Читать книгу Im Urlaub ist es nie langweilig - Ilona Focali - Страница 7

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Der Anblick einer leeren Abflughalle – zwanzig Minuten vor Abflug – versetzt sicherlich jeden in einen Schockzustand. Wir standen da und erstarrten. Für einen Moment Gehirnleere, Schweißausbrüche, kalte Hände. Dann: “Das kann nicht sein, so was geschieht anderen Leuten, aber nicht uns.“

„Du musst ja immer so rumtrödeln“, sagte mein Mann, obwohl doch eigentlich er noch gemütlich eine Tasse Kaffee trinken wollte, und rannte auch schon los, rüttelte an verschlossenen Glastüren – nichts und niemand. Das gibt es doch nicht …

Das war doch Gate 31, oder nicht? Klar, und auf den Bordkarten stand auch Gate 31, sogar eingekreist von der Stewardess des Abfertigungsschalters. Aber wieso war denn hier niemand – jetzt, zwanzig Minuten vor Abflug?

Vier junge Mädchen kamen und setzten sich hin, in aller Ruhe. Ich wollte sie fragen, aber das ging nicht, da mein Mann bereits um die nächste Ecke gebogen und inzwischen außer Sichtweite war. Ich hastete hinterher mit unserem kleinen Hund, den wir erstmalig in unseren Türkeiurlaub mitnahmen. Zum Glück hatte ich den kleinen Kerl noch nicht in seine Reisetasche verfrachtet, denn mit vier Kilo in einer großen Tasche ist das beim Rennen doch sehr hinderlich.

Ich bog um besagte Ecke und atmete erleichtert auf. Da stand mein Mann, etwas ratlos, denn der Weg gabelte sich hier in drei Richtungen. Just in dem Augenblick kam ein Flughafenangestellter eilig vorbei, den ich anhielt. Mit der anderen Hand erwischte ich gerade noch den Ärmel meines Mannes.

„Entschuldigen Sie bitte, hier steht doch Gate 31 für den Flug der Turkish Airlines nach Istanbul. Aber dort ist niemand und alle Türen sind verschlossen. Die Maschine fliegt doch erst um 14.45 Uhr, also in einer Viertelstunde. Die kann doch noch nicht abgeflogen sein …?“

„Na, dann schauen wir mal auf die Tafel“, und sein Blick ging nach oben – unserer auch.

„Ist kurzfristig geändert worden auf Gate 44. Jetzt aber los! Sind ein bisschen spät dran, oder? Boarding war doch schon um 14.05 Uhr …“

„Danke!“, sagte ich und wir hechteten los – unser Hund fand das klasse.

14.05 Uhr …? Da warteten wir noch mit dem O-Saft an der Kasse, weil die Bedienung zum Klo musste und dann endlich mit einem „Sorry“ die drei Leute bediente, die vor uns warteten. Es war wohl auch nicht ihr bester Tag, denn das dauerte und dauerte … Dann steuerten wir endlich, ich mit meinem O-Saft-Glas in der einen Hand, in der anderen Handtasche, Hundetasche und Leine – mein Mann hatte auf seinen Kaffee verzichtet, weil eh keine Bedienung da war –, auf eine freie Sitzgruppe zu.

Kurz bevor wir den Tisch erreicht hatten, machte mein Mann abrupt auf seinem Absatz eine Kehrtwendung und zischte mir im Vorbeigehen zu: „Da vorne sind … na, du weißt schon, der Zahnarztkollege mit seiner Frau, die damals im Computerunterricht den PC der gesamten Firma zum Absturz gebracht hat … wie hieß die noch mal?“

„Sandra“, sagte ich, „und sie hat damals nicht den PC zum Absturz gebracht, sondern die Festplatte der ganzen Firma gelöscht.“

„Na eben, die meine ich ja. Die fliegen sicher auch in Urlaub. Hab aber jetzt keine Lust, die zu treffen …“, zischte er und war schon um die nächste Ecke zu einer anderen freien Sitzgruppe geeilt.

Endlich saßen wir, der Hund bekam etwas zu trinken und ich hatte gerade meinen Strohhalm im Mund, als ich so ein ungutes Gefühl im Bauch verspürte.

„Sag mal, wie spät ist es eigentlich?“, fragte ich meinen Mann.

Meine Uhr hatte ich an Weihnachten irgendwo in Berlin verloren und die Ersatzuhr war in meiner Handtasche, denn der fehlte ein Zeiger.

„Das reparieren die dir in Istanbul im Handumdrehen mit links“, hatte mein Mann gesagt. „Nimm die mal mit.“

Es war die Uhr, die ich von meiner Großmutter zur Kommunion bekommen hatte, und solche Uhren, geschweige denn solche Zeiger, gibt es heute gar nicht mehr, aber scheinbar wohl doch noch in Istanbul.

