Читать книгу Perry Rhodan 1694: NATHAN stirbt - H.G. Francis - Страница 4
1.
ОглавлениеAls Homer G. Adams sein Büro im Herzen von Terrania betrat, stand Rivau Denhap, eine der Hanse-Assistentinnen in der Zentrale, an seinem Arbeitstisch. Sie lächelte freundlich. Zugleich rückte sie einige Papiere zurecht, die sie ihm auf den Tisch gelegt hatte.
»Guten Morgen, Rivau!«, grüßte Adams. Dabei blickte er sie nur kurz an.
Dann richtete sich seine ganze Aufmerksamkeit auf den Holowürfel an der Wand, in dem das Ortungsbild einer Space-Jet zu sehen war. Er wusste, dass sich in der Jet nicht nur Perry Rhodan und Atlan, sondern auch die vierzehn so genannten Spindelwesen befanden. Ziel der Space-Jet war der Mond, war NATHAN!
Adams plante eine Reihe von Gesprächen in den nächsten Stunden, doch zunächst dachte er nicht daran, sondern nur an die Tatsache, dass die Spindelwesen danach strebten, eine Zahl von 21 zu erreichen. Sie ahnten nicht, dass sie sich ein unmögliches Ziel gesetzt hatten: Fünf Spindelsätze waren zerstört, und einer war nie gefunden worden. So konnten aus vierzehn nie einundzwanzig werden.
»Gib mir NATHAN«, bat er und verließ das Büro noch einmal, um sich etwas zu trinken zu holen. Als er zurückkehrte, stand die Verbindung zur Supersyntronik auf dem Mond.
»Guten Morgen!«, grüßte der Hanse-Chef, obwohl eine solche Anrede für NATHAN vollkommen unbedeutend war. »Was sagst du zu der Situation?«
»Die Spindelwesen sind auf der Suche nach Wissen«, antwortete NATHAN. »Sie haben Gatas, Ertrus, das Humanidrom und Arkon I aufgesucht. Sie waren auf dem Mars, und es zeichnete sich schon lange ab, dass sie früher oder später zum Mond kommen würden, um sich von mir Informationen geben zu lassen. Für sie ist es die letzte Möglichkeit, ihr Wissen zu vervollständigen.«
»Richtig!«, bestätigte Adams. »Ich stimme mit dir überein, wenngleich ich zugeben muss, dass ich die ganze Zeit über gehofft habe, dass sie nicht zu dir gehen würden.«
»Du erwartest Komplikationen!« Es war eine Feststellung, keine Frage.
»Du nicht?«
»Nein.«
»Das erstaunt mich. Ich denke an das, was die Spindelwesen auf ihrem Weg der Informationsbeschaffung angerichtet haben, und ich muss feststellen, dass es dabei eine Reihe von Toten gegeben hat. Sie sind in jedem Fall rücksichtslos vorgegangen und haben jeden Widerstand gewaltsam beseitigt.«
»Ich habe nicht vor, ihnen Widerstand zu leisten.«
Homer G. Adams blickte überrascht auf, doch dann begriff er, was die Gigant-Syntronik gemeint hatte. NATHAN wollte den Spindelwesen die verlangten Informationen nicht verwehren und ihnen somit keinen Grund für einen Angriff geben.
»Außerdem brauche ich Gewalt von ihrer Seite nicht zu fürchten«, fügte NATHAN nach einer kleinen Pause hinzu.
»Damit hast du Recht.« Adams setzte sich hinter seinen Arbeitstisch. Er legte die Füße hoch. »Dennoch haben wir eine unangenehme Situation. Perry Rhodan und Atlan sind mit den Spindelwesen zusammen an Bord einer Space-Jet. Verweigern wir den Spindelwesen den Zugang zu dir oder unternehmen wir sonst etwas, was sie behindert, müssen wir damit rechnen, dass sie Perry oder Atlan massiv unter Druck setzen.«
»Eine solche Gefahr heraufzubeschwören ist durch nichts gerechtfertigt.«
Adams nickte versonnen. »Das habe ich erwartet«, sagte er leise.
Er war nicht unvorbereitet in dieses Gespräch gegangen, sondern hatte schon einige Zeit vorher überlegt, mit welchen Reaktionen von NATHAN zu rechnen war.
