit Reptilverstand:
Was hüpfen die umher im Sand,
was haben die es schwer.
Sie sind so weich und sind so nackt
und kriegen Sonnenbrand,
sie leben im Minutentakt,
und wenn die Ungeduld sie packt,
wird hin und her gerannt.
Für Lust und Laune, Spaß und Fun
sorgt ihr Animateur.
Der treibt die armen Leute an
und steigert den Bewegungswahn.
Sie dauern mich so sehr.
Was machen sie für ein Geschrei
um ihre ein, zwei Kinder.
Ich lege, mehr so nebenbei,
zweihundert Eier und bin frei,
das funktioniert nicht minder.
Und mühen sich und planen vor
und haben Angst vorm Morgen.
Ich haue mich erst mal aufs Ohr,
denn ich, ich bin nicht so ein Tor,
ich mach mir keine Sorgen.
Mut ist eine der vornehmsten Eigenschaften. Der Mutige wird sich immer die Anerkennung seiner Mitwelt sichern.
Der Ameis und der Wanderer
Ein Ameis zeigt sich tief empört,
weil immer wieder einer stört
das emsige Treiben der Ameisenstraße:
"Oh, wie ich die achtlosen Wanderer hasse!"
Da kommt schon wieder wer geschritten.
"Dem les ich jetzt mal die Leviten!"
Und drohend verstellt ihm der Ameis den Weg
und schimpft was er kann und bewirft ihn mit Dreck.
Der Wandrer wandert und bleibt stumm
und achtet nicht, was um ihn rum,
und seine Sandalen verfehlen nur knapp
den Ameis und ziehen sodann wieder ab.
"Dem gab ich´s jetzt, dem Störenfried!
Seht, wie er klein von dannen zieht!"
Die anderen klatschen: "Nie war einer dreister!"
Und wählen den Ameis zu ihr´m Bürgermeister.
Der mutige Frosch
Ein Frosch hüpft an den Weges Saum
und sucht sich einen feuchten Raum,
wo er bei Tages Mittagshitze
geruhsam in dem Wasser sitze.
Da kommt daher ein Bauernkarren,
mit Riesenrädern, welche knarren,
gezogen von ein´m Ochsenpaar,
dem unser Frosch gleichgültig war.
Und irgendwie ist´s dem gelungen,
zu retten sich, dieweil gesprungen
er zwischen Hufen und dem Rad,
das knapp verfehlet ihn nur hat.
Nachdem der Tross hinweg gerollt
und rumpelnd sich ins Weite trollt,
da reckt sich´s Fröschlein wütend auf:
"Du Dummkopf! Pass doch besser auf!
Das nächste Mal kommst du mir nicht
so leicht davon, elender Wicht!
Solltest du nochmal an mich pöbeln,
dann werd ich kräftig dich vermöbeln!"
Das hörten seine grünen Freunde,
des Teichs amphibische Gemeinde,
bequakten lobend seine Wort
– und setzten ihre Siesta fort.
Besondere kulturelle Leistungen sind Strategien zur Mehrung des Besitzstandes und der soziale Zusammenhalt bei der Verfolgung gemeinsamer Interessen.
Elster
Die Elster ist ein kluges Tier,
auf Eier andrer treibt sie Gier.
Den stolzen Adler pickt sie kühn,
will selber das Revier durchziehn.
Auf Artgenossen ist sie neidisch,
doch warnt man sich laut gegenseitig.
Die bunten kleinen Vögel fliehen,
wenn sie die Elster sehen ziehen.
Sieht sie wo Gold und Silber blitzen,
will sie es schnell für sich stibitzen.
Die Elster ist ein kluges Tier,
sie stiehlt und tötet – so wie wir!
Schimpansen
In der Schimpansen tiefem Blick
erkennst du, Mensch, selbst dein Geschick:
Sie ziehn die Mäuler manchmal schief
und killen kalt im Kollektiv!
Der Kuckuck lebt uns effektive Arbeitsteilung vor. Insofern ist er ein Vordenker moderner Kooperation.
Des Kuckucks Teamgeist
Der Kuckuck gibt, es ist bekannt,
den andern gern sein Ei,
und findet´s gar nicht intressant,
was weiter damit sei.
Man nennt das heute Team-Arbeit!
Teams schaffen tags und nachts.
Doch wisst ihr, was TEAM auch bedeut´t?
"WIE TOLL – EIN ANDRER MACHT´S!"
Auch Geier achten auf eine ausgewogene und ökonomische Nahrungsaufnahme.
Keineier-Geier
Ein Aasgeier isst niemals Eier!