„14.25 Uhr, warum? Wann geht der Flug?“

„14.45 Uhr …“

„Was? Ich denke, um 15.45 Uhr?“

„Da hast du mal wieder nicht richtig zugehört“, lag mir auf der Zunge, aber ich schluckte es mit dem restlichen O-Saft hinunter. Mein Mann hätte es sowieso nicht mehr gehört, denn er war schon aufgesprungen und losgespurtet in Richtung: „Das muss da vorne sein.“

„Welches Gate war das noch mal?“, kam atemlos von vorne.

„31“, kam von hinten, genauso atemlos, denn ich versuchte, mit seinem Tempo mitzuhalten – der Hund fand das klasse. Endlich mal ein Spiel, das ihm gefiel.

Da war es endlich – Gate 31 –, aber wie ja vorher schon erwähnt, war die Halle leer, und der Auskunft des Flughafenbeamten folgend, standen wir dann ein paar Minuten später tatsächlich endlich am Gate 44 – aber da war auch niemand mehr.

Kein Wunder, denn inzwischen war es 14.40 Uhr.

Aber nein, da – ganz weit vorne an der Glastür – stand eine kleine Stewardess!

„Halt, wir müssen auch noch mit!“, riefen wir atemlos und legten noch an Tempo etwas zu. Hundchen bellte freudig – das Spiel gefiel ihm richtig gut.

„Auf Sie warten wir schon“, lächelte sie und riss die Bordkarten ab.

„Der Hund muss aber in die Tasche“, fügte sie hinzu.

„Ja, ja, machen wir gleich – im Bus“, und schon waren wir die Treppe runter.

Da stand der Zubringerbus, der die Nachzügler noch aufsammelte. Wir waren also nicht die Einzigen.

„Der Hund muss aber in die Tasche“, sagte der Busfahrer.

„Kann ich gleich im Bus machen – hat die Stewardess gesagt …“

Stimmte zwar nicht ganz, aber dementiert hatte sie es auch nicht.

„Nicht, dass der hier im Bus rumläuft.“ Sein Kontrollblick verweilte auf uns und der Hundetasche, bis Hundchen problemlos in der Tasche Platz genommen hatte und der Reißverschluss zugezogen war.

Zum Glück hatten wir das mit der Reisetasche seit einem Monat täglich geübt. Hundchen vor die Tasche: „Sitz!“ Zwei Leckerlis hinten in die Tasche hinein: „Such!“ Die Suche war immer erfolgreich. Irgendwann wurde dann der Reißverschluss zugemacht – und wieder auf. „Komm! Gut gemacht!“ Streicheln und ein Leckerli.

Allerdings war er nie für längere Zeit in der Tasche gewesen, unser kleiner weißer Chihuahua-Rüde, und so waren wir heilfroh, dass das jetzt so problemlos vonstattenging – die zwei Leckerlis hatte er bereits gefunden.

Worauf wartete denn der Bus noch?

Da kamen sie – die vier Mädels von Gate 31 zusammen mit der Stewardess. Also, da hätte man sich doch einfach nur dazuzusetzen brauchen … Egal, wir waren im Bus, vom Flugzeug trennten uns nur noch ein paar hundert Meter. Tief durchatmen … Vollbremsung – vor uns stand ein großes Gefährt ohne Fahrer, das uns für weitere fünf Minuten vom Flugzeug fernhielt.

„Welche Sitznummer?“, fragte der Steward am Busausstieg, als wir denn endlich am Flugzeug angekommen waren.

„33 A und 33 B.“

„Hinten hoch“, und wir hechteten die Treppe hoch. Hundchen fand das Spiel nun gar nicht mehr lustig und balancierte in seiner bedrohlich schwankenden Tasche wild herum.

Letzte Reihe. Fensterplatz, zum Glück!

Ich weiß nicht, ob das Flugzeug auf die Größe türkischer Menschen ausgerichtet war, die meist wirklich von der Statur her kleiner sind als viele Deutsche, oder ob mir das nur heute auffiel, sodass ich froh sein konnte, kurze Beine zu haben – mein Mann übrigens auch (ist ja sowieso ein türkischer Deutscher). Jedenfalls war nicht ansatzweise daran zu denken, die Hundetasche auf den Boden zu befördern. So füllte sie nun den gesamten Raum von meinem Schoß bis zum Vordersitz und zu meinem Hals aus. Den Gedanken, dass ich so eingepfercht jetzt an die drei Stunden würde sitzen müssen, schob ich mal ganz schnell zur Seite.

Nur der Augenblick zählt! Und in diesem Augenblick saßen wir im richtigen Flugzeug, hatten es geschafft, atmeten tief durch, schauten uns an und mein Mann sagte: „Gute Reise, Süße!“

„Gute Reise, Schatz!“, entgegnete ich.

Das Flugzeug startete und meine Hand streichelte Hundchen durch eine kleine Klappe, die sich oben an der Tasche öffnen ließ. Es dauerte eine kleine Weile, bis ich dem kleinen Mann darin klar gemacht hatte, dass dies kein Ausgang und auch kein Notausstiegsloch war, sondern eine Trösterchenluke, durch die manchmal sogar ein Leckerli gereicht wurde, wenn man denn schön lieb war, das hieß, ruhig blieb. Und er machte das so gut, er war richtig artig. Die Valeriana-Globuli waren wirklich eine gute Idee unserer Tierärztin gewesen.

