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Kapitel 1

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Wie jeden Morgen, wenn Lisa zur Arbeit musste, klingelte ihr Wecker um 6 Uhr. Obwohl Lisa sonst keine Probleme hatte, früh aufzustehen, war es an diesem Morgen anders. Die ganze Nacht über waren ihre Gedanken ständig um ihre Freundin und Mitbewohnerin gekreist. Anna hatte sich in den letzten zwei Wochen sehr merkwürdig verhalten. Sie war abweisend und sprach entgegen ihrer sonstigen Art sehr wenig. Gestern Abend kam sie nur kurz nach Hause, um dann gleich wieder zu gehen mit den Worten: „Ich weiß noch nicht, wann ich zurück komme. Eventuell schlafe ich bei einem Bekannten.“

Lisa kannte Anna seit dem gemeinsamen Jurastudium in Kiel. Sie waren sich sofort sympathisch gewesen und hatten während des Studiums zusammen gelernt und auch den größten Teil ihrer Freizeit miteinander verbracht. Beide trugen ihre dunklen Haare lang, hatten ein schmales Gesicht und eine schlanke Figur. Von den Kommilitonen wurden sie deshalb oft die „Siamesischen Zwillinge“ genannt. Nach dem erfolgreichen Abschluss verloren sie sich leider aus den Augen, da Anna wegen eines Arbeitsplatzes als Rechtsanwältin in einer kleinen Kanzlei nach Köln gezogen war.

Lisa hatte nach dem Studium eine Stelle als Anwältin bei einer großen Firma in Hamburg bekommen, so dass sie in ihrer Heimatstadt Lübeck bleiben konnte. Sie erhielt ein gutes Gehalt und war in eine tolle 2 ½ -Zimmer-Wohnung mit einem schönen, großen Balkon und Blick auf die Wakenitz gezogen. Die Wohnung hatte sie gemütlich eingerichtet. Lisa liebte vor allen Dingen Maritimes. So stand in ihrem Wohnzimmer ein großes Regal in der Form eines Bootes und auch die vielen Leuchttürme und maritimen Bilder zeugten von ihrer Leidenschaft. Sie war mit ihrem Leben rundum zufrieden. Auch die Tatsache, dass sie sich vor einem halben Jahr von ihrem Freund getrennt hatte, änderte daran nichts. Ihre Arbeit nahm sie derart in Anspruch, dass sie ganz froh war, wenn sie sich abends und am Wochenende nur um sich selbst und ihre Hobbys kümmern konnte.

Seit dem Abschluss des Studiums waren fünf Jahre vergangen. Vor zwei Monaten stand dann plötzlich Anna vor ihrer Tür. Sie sah immer noch gut aus. Die langen dunklen Haare trug sie offen und die schmalen Jeans sowie die leichte blaue Sportjacke standen ihr gut. Lisa hatte sich riesig gefreut und noch am selben Tag war Anna bei ihr eingezogen. So ganz genau wusste Lisa nicht, was Anna in Lübeck wollte - Anna hatte nur etwas von Differenzen mit ihrem Chef und einer Auszeit gesagt -, aber Lisa war so begeistert über das Wiedersehen, dass sie ihr sofort ein Zimmer in ihrer Wohnung angeboten hatte.

Zu Anfang war es wieder so, wie zur Zeit ihres Studiums. Wenn Lisa von der Arbeit kam, hatte Anna bereits Essen für sie beide gekocht oder sie waren gemeinsam bei dem netten Italiener an der Ecke essen gegangen. Manchmal trafen sie sich auch zum Shoppen in Hamburg. Auf jeden Fall hatten sie viel Spaß miteinander. Merkwürdig war nur, dass Anna, sobald das Gespräch auf ihre Arbeit in Köln und ihren dortigen Chef kam, stets gesagt hatte: „Das erzähle ich Dir später, ist eine lange Geschichte. Lass uns von was anderem reden.“ Da Lisa froh war, Anna wieder bei sich zu haben, bohrte sie nicht weiter nach. Sie war der festen Überzeugung, dass Anna irgendwann mit ihr darüber reden würde.

