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I. Die Giesserwerkstatt.

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Inhaltsverzeichnis

Ehe die verschiedenen Formungsverfahren in ihrer Entwicklung und Anwendung genauer betrachtet werden, soll über die zu allen Zeiten nur wenig veränderten wichtigsten Einrichtungen der Giessereiwerkstätten und diejenigen Arbeiten kurz voraus berichtet werden, die die Metallplastiker neben der Herstellung der Formen vor allem beschäftigt haben.

Das wichtigste Ausstattungsstück einer Giesserei ist der Schmelzofen.

Die Einrichtung dieses Ofens hängt besonders ab von der Grösse der Werke, die gegossen werden sollen. Man unterscheidet Tiegelöfen und Flammöfen. Dem Princip nach die älteren sind gewiss die ersteren, doch dürften auch die Flammöfen seit Jahrtausenden bekannt und bei umfangreichen Werken verwendet worden sein.

Der Tiegelofen (Abb. 1) ist ein aus feuerfesten Steinen aufgemauerter Schacht von quadratischem oder rundem Querschnitt, der in gewisser Höhe durch einen Rost in einen oberen Raum für den Tiegel und die Feuerung und in einen unteren Raum für die durchfallende Asche geteilt wird. Der Feuerraum ist oben durch einen Kanal mit der Esse verbunden und durch einen abhebbaren Deckel verschlossen. Der Deckel wird entfernt, wenn Feuerungsmaterial nachgefüllt werden muss, eine verschliessbare Oeffnung in der Mitte des Deckels gestattet die Beobachtung des in dem Tiegel befindlichen Metalles, des Schmelzgutes. Der untere Raum gestattet durch eine weite Oeffnung das Einströmen der Luft und die Entfernung der Asche.

Abb. 1. Tiegelofen.

Wenn das Metall im Tiegel geschmolzen ist, wird dieser mit Hilfe einer geeigneten, ihn rings umfassenden Zange herausgehoben und das flüssige Metall in die bereit stehende Form gefüllt.

Bei den Flammöfen werden Tiegel nicht verwendet. Die Flammöfen bestehen im wesentlichen aus dem Feuerraum mit dem Aschenfall darunter und dem Herde, der unmittelbar für die Aufnahme des zu schmelzenden Metalles eingerichtet ist. In der Abbildung 2 ist a der Feuerraum, er ist durch einen Rost von dem Aschenfall c getrennt, und nach oben hin mit einer verschliessbaren Oeffnung d versehen, durch die die Beaufsichtigung des Feuers erfolgen und neues Feuerungsmaterial zugeführt werden kann. Die Sohle des Schmelzherdes b von kreisrunder Grundfläche, ist geneigt und an der tiefsten Stelle mit einer nach aussen führenden kleinen Oeffnung, dem Stichloch g, versehen, das durch einen Lehmstöpsel zu verschliessen ist. An der Seitenwandung befindet sich eine Thür e, durch die das Metall in den Herdraum gebracht werden kann. Kleinere seitliche Oeffnungen, die Pfeifen f, f führen die Feuergase ins Freie. Herd und Feuerraum stehen durch das Flammloch, den Schwalch, in Verbindung. Nachdem der Ofen nun angewärmt und das Metall eingeführt und in der Nähe des Flammloches aufgehäuft ist, wird es durch die unmittelbare Berührung der durch das Flammloch einströmenden Heizgase verflüssigt. Die Pfeifen sind durch Schieber verschliessbar und je nach Bedarf können die Gase mehr nach der einen oder anderen Seite gelenkt werden. Der Abgang des Metalles durch Oxydation ist bei dieser Schmelzung sehr bedeutend, insbesondere bei den Zusatzmetallen Zinn, Zink und Blei, die deshalb erst in den Ofen gebracht werden, nachdem das Kupfer bereits geschmolzen ist. Das flüssige Metall sammelt sich an der tiefsten Stelle des Herdes am Stichloch. Sobald mit Hilfe einer eisernen Stange aus diesem der Lehmstöpsel entfernt ist, wird das Metall ausströmen, und kann in einer Rinne in die bereit stehende Form gelenkt werden.

Abb. 2. Flammofen.

Sind nun, wie sich später zeigen wird, Nachrichten über die Formverfahren der Vergangenheit, abgesehen etwa von den letzten Jahrhunderten, nur spärlich erhalten, so lassen uns die Schriftsteller über die Einrichtung der Oefen fast ganz im Stich.

Ueber die Schmelzöfen des Altertums geben schriftliche Quellen keine Auskunft, und die erhaltenen vereinfachten bildlichen Darstellungen lassen die innere Einrichtung auch nicht erkennen. Man darf, wie schon gesagt wurde, annehmen, dass man sich bereits seit Jahrtausenden der Flammöfen bedient hat, denn selbst wenn man die grossartigen Gusswerke, von denen uns die Litteratur des Altertums berichtet, in vielen Teilen hergestellt hat, werden Tiegel kaum ausgereicht haben, um die Menge des Schmelzgutes gleichzeitig zu verflüssigen. Auch über die Art der Oefen, die bei den gewaltigen niederdeutschen Gusswerken des Mittelalters Verwendung gefunden haben, erhalten wir die erwünschte Auskunft nicht. Wir sind jedoch in dem glücklichen Besitze eines Kunstbuches, von dem jetzt mit Sicherheit feststehen dürfte, dass es zum mindesten nicht lange nach dem Tode des grossen Künstler-Bischofs Bernward von Hildesheim niedergeschrieben wurde; in diesem finden wir den besten Aufschluss über das kunsttechnische Können der Zeit um 1100.