Wie wir das Thema Essen bewerkstelligten, weiß ich gar nicht mehr. Ich glaube, mein Mann brachte das Wunder fertig, das Essen für zwei Personen auf einem Tablett zu verteilen. Jedenfalls ging es besser als gedacht.

Unser Hund war wirklich großartig! Immerhin war er heute auch schon mit einem Zug gefahren – zum allerersten Mal in seinen neun Lebensjahren.

Angesichts der vielen Staus auf den Straßen hatten wir uns kurzfristig entschlossen, nicht mit dem Auto, sondern diesmal mit dem Zug zum Flughafen Düsseldorf zu fahren, direkt, ohne Umsteigen. Aber Hundchen machte das so gut, als würde er jeden Tag Zug fahren. Auch als uns eine Frau höflich, aber bestimmt aufforderte, den Platz freizugeben, weil der für sie reserviert sei – was übrigens nirgendwo stand und obwohl der Waggon ansonsten leer war –, regte uns das nicht auf. Wir waren ja noch taufrisch. Lächelnd setzten wir uns an einen anderen Platz.

Zweieinhalb Stunden vor Abflug waren wir bereits am Flughafen. Das Einchecken war eine Sache für sich. Wir stellten uns in die bereits lange Reihe, meist türkische Familien mit vielen Kindern und noch mehr Koffern.

Ich atmete genüsslich tief durch. Die Zeit, als wir mit drei Kindern, meinem Vater und meist noch einer Freundin unserer Tochter in Urlaub flogen, war lange vorbei. Wie angenehm und stressfrei war es doch nun zu zweit mit „nur“ zwei Koffern, die nicht einmal annähernd die Größe unserer damaligen Koffer hatten – und mit Hundchen, der sich von seiner besten Seite zeigte und von allen bewundert wurde.

„Internetbuchung an den Nebenschalter.“ Wo dieser Aufruf herkam, das wusste keiner so genau, aber wir reihten uns mit einigen anderen vor dem Schalter gleich nebenan ein. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis wir endlich dran waren. Die Stewardess nahm unsere Unterlagen und meinte dann, wir seien hier nicht richtig und sollten uns doch an die andere Schlange anstellen.

„Da haben wir bereits gestanden. Hier oben steht Internetbuchung, oder nicht? Und wir haben Internetbuchung. Und außerdem wurden wir aufgerufen, uns hier anzustellen.“

„Wer hat Sie aufgerufen?“

„Das weiß ich nicht. Jemand hat das laut gerufen.“

„Sie sind hier trotzdem nicht richtig. Bitte stellen Sie sich nebenan an.“

„Aber wir haben doch Internetbuchung und das steht hier oben dran …“

„Ich ziehe mir das dann von nebenan rüber“, gab sie zur Antwort, was auch immer das heißen sollte. Sie lächelte und das Gespräch war beendet.

Die Schlange, in der wir zu Anfang gestanden hatten, war nun inzwischen doppelt so lang geworden. Wir stellten uns also erneut an, erkannten auch die eine oder andere Familie wieder, die alle ebenfalls dem ominösen Aufruf gefolgt waren.

Langsam rückten wir Stück für Stück auf, bis wir endlich ganz vorne standen. Just in diesem Augenblick rief uns die Stewardess, die uns weggeschickt hatte, wieder zu sich an den gleichen Schalter wie eben.

Auf meine Frage, warum das denn jetzt auf einmal ginge und vorhin nicht, meinte sie nur: „Jetzt geht es.“

„Aha“, sagte ich und fügte hinzu: „Wir haben einen kleinen Hund dabei, der ist angemeldet.“

„Bei uns nicht.“

„Wir haben extra angerufen im Call-Center.“

„Steht hier nicht vermerkt. Wie viel Kilo wiegt er denn?“

„Vier.“

„Nur vier?“

„Ja, nur vier, und er fliegt in der Tasche mit in der Kabine … wie immer.“

(Ich meinte, von nun an wie immer, aber das wusste die Stewardess ja nicht.)

„Also, da müssen Sie zu dem Schalter da drüben gehen und dort den Hund registrieren lassen“, sagte sie und drückte uns unsere Bordkarten und Pässe in die Hand. So kämpften wir uns an diversen Warteschlangen verschiedener Schalter vorbei, allerdings jetzt ohne Koffer, denn die waren bereits auf dem Weg zum Flugzeug.

„Guten Tag, also dieser Hund hier ist eigentlich angemeldet“, sagte ich und reichte die Reisepapiere einer freundlichen Stewardess hinüber.

„Also, bei uns ist er nicht gemeldet.“

„Bitte, hier ist sogar noch der Zettel mit der Telefonnummer vom Call-Center, das die Anmeldung angenommen hat.“ Ich kramte einen kleinen gelben Zettel hervor, auf dem ich die Nummer notiert hatte. Ich selbst hatte mit dem Call-Center telefoniert.