Sie seien ihm nicht ganz geheuer:
Da sei so was drin,
man nennt´s Cholest´rin.
Und außerdem sei´n Eier teuer!
Manche Lebensweise leidet an einer gewissen Einschränkung an Übersicht. Es kann ein Vorteil sein, nicht alles zu sehen, was um einen herum geschieht – muss aber nicht.
Der blinde Borkenkäfer
Der Borkenkäfer nagt herum
in eines Baumes Kambium
und denkt: Der Schaden ist banal,
das merkt der Baum ja nicht einmal.
Und ahnt nicht, da er wühlt so blind,
Wie viele Fresser um ihn sind!
Und wundert eines Tags sich sehr:
Sein Futterbaum, der war nicht mehr!
Der irrende Maulwurf
Ein Maulwurf in sein´m Gangrevier,
tief unter Grases Decke,
der fühlt sich völlig sicher hier
als unsichtbares Erdgetier.
„Kein Feind weiß, wo ich stecke.
Die helle, grelle Oberwelt
ist gar nicht so mein Fall.
Des Bauern Ackerland und Feld,
selbst über mir das Himmelszelt
sind mir doch recht egal.“
Auf einmal klickt das Gitter zu,
er sitzt in einer Falle.
Der Golfplatzwart hat endlich Ruh.
Es störte nämlich immerzu
das Maulwurfserdgeballe.
Ein mancher, der für sich vermeint,
dass niemand ihm was kann,
weil er so unauffällig scheint
und jegliche Gefahr verneint,
eckt dennoch manchmal an.
In fast jeder Familie gibt es gewisse Abnabelungsprobleme, was den Nachwuchs anbetrifft.
Kängur-Unruh
Es fragt sich Mutter Känguru:
Wann gibt mein junger Kängu Ruh
und sucht sich bald ein eignes Haus
und zieht aus meinem Beutel aus?
Doch denkt sich Känguruhes Sohn:
Solang ich noch im Beutel wohn,
spar ich mir doch die Miete
in einer fremden Hütte.
Auch ein kleiner Fisch gibt Anlass zu philosophischen Gedanken über die Endlichkeit allen Seins.
Moderlieschen1
Das Moderlieschen ist ein Fisch,
ein kleiner nur – nichts für den Tisch.
Tut´s Lebenslicht ihm nicht mehr lodern,
muss auch das Moderlieschen modern.
Nicht selten scheitern Vorhaben an den naturgegebenen anatomischen Voraussetzungen.
Wal-Wahlen
Der Wal hat eine Gemahlin,
die Walin.
Ihm und ihr, wie allen Walen,
sind sie piepegal, die Wahlen,
denn sie können mit den flachen
Flossen keine Kreuzchen machen.
Wal-Karten
Der Wal, ob Zahnwal oder Barten-,
er spielt auch äußerst ungern Karten!
Der Grund gleicht dem, so wie er wählt:
Mit Flossen Karten halten quält!
Walgang
Auch einen Walgang gibt es nicht,
weil Wal aufs Schwimmen ist erpicht.
Denn seine Flossen, nah besehen,
sie taugen nicht zum Aufrechtgehen.
Was wäre das Leben, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit den Verlockungen nachgäben. Manche lockt der Tanz, andere ein guter Schluck aus der Pulle.
Über Steppbären
Ein Bär tanzt meist
ganz selbstvergessen,
aufs Steppen ist
er höchst versessen!
Der Bär tut sich
recht schwer beim Rappen,
viel lieber tun
die Bären steppen!
Fantastisch gut
steppt Fred Astaire!
Noch besser aber
steppt der Bär!
Gefahr der Verführung
Eine kleine Schwebefliege,
hoffend, dass sie Nektar kriege,
landet auf ´ner Blumenblüte,
diese lockt mit erster Güte.
Kaum hat sie da Platz genommen,
um zum süßen Saft zu kommen,
wird sie jählings aufgefressen,
weil ´ne Spinne da gesessen.
Warum nur herrscht allzu oft,
wenn man auf Vergnügen hofft,
wenn Verführung mächtig war,
immer auch zugleich Gefahr?
Eine alte Weisheit mahnt uns: „Carpe diem!“ „Nutze den Tag!“. Ein anderer weiser Mann beschrieb es bekanntermaßen so: „ Wer zu spät kommt, den straft das Leben.“
Der stolze Pfau
Ein Pfau mit einem bunten Schwanz,
dem schönsten weit und breit,
der tanzte einen stolzen Tanz,
die Pfauenhennen waren ganz
betört vom Schillerkleid.