Die ”Schedula diversarum artium“, als deren Verfasser sich der Presbyter Theophilus unterzeichnet, ist auch für die Form- und Giessverfahren des deutschen Mittelalters das unschätzbarste Dokument, das wir besitzen. Allein, ob die Gusswerke, über deren Herstellung sich jener deutsche Mönch aufs eingehendste auslässt, nur gedacht waren für bescheidenere Anforderungen, ob er es bei der Beschreibung des Glockengusses nicht für notwendig erachtete, auch davon zu sprechen, wie man das Metall für eine über das gewöhnliche Mass hinausgehende Glocke schmelzen sollte, er giebt uns nur Auskunft über die Verflüssigung der ”Glockenspeise“ in Tiegeln. Der Tiegelofen des Theophilus weicht wesentlich von dem oben beschriebenen ab; die Erhitzung des Metalles erfolgt von oben nach unten, und nicht durch die Tiegelwandung. Die Oefen des Theophilus nehmen eine Mittelstellung zwischen Tiegel- und Flammöfen ein. Theophilus sagt[2]: ”... nimm einen eisernen Topf mit rundem Boden, bloss zu diesem Behufe eingerichtet, welcher beiderseits zwei eiserne Henkel habe, oder wenn es eine sehr grosse Glocke wird, zwei oder drei und beschmiere dieselben innen und aussen mit tüchtig gemahlenem Thon ein-, zwei- und dreimal, bis er fingerdick aufgetragen sei und stelle sie auf zwei Seiten gegenüber, dass man dazwischen gehen kann. Unter dieselbe gieb gewöhnliche Erde und schlage um dieselben an zwei Orten, oder wenn nötig an dreien, kleine Pflöcke ein, woselbst die Blasebälge angesetzt werden sollen; hier ramme zwei gleich breite Pflöcke kräftig ein, lasse zwischen ihnen eine Oeffnung dem Topfrande gegenüber, so dass der Wind durchkomme, setze in die einzelnen Löcher dünne und gebogene Eisen, so dass die Röhren der Bälge darauf fest ruhen. Dann mache mit Steinen und Thon über dem Topf rundumher einen Ofen, anderthalb Fuss hoch, und beschmiere ihn innen gleichmässig mit demselben Thon, und so bringe die brennenden Kohlen herbei. Hast du es mit jedem einzelnen Topfe so gemacht, so schaffe die Bälge samt ihren Vorrichtungen, in denen sie sicher stehen, herzu, zwei zu jeglicher Oeffnung, und zu jedem Blasebalge bestelle zwei kräftige Männer.... Nach diesem wäge alles Erz, das du besitzest, oder es seien vier Teile Kupfer und als fünfter Teil Zinn, und verteile für die einzelnen Töpfe deine Partien nach dem, was sie fassen.... Dann nimm das Kupfer ohne das Zinn und mische es, indem du reichlich Kohlen zugiebst; hast du auch reichlich glühende Kohlen beigeschafft, so mache die Blasbälge blasen, erst wenig, dann mehr und mehr. Sobald du eine grüne Flamme aufsteigen siehst, beginnt das Kupfer bereits zu schmelzen, alsbald legst du reichlich Kohlen zu.“ Inzwischen hat sich der Giesser, wie Theophilus angiebt, auch noch mit der Form zu schaffen zu machen, schliesslich, sagt er: ”rühre das Kupfer mit einem langen und dürren Holze, und wenn du merkst, dass es gänzlich flüssig geworden, so füge das Zinn hinzu, rühre wieder fleissig, damit sie sich gut mischen; nachdem der Ofen im Umfange zerbrochen worden, stecke zwei starke und lange Hölzer in die Henkel des Topfes, rufe ernste und in dieser Kunst erfahrene Männer zur Stelle, lasse sie ihn aufheben und mit aller Vorsicht zur Form tragen, dann, nachdem die Kohlen und die Asche hinausgeschafft sind, lege ein Seihetuch auf und lasse sie langsam hineingegossen werden.“ Ueber manche Einzelheiten bleibt uns der kunstgeübte Mönch die Antwort schuldig, doch ist im ganzen die in Abbildung 3 gegebene Konstruktion des Ofens klar, weitere Erklärungen dürften kaum notwendig sein.

Abb. 3. Rekonstruktion vom Schmelzofen des Theophilus.

Um sich die Mühe des Tragens und vielfachen Giessens zu ersparen, empfiehlt Theophilus: ”verschaffe dir einen sehr grossen Topf, welcher einen flachen Boden habe, mache ihm an der Seite in diesem Boden eine Oeffnung und bedecke ihn innen und aussen mit Thon wie oben. Ist das gethan, so stelle ihn nicht weiter von der Form als fünf Fuss auf, schlage rings Pflöcke ein und setze das Kohlenfeuer in Stand. Sobald es glüht, verstopfe das Loch mit Thon, welches gegen die Form gerichtet ist, stelle vier Hölzer auf und mache im Umkreise die Pflöcke wie oben. Wenn dann das Kupfer mit den Kohlen und dem Feuer dazu gebracht ist, so wende die drei Reihen Bälge an und lasse kräftig blasen.“ Dann wird die Gussrinne, in der das Metall zur Form fliessen soll, wie folgt beschrieben: ”... habe ein trockenes so langes Holz, dass es von der Topföffnung bis zu der Form reiche, dessen Krümmung (Rinne) weit sei. Hast du diese auf allen Seiten mit Thon bedeckt, namentlich oben, so grabe sie ein, bis sie mit dem Erdboden gleich steht, doch beim Topfe etwas höher und gieb brennende Kohlen darauf (um vorzuwärmen, damit das Metall beim Ausfliessen nicht erstarrt). Alsbald wird das Zinn zugegeben und das Kupfer, wie oben mit dem gekrümmten Eisen, welches an einem Holz stark befestigt sei, gerührt, dann öffne das Loch, und indem die Beistehenden zwei Seihetücher halten (damit nicht Asche und dergleichen mit in die Form gelangen kann), lasse fliessen.“

Von einer Ummauerung dieser zweiten Ofenart spricht der Verfasser der Schedula wohl als von etwas Selbstverständlichem nicht. Die Feuerung wird offenbar auch hier auf das zu schmelzende Metall gebracht. Der Gedanke, statt der eisernen Schmelzpfanne einen gemauerten überwölbten Herd zu verwenden, ist zu naheliegend, und obschon Theophilus davon nicht spricht, möchte man doch annehmen, dass auch diese Art des Flammofens mit daranschliessendem Feuerraum im Mittelalter bekannt gewesen ist.