„Mit wem haben Sie da gesprochen?“

„Wie? Das weiß ich doch nicht. Mit einer Frau.“

„Sie müssen sich immer den Namen aufschreiben, dann kann man das zurückverfolgen.“

„Ok. Und jetzt?“

„Also, ich trage den Hund jetzt ein. Wie viel Kilo wiegt er?“

„Vier Kilo.“

„Nur vier Kilo?“

„Ja, und wir nehmen ihn in die Kabine mit. Hier ist seine Tasche.“

„Ok.“

„Könnten Sie ihn bitte für den Rückflug gleich vermerken?“, fragte ich.

„Nein, das geht nicht. Da müssen Sie das Call-Center anrufen. Ich bekomme 28 € von Ihnen.“

„Ok“, sagte ich resigniert und schob zwei Geldscheine hinüber.

„Moment, ich kann nicht rausgeben“, sagte sie und verschwand.

Mein Mann und ich kramten in unseren Taschen und bekamen doch tatsächlich noch 8 € in Münzen zusammen. Und da die Stewardess nun bereits seit fast zehn Minuten verschwunden war, baten wir eine Kollegin, ihr doch bitte mitzuteilen, dass wir das Geld nun passend hätten. Eigentlich waren wir fast so weit zu sagen: „Tun Sie die 2 € bitte einfach in die Kaffeekasse für Stewardessen.“

Es folgte dann der lange Weg mit endlosen Prozeduren durch all die Pass- und Sicherheitskontrollen. Ich war heilfroh, dass unser Hund weder Schuhe an- noch einen Gürtel umhatte. Sein Leinengeschirr allerdings mussten wir insgesamt abmachen. Ich glaube zwar nicht, dass man darin eine Bombe verstecken könnte, aber Mikrofilme, die man außer Landes schmuggeln möchte, hätten sicher Platz darin. Da wir aber weder das eine noch das andere hatten, ging das alles zum Glück problemlos vonstatten. Unser Hund flirtete derweil mit den Damen und knurrte die Herren an …

Bis mein Mann all seine diversen Sächelchen, die eine ganze Schale füllten, wieder in seinen diversen Jacken-, Hemden- und Hosentaschen verstaut hatte, verging eine Ewigkeit. Da sage noch mal einer was gegen Damenhandtaschen! Bei denen hat man wenigstens alles auf einem Haufen beisammen. Sein Gürtel war jetzt auch umgeschnallt und die Schuhe wieder angezogen – und es war noch eine Stunde Zeit bis zum Abflug.

Also Zeit für einen genüsslichen Kaffee für meinen Mann, einen O-Saft für mich und eine Schale Wasser für Hundchen in einem der gemütlichen Cafés ganz in der Nähe von Gate 31.

So stand es jedenfalls auf unseren Bordkarten.

* * *

„Der Mann von der Autovermietung steht gleich am Ausgang mit einem Schild und erwartet euch – den könnt ihr gar nicht übersehen“, hatte unser Sohn gesagt und uns noch einmal den Namen der Firma dick angestrichen.

Aber das Fließband der Gepäckausgabe, auf dem unsere und die Koffer aller Passagiere unseres Fliegers anrollen sollten, hatte einen technischen Defekt, der gleich behoben sein sollte und nach eineinhalb Stunden immer noch nicht behoben war, sodass kein einziger Koffer erschien.

Da wird sich wohl der gute Mann mit dem Schild die Beine in den Bauch gestanden und uns schließlich als „nicht angekommen“ abgeschrieben haben. Jedenfalls stand keiner mehr da mit Schild, um uns zu begrüßen, als wir dann endlich durch das Tor gingen. So fragten wir uns buchstäblich durch die Halle. „Da hinten“, hieß es, und immer noch weiter „da hinten“.

Hundchen, der längst wieder auf eigenen Beinen lief, signalisierte mit Blick und einem telepathischen Bild, dass er dringendst pinkeln müsste. Während der langen Warterei am Gepäckband hatte er bereits eine Schale Wasser geschlabbert.

„Gleich, gleich“, beruhigte ich ihn.

Dann standen wir endlich vor dem Schalter der Autovermietung ganz am Ende der Halle. Auch hier schien es Verzögerungen zu geben. Nach einer Stunde des Wartens war besagter Mann, der uns zu unserem gebuchten Auto bringen sollte, immer noch nicht eingetroffen.

Die Blicke und Bilder von Hundchen wurden nun immer drängender und ließen etwas sehr Unschönes ahnen. So machte ich energisch allen klar, dass ich jetzt mit dem Hund das Gebäude verlassen würde, wo auch immer ich eine Tür nach draußen fände. Und die fand ich auch, ein paar Schritte weiter.

Rasenfläche – wenn auch nur ein paar Quadratmeter – und ein Baum, das war wundervoll und reichte völlig aus. Unser Hund schüttelte sich erleichtert.