»Doch du bist nicht zufrieden!«
»Das gebe ich zu.«
»Warum?«
»Ist es möglich, dass du dich überschätzt?«
»Nein.«
Knapper hätte die Antwort der Gigant-Syntronik nicht ausfallen können. Sie konnte aber das Unbehagen nicht vertreiben, das den Hanse-Chef erfüllte. Immer wieder musste er daran denken, wie rücksichtslos und mit welcher Gewalt die Spindelwesen vorgegangen waren, als sie auf Widerstand gestoßen waren, und er war nicht sicher, ob NATHAN – falls es zu einer erneuten Reaktion dieser Art von Seiten der Spindelwesen kommen sollte – sich ausreichend verteidigen konnte.
NATHAN erriet seine Gedanken. »Ich bin nach allen Seiten hin in optimaler Weise abgesichert«, versicherte er. »Selbst mit zehn Prozent meiner Kapazität wäre ich allen Anfechtungen gewachsen!«
»Dann bist du bereit, dem Ansinnen der Spindelwesen nachzukommen?«, fragte Adams.
»Prinzipiell bin ich bereit, die Spindelwesen mit allem in mir gespeicherten Wissen zu versorgen«, erwiderte NATHAN ruhig und ohne Ausdruck einer Individualität. Zu dieser wäre er ohne weiteres fähig gewesen, da er in seinen Konzentrationskuppeln das von den Posbis zur Verfügung gestellte Zellplasma hatte. Es verlieh ihm nicht nur Individualität, sondern auch Persönlichkeit und machte ihn so in gewisser Weise menschlich.
»Aber?«
»Ich bin für das Wohlergehen und die Interessen der Bewohner des Solsystems sowie der Galaxis verantwortlich«, antwortete NATHAN. »Das ist allem anderen überzuordnen.«
Homer G. Adams lauschte diesen Worten nach. Dann verstand er.
»Du bist also bereit, Wissen zu vermitteln«, fasste er zusammen, »du willst die Spindelwesen dabei jedoch nicht in deiner unmittelbaren Nähe dulden.«
»So ist es«, bestätigte die Gigant-Syntronik. »Obwohl ich nach allen Seiten hin abgesichert bin, kann ich nur empfehlen, die Spindelwesen von mir fernzuhalten. Ich bin der Ansicht, dass die Folgeschäden einer jeden anderen Entscheidung geringer sind als jene, die durch die Spindelwesen auf Luna verursacht werden könnten.«
Damit spielte NATHAN darauf an, dass der Mond voll industrialisiert war. Neben gewaltigen Werftanlagen gab es auch ausgedehnte Mondstädte, in denen Hunderttausende von Menschen lebten und arbeiteten. Diese galt es für NATHAN zu beschützen. Adams musste selbst zugeben, dass vernichtende Angriffe der Spindelwesen auf Anlagen und Menschen zu befürchten waren, falls man ihren Wünschen nicht entgegenkam oder gar tat, was ihre Gewaltbereitschaft augenblicklich auslöste, nämlich ihnen Widerstand leistete.
Der Hanse-Chef ließ sich in die Polster zurücksinken. Es fiel ihm allerdings schwer, sich vorzustellen, dass vierzehn Spindelwesen, die noch nicht einmal besonders gut ausgerüstet waren, sich gegen die geballte Macht der Sicherheitskräfte auf dem Mond behaupten konnten und so große Schäden auf dem Mond anrichteten, dass diese als wirklich schmerzhaft eingestuft werden mussten.
»Du schweigst?«
»Ich denke nach.«
»Du fragst dich, welche Schäden eine solche Gruppe tatsächlich anrichten kann«, stellte NATHAN fest. »Die Spindelwesen treten als Kollektiv auf, und ich habe aufgrund der mir übermittelten Daten von den bisherigen Ereignissen hochgerechnet, dass sehr viel mehr in ihnen steckt, als uns bisher bekannt ist. Daher meine Empfehlung, ihnen den direkten Zugang zu mir nicht zu gewähren, sondern sie höchstens in einen Sektor gehen zu lassen, aus dem sie gegen meinen Willen nicht zu mir vordringen können! In Frage kommt für den Aufenthalt der Spindelwesen der STALHOF.«
»Ich werde darüber nachdenken«, versprach Adams. »Viel Zeit verbleibt mir dafür allerdings nicht mehr.«
NATHAN akzeptierte und brach die Verbindung ab.
Homer G. Adams war keineswegs gewillt, die Entscheidung zu treffen, ohne vorher die Meinung von verschiedenen Experten einzuholen. NATHAN war von unvergleichlicher Bedeutung für das Solsystem und die ganze Galaxis.