Vor zwei Wochen kam Anna dann abends nicht wie gewohnt nach Hause. Eine Nachricht hatte sie nicht hinterlassen. Das war zwar ungewöhnlich, aber Lisa dachte nicht weiter darüber nach. Nach dem Abendbrot war sie dann vor dem Fernseher eingeschlafen und hochgeschreckt, als die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Anna ging nach einem kurzen: „Hallo“ sofort in ihr Zimmer und hatte seitdem nur noch wenig gesprochen und überhaupt nicht mehr gelacht. Außerdem sah sie völlig verändert aus. Ihre schönen, langen dunklen Haare waren jetzt kurz und rot. Sie trug auch eine Brille mit einem dunklen Rand, die Lisa vorher noch nicht gesehen hatte. Auf Lisas Frage nach dem veränderten Aussehen, antwortete Anna nur kurz: „Ich wollte einfach mal was neues ausprobieren.“

Als Anna am Abend vorher von einem „Bekannten“ gesprochen hatte, war Lisa überrascht gewesen. Sie wusste nicht, dass Anna in Lübeck jemanden kannte. Lisa nahm sich vor, in ihrer Mittagspause Anna anzurufen, um zu hören, ob alles in Ordnung sei. Jetzt musste sie sich erst einmal beeilen, damit sie den Zug nach Hamburg nicht verpasste. Bis zum Lübecker Hauptbahnhof fuhr sie ca. eine Viertelstunde. Lisa besaß ein kleines rotes Auto, das bereits neun Jahre alt war und so langsam das eine oder andere Zipperlein bekam. Und obwohl Lisa sich längst hätte einen neuen Wagen leisten können, behielt sie den alten Wagen, den sie liebevoll „Shorty“ nannte. Lisa parkte „Shorty“ auf dem Parkplatz am Bahnhof und erreichte in letzter Minute den Zug nach Hamburg.

Im Laufe des Tages hatte sie mehrmals erfolglos versucht, Anna zu erreichen. Entweder war das Handy ausgeschaltet oder der Akku leer. Wegen eines Termins, bei dem Lisa für ihren Chef einspringen musste, war sie nicht wie sonst gegen 18:15 Uhr, sondern erst nach 21 Uhr zuhause.

Als sie die Wohnung betrat, sah sie gleich, dass die Sachen von Anna nicht mehr da waren. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel, auf dem in Druckbuchstaben stand: „Ich musste zurück nach Köln. Melde mich. Anna“. Lisa wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass Anna das geschrieben haben sollte. Anna hatte nie in Druckbuchstaben geschrieben. Sofort versuchte Lisa noch einmal, Anna auf dem Handy zu erreichen. Leider wieder ohne Erfolg. Da Lisa hundemüde war, ging sie, ohne noch etwas zu essen, sofort ins Bett. Auch in dieser Nacht schlief sie schlecht und als um sechs Uhr der Wecker klingelte, wäre sie am liebsten liegen geblieben.

Nachdem Lisa noch mehrmals ohne Erfolg versucht hatte, Anna zu erreichen, beschloss sie, etwas zu unternehmen. Ihr fiel ein, dass sie sich an Mond wenden könnte. Mond hieß eigentlich Moritz Nickel-Dümmer und arbeitete bei der Kripo in Lübeck. Wegen des langen Nachnamens nannten ihn Freunde, Bekannte und auch Kollegen seit seiner Hochzeit einfach nur Mond. Mond war kurz - nur sieben Monate - verheiratet gewesen. Seine Frau und er hatten sich für den Doppelnamen entschieden. Moritz freute sich, nicht mehr nur Dümmer heißen zu müssen und behielt den Namen daher auch nach der Scheidung. Und so war auch der Spitzname geblieben. Niemand wusste, warum die Ehe nach so kurzer Zeit auseinander ging. Mond lehnte es stets ab, darüber zu reden. Lisa hatte Mond während ihres Referendariats kennen gelernt und die Verbindung war nicht abgerissen, obwohl Mond irgendwie gar nicht zu ihrem Freundeskreis passte. Er war etwas überheblich und meistens ziemlich mürrisch, aber auch unglaublich humorvoll. Lisa glaubte ja, dass sein überhebliches und mürrisches Verhalten nur verbergen sollte, dass er eigentlich sehr sensibel und mitfühlend war. Aber das passte natürlich nicht zu einem erfolgreichen Kripobeamten. Obwohl er wirklich nicht schlecht aussah - er trug die Haare blond und kurz und hatte ein offenes, kantiges Gesicht und stahlblaue Augen -, bereitete ihm seine Art Schwierigkeiten, Frauen kennen zu lernen, weshalb er seit der Scheidung ein nicht gerade glückliches Singleleben führte. Ab und zu traf sich Lisa mit ihm in einem kleinen Café in der Lübecker Innenstadt. Bei diesen Treffen sprach er fast nur von sich und Lisa wusste, dass er seit der Trennung von seiner Frau, außer im beruflichen Umfeld, wenige Kontakte zu anderen Menschen hatte. Von seinen Kollegen wurde Mond durchaus anerkannt, da er seine Ermittlungen immer mit sehr viel Sorgfalt und Hingabe und vor allen Dingen erfolgreich führte.