Die Tür allerdings, durch die wir hinausgegangen waren, war kein Eingang und von Beamten bewacht, die dem Hund zwar leicht amüsiert beim Pinkeln zugesehen hatten, uns aber nun nicht wieder hineinließen. Vorschrift ist halt Vorschrift. Sie schickten uns mehrere hundert Meter weiter, diesmal „nach vorne“, wo ich mich dann zusammen mit vielen Reisenden, Massen an Gepäckstücken und Chaos noch einmal der ganzen Prozedur der Sicherheitskontrollen unterziehen musste. Es half auch nichts, darauf hinzuweisen, dass ich sozusagen kein Reisender wie alle anderen hier, sondern schon längst angekommen und nur eben mit Hundchen Gassi gewesen war.

Schuhe aus, Gürtel ab, Leinengeschirr vom Hund ab, Handtasche in die Schale … Zum Glück hatte ich meinen Pass dabei. In all den Jahren, in denen wir um die ganze Welt gereist waren, habe ich es mir angewöhnt, immer meinen Pass bei mir zu tragen.

Hundchen sah sein Herrchen schon von Weitem, der immer noch auf derselben Bank saß und wartete.

„Du sitzt ja immer noch da! Ist der Typ noch nicht gekommen?“, fragte ich, inzwischen leicht genervt.

„Nein, die haben da irgendwelche Probleme“, antwortete mein Mann, der erstaunlicherweise die Ruhe behielt. „Hat der Hund sein Geschäft machen können?“

„Ja, zum Glück gab es einen Baum mit etwas Rasen. Der Baum steht jetzt unter Wasser. Zum Glück hatte ich meinen Pass dabei, sonst wäre ich gar nicht wieder in die Halle gekommen. Musste das ganze Prozedere noch einmal über mich ergehen lassen mit Abtasten und Schuhe ausziehen und so weiter, stell dir vor!“

„Hab dir noch hinterhergerufen, ob du deinen Pass dabei hast, aber du warst dann so schnell verschwunden. Ist doch richtig, dass so viele Kontrollen gemacht werden. Passiert ja genug.“

„Ja, da hast du wohl Recht“, sagte ich und blickte zum Schalter unserer Autovermietungsfirma.

Bis wir unser Auto bekamen, dauerte es dann noch mal eine Stunde, eine echte, keine gefühlte. Dann war es so weit, der langersehnte Mann war endlich da!

Zusammen mit einer Gruppe von vier Personen – drei Männern ohne Gepäck, mit Bordkoffern, und einer sehr hübschen, jungen Frau in rotem Etuikleid und hohen Absätzen, die ein Model sein musste, so wie sie sich bewegte – verließen wir die Flughafenhalle in Richtung Parkhaus.

Mein Mann hatte schwer zu kämpfen mit dem Gepäckwagen. Er schwört auf Gepäckwagen. Allerdings hätten wir die zwei Koffer und die Hundetasche auch ziehen können. Das wäre wesentlich einfacher gewesen, denn es war jedes Mal ein gefährlicher Kraftakt, den Wagen von den Bordsteigen – und davon gab es sechs bis zum Parkhaus – herunterzurollen.

Die kleine Gruppe war längst nicht mehr zu sehen. Ich hatte mir nur in etwa die Richtung gemerkt, in die sie verschwunden war, und atmete mal wieder tief durch. Irgendwann hatte mein Mann „die Faxen dicke“ (auch so ein Ausspruch meines Vaters) und begann, die Koffer vom Wagen herunterzuheben – mitten auf der Fahrbahn. Ich rettete die Koffer, Taschen, Hundchen und mich auf die nächste Verkehrsinsel, während mein Mann versuchte, den Gepäckwagen irgendwo abzustellen – ja, aber wo eigentlich? Es gab keinerlei Abstellmöglichkeit, ohne dass ein heranbrausendes Auto (und das ist das normale Tempo dort) hineingefahren wäre. Schließlich fand er eine kleine sichere Ecke am Beginn des Parkhauses, das wir inzwischen erreicht hatten, und überließ das Gefährt dort sich selbst.

Dann machten wir uns auf die Suche nach der Gruppe. Als wir sie gefunden hatten, saßen die drei Männer und das hübsche Model bereits in einem kleinen weißen Auto. Davor stand besagter junger Mann der Autovermietung und telefonierte wild gestikulierend mit seinem Chef.

Uns konnte heute nichts mehr erschüttern, auch nicht, dass es bereits 23 Uhr war, uns noch eine zweistündige Fahrt bevorstand und der Autoverkehr schon bei Tageslicht als katastrophal bezeichnet werden kann, von nachts gar nicht zu reden. Wir standen ruhig da und warteten geduldig auf das Ende des Telefongesprächs.

Danach rollte der junge Mann mit den Augen und forderte die vier Personen auf, aus dem weißen Auto wieder auszusteigen. Das Model lächelte mich an und ich lächelte zurück, das Handgepäck der Gruppe wurde aus dem Kofferraum wieder ausgeladen, dafür kamen unsere zwei Koffer hinein und gleichzeitig wurden wir eilig ins Innere des Autos geschoben, das keineswegs dem entsprach, was mein Mann gebucht hatte.

