Читать книгу Perry Rhodan 665: Die Vulkan-Diebe - H.G. Francis - Страница 5

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1.

Frank Eigk, der Sohn des Entdeckers von Gopstol-Maru, blickte aus dem Fenster seines Arbeitszimmers auf den Vulkankegel hinaus. In den letzten Jahren hatte sich viel geändert. Am Chmorl-Berg war eine ganze Stadt entstanden. Sie beherbergte die vielleicht wichtigste und zugleich erfolgreichste Universität des Solaren Imperiums. Die meisten der kuppelartigen Gebäude waren mit gläsernen Gängen verbunden, in denen eine künstliche Atmosphäre herrschte. Die Studenten, Professoren und Assistenten konnten sich innerhalb der Universität ohne Atemmasken bewegen. Mehrere breite Glasgänge führten zum Vulkantrichter hinauf. An den Hängen des Berges zweigten Nebengänge ab, durch die Lehrer und Studenten in die zahllosen Nebenhöhlen kommen konnten.

Die Arbeitsgruppen der verschiedenen Semester hatten in den vergangenen Jahren ebenfalls erstaunlich viel erreicht. Sie hatten die einst karge Wüstenlandschaft in einen blühenden Garten verwandelt, der sich wie ein grüner Gürtel um den Fuß des Berges gelegt hatte.

Das Visiphon sprach an.

Frank Eigk schreckte aus seinen Gedanken auf. Er ging zu dem Gerät und schaltete es ein. Das Bild des Rektors erschien.

»Kommen Sie bitte in mein Büro, Frank«, sagte Paylusche-Pamo.

Eigk wusste sofort, dass etwas Entscheidendes geschehen sein musste. War wieder eine erregende Nachricht aus dem Solsystem eingetroffen?

»Ist etwas passiert?«, fragte er.

Der Anti-Priester lächelte nervös.

»Das werden Sie erfahren, wenn Sie bei mir sind, Frank.«

»Die Erde ...?«, fragte er.

»Nein, diesmal nicht«, unterbrach ihn der Leiter der Universität. »Frank Chmorl-Pamo.«

Eigk wurde von dieser Nachricht völlig überrascht. Der Name, den Paylusche-Pamo genannt hatte, elektrisierte ihn förmlich.

»Ich komme«, rief er und schaltete ab.

Wenig später hastete er durch die weiten Flure der Universität und durch die gläsernen Gänge zum Vulkantrichter hinauf. Immer wieder sprachen ihn Studenten an. Er wies jedoch alle ab und riet ihnen, sich einen Termin von der Positronik seines Büros geben zu lassen.

Frank Chmorl-Pamo!

Nichts hätte ihn mehr faszinieren können, als dieser Mann.

Die sensationellen Nachrichten der letzten Tage waren vergessen, obwohl sich geradezu ungeheuerliche Dinge in der Galaxis ereignet hatten. Atlan war nicht tot. Rhodan hatte ihn nicht ermordet. Er hatte die Laren nur geblufft. Damit war klar geworden, dass er von Anfang an nicht gewillt gewesen war, das Spiel der Laren mitzumachen. Die Erde war seit zwanzig Stunden im Nichts verschollen. Rhodan hatte sie dem Zugriff der Laren entzogen.

Diese Meldungen waren an der Universität hitzig diskutiert worden. Aber jetzt waren sie vergessen. Frank Eigk dachte nur an Chmorl-Pamo.

Sollte das gewagteste Experiment, das jemals an dieser Universität durchgeführt worden war, doch noch erfolgreich verlaufen sein? Seit achtzehn Jahren kämpfte Paylusche-Pamo um dieses Ziel. Seit achtzehn Jahren waren seine Hoffnungen immer wieder enttäuscht worden.

Frank Chmorl-Pamo hatte niemals wirklich gelebt. Er war bewusstlos geboren worden, und es war trotz aufwendigster Bemühungen nicht gelungen, ihn aufzuwecken. Heute war er ein erwachsener Mann mit einem fast leeren Gehirn.

Unzählige Untersuchungen hatten zweifelsfrei ergeben, dass Frank Chmorl-Pamo über ungewöhnliche Anlagen verfügte. Er war ein schlafendes Hypergenie.

Mehrmals in den vergangenen Jahren hatte der Anti-Priester seinen Assistenten mit ähnlichen Anrufen aufgeschreckt. Und jedes Mal war Frank Eigk in gleicher Weise durch die Gänge gerast, ständig in der Hoffnung, dass sich etwas Entscheidendes getan hatte.

Wer war Chmorl-Pamo?

Er war »gezeugt« worden, als Frank Eigk neun Jahre alt war. Paylusche-Pamo war der »Vater«. Er hatte das AID-Verfahren geleitet. Bei dieser künstlichen Besamung durch Sperma, das einem vorher sorgfältig ausgewählten Terraner entnommen worden war, hatte der Rektor der Universität eine synthetische Eizelle verwendet. Diese war in einem äußerst komplizierten Verfahren von den Biologen der Universität produziert worden. Die Befruchtung dieser von Kosmogenetikern in jahrelanger Arbeit programmierten Zelle war gelungen. Sie wurde extrauterin gezüchtet. Frank Chmorl-Pamo war in der Retorte aufgewachsen und im Brutkasten »geboren« worden.