Um einen Missbrauch der Gigant-Syntronik zu vermeiden, wie sie unter Monos vorgekommen war, hatten terranische Spezialisten ausgeklügelte Sicherheitsschaltungen eingebaut. Nunmehr konnte NATHAN nur von einem kompetenten Personenkreis programmiert werden. Dazu gehörten die Hanse-Sprecher, Regierungsmitglieder der LFT und die Zellaktivatorträger, sofern mehr als die Hälfte von ihnen anwesend waren. Somit war NATHAN quasi unantastbar geworden. Zahllose Experimente hatten bewiesen, dass niemand und nichts die Sicherheitsvorkehrungen überwinden und NATHAN manipulieren konnte.
Die Gigant-Syntronik kontrollierte nicht nur das Geschehen auf den verschiedenen Planeten des Sonnensystems – und dazu gehörte beispielsweise das Wetter auf der Erde –, sondern stand auch einem galaxisweiten Netzwerk vor, an das Olymp, das Humanidrom und praktisch alle Hauptwelten der dem Galaktikum angehörenden Völker angeschlossen waren. Vor allem der Anschluss dieser Hauptwelten an NATHAN stellte einen ungeheuren Vertrauensbeweis in die Gigant-Syntronik und jene Terraner dar, die Zugang zu ihr hatten, und machte zugleich deutlich, welche Verantwortung Homer G. Adams mit seiner Entscheidung auf sich zu nehmen hatte.
Perry Rhodan meldete sich von Bord der Space-Jet.
»Hallo!«, sagte er knapp.
»Perry!« Adams beugte sich unwillkürlich vor. Er spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Ihn interessierte vor allem, wie es an Bord der Space-Jet aussah, und er erhoffte sich eine Entscheidungshilfe von Rhodan. »Ich hatte gehofft, dass du dich meldest.«
»Es ging nicht früher«, entgegnete Rhodan. »Es gab einige kleine Probleme zu lösen. Wir wollen keine Zeit verlieren. Mir geht es vor allem darum, dir zu sagen, dass ihr keine Gewaltaktionen gegen die Spindelwesen unternehmen sollt. Sie wollen nichts weiter als Informationen, und die wollen wir ihnen geben. Ich bemühe mich darum, sie fühlen zu lassen, dass wir Terraner ihre Verbündeten und nicht ihre Feinde sind.«
»Ich verstehe.«
»Gut! Dann bist du sicher auch der gleichen Meinung wie ich. Die Zeit des Taktierens ist vorbei. Jetzt müssen wir die Karten auf den Tisch legen!«
»Richtig!« Adams fragte sich, ob Rhodan frei sprechen konnte. Wahrscheinlich war Fünf oder eines der anderen Spindelwesen in seiner Nähe und hörte jedes seiner Worte mit. Er hoffte, dass der Freund ihm irgendein Zeichen geben würde, doch Rhodan tat nichts dergleichen. Er schien seine Worte so gemeint zu haben, wie er sie gesagt hatte.
»Wir haben einiges zu bedenken«, bemerkte der Hanse-Sprecher.
Rhodan verstand.
»Ich bin sicher, dass wir die Spindelwesen friedlich stimmen können, wenn wir ihnen ihren Willen lassen und ihnen alle gewünschten Informationen vermitteln.«
Homer G. Adams nickte. Perry mochte Recht haben. Es blieb jedoch eine offene Frage, wie die Spindelwesen reagieren würden, wenn sie erfuhren, dass sie nie einundzwanzig werden konnten.
Er verzichtete darauf, den Freund darauf aufmerksam zu machen, weil er wusste, dass Rhodan diese Frage nicht aus den Augen verloren hatte.
Adams ging davon aus, dass die Spindelwesen noch nicht informiert waren, da Rhodan andernfalls darauf zu sprechen gekommen wäre. Von sich aus wollte er die Frage nicht ansprechen.
Eine falsche Bemerkung konnte eine Katastrophe an Bord der Space-Jet auslösen und Rhodans und Atlans Leben beenden.
»Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du also dafür, dass wir die Spindelwesen zu NATHAN vordringen lassen«, fasste Adams seine Eindrücke zusammen.
»Ich bin dafür«, bestätigte Rhodan. »Meine Antwort ist ein ganz klares Ja!«
Adams hatte nichts anderes erwartet.
»Ist das auch die Meinung von Atlan?«, erkundigte er sich.
