Читать книгу Pommes, Ketchupflecken und ein Geist - Hildegund Thomas - Страница 7
ОглавлениеWilli wartete. Es war acht Uhr morgens und er hatte noch viel Zeit. Der Jahrmarkt öffnete erst um elf Uhr und das Fahrgeschäft, in dem er arbeitete, machte manchmal noch später auf.
Willi besaß keine Uhr und so konnte er nie nachschauen, wann es elf Uhr war. Er brauchte auch keine, denn er hörte und roch es. Das Reden und Lachen nahm zu, Musik tönte aus den vielen Lautsprechern, in den Essbuden ließ man das Fett heiß werden und die ersten Pommes frites verströmten einen unwiderstehlichen Duft. Sie rochen unverschämt gut und Willi hätte zu gerne einmal welche probiert. Da er nichts zu essen brauchte, kam auch niemand auf die Idee, ihm welche zu bringen.
Willi arbeitete als Gespenst in einer Geisterbahn. Sein Sarg stand in einer Kurve und immer wenn ein Wagen vorbei kam, klappte sein Sargdeckel auf, sprang Willi mit einem gekonnten Satz hoch, ließ seine Augen aufleuchten und dröhnte hohl: Uuaaahhhh.
Er konnte sich kaum an den spitzen Schreckensschreien vergnügen, da musste er auch schon wieder in seinen Sarg zurück, denn der Deckel klappte recht schnell wieder zu und er wollte nicht eingeklemmt werden.
Gespenst sein war anstrengend: Deckel auf - hochspringen - schaurig rufen - Augenleuchten - hineinspringen - Deckel zu. Und das von elf Uhr morgens bis abends um zweiundzwanzig Uhr.
Und immer wieder dieser lockende Pommesgeruch in der Nase.
Willi hätte gerne einmal seinen Arbeitsplatz verlassen, um sich so eine Essbude von innen anzuschauen.
Ein bisschen kannte er ja schon von der Welt da draußen.
Wenn die Kirmes zu Ende war und die Geisterbahn abgebaut wurde, dann stand auch sein Sarg irgendwann einmal auf dem Kirmesplatz und wartete darauf verladen zu werden. Dann hob er den Deckel vorsichtig an und spähte hinaus. Erst musste er immer mit den Augen blinzeln. Es dauerte etwas, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Gespensteraugen liebten die Dunkelheit. Aber schließlich konnte er doch zusehen, wie rings um ihn die Geisterbahn Stück für Stück abgebaut wurde und in die Kirmeswagen verschwand.
Die Essbuden fuhren leider immer zuerst weg. Da gab`s ja auch nicht viel zu verpacken.
Er seufzte. Er hätte zu gerne diese verlockenden Pommes probiert.
Einmal hatte sich ein Kind in seiner Kurve so vor ihm erschrocken, dass es ein paar Pommes aus seiner Tüte verloren hatte. Das hatte Willi zufrieden festgestellt, bevor er in seinen Sarg zurück huschen musste. Erst in der Nacht, als die Geisterbahn schloss, fand er Zeit sie zu begutachten. Leider waren sie alle zermatscht und platt gefahren.
Willi schüttelte sich wieder bei dem Gedanken daran. Er war ein reinliches Gespenst und seinen Sarg hielt er sauber.