Ueber die Bronzeschmelzöfen des 16. Jahrhunderts sind wir sehr genau unterrichtet. Biringuccio giebt in seiner im Jahre 1540 erschienenen ”Pirotechnia“[3] an der Hand zahlreicher Abbildungen eingehende Nachrichten über die verschiedensten damals gebräuchlichen Oefen und Benvenuto Cellini beschreibt in seinen 1568 erschienenen ”Trattati“[4] sehr verständlich die Art der Flammöfen, deren er sich bei seinen grossen Gusswerken bediente.

Die Tiegelöfen Biringuccios gleichen im grossen und ganzen noch den von Theophilus beschriebenen, und die Flammöfen denen, die oben erläutert wurden. Nur einige die Flammöfen betreffende Punkte, die in Biringuccios Beschreibung von Interesse sind, mögen hier hervorgehoben werden. Wenn es sich um die Ausführung besonders umfangreicher Gusswerke handelt, sagt er: ”es könnte sein, dass die erforderliche Metallmasse so gross wäre, dass ihr es nicht für gut halten würdet, euch einem einzigen Ofen anzuvertrauen, sondern es machen würdet, wie Leonardo da Vinci, der ausgezeichnete Bildhauer, welcher den grossen Koloss eines Pferdes, das er für den Herzog von Mailand zu machen hatte, aus drei Oefen auf einmal goss. Das Gleiche habe ich gehört von einem Glockengiesser in Flandern, welcher, als er sein Metall schmelzen wollte, dies in zwei Oefen thun musste, da es ihm mit einem das erste Mal nicht gelang. Doch kann ich nicht glauben, dass einem, der die Menge des Feuers zu der Menge des Materials richtig bemisst, im grossen wie im kleinen dies nicht gelingen sollte. Ich sage zwar nicht, dass, wenn ich so etwas zu machen hätte, ich mir anmassen würde, das zu wissen, was andere nicht wissen, aber soweit es den Feuerkanal und den Feuerraum anbelangt, so würde ich denselben so gross machen, dass ihm die Flammen nicht fehlen würden. Um es aber noch besser zu machen, würde ich deren zwei anlegen, so dass jeder für sich eine Flamme nach dem Schmelzraum bringe, in der Weise, dass sie beim Eintritte in das Innere voneinander getrennt wären, dann aber sich verbänden und eins würden. Denn ich weiss wohl, dass, wenn die Kanäle sich begegnen würden, die Flammen sich beeinträchtigen und in ihrem Laufe, um auf die Bronze zu schlagen, sich hindern würden dadurch, dass sie sich einander vertrieben.“

Die hier vorgeschlagene Verdoppelung des Feuerraumes scheint, wenn überhaupt, doch höchst selten ausgeführt zu sein; in jüngeren Berichten ist nie die Rede davon.

Biringuccio beschreibt dann ausser dem Flammofen mit kreisrundem Schmelzherd auch solche mit ovalem Boden, die, wie er sagt, nach der Meinung anderer besser seien, was die neuere Technik im Princip übrigens bestätigt hat.

Cellinis Flammofen würde nach der Beschreibung ohne weiteres zu rekonstruieren sein, auch alle Masse werden genau angegeben. Wieder ist es ein Flammofen mit kreisrunder Schmelzherdfläche und einem Feuerraume von quadratischem Querschnitt. Die Heizgase entweichen durch vier im oberen Teile der Herdwölbung angebrachte Oeffnungen unmittelbar ins Freie.

Diese Art des Ofens blieb auch in den folgenden Jahrhunderten für die grössten Gusswerke allgemein in Anwendung (vgl. Abb. 4 u. 005). Die wichtigste, besonders durch die Eisengusstechnik wohl erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herbeigeführte Vervollkommnung war die Zuhilfenahme einer hohen Esse. Weiter auf die mannigfachen Formvariationen der Oefen des letzten Jahrhunderts einzugehen, ist hier nicht der Ort, gesagt mag nur noch werden, dass an die Stelle des runden Herdraumes fast durchgehends der langgestreckte getreten ist.

Die mannigfachen Hindernisse, die sich beim Schmelzen des Metalles besonders in früheren Jahrhunderten wohl oftmals eingestellt haben, beschreibt Cellini sehr anschaulich, hier würde es zu weit führen, darauf einzugehen.

Die Dammgrube, der tiefe ummauerte Raum vor der Ausflussöffnung des Ofens, hat in erster Linie den Zweck, der Form beim Einströmen des flüssigen Metalles den nötigen Halt zu geben und dem Druck der Gase in der Form wirksam begegnen zu können, die die flüssige Bronze in ihr entwickelt. Man erreicht diesen Zweck, indem man die Dammgrube rings um die Form herum mit Erde vollstampft. Bei sehr grossen Gusswerken erfüllte die Dammgrube zugleich noch die wichtige Aufgabe des Ofens zum Ausschmelzen des Wachses und zum Trocknen der Form.