Und buhlten um des Hahnes Gunst
mit Eifersüchtigkeiten.
Der Pfau in seinem Höhendunst
und selbstverliebter Liebesbrunst,
er konnt sich nicht entscheiden.
Die einen schienen ihm zu grau,
die anderen zu dumm,
zu dick, zu dünn, zu flau, zu schlau,
zu arm für einen Superpfau.
So ging die Zeit herum.
Die Hennen hatten längst gewählt
sich einen andern Pfau.
Der eitle Pfau blieb unvermählt,
bis seine Tage warn gezählt,
und starb ohn Kind und Frau.
Die alten Hennen seufzten tief:
„Was war er schön und stark!
Ach, hätte er mich nur genommen,
wäre alles anders kommen.
Jetzt liegt er im Sarg.“
Wie gut, dass es immer welche gibt, die wissen, wie es besser geht.
Der weise Elefant
Ein Elefant, der recht betagt
und etwas weise ist,
hört, wie der Pavian beklagt,
dass dies und das, ja, wie gesagt,
sei absoluter Mist.
Und, wie gesagt, dass der und die
hätt ganz komplett versagt!
Die Löwen samt dem Federvieh,
die wärn total plemplem und sie
gehörten fortgejagt.
So schimpft und ätzt in einem fort
der kluge Besserwisser.
Und alle hörn auf seine Wort.
Der Elefant verlässt den Ort
und denkt: Du blöder Pisser!
Um ärgerliche Konflikte zu meiden, sind psychologische Grundkenntnisse von großem Vorteil.
Bellos Knochen
Der Bello findet einen Knochen,
ganz abgenagt bereits und blank,
und hütet stolz ihn viele Wochen,
bis dieser nicht mehr frisch gerochen,
mit andern Worten, bis er stank.
„Doch das“, sagt Bello, „ist nicht wichtig.
Selbst frische Knochen mag ich nicht.
Die Nährwertfrage, die ist nichtig,
auf Knochenqualität verzicht ich,
der Fund ist mein! Das hat Gewicht!“
Das wurmte Waldi, den Rivalen,
er hätt gern Bellos Eigentum
und stiehlt es ihm, ohne zu zahlen,
des Räubers Augen diebisch strahlen.
Der Bello nimmt das ziemlich krumm.
Doch reagiert er psychologisch,
quittiert den Raub mit Spott und Hohn.
Er straft den Täter pädagogisch:
Die Tat, sie wäre gar nicht logisch!
Der Knochen? Ach, der stank ja schon!
Der Trick erwischt den Waldi kalt, diese Beute macht ihm keine Freud.
Denn weit hinaus im Ort erschallt die- ses Hohngelächter übern Waldi,
da hat ihn bald der Raub gereut.
Sehr wichtig für das Finden von Akzeptanz und Anerkennung ist die Suche nach der eigenen Identität und nach dem Selbstwert.
Das Krokabund
Es schlurft betrübt das Krokabund
durch Feld und Wald und klagt:
„Ach, wär ich nur ein Windeshund,
doch ich bin klein und dick und rund
und deshalb ganz verzagt.
Und außerdem bin ich sehr selt
und schlurfe nur herum,
man findet kaum mich in der Welt.
Ein Windhund, ja, der rennt und bellt,
doch Krokabunds sind stumm.
Bin nicht nur selt-en und selt-sam,
bin völlig marginal,
dass niemand je mich suchen kam
und freundlich mich nahm auf den Arm.
Mich gibt’s noch nicht einmal!“
Die Kardinalfrage des Lebens ist die Suche nach dem Glück. Man kann das Glück aber draußen in der Welt nicht finden, denn es kommt von innen.
Der glückliche Griller
Ein Griller sitzt vor seinem Loch
und freut sich seines Lebens
und sagt sich: „Wie hab ich es doch
so gut, das Leben lebe hoch!
Das Motto meines Strebens.“
Und nimmt die Fidel vom Kamin
und spielt viel Melodei´n
in Richtung einer Grillerin,
die schmelzend bald tat sinken hin
und wollt die Seine sein.
Ein Grillerich grad vis-à-vis,
der grillt und grollt verbissen:
„Der dort im Grillenparadies
hat´s gut. Mein Haus jedoch ist mies,
und mir geht es beschissen!“
Und griest sich grämig durch den Tag,
es war so seine Art.
Er schrillt und schrullt nur seine Klag,
doch niemand diesen Miesmann mag,
weil er so herb und hart.
1 Wikipedia: Das Moderlieschen (Leucaspius delineatus) ist eine europäische Kleinfischart aus der Familie der Karpfenfische.