In halsbrecherischer Fahrt und unter Schimpfen, dass der „vertrottelte Idiot am Serviceschalter“ die ganze Firma ruiniere, ging es zu einem Parkplatz außerhalb des Flughafengeländes, wo dann noch einmal Papiere unterschrieben wurden und nach einer Kurzunterweisung mein Mann das Steuer des Autos übernahm.

Ich staune immer wieder, wie Männer (und ich kenne wirklich nur wenige Frauen) scheinbar jedes Auto fahren können, ohne sich lange damit vertraut machen zu müssen.

Für meinen Mann jedenfalls, der nach einer kurzen Neuorientierung – „Wo ist denn hier überhaupt die Ausfahrt?“ und „Moment mal, müssen wir jetzt nach rechts oder links?“ – losfuhr, hatte ich nur noch große Bewunderung, dass er sich so gekonnt ins Fahrwasser des brodelnden Verkehrs warf und sich nun heroisch Kilometer um Kilometer vorwärtskämpfte. Bis ich merkte, dass er sich sogar pudelwohl dabei fühlte …

Also, ich glaube, und das ist mein voller Ernst, dass türkische Männer ein spezielles Gen haben müssen, ein sogenanntes „Autofahrer-Gen“. Das kann man nicht erlernen, das muss ihnen im Blut liegen.

Auch nach über fünfundvierzig Ehejahren und vielen Autoreisen in der Türkei weiß ich immer noch nicht, wie sie sich untereinander auf der Straße verständigen. Muss wohl wirklich so eine Art „Blutsprache“ sein, eine Art Geheimcode nach dem Motto:

Kleiner Finger hoch: „Achtung!“ Zeigefinger hoch: „Bleib zurück, ich wechsle rüber auf deine Fahrbahn!“ Wenn das nichts nützt, dann hängt man den Arm aus dem Fenster, setzt mit der Hand das Stopp-Zeichen und mit der anderen Hand drückt man voll auf die Hupe – das wichtigste Teil am Auto überhaupt, wenn man vorankommen will. Den Mittelfinger sollte man besser nicht benutzen, es sei denn, man hätte Lust auf eine handfeste Keilerei.

So vertraute ich mich wie immer den Fahrkünsten meines Mannes an, schloss die Augen, atmete tief in den Bauch und lächelte entzückt ob des vertrauten Geruchs dieses Landes, in dem ich mich schon immer sehr wohlgefühlt habe.

Meine Hand streichelte Hundchen, der völlig geschafft auf meinem Schoß lag und ebenfalls voller Vertrauen auf Herrchens Fahrkünste die Fahrt über sich ergehen ließ.

* * *

„Als das Auto vorfuhr und eine Frau ausstieg, habe ich gedacht, da ist unsere Gelin (Schwiegertochter/Braut, auch nach fünfundvierzig Ehejahren), aber das war ja eine alte Frau!“, sagte Tante Vim.

Toll, um das zu hören, war ich nun fünfhundert Kilometer von Istanbul in das kleine Ferienörtchen südlich von Izmir gefahren, mit halsbrecherischen Überholmanövern in einem Leihauto, das zu wünschen übrig ließ, um rechtzeitig zu ihrem achtzigsten Geburtstag zu kommen. Am liebsten wäre ich gleich wieder ins Auto eingestiegen und nach Istanbul zurückgefahren. Aber dann dachte ich daran, dass ich hier zum einen doch wohl sehr mit meinem Ego reagierte und zum anderen dies eben Tante Vim war, wie sie leibte und lebte. Sie konnte schon immer gut austeilen, sagte, was sie dachte (und das entsprang meist einer sehr subjektiven Wahrnehmung), reagierte dagegen aber zutiefst beleidigt auf Worte, die sie selbst als verletzend empfand, obwohl sie es nicht waren.

Dadurch waren kritische Situationen nie einzuschätzen oder gar vorsorglich zu umgehen. Sie fielen eben einfach so vom Himmel und schafften Momente, in denen einem „die Spucke wegblieb“, wie mein Vater als alter Berliner immer zu sagen pflegte. Situationen, in denen man aber auch eine Menge lernen konnte: gelassen durchzuatmen, Geduld zu üben (ein Lächeln war nicht immer angebracht), selbst nicht in eine emotionale Reaktion zu rutschen und dabei die Kunst zu entwickeln, seine Gedanken und Gefühle immer schneller auf „Harmonie und Frieden“ auszurichten – und in früheren Zeiten meinen Vater davon zu überzeugen, dass er das mal wieder falsch verstanden und Tante Vim auf Türkisch etwas ganz anderes gemeint hätte. Denn keiner von uns hatte Lust auf einen handfesten Streit der beiden gehabt.

Am Gartentörchen der sehr hübschen Sommerresidenz von Tante Vim standen bereits die obligatorischen Plastiklatschen für Besucher bereit – für die Terrasse, die blitzsauber war. Für das Innere des Hauses warteten dann schon leichte Pantoffeln verschiedener Größen in Reih und Glied am Eingang.