»Der Arkonide ist ebenso wie ich davon überzeugt, dass diese Entscheidung richtig ist«, bekräftigte Rhodan. »Atlans Antwort ist ja! Wenn du möchtest, kann ich ihn holen, damit er es dir selbst sagt.«
»Das ist nicht nötig«, wehrte Adams ab. »Ich habe noch ein Gespräch mit einigen Experten. Danach teile ich dir mit, welche Entscheidung wir getroffen haben.«
»Einverstanden.« Rhodan lächelte flüchtig. Er wirkte erleichtert. »Aber lass dir nicht zu viel Zeit. Wir werden schon bald auf Luna sein. Ich weiß nicht, wie viel Geduld die Spindelwesen aufbringen und wie lange sie an Bord bleiben wollen. Es wäre aber ganz sicher besser, sie nicht allzu lange warten zu lassen. Sie sollten nicht den Eindruck gewinnen, dass wir ihnen Widerstand leisten!«
»Ich habe verstanden.«
Adams nickte dem Freund grüßend zu und schaltete ab. Dann verließ er das Büro, um in einen Konferenzraum zu gehen. Die erwähnten Experten warteten bereits auf ihn.
Bei ihnen waren auch Michael Rhodan und Ronald Tekener.
*
Jon-Jon Burckley war ein kleiner, drahtiger Mann, der eine altertümliche Brille auf der Nase trug – ein Anachronismus, der ihm manch spöttische Bemerkung eingetragen hatte. Im November des Jahres 1212 NGZ trug man keine Brillen mit geschliffenen Gläsern mehr, da die moderne Biotechnik ohne weiteres in der Lage war, Augenfehler zu korrigieren, sodass Sehhilfen nicht nötig waren.
Burckley blinzelte Mandy Kunnar, die ihm gegenüber an einem Fenster stand und auf die sonnenhelle Mondlandschaft hinausblickte, durch die Gläser seiner Brille an.
»Ist dir eigentlich klar, was ich gesagt habe?«, fragte er mit seltsam hell klingender Stimme. Er strich sich die kurzen, schlaff nach vorn fallenden Haare aus der Stirn. Voller Eifer beugte er sich nach vorn, als könne er durch größere Nähe zur Koordinatorin an Überzeugungskraft gewinnen. »Die Spindelwesen wollen hierher zu uns, um auf Luna mit NATHAN zu reden. Sie wollen Informationen von ihm, und sie werden alles kurz und klein schlagen, wenn sie nicht bekommen, was sie begehren.«
Mandy Kunnar war Luna-Koordinatorin. In ihrem Amt, dem höchsten politischen Amt auf dem Mond, vereinigte sich sowohl politische als auch verwaltungstechnische Verantwortung. Sie war eine junge, attraktive Frau, die es verstand, über ihre intellektuellen Fähigkeiten hinaus die Vorteile ihrer Figur zur Geltung zu bringen, obwohl sie sich dezent kleidete.
Jon-Jon Burckley wusste, dass sie einen großen Teil ihres Einkommens dafür ausgab, sich ihre Kleidung von einer Designerin schneidern zu lassen – eine Extravaganz, die sich sonst kaum jemand leistete. Er war schon deshalb gern mit ihr zusammen, weil er den Anblick ihrer Kleidung genoss. Sie hatte etwas, das sich mit Worten kaum erklären ließ, sie aber deutlich von der syntronisch erzeugten Massenware unterschied, mit der sich die Mehrheit kleidete.
Burckley lächelte bei dem Gedanken, dass es ihm an Worten mangelte, mit denen er ihre Kleidung hätte beschreiben können, obwohl er als einer der wortgewaltigsten Medienmenschen des Sonnensystems galt. Sein Metier war jedoch nicht die Mode, sondern das politische Geschehen, in das er alles einbezog, was das öffentliche Geschehen anbetraf.
»Sagst du gar nichts dazu?«
Sie wandte sich vom Fenster ab und setzte sich ihm gegenüber an ihren Arbeitstisch. Unwillig blickte sie ihn an.
»Nein. Dir ist ebenso klar wie mir, dass ich keinen Einfluss auf die Entscheidung habe.«
»Du könntest Protest einlegen. Immerhin geht es um das Leben Hunderttausender, die deiner Obhut anvertraut sind.«
»Das werde ich nicht mit dir diskutieren.«
Jon-Jon Burckley verzog die Lippen.
»Du weißt genau, dass ich spätestens in einer Stunde weiß, wie du dich verhältst, ob du protestiert hast oder nicht. Ich kenne jeden deiner Schritte.«
Eine steile Falte bildete sich auf ihrer Stirn zwischen den kräftig ausgebildeten Augenbrauen.
»Leider ist das so, und es gefällt mir ganz und gar nicht. Ich schwöre dir, dass ich bald herausfinden werde, woher du deine Informationen hast«, antwortete sie.
Jon-Jon Burckley lachte selbstsicher; seine braunen Augen funkelten vor Vergnügen.