Lisa wählte also am Abend die Nummer von Mond. Nach dreimal Klingeln melde er sich mit einem brummigen:

„Nickel-Dümmer“.

Lisa sagte: „Hallo Mond, hier ist Lisa. Ich muss Dich unbedingt sprechen. Könnten wir uns vielleicht am Samstag in unserem Café treffen, so gegen 11 Uhr?“

Mond antwortete: „ Ja, das können wir machen. Was gibt es denn so wichtiges?“

„Das erzähle ich Dir später, das möchte ich nicht am Telefon besprechen.“

„Ok. Dann sehen wir uns Samstag um 11 Uhr im Café.“ Und schon hatte er aufgelegt.


Am Samstagmorgen saß Lisa bereits zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit im Café und hatte sich schon ein Kännchen Kaffee bestellt, als Mond zur Tür rein kam. Er sah wie immer ziemlich gut aus und begrüßte sie mit den Worten:

„Guten Morgen Sonne.“ Lisa hieß mit Nachnamen „Sonne“ und wurde daher von den meisten ihrer Freunde und Bekannten nicht Lisa sondern „Sonne“ genannt.

Als Lisa sich damals während ihres Referendariats bei der Kripo in Lübeck mit ihrem Namen vorgestellt hatte, war das Gelächter groß gewesen. „Willkommen Frau Sonne, dann werde ich Sie nachher mal Herrn Nickel-Dümmer, genannt Mond vorstellen“, hatte einer der Beamten sie begrüßt und musste sich offensichtlich Mühe geben, nicht laut los zu prusten. Lisa hielt das ganze erst für einen blöden Scherz, hatte sich dann aber, nachdem sie Mond vorgestellt worden war, damit abgefunden, dass die Kollegen stets dumme Sprüche machten.

„Hallo Mond. Schön, dass Du Zeit für mich hast!“

„Für Dich doch immer, Sonne! Aber nun raus mit der Sprache, was willst Du mit mir besprechen?“

„Möchtest Du Dir nicht erst einen Kaffee bestellen? Oder ein Frühstück?“

„Ja, Du hast Recht. Ich habe ordentlich Hunger.“

Nachdem Mond sein Frühstück bestellt hatte, erzählte ihm Lisa kurz von Anna und den Ereignissen der letzten zwei Wochen. Außerdem zeigte sie ihm den Zettel, den sie auf dem Küchentisch gefunden hatte.

„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Anna den Text geschrieben hat. Ich habe noch nie gesehen, dass sie irgendetwas mit Druckbuchstaben geschrieben hat. Jede Nachricht von ihr war in ihrer schönen runden Handschrift geschrieben.“

Mond fragte:

„Was weißt Du denn über ihren Arbeitgeber in Köln?“

„Nicht viel. Nur, dass er Wümmel heißt und eine kleine Kanzlei in der Kölner Innenstadt hat. Sie hat mir auch nicht erzählt, warum sie Ärger mit ihm hatte.“

„Das hört sich alles ziemlich merkwürdig an. Ich werde mal sehen, ob ich etwas über den Anwalt in Erfahrung bringen kann. Wie heißt eigentlich Anna mit Nachnamen?“

„Birger.“

„Ok. Ich melde mich bei Dir, sobald ich etwas herausgefunden habe. Jetzt will ich erst einmal mein Frühstück genießen. Zuhause muss ich mir das ja immer selbst machen. Oh, da kommt es ja schon. Sieht lecker aus.“

Lisa hatte überhaupt keinen Appetit und begnügte sich mit ihrem Kaffee.