„Hab meine eigenen mit“, sagte ich, umarmte Tante Vim und zog meine Schühchen aus der Beuteltasche. Mein Mann ignorierte die Latschen und auch die Pantoffeln und lief barfuß. Tante Vim trug seine Straßenschuhe ins Haus und verstaute sie an dem dafür vorgesehenen und mit Papier ausgelegten Platz. Meine Schuhe standen bereits da. (Als Frau erinnert man sich an solche wichtigen Details über Jahrzehnte.)

Der Redeschwall von Tante Vim hatte eingesetzt und war nicht mehr zu bremsen. Die Geschehnisse und besonders die Ärgernisse eines ganzen Jahres wollten sich mitteilen. So folgte sie meinem Mann, ihrem Bruder, treppauf, treppab, und als mit einem „Abla (Schwester), Moment mal!“ die Badezimmertür von innen geschlossen wurde, lief der Redeschwall draußen vor der Tür weiter.

Das gab mir Zeit, unsere Sachen in unserem Zimmer zu verstauen.

„Der Hund darf aber nicht aufs Bett“, kam nebenbei aus der Richtung des Badezimmers.

„Nein, natürlich nicht“, gab ich zur Antwort – ich war ja froh, dass wir den Hund überhaupt mitbringen durften – und öffnete den Koffer, um unsere Schlafsachen herauszuholen.

Wie vor dreißig Jahren hatte Tante Vim fein säuberlich unsere Schlafsachen auf den Kopfkissen bereitgelegt. Dass ich schon lange nicht mehr Größe XS trug und mein Mann mit seinem kleinen Bäuchlein die Knöpfe dieses alten Pyjama-Oberteils sprengen würde, ignorierte sie einfach. Ich verkniff mir zu sagen, dass die alte Frau jetzt auf gar keinen Fall mehr in das Babydoll in XS passen würde, und räumte die Sachen stillschweigend in den Schrank zurück zu all den anderen Kleidungsstücken aus alten Zeiten, wo sie bis zum nächsten Jahr liegen würden, um dann wie jetzt wieder für einen Augenblick die Dunkelheit des Schranks verlassen zu dürfen. Die Idee, die alten Stücke zu entsorgen, hatte ich längst aufgegeben, denn das würde heißen: „Wir kommen nicht mehr wieder hierher.“ Also blieb alles beim Alten.

„Em‘ne, du musst noch das Laken aufziehen. Ist mir zu anstrengend.“

Den Namen Em‘ne (richtig: Emine) hatte sie aus einer TV-Soap, in der ein Mädchen namens Emine – freundlich, tüchtig, hilfsbereit und mit der Fähigkeit, alles im Handumdrehen zu erledigen, was anstand – der Liebling aller Zuschauer war. Seitdem ruft sie mich so, was ja eigentlich auch sehr schmeichelhaft für mich ist.

„Mach ich, kein Problem“, sagte ich, zog geschwind das Laken drüber und ersetzte das Monster von Kopfkissen durch mein kleines Kissen – auch wie jedes Jahr.

Mein Mann hatte sowieso vielerorts seine Eierschachtelkissen oder Donauwellenkissen deponiert, auf die er schwor. Eierschachtelkissen wurden sie genannt, weil sie aussahen wie Eierbehälter mit ihren großen Noppen. Oder sie hatten zwei große Wellen, halt wie Donauwellen. Wie man auch nur annähernd auf solchen Undingern schlafen kann, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Dafür höre ich aber bei meinen zum Glück äußerst seltenen Nackenbeschwerden sofort den Vorwurf meines Mannes: „Kein Wunder bei deinen Sch…kopfkissen

In solchen Momenten atme ich dann mal wieder tief durch und erinnere mich daran, dass Männer vom Mars und Frauen von der Venus kommen, wie ja jedermann inzwischen weiß.

Mein Mann hatte das Bad verlassen und war, gefolgt von Abla (Tante Vim), wieder nach unten gegangen. Sie erzählte immer noch …

Endlich duschen und mir etwas Bequemes anziehen, immerhin war es ja schon 22.30 Uhr und wir waren den ganzen Tag unterwegs gewesen.

Sauber, erfrischt, entspannt und nicht nachtragend entstieg ich der Dusche, als mein Blick auf eine Waage fiel. Ich glaube, es gibt keine Frau, die der magischen Anziehungskraft solch eines Gerätes widerstehen kann – und wohl inzwischen auch keinen Mann, wie ich mir habe sagen lassen. Jedenfalls stellte ich mich drauf – nackt versteht sich – und war zutiefst schockiert.

78 E – das war ja wohl nicht möglich!!!

Also noch mal: 78 E!