»Das haben schon viele versucht«, eröffnete er ihr. »Bisher hat noch niemand meine Informationsquellen ausfindig gemacht. Wenn du es versuchen willst – bitte sehr!«
Er erhob sich und ging zur Tür.
»Weshalb warst du eigentlich hier?«, fragte die Luna-Koordinatorin. »Nur um mir zu sagen, dass es gefährlich ist, die Spindelwesen zu NATHAN zu lassen?«
Er schüttelte lächelnd den Kopf.
»Nein, Mandy«, entgegnete er. »Ich wollte dich darauf vorbereiten, dass ich diese Geschichte ausschlachten werde und dass es danach unruhig auf dem Mond wird.«
»Tatsächlich?«
»Allerdings. Als verantwortungsbewusster Journalist werde ich nicht zulassen, dass einige Mächtige das Leben von Hunderttausenden aufs Spiel setzen, ohne die Betroffenen über die Gefahr zu informieren«, erklärte er mit einem gewissen Pathos.
»Sagtest du – verantwortungsbewusster Journalist?« Ein verächtliches Lächeln glitt über ihre Lippen.
»Allerdings. Die Menschen von Luna werden genau erfahren, was die Spindelwesen bisher angerichtet haben. Sie müssen wissen, dass sie bereits viele Menschen getötet haben und dass sie nun nach Luna kommen, um mit NATHAN zu reden.«
»Dabei übersiehst du, dass NATHAN in absolut perfekter Weise abgesichert ist. Vierzehn Spindelwesen stellen keine Gefahr für ihn dar.«
Jon-Jon Burckley rückte die Brille zurecht.
»Möglicherweise hast du Recht, aber mein Job ist ja nicht, die Leute zu beruhigen. Das kannst du als Politikerin tun. Mein Job ist die knallharte Information. Mein Job ist es, den Finger auf offene Wunden zu legen. In fünfzehn Minuten gehe ich auf Sendung. Ein paar Minuten später wird jeder Mensch auf Luna wissen, was auf ihn zukommt.«
Mandy Kunnar blieb hinter ihrem Arbeitstisch sitzen.
»Das traue ich dir zu«, sagte sie. »Wahrscheinlich hast du vor, eine Panik auszulösen. Leider bist du alles andere als ein verantwortungsvoller Journalist. Ich kann dich nicht daran hindern, aber ich wünschte, du wärst nicht auf dem Mond, sondern weit weg von hier. Warum arbeitest du nicht in der Hölle? Das wäre der richtige Platz für dich.«
»Vielleicht bin ich ja schon da – und wir merken es erst, wenn die Spindelwesen aktiv geworden sind!«
»Red keinen Unsinn! Behalte dir das für deine Sendungen vor.«
»In sechs Wochen ist Wahl«, sagte er. »Es ist ganz sicher kein Fehler, wenn die Luna-Koordinatorin die Presse rechtzeitig auf ihre Seite bringt.«
»Raus!«
Er fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund, blickte sie mit rätselhaft funkelnden Augen an und verließ das Büro. Zehn Minuten später begann eine Sondersendung des beliebtesten Senders auf Luna unter dem Titel »Jon-Jon, die Stunde des Wortes«.
Burckley umriss die Situation, berichtete, dass die Space-Jet mit Perry Rhodan, Atlan und den vierzehn Spindelwesen an Bord bereits gelandet war. Er behauptete, die Unsterblichen seien bereit, NATHAN den Spindelwesen zu opfern, weil sie irrigerweise glaubten, auf diese Weise den Frieden im Solsystem bewahren zu können.
»Gewöhnlich bin ich gut informiert«, schloss er seinen reißerisch aufgezogenen Bericht, bei dem er wie immer eine Miene aufsetzte, die einem Konkursverwalter gut zu Gesicht gestanden hätte. »In diesem Fall aber überschlagen sich die Ereignisse, sodass es mir bisher noch nicht gelungen ist, herauszufinden, was zu dem Verfall der Persönlichkeiten, insbesondere von Perry Rhodan und Atlan, geführt hat.«
Er legte eine lange Pause ein, in der er seine Worte einwirken ließ. Dann fügte er abschließend hinzu:
»Die Luna-Koordinatorin, von dem nahenden Wahltermin offenbar in ihrer Entschlusskraft und Urteilsfähigkeit gelähmt, will ein Notprogramm für den Fall starten, dass NATHAN ausfällt. Doch jeder von uns weiß, meine lieben Zuschauer, dass der Mond mit all seinen Einrichtungen nach dem heutigen technischen Stand nicht ohne NATHAN zu verwalten ist. Ihr hört ganz sicher sehr bald wieder von mir. Jon-Jon Burckley in der Stunde des Wortes!«