Theophilus giebt uns wieder bei Gelegenheit des Glockengusses über die Bedeutung der Giessgrube und über die Behandlungsweise der Form darin, die Angaben, die auch heute noch Geltung haben. Er sagt: ”mache eine Grube an dem Orte, wo du die Form zum Guss einsenken willst, so tief, als die Breite derselben beträgt, und mache mit Steinen und Thon in der Art einer Grundfeste einen starken Fuss, auf dem, einen Fuss hoch, die Form aufgestellt werde, so dass in der Mitte ein Zwischenraum bleibe, gleich einer Strasse, anderthalb Fuss breit, woselbst Feuer unter der Form brennen kann. Ist es geschehen, so befestige vier Hölzer, welche oben bis zur Fläche des Erdbodens vorragen, neben jenem Fusse und fülle die Grube sogleich mit Erde an. Zugleich auch hole die Form, stelle sie zwischen jenen Hölzern eben auf und beginne auf der einen Seite die Erde herauszuschaffen. Neigt sie sich nun, so grabe auf der anderen Seite, bis die Form auf dem Steinfusse wagerecht aufsitzt. Alsbald wirf die Hölzer heraus, welche bloss zu diesem Zwecke eingerammt waren, um die Form richtig zu stellen. Dann mache mit feuerfesten Steinen und Thon auf jeder Seite vor jenem Wegraum, welchen du in der Mitte des Fusses gelassen, einen Bord, und bilde rundum einen Ofen, einen halben Fuss von der Form entfernt. Bist du bei diesem Aufbau bis zur halben Höhe der Form gelangt, so reinige den Ofenrand und... schaffe das Feuer samt trocknem Holz herbei. Beginnt beim Erwärmen der Form das Fett (oder das Wachs) abzufliessen, so vollende den am Fuss lauwarmen Ofen bis zum Gipfel der Form. Ueber die Oeffnung setze eine Bedeckung aus Thon oder Eisen. Ist das Fett (oder Wachs) nun völlig herausgeschmolzen, so verstopfe beide Oeffnungen (aus denen das Wachs ausfloss) mit Thon, der im rechten Verhältnis gemengt sei... und häufe um die Form herum reichlich Holz, damit den Tag und die folgende Nacht das Feuer nicht ausgehe.“ Wenn dann inzwischen das Metall im Ofen verflüssigt ist, sagt Theophilus: ”eilst du zum Formofen zurück und beginnst vom oberen Teile die Steine mit langen Zangen einzureissen und aufzustossen. Solches Werk, an solcher Stelle, fordert nicht faule Arbeiter, sondern flinke und eifervolle, damit nicht durch die Sorglosigkeit jemandes entweder die Form bricht, oder einer den anderen hindert oder verletzt, oder dessen Zorn hervorruft, was vor allem zu verhüten ist. Sind nun alle Steine eingerissen, so wird das Feuer wieder mit Erde sicher verdeckt, damit die Grube um die Form sorgfältig ausgefüllt sei. Es seien Leute da, welche mit stumpfen Hölzern stets umhergehen, damit mässig stampfen und mit den Füssen treten, denn die eingefüllte Erde soll die Form so umgeben, dass sie auf keine Weise zerbrochen werden kann, wenn man das Erz eingiesst.“ Und während dann die Männer das flüssige Metall in die Form strömen lassen, sagt Theophilus weiter: ”lege dich an die Mündung der Form, indem du nach dem Gehör sorgsam beachtest, was innen vor sich gehe. Und wenn du etwas wie leichtes Donnergemurmel hörst, so sage ihnen, sie mögen ein wenig einhalten und dann wieder eingiessen. So wird durch zeitweiliges Einhalten und Eingiessen erreicht, dass sich das Erz gleichmässig lagere.“

Diese anschauliche Schilderung des trefflichen Mönches bedarf eines Zusatzes nicht.

Auf die Beschreibung Cellinis vom Eindämmen der Form in der Giessgrube einzugehen, erscheint nach den Ausführungen des Theophilus kaum notwendig; wesentlich neues bringt er nicht. Erwähnt sei nur, dass Cellini das Ausschmelzen des Wachses aus der Form und deren Verglühen ausserhalb der Giessgrube vornimmt. Nachdem aber das Wachs ausgeschmolzen ist, hat der Kern den vollkommen festen Halt in der Höhlung des Mantels eingebüsst und ist mit grösster Sorgfalt vor Erschütterungen zu bewahren; auch darauf weist der Künstler mit dem nötigen Nachdrucke hin.

Bei sehr grossen Gusswerken, wie z. B. der im Jahre 1699 für Paris ausgeführten Girardonschen Reiterstatue Ludwigs XIV., wurde die Dammgrube nicht vertieft, sondern über der Erdoberfläche aufgemauert. Die Giessgrube bildete in diesem und in ähnlichen Fällen die Stätte, an der überhaupt die ganze Giessform entstand. Man ging durch diese Art der Anlage einmal der Gefahr aus dem Wege, dass in die sonst sehr tiefe Grube Grundwasser eindringen könnte, dann wurde aber vor allem der kaum zu bewerkstelligende Transport der kolossalen Form vermieden, bei dem Verletzungen, womöglich im Innern, kaum zu vermeiden gewesen wären. Man mauerte also zunächst nur die Fundamente der Giessgrube und des daran schliessenden Ofens auf, und errichtete darüber eine geräumige mit grossen Fenstern versehene Werkstatt, die nach Vollendung der Gussform — wenn es nötig wurde, Giessgrube und Ofen aufzumauern — abgebrochen und durch ein höheres, auch den Ofen überragendes Haus ersetzt wurde (Abb. 4).

Auf dem Boden der Giessgrube begann man damit, für die Gussform einen niedrigen Sockel zu errichten, der aus rostartig sich kreuzenden Mauern gebildet wurde. Darauf legte man ein aus starken Eisenstäben gefügtes Gitter, das zur eigentlichen Grundlage der Form wurde.

Abb. 4. Giesshaus mit Schnitten durch Ofen und Dammgrube (Mariette, Description des travaux qui ont précedé, accompagné et suivi la fonte en bronze d'un seul jet de la statue équestre de Louis XV. Paris 1768).