Was das „E“ zu bedeuten hatte, weiß ich bis heute nicht. Na ja, also mein Bauch war ja auch nicht mehr das, was er mal war. Nach den Wechseljahren bekam er eine Art Eigendynamik. Und es war auch klar, dass ich keine 54 Kilo mehr wog … Aber 78? Also doch alte Frau …

Und dann noch E, wofür auch immer das stand. Die BH-Größe war damit sicherlich nicht gemeint, oder doch? A stand ja sozusagen für „vorne nichts“ und D für reichlich „Holz vor der Hüttn“. E war dann wohl die XXXL-Q-Potenz an Oberweite, oder was? Erstaunlich, was solche Waagen heutzutage alles schon registrieren konnten.

Ziemlich geknickt und mit festen Vorsätzen verließ ich das Bad: vorerst überhaupt keine Süßigkeiten mehr, kein Eis, kein Essen nach 18 Uhr – das würde allerdings schwierig werden, da man in der Türkei erst spät am Abend gemütlich am Tisch sitzt. Kein Brot – das ging auch nicht. Ich esse zwar so gut wie kein Brot, aber das türkische Brot ist so wunderbar, dass es ganz klar war, dass ich diesen Vorsatz spätestens morgen früh brechen würde.

Und intensiv Yoga! Hundertachtmal den Sonnengruß morgens anstatt dreimal.

Und flott laufen! Bei fünfundvierzig Grad im Schatten? Na, was soll‘s, ich stand sowieso als Erste auf und der Hund würde auch raus müssen …

78 E, nicht zu fassen!!!

Bei der ersten Gelegenheit flüsterte ich meinem Mann ins Ohr: „Weißt du, wie viel ich wiege? Erschrick nicht, wenn du heute Nacht mit einem Walross das Bett teilst … 78 Kilo! … E!“

„Wiege ich auch, habe vorhin auch auf der Waage gestanden. Dann werden wohl zwei Walrösser heute Nacht im Bett liegen. Wir müssen unbedingt abnehmen“, sagte er leise, unterhielt sich weiter angeregt mit seiner Schwester und schaute dabei auf einen Berg Weintrauben, Melone, Kirschen und Aprikosen, die Abla vor ihm aufgetischt hatte, nachdem er bereits Brot, Käse und auch Kuchen abgelehnt hatte.

Aha, die Waage hatte sich also noch nicht wieder umgestellt, seitdem er sich draufgestellt hatte, war ja klar. Ich ging die Treppe wieder nach oben und stellte mich voller Erwartung noch einmal drauf. Das Kleid, das ich inzwischen angezogen hatte, wog sicher nur ein paar Gramm.

78 E – oh, mein Gott!

Aber als dann auch mein Hundchen mit 78 E ausgewiesen wurde und auch mein Schminkbeutel einen Inhalt von 78 E aufwies, war es ganz klar – diese Waage spinnt. Ich wusste zwar immer noch nicht, wie viel ich nun wirklich wog, aber eigentlich wollte ich das auch gar nicht mehr so genau wissen.

Erleichtert und mit federnden Schritten – ich wog ja keine 78 E mehr – hüpfte ich die Treppe hinunter, um meinem Mann die neue Erkenntnis mitzuteilen, als Tante Vim bereits abwinkend meinte: „Ja, ja, die ist kaputt.“

Wie sich später herausstellen sollte, war sie wahrscheinlich nicht kaputt, sondern nur die Batterien waren leer. Ich wusste gar nicht, dass es Waagen mit Batterien gab …

Jedenfalls bestand ich darauf, dass die neuen Batterien erst am letzten Tag unseres Aufenthaltes gekauft und eingesetzt werden würden.

Erschöpft, aber mit dem wohligen Gefühl, keine 78 Kilo zu wiegen, schlief ich ein. Daran konnte auch das monotone Klappern eines defekten Fensterladens am Nachbarhaus nichts ändern. Mein Mann hörte sowieso nichts mehr. Er war sofort eingeschlafen. Immerhin war es ja auch schon ein Uhr.

Trommelgeräusche draußen und das bedrohliche Knurren unseres Hundes drinnen ließen mich um zwei Uhr senkrecht im Bett sitzen.

Na klar, es war Ramadan, der Fastenmonat. Vielerorts, und in den kleinen Örtchen sowieso, lief tatsächlich noch der Trommler wie in alten Zeiten nachts durch die Gassen und kündete mit einem ganz bestimmten Trommelrhythmus an, dass es jetzt Zeit zum Aufstehen und für das Nachtessen war, die letzte Mahlzeit bis zum nächsten Abend, Zeit für die rituelle Waschung (Abdest) und für das Morgengebet.

Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis er all die kleinen Straßen abgelaufen hatte und das Trommeln immer leiser wurde. Dafür wurden nun die Geräusche einer erwachenden Nachbarschaft lauter, aber die hörte ich schon nicht mehr. Und auch Hundchen war froh, sich wieder zusammenrollen zu können, denn das Kläffen der großen Hunde war ja weit, weit weg.

Tante Vim hatte vor einigen Jahren eine Brustoperation und nahm seitdem Medikamente, daher durfte sie nicht fasten. Ich würde also für alle ein leckeres Frühstück bereiten und den Tisch geburtstagsmäßig dekorieren, und darauf freute ich mich schon.

Im Urlaub ist es nie langweilig

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