Das Experiment wäre ein voller Erfolg gewesen, wenn die Wissenschaftler es geschafft hätten, ihn aufzuwecken. Sämtliche Bemühungen in dieser Richtung waren gescheitert. Auch mit stärksten Medikamenten, die den Organismus bis zur Grenze des Vertretbaren belastet hatten, waren keine Fortschritte erzielt worden.

Sollte ausgerechnet jetzt etwas Entscheidendes geschehen sein? Frank Eigk konnte es sich nicht vorstellen, und dennoch rannte er über die Gleitbänder in den gläsernen Gängen, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.

Pamo ruhte in einem nahezu völlig dunklen Raum auf einer Antigravliege. Der Anti-Priester stand neben ihm und blickte auf ihn herab. Als Frank eintrat, musste er sich erst an die Dunkelheit gewöhnen.

»Was gibt's?«, fragte er.

Paylusche drehte sich zu ihm um und winkte ihm mit der Hand.

»Kommen Sie her, Frank.«

Der Assistent trat zögernd näher. Er wurde von einem gewissen Neidgefühl überrascht, das ihn plötzlich erfasste. Bis jetzt war er der engste Mitarbeiter des Antis gewesen. Paylusche war ihm so etwas wie ein väterlicher Freund, seitdem sein Vater von einer Explorerexpedition nicht mehr zurückgekehrt war. Frank schalt sich einen Narren. Er wusste, dass er ungerecht war, aber er konnte sich gegen die aufkommende Eifersucht nicht wehren. Er fürchtete, dass Pamo ihn von der Seite des Rektors verdrängen konnte.

»Er hat die Augen geöffnet, Frank! Sehen Sie doch«, sagte Paylusche mit gedämpfter Stimme. »Er ist wach, Frank!«

Der Assistent beugte sich über Pamo und blickte ihm ins Gesicht. Die klaren, klassisch schönen Züge zeigten keine Regung. Pamo strahlte eine unglaubliche Ruhe aus. Die nachtschwarzen Augen sahen an ihm vorbei ins Leere. Der Mann aus der Retorte schien gar nicht bemerkt zu haben, dass er nicht allein war.

»Pamo? Hörst du mich?«, fragte Paylusche.

Kein Muskel regte sich in dem Gesicht. Langsam schlossen sich die Lider. Der Anti packte den Mann an der Schulter und rüttelte ihn.

»Du darfst nicht wieder einschlafen, Pamo!«

»Vielleicht versteht er Sie nicht.«

»Natürlich versteht er mich, Frank. Das wissen Sie doch genau. Muss ich daran erinnern, dass unsere Gehirnstrommessungen eindeutig waren? Er hat das Lernprogramm aufgenommen, das wir ihm vermittelt haben.«

»Aber er beherrscht das Spiel der Muskeln noch nicht, Paylusche. Er muss trainieren. Verlangen Sie nicht zuviel von ihm.«

Der Anti-Priester richtete sich seufzend auf.

»Sie haben recht, Frank. Wir dürfen ihn nicht überfordern.«

»Sie haben achtzehn Jahre lang gewartet, Paylusche. Sie werden es überstehen, wenn Sie noch einige Tage länger ausharren müssen.«

Der Rektor strich Pamo über die geschlossenen Augen.

»Du darfst nicht wieder einschlafen, mein Sohn«, sagte er eindringlich. »Wir haben keine Zeit mehr.«

Er legte Frank den Arm um die Schulter und ging mit ihm hinaus in den medizinischen Beobachtungsraum, in dem die Geräte standen, mit deren Hilfe Pamo in all den Jahren am Leben erhalten, medizinisch überwacht und hypno-positronisch unterrichtet worden war. Die beiden Männer setzten sich in die Sessel und blickten auf die Bildschirme, auf denen Pamo zu sehen war. Er lag bewegungslos auf dem Antigravkissen und hielt die Augen geschlossen.

»Vor einer Stunde beschleunigte sich plötzlich der Pulsschlag. Der Grundumsatz erhöhte sich, und das Gehirn wurde aktiv. Der Sauerstoffverbrauch stieg nahezu schlagartig«, berichtete Paylusche-Pamo. »Er hielt die Augen noch geschlossen, als ich hier eintraf, aber ich spürte bereits, dass er wach war. Frank, Pamo ist nicht länger ein lebender Leichnam.«

»Ich gratuliere Ihnen«, sagte Frank lächelnd. Er meinte es aufrichtig, und er freute sich über den Erfolg seines Lehrers. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich auf die ersten Worte aus seinem Mund gespannt bin. Glauben Sie, dass er die Kindheitserinnerungen, die wir ihm eingepflanzt haben, als echt akzeptiert?«

»Zunächst wird ihm nichts anderes übrig bleiben. Später wird er vielleicht begreifen, dass wir ihm diese Erinnerungen künstlich vermitteln mussten, damit sein Unterbewusstsein unser Spiel mitmacht. Dennoch werden sich sicherlich psychologische Probleme ganz besonderer Art ergeben.«

Er erhob sich und ging zu einem Getränkeautomaten, um sich eine Erfrischung zu holen.