Besondere Sorgfalt ist bei grösseren Gusswerken, überhaupt bei Verwendung von Flammöfen, aus denen das Metall unmittelbar zur Form strömt, der oberen Abdeckung der Giessgrube über der eingestampften Form zuzuwenden. Cellinis klare Angaben darüber mögen hier zur Vervollständigung des von Theophilus Mitgeteilten noch Platz finden. Er schreibt: ”Ist die Grube bis zur Höhe der Haupt-Eingussröhren gefüllt, indem dabei das nötige Gefälle von dem Ausflussloche des Erzes berücksichtigt worden, werden sämtliche... in die Höhe geführten Luftkanäle, gleichfalls auch die Eingussröhre mit ein wenig Werg verstopft. Nun stelle man mit Aussparung der Röhrenöffnungen ein Pflaster aus Backsteinen her, welches genau bis an die Mündung, oder wie es oft vorkommt, der mehreren Eingussröhren reicht. Alsdann müssen Steine von roher, nur getrockneter Erde bis zu einer Breite von drei Fingern oder mehr gespalten werden, wie es der erfahrene Meister für das dem Erze nötige Gefälle passend hält; welche Steine dann mittels des mit Scheerwolle gemischten Thones anstatt des Kalkes über dem obigen Backsteinpflaster zu einer Rinne vermauert werden, die von der Wand des Ofens herab rings um die Oeffnung läuft, in welche das Erz einströmen soll. Durch Ummauerung mit gebrannten oder gleichfalls rohen Backsteinen befestige man nun behutsam die Rinne; die Höhe dieser Schutzmauer muss der letzteren gleichkommen, für die Breite genügt ein Backstein. Sind alle Fugen, aus denen das Metall hervordringen könnte, mit feuchter Erde anstatt mit Kalk verstrichen, so ersetze man den Wergpfropfen in den Eingussröhren durch leicht herausziehbare Stöpsel aus feuchtem Thon, weil sofort glühende Kohlen in die Rinne zu bringen, auch alles frischgemauerte damit zu bedecken ist. Dies wird etliche Male wiederholt, bis die Erde nicht nur gut ausgetrocknet, sondern auch gebrannt worden ist. Während nun das Metall im Ofen in Fluss kommt, blase man mit einem Blasbalg Asche und Kohlen, die dem flüssigen Erz den Weg versperren könnten, aus der Rinne, entferne die Wergpfropfen der Luftkanäle und die Thonstöpsel der Eingussröhren, lege noch 2 bis 3 Talglichte im Gewicht von nicht völlig einem Pfund in die Rinne und eile zum Ofen, um die Metallmischung mit einer neuen Zuthat von Zinn im Betrage von ca. ½ Prozent vom gewöhnlichen Verhältnis aufzufrischen. Ist dies in aller Eile geschehen und unterdessen das Feuer im Ofen beständig mit neuem Holz in Brand erhalten, so stosse man getrost das Gussloch mit einer Stange auf, und lasse das flüssige Metall mit Maass herausströmen, indem man das Ende der Stange noch eine Weile in das Gussloch hält, bis eine gewisse Menge abgeflossen und die erste Wut des Metalles gebändigt ist, die sonst leicht Ursache wäre, dass sich Wind in der Form verfinge. Ist der erste Drang gemässigt, kann die Stange entfernt werden und das Erz, bis der Ofen leer ist, auslaufen. Zu diesem Ende steht ein Mann an jeder der Ofenthüren und treibt das Erz mit den üblichen Kratzeisen zur Mündung hinaus. Das nach Füllung der Form noch abfliessende pflegt man durch Bewerfen mit der aus der Grube gegrabenen Erde zu hemmen. So wird nun endlich die Form gefüllt sein!“

Abb. 5. Beginn des Gusses (Boffrand, Description de ce qui à été pratiqué pour fonder en bronze d'un seul jet la figure équestre de Louis XIV. Paris 1743).

Die gleichen Vorkehrungen traf man auch in jüngerer Zeit bis auf den heutigen Tag. Zumeist hielt man aber die Oeffnungen der Eingussröhren, wie aus der Abbildung 5 zu ersehen ist, so lange mit eisernen, durch Hebel hochzuziehenden Stöpseln verschlossen, bis die flache Vertiefung über der Form gleichmässig mit flüssigem Metall gefüllt war, damit das Erz in alle Gusskanäle zur selben Zeit einströmte.

Der Guss wurde früher häufiger (besonders wohl bei Fürstenstandbildern) zu einem Festakte gestaltet, dem die vornehme Welt, wenn nicht gar der fürstliche Auftraggeber selber, beiwohnte.

Die Abbildung 6 veranschaulicht den Beginn des Gusses der für Paris gegossenen grossen Reiterstatue Ludwigs XV. im Jahre 1758. Auch beim Guss von Schlüters Denkmal des Grossen Kurfürsten am 2. Nov. 1700 in Berlin versammelte sich die vornehme Gesellschaft, an der Spitze der Markgraf Christian Ludwig, im Giesshause des Meisters Jacobi.

Abb. 6. Der Guss der Statue Ludwigs XV. (Mariette).

Die wenigen Augenblicke waren entscheidend für das Gelingen des Werkes, das Monate oder gar Jahre mühevoller Vorbereitung gekostet hatte; beim Guss erst konnte es sich zeigen, ob die Form fest und gut gearbeitet war, und ob man die Menge des zu schmelzenden Erzes richtig bemessen hatte. Schweres Missgeschick konnte da den Meister treffen, auch Cellini weiss davon zu berichten.

Mit dem Einguss des Metalles sind die mühevollen Arbeiten, die ein Bronzewerk erfordert, nicht beendet. Die nächste Aufgabe ist es, die Form wieder frei zu legen, dann den Formmantel zu zerschlagen und am erzenen Bilde die mannigfachen noch notwendigen Nacharbeiten vorzunehmen.