„Dann lass es Dir mal schmecken!“

Das tat Mond dann auch, so dass Lisa ihren Gedanken nachhängen konnte. Nachdem Mond sein Frühstück beendet hatte, sagte er zu Lisa:

„Kannst Du mir sagen, wieso ich keine passende Frau finde?“

„Vielleicht solltest Du nicht immer so ein unfreundliches Gesicht machen. Da müssen die Frauen ja weglaufen.“

„Ich? Ein unfreundliches Gesicht? Kann gar nicht sein! Ich gebe mir immer so viel Mühe, freundlich zu sein.“

„Na, dann möchte ich nicht erleben, wenn Du unfreundlich sein willst.“

Da musste Mond lachen und sagte:

„Die Frauen und ich passen einfach nicht zusammen.“

Lisa und Mond verabschiedeten sich vor dem Café und verabredeten sich für den nächsten Samstag. Falls Mond schon vorher etwas Wichtiges herausfinden sollte, wollte er Lisa anrufen.


Vier Tage später rief Mond Lisa an und sagte, dass er dringend mit ihr sprechen müsse. Sie verabredeten sich für denselben Abend um 20 Uhr bei Lisa zuhause. Lisa hatte immer wieder versucht, Anna auf ihrem Handy zu erreichen. Leider jedes Mal ohne Erfolg.

Lisa ging normalerweise Mittwochabends immer ins Fitnessstudio. Darauf musste sie heute verzichten. Aber Anna war auf jeden Fall wichtiger. So wartete sie gespannt auf Mond. Der war bisher noch nie bei Lisa zuhause gewesen, aber Lisa wollte nicht in eine Kneipe oder ein Restaurant gehen. Deshalb hatte sie Mond gefragt, ob er Pizza mag und ihn zu sich nach Hause eingeladen. Die Pizza wollte sie bestellen. Mond sagte, dass er alles mag, was er nicht selber machen muss, und dass er gern zu Lisa kommen würde.

Pünktlich um 20 Uhr klingelte es. Lisa öffnete die Tür und da stand Mond mit einem bunten Blumenstrauß und einer Flasche Wein. Er sagte:

„Wir haben zwar kein Date im eigentlichen Sinn, aber meine Mutter hat mir beigebracht, nie ohne Blumen zu einer Frau zu gehen. Und der Wein ist für die Mühe, die Du hattest, Pizza zu bestellen.“

Er lachte und drückte ihr einfach beides in die Hand.

„Ich hatte Glück und habe einen Parkplatz fast vor Deiner Tür gefunden.“

Mond fuhr einen alten, sehr gepflegten blauen Mercedes, an dem sein Herz hing. Deshalb war er immer froh, wenn er einen Parkplatz in der Nähe fand.

Lisa stellte gerade zwei Weingläser auf den Tisch, als es wieder an der Tür klingelte. Diesmal war es der Pizzabote. Lisa bezahlte ihn und legte die Pizza auf zwei extra große Teller. Mond goss den Wein ein und sagte:

„Mir ist klar, dass Du natürlich wissen willst, was los ist. Deshalb werde ich Dich auch nicht länger auf die Folter spannen. Vorher wünsche ich Dir aber einen guten Appetit.“

„Den wünsche ich Dir auch. Also, was hast Du herausgefunden?“

„Kannst Du mir sagen, wann genau Anna vor Deiner Tür stand?“

„Ja, das war der 17. April. Das weiß ich so genau, weil ich einen Tag vorher zum Geburtstag meiner Tante in Neumünster war.“