»Jetzt geht es nur noch darum, ob wir Zeit genug haben.«

»Warum sollten wir die nicht haben, Paylusche?«

»Überlegen Sie doch einmal, Frank. Die Situation hat sich seit gestern entscheidend verändert. Die Erde ist verschwunden. Atlan ist wieder aufgetaucht. Die Laren wissen, was gespielt wird.«

»Was hat das alles mit uns zu tun?«

»Sehen Sie denn nicht, dass Rhodan versucht, alles zu retten, was noch zu retten ist? Er hat wieder einmal blitzschnell und mit äußerster Konsequenz reagiert. Muss ich als Báalol Sie, den Terraner, darauf aufmerksam machen?«

»Natürlich nicht, Paylusche. Ich habe mich wohl zu sehr mit Pamo befasst und dabei andere Dinge übersehen.«

»Dann sollten Sie wenigstens jetzt erkennen, dass Rhodan irgend etwas tun wird, um auch diese Universität zu retten.«

Frank Eigk blickte überrascht auf.

»Ich verstehe Sie wirklich nicht, Paylusche. Was könnte er tun? Und ist er nicht mit der Erde verschwunden?«

»Vermutlich befindet er sich auf der Erde, aber seine Befehle gelten noch immer. Ich bin davon überzeugt, dass zu dieser Stunde bereits ein Plan abläuft, der Gopstol-Maru nachhaltig beeinflussen wird.«

»Die Universität und das Chmorl-Metall sind natürlich sehr wertvoll für ihn, aber ich kann mir nicht denken, was er damit machen will.«

»Rhodan hat Gelegenheit gehabt, die Laren gut kennenzulernen – und zugleich Pläne zu schmieden. Wir beide waren schon immer der Ansicht, dass es gefährlich ist, sich mit den Laren einzulassen. Die Ereignisse der letzten Tage beweisen, dass Rhodan genau weiß, was er tut. Ich glaube daher, dass es irgendwo in der Galaxis ein Versteck gibt, in das er sich zurückziehen will.«

»Um es mit einem Wort zu sagen, Frank: Ich fürchte, dass hier ein Bergungskommando auftauchen wird, das die Aufgabe hat, soviel Chmorl-Metall abzubauen wie irgend möglich.«

»Das würde bedeuten, dass es den halben Vulkan abtragen muss. Das wäre eine Ungeheuerlichkeit. Nein, Paylusche, das kann ich mir nicht vorstellen.«

»Vielleicht irre ich mich. Wenn es aber so ist, dann wäre Chmorl-Pamo verloren. Wenn wir ihn aus dem Strahlungsbereich herausholen, dann bricht er zusammen.«

»Aber, Paylusche, man würde doch immer auf ihn Rücksicht nehmen müssen. Gerade jetzt, da er ...«

»Man würde nicht, Frank. Man wird in ihm keinen wirklichen Menschen, sondern eine nicht ganz für vollwertig anzusehende Züchtung erblicken.«

»Das ... das wäre ungeheuerlich.«

»Wir müssen mit allen Möglichkeiten rechnen, Frank. Züchtungen dieser Art werden nun einmal auf vielen Planeten des Solaren Imperiums als unmoralisch abgetan.«

»Welche Frau trägt denn heute ihr Kind noch aus? Keine!«

»Sicher, Frank, aber Pamo ist nicht aus einem natürlich wachsenden Ei hervorgegangen, sondern aus einem im Labor entstandenen Gebilde. Niemand wird ihm in diesem Stadium mehr als den Status eines biologischen Roboters zubilligen.«

»Aber er ist mehr, Paylusche. Vielleicht ist er sogar ein Mensch von morgen, der Homo superior!«

Paylusche-Pamo verzog das Gesicht.

»Sie sind nicht objektiv, Frank. Sie sind emotionell zu stark beteiligt.«

Auch Frank Eigk erhob sich.

»Bitte, Paylusche«, sagte er beschwörend. »Was werden sie tun, wenn tatsächlich ein Chmorl-Bergungskommando hier auftauchen wird? Werden Sie ein Experiment zu den Akten legen, für das sie achtzehn Jahre lang gearbeitet haben?«

Er legte dem Anti die Hand auf die Schulter.

»Paylusche, sie wissen, wie ich darüber denke. In meinen Augen ist Pamo wichtiger für die Menschheit als ein paar Schiffsladungen Chmorl-Metall. Ich werde nicht zusehen, dass er in einem Augenblick stirbt, in dem er die größten Chancen hat.«

»So, würden Sie das nicht? Was würden Sie denn tun, Frank?«

Der Assistent blickte dem Anti scharf in die Augen.

»Ich würde kämpfen. Mit aller Macht und allen Mitteln würde ich mich gegen das Kommando stemmen.«

»Dann sind wir wieder einmal einer Meinung, Frank. Ich würde nämlich nicht anders handeln als Sie!«

Perry Rhodan 665: Die Vulkan-Diebe

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