Theophilus spricht sich über diese letzten Arbeiten nur sehr kurz aus. Sobald das Metall im Eingussrohre sich dunkel färbe, solle die die Form umgebende Erde fortgeräumt und wenn die Form ganz kalt geworden ist, der Mantel beseitigt werden. Dann sagt er weiter: ”beobachte sorgsam, ob durch Nachlässigkeit oder Zufall etwas fehlerhaft sei, schabe die Stelle dann ringsum feilend ab und setze Wachs an oder (und darüber) ebenso Thon; wenn es getrocknet ist, erwärme es und so giesse es darauf an, bis das Angegossene, wenn der (Metall)-Strom in jenen Teil fliesst, festhält. Sobald du dies gewahr wirst, so löte es, falls es zu wenig fest anhafte, durch Verbrennung von Weinstein und Feilspänen von Silber und Kupfer... an. Darauf befeile alle Felder, zuerst mit verschiedenen viereckigen, dreieckigen und runden Feilen, ciselire sie dann mit den Grabeisen, schabe sie mit den Schabeisen. Endlich, wenn du dein Werk mittels oben etwas glatten Hölzern mit Sand gescheuert hast, vergolde es.“

Nächst Theophilus finden sich in der Schrift des Pomponius Gaurikus: De sculptura[5], Angaben über die Nacharbeit von Gusswerken. Dort heisst es: »Die äusserlichen Fehler bestehen nun aber, wie bei anderen Dingen, in Ueberschüssigem und Mangelndem. Das Ueberschüssige wird mit Meissel und Feile entfernt, dem Mangel wird abgeholfen durch Ansetzen und Anfügen. Durch Ansetzen auf folgende Art: hat man in die Seiten viele Löcher gebohrt, so thut man nach Bedürfnis Wachs darauf, verkreidet es, und giesst dann, nachdem das Wachs herausgelassen und der (zum Verkreiden benutzte) Thon gebrannt ist, Metall von der betreffenden Sorte hinein. Durch Anfügen aber, wie wir anschweissen, so: in einem irdenen Gefäss wird, wie es Brauch ist, Messing geschmolzen und zu je einem Pfunde davon eine Unze Arsenik gethan, nachher wird es in ehernem Mörser gestossen. Dieses Pulver untermischt mit Borax, wird auf die Anfügestellen gestreut und dem Feuer bis zum Schmelzen ausgesetzt .... Die Schönheit wird gänzlich vollendet durch Glätten und Farbigmachen. Durch Glätten, indem wir die rauhen Feilenspuren mit dem Ciselierstichel wegnehmen und Glanz hervorbringen mit Bimsstein, einem Griffel oder einem zahnförmigen Stahlinstrument (Polierstahl), das man ”bronitorium“ nennt.

Cellini spricht sich nur kurz darüber aus, wie mit dem aus der Form genommenen Gusswerke weiter zu verfahren sei. Ein von ihm ausgeführtes Probegussstück kam so rein aus der Form, dass seine Freunde meinten, er brauche es nicht weiter nachzuarbeiten. Doch sagte er: ”Sie verstanden es aber so wenig, als gewisse Deutsche und Franzosen, die sich der schönsten Geheimnisse rühmen, und behaupten dergestalt in Erz giessen zu können, dass man nicht nötig habe, es auszuputzen. Das ist aber ein närrisches Vorgehen, denn jedes Erz, wenn es gegossen ist, muss mit Hammer und Grabstichel nachgearbeitet werden, wie es die wundersamen Alten gethan haben, und auch die Neuen. Ich meine diejenigen, welche in Erz zu arbeiten verstanden.“

Auch Félibien[6], auf dessen Abhandlung über die Giesserei noch verschiedentlich einzugehen sein wird, geht mit wenigen Worten darüber hinweg; ausführlichere Angaben erhalten wir erst (1743) in Boffrands Beschreibung von der Herstellung des Girardonschen Reiterbildes Ludwigs XIV. Boffrand giebt an, dass man das Metall in der Form drei bis vier Tage abkühlen lassen müsse, dann alle Erde aus der Giessgrube entfernen und den Formmantel zerschlagen solle. Darauf habe die Nacharbeit des Bronzebildes zu beginnen. Die Geschicklichkeit der Werkleute habe es zwar dahin gebracht, den Guss so sauber gelingen zu lassen, dass eine Ueberarbeitung der Flächen kaum notwendig sei, dass ein Waschen und Scheuern mit Weinhefe genüge. Doch da die das Werk umschliessenden Gusskanäle und Luftröhren bei ihrer Entfernung an der Schnittstelle einen blanken Fleck bildeten, und da ja auch Oeffnungen zu füllen seien, deren Einsatzstücke notwendig überarbeitet werden müssten, so sagt Boffrand, müsse man schon, um eine einheitliche Farbe am ganzen Bilde zu erzielen, auch alles übrige nachciselieren.

Wenn das Netz der Guss- und Luftröhren abgesägt sei, müsse zuerst der Kern aus dem Inneren entfernt werden aus einer für den Zweck im Kreuz des Pferdes ausgesparten Oeffnung, teils auch aus Oeffnungen am unteren Teile des Körpers. Auch alle für die Standfestigkeit des Gusswerks später entbehrlichen Teile des inneren Eisengerüstes müssten abgelöst werden. Dann beginne die Nacharbeit mit der Säuberung und Schlichtung der Schnittstellen der Röhren, weiter seien die Unebenheiten zu entfernen, die dadurch entständen, dass während des Brennens sich Risse in dem Formmantel bilden. Die Stäbe der Eisenarmatur, die aus der Bronzewandung nicht entfernt werden dürften, müssten (da sie an der Aussenfläche rosten würden) bis zur Mitte der Bronzestärke mittels Meisseln entfernt und die entstehenden Löcher wieder mit dem Gussmetall gefüllt werden. Auch fänden sich bisweilen doppelte Metallschichten, die sich gebildet hätten dadurch, dass beim Brennen der Form die innere Mantelschicht abblättere und diese Blättchen dann zwischen Kern und Mantel liegend vom Metall umflossen würden. Auch diese Stellen müssten durch Einsatzstücke erneuert werden. Ferner seien blasige und besonders in den oberen Teilen mit Asche durchsetzte Stellen nicht selten, auch sie bedürften derselben Bearbeitung. Die Oeffnungen, auch etwa beim Erkalten entstehende Risse, sagt Boffrand, würden zumeist mit flüssig eingegossenem Metall geschlossen. Man feile zu dem Zweck den Rand der Löcher schwalbenschwanzartig aus, bringe dann eine Lehmform davor mit Luft- und Gussöffnung, erhitze das Ganze gut und fülle das in Tiegeln verflüssigte Metall hinein. An Stellen, die für diese Art der Ausbesserung schwer zugänglich seien, z. B. am Bauche des Pferdes, hämmere man die Ersatzstücke kalt ein. Schliesslich müssten noch die rauhen und porösen Stellen mit stumpfen Meisseln geschlichtet und gedichtet werden, und wenn die ganze Oberfläche mit Meisseln, Punzen, gezähnten Eisen und Drahtbürsten gesäubert sei, reinige man sie drei bis vier Mal mit Säure und zuletzt mit warmer Weinhefe. Tüchtige und erfahrene Werkleute seien zu all den Arbeiten erforderlich und die Kosten wären sehr bedeutend.

In verschiedenen Punkten abweichend äussert sich Wuttig[7] über die Nacharbeit. Er sagt: ”Ist der Guss der Werke vollkommen fehlerfrei geraten, so besteht die nötige Ciselierarbeit bloss in dem Abschneiden der Metallzweige, die durch die Leitungsröhren der Form gebildet worden, und in dem Ausfeilen der Stellen, auf welche sie geleitet waren. Diese Arbeit macht um so weniger Schwierigkeit, da jene Metallzweige nur auf solche Stellen des Kunstwerks verfügt werden, die wenig Detail von Ausarbeitung haben, z. B. auf ebene Teile des Leibes u. s. w. Es erfordert diese Arbeit daher keinen geübten Künstler, sondern kann von jedem gemeinen Arbeiter verrichtet werden. Anders verhält es sich, wenn z. B. nicht die grösste Sorgfalt auf die Anfertigung des Wachsmodells gewandt worden, oder wenn etwa da, wo die einzelnen Teile der Gipsform in Zusammenfügung waren, Wachsränder etc. entstanden sind, die vielleicht noch überdies die feinsten Züge des Werks getroffen haben; dann muss die Geschicklichkeit und Geübtheit eines guten Kupferstechers (Ciseleurs) zu Hilfe kommen, die durch den Wachspossierer verursachten Fehler zu verbessern. In solchem Falle geht zuweilen aller Ausdruck und alle Schönheit, trotz aller angewandten Mühe des Graveurs verloren, da es unmöglich ist, etwas so Vollkommenes durch Ciselierarbeit hervorzubringen, als was durch den Guss hervorgebracht werden kann. Nachdem die äussere Abräumung und etwaige Ausbesserung der Gusswerke verrichtet ist, wird zur inneren Ausräumung, d. h. zur Ausnahme des Kerns nebst der Armatur geschritten.“ Wuttig führt die Beschreibung noch weiter aus, doch scheint es kaum notwendig, seine noch folgenden Angaben zu citieren, sie vermögen die von Boffrand gegebenen nicht wesentlich zu ergänzen. Hingewiesen sei nur noch einmal darauf, dass er jede über das notwendigste Mass hinausgehende Nacharbeit für fehlerhaft erklärt und man muss annehmen, dass gleiche Anschauungen auch die Meister der früheren Jahrhunderte vertraten, so weit sie nicht etwa wie Cellini die Ciselierung der auch von ihnen modellierten Werke eigenhändig ausführten.

Bei den Teilformverfahren, wie sie für den Bildguss im 19. Jahrhundert angewendet wurden, waren die Abräumungsarbeiten nach dem Guss sehr viel einfacher, doch durch die Zusammenfügung der Teile und die zumeist im weitgehendsten Maasse erforderliche Nacharbeit der mit einer rauhen Gusshaut und einem Netz von Gussnähten überdeckten Bildwerke wurde die Gesamtmühe eher gesteigert als vermindert.

Wie gerade im 19. Jahrhundert die Ciselierarbeit das Schmerzenskind der Künstler war, wird sich Gelegenheit bieten, an anderer Stelle zu zeigen.

Kurz zu betrachten ist hier noch die Metallfärbung durch bestimmte Mischungsverhältnisse, die natürliche Oxydation und die, wie es scheint, auch zu allen Zeiten angewendete künstliche Patinierung.

Wie weit man im Altertum, vor allem in Griechenland, von der letzteren Gebrauch zu machen verstand, ist bisher nicht bekannt. Manche märchenhaft klingenden Berichte über die Tönung von Bronzefiguren könnten aber darauf schliessen lassen, dass sie geübt wurde. Von einer Bronzestatue des Silanion, einer sterbenden Jokaste, wird berichtet, dass der Künstler ihr Gesicht blass, wie das einer Sterbenden zu tönen verstanden habe, indem er dem Erz Silber beigemengt habe; und bei einer Statue des Aristonidas, die den rasenden Athamas darstellte, soll der Erzgiesser der Bronze Eisen beigemischt haben, damit der Rost desselben durch den Glanz des Erzes hindurchschimmere und auf diese Art die Schamröte wiedergegeben werde.[8]

Wenn nun auch zweifellos durch diese Metalllegierungen Töne in der angegebenen Art erzielbar sind[9], ausgeschlossen muss die partielle Färbung sein, wie sie nach den obigen Angaben anzunehmen wäre; man könnte also an nachträglichen Farbenauftrag denken.

Immerhin geht aus den angeführten und ähnlichen Nachrichten hervor, dass man die Farbwirkungen verschiedener Erzmischungen künstlerisch benutzte. Besondere Berühmtheit genoss im Altertum das korinthische Erz. Man unterschied weissliches, in dem ein Silberzusatz überwog, goldgelbes mit einem Goldzusatze und eine dritte Sorte, in dem man Kupfer, Silber und Gold zu gleichen Teilen gemischt haben soll.[10] Neuere chemische Untersuchungen konnten diese Angaben bisher nicht bestätigen, geringe Gold- oder Silberbeimengungen, die nachgewiesen sind, dürften nur als zufällig vorhanden anzusehen sein.

Auch in der nachantiken Zeit war es stets bekannt, dass durch bestimmte Mischungen bestimmte Farbtöne der Bronze erreichbar waren, künstlerische Anwendung scheint man jedoch im Abendlande kaum davon gemacht zu haben; im allgemeinen wählte man gewisse Legierungsverhältnisse mehr aus praktischen Rücksichten.

Bewunderungswürdige Farbwirkungen durch Legierung verstehen seit Jahrhunderten Chinesen und Japaner zu erzielen, doch bei grossen Bronzewerken scheint man, der höheren Kostbarkeit wegen, diese Tönungen nicht angewendet zu haben; darauf einzugehen dürfte hier zu weit führen.

Patina im engeren Sinne ist bei den überwiegend aus Kupfer bestehenden Metallmischungen eine von den Zusätzen nur in geringem Grade abhängige Oberflächenfärbung. Die Patina ist eine Sauerstoffverbindung des Kupfers oder der Bronze, ein Oxyd, oder, wenn man will, ein Rost, ein Edelrost, der das Metall zugleich mit einer schützenden Schicht umhüllt, die es vor weiteren schädlichen Einflüssen der Atmosphäre schützt.

Die Patina ist zu allen Zeiten mit seltenen Ausnahmen (vergl. S. 67) als etwas Verschönerndes geschätzt worden, und nicht erst in unserer Zeit hat man sich bemüht, die schöne grüne Farbe oder andere, den metallischen Glanz lindernde Töne, schon auf den neuen Gusswerken hervorzubringen.

Ganz zweifellos wandten die Bronzekünstler des 15. und 16. Jahrhunderts, vor allem in Italien, Firnisse und Farbmittel an, um eine künstliche Patina herzustellen. Die Spuren davon haben sich erhalten bei zahlreichen nicht unter freiem Himmel aufgestellten Werken; vor einer kräftigen grünen Tönung hat man sich damals so wenig wie in jüngerer Zeit gescheut.

Einige Angaben darüber giebt wieder Gaurikus in der angeführten Schrift. Nachdem er von der Feuerversilberung und Feuervergoldung gesprochen hat, sagt er: ”Solche Farben entstehen auch auf viele andere Weisen, die wir aber, da sie weder dauerhaft noch auch besser sind, nicht beachten wollen. Gelbe Farbe aber wird sich ergeben zum Besatz, wenn man einen durch und durch gesäuberten Siegelabdruck auf eine weissglühende Platte legt, bis man sieht, dass er ganz die Farbe davon angenommen hat, und ihn allmählich erkalten lässt. Grün durch starkes Benetzen mit salzigem Essig, Schwarz entweder durch starkes Ueberstreichen mit flüssigem Teer oder durch Anrauchen von Erzschlacken in ganz nassem Zustande.“

Ob man den öffentlich aufgestellten Erzdenkmälern in früheren Jahrhunderten den Metallglanz in demselben weitgehenden Masse sogleich bei der Aufstellung genommen hat, wie es heute fast allgemeiner Brauch ist, dürfte schwer zu entscheiden sein.[11] In der schon genannten kleinen 1814 in Berlin erschienenen Schrift des Hofrats Wuttig ist S. 53ff. von dem ”Bronzieren“ wie von etwas allgemein Bekanntem und oft Geübten die Rede. Dort heisst es: ”Jede aus der Formgrube kommende Statue hat ein unangenehmes Oberflächenansehen, ist an einigen Stellen metallisch glänzend, an den anderen angelaufen, erscheint verschiedenfarbig gefleckt, hell und dunkel u. s. w. Dies zu heben, werden die Statuen entweder durch Abwischen mit sehr verdünnter Schwefelsäure und Abscheuern in gleichförmigen Metallglanz gesetzt, oder (da der Reflex des letztern zur Entstellung der Kunstwerke beiträgt) bronziert, d. h. künstlich mit demjenigen Erzbeschlage (Aerugo nobilis des Horaz) überzogen, der sich durch Einwirkung der Atmosphärilien auf der Oberfläche der im Freien aufgestellten Werke sonst erst mit der Zeit bildet.... Ich habe mich vor einigen Jahren damit abgegeben, verschiedene Nuancen von Grün und Braun auf Bronze und reinem Kupfer hervorzubringen, und es ist von meinen Vorschriften Gebrauch beim Bronzieren grosser Werke gemacht worden.“

Wuttig giebt noch eine Reihe von Rezepten zur künstlichen Patinierung, die hier ebensowenig näher auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen sind, wie die zahllosen heute für denselben Zweck angewendeten. Gewichtige Stimmen erheben sich heute überhaupt gegen die künstliche Patinierung.

Von interessanten Untersuchungen über die Bildung der natürlichen Patina und ihre Hinderungsursachen möge noch kurz berichtet werden.[12] Man hat beobachtet, dass Erzbildwerke, die bereits eine wundervolle Patina angesetzt hatten, diese um die Mitte des 19. Jahrhunderts wieder mehr oder minder verloren haben, ausgenommen an der Regenschlagseite. Nach einer Behandlung mit Lauge kam sie auch an den übrigen Stellen wieder zum Vorschein, eine ziemlich stark schwefelsäurehaltige Schicht von Kohlenruss hatte sich darüber gebreitet. Eine genauere Untersuchung liess erkennen, dass der Russ nicht allein die hässliche Schmutzfarbe veranlasst, dass er vielmehr auch ätzend, d. h. zerstörend auf die Bronze wirkt. In Nürnberg angestellte Versuche lehrten, dass diesen verderblichen Einflüssen des Kohlenrusses nur durch stetig wiederholte Reinigung mit Wasser entgegengearbeitet werden kann. Weiter wurde festgestellt, dass die mit Zink legierten Bronzen weniger zur Patinabildung geeignet sind, wie die mit Zinn legierten. Andere Beobachter führen als Grund der mangelhaften Patinabildung daneben auch die unzureichende Dichtigkeit und Gleichmässigkeit des Gusses an und verlangen, dass die Erzgiesser in weitgehenderem Masse wie bisher auf die gute Konstruktion der Oefen Wert legen.

Doch erst wenn die städtischen Verwaltungen ebenso wie die Techniker diese Winke nicht mehr ungehört vorübergehen lassen, dürfte das schöne Ziel zu erreichen sein, dass die schwarzen Männer unserer Denkmäler wieder in einer ansprechenderen Tönung erscheinen.

Technik der Bronzeplastik

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