„Seit genau dem 17.April ist Wolfgang Wümmel, der Chef von Anna, verschwunden. Seine Frau meldete ihn als vermisst, weil er nicht zum vereinbarten Zeitpunkt in einem Restaurant erschienen ist und auch danach weder in der Kanzlei noch auf dem Handy zu erreichen war. Er hatte noch bevor er sich mit seiner Frau treffen wollte, mit ihr telefoniert und gesagt, dass er in zwanzig Minuten da sein würde. Seit diesem Zeitpunkt hat seine Frau nichts mehr von ihm gehört.“

„Das ist ja merkwürdig. Meinst Du, dass Anna etwas mit seinem Verschwinden zu tun hat?“

„Zumindest ist es auffällig, dass Anna etwa zur selben Zeit wie ihr Chef die Kanzlei in Köln verlassen hat und seitdem dort auch nicht mehr gesehen wurde. Da die Polizei nicht ausschließen kann, dass sie etwas mit dem Verschwinden zu tun hat, wird zwischenzeitlich auch nach ihr gesucht.“

„Ich kann das alles gar nicht fassen und ich will mir auch nicht vorstellen, in was Anna da wohl geraten ist.“

Eine Weile aßen beide schweigend ihre Pizza, bevor Mond auf die Angelegenheit zurückkam:

„Da die Sache zurzeit von der Kölner Kripo bearbeitet wird, kommt morgen ein Kriminalbeamter aus Köln zu uns, um Dir ein paar Fragen zu stellen. Vielleicht kannst Du ja morgen eher Feierabend machen und um 17 Uhr in mein Büro kommen.“

„Das passt ganz gut. Ich habe morgen einen freien Tag, da ich vormittags einen Arzttermin habe.“

„Hoffentlich nicht ernstes?“

„Nein, nein, nur ein Kontrolltermin.“

„Gut, dann sehen wir uns morgen um 17 Uhr. Ich danke Dir für die Einladung. Vielleicht werde ich mich mal revanchieren. Pizza zu bestellen, werde ich gerade noch schaffen. Auf jeden Fall finde ich Deine Wohnung sehr schön. Meine ist irgendwie kahler.“

„Typisch Mann halt. Sollte ich Dich mal besuchen, kann ich Dir ja ein paar Tipps geben. Also dann bis morgen und danke für die Blumen und den Wein.“

Nachdem Mond gegangen war, kreisten Lisas Gedanken sofort wieder um Anna und sie machte sich noch mehr Sorgen, als vorher.


Am nächsten Tag ging Lisa zum Arzt und erledigte einige Einkäufe, bevor sie wieder nach Hause fuhr. Dort erledigte sie die Wäsche und putzte Fenster. Dann machte sie sich fertig, um zur Polizei zu fahren. Als sie dort ankam, wartete Mond vor dem Eingang auf sie und brachte sie dann in einen Raum in der ersten Etage, in dem schon der Kripobeamte aus Köln wartete. Er begrüßte sie mit den Worten:

„Guten Tag Frau Sonne. Mein Name ist Becker und ich würde Ihnen gern ein paar Fragen zu Ihrer Freundin stellen.“

„Guten Tag Herr Becker. Ich hoffe, dass ich Ihnen weiter helfen kann.“

„Frau Sonne, können Sie mir sagen, wo und wann Frau Birger geboren wurde?“

„Ja, am 23.03.1980. Soviel ich weiß, wurde sie in Büsum geboren.“

„Tja, da haben wir ein Problem. Das war auch unsere Information. Allerdings ist nach unseren Ermittlungen eine Anna Birger, geboren am 23.03.1980 in Büsum, bei einem Verkehrsunfall am 27.05.1999 ums Leben gekommen.“

„Was? Das kann doch nicht sein! Ich habe Anna im Oktober 1999 in Kiel kennen gelernt, als wir beide mit dem Studium begonnen haben. Ich versteh das alles nicht. Anna soll nicht Anna sein?“

„Offensichtlich hat Ihre Freundin die Identität der Anna Birger nach deren Tod angenommen. Warum sie das getan hat und wer Ihre Freundin wirklich ist, müssen wir unbedingt herausbekommen. Da Ihre Freundin offensichtlich den Ausweis von der toten Anna Birger hatte, gehen wir davon aus, dass sich die beiden gekannt haben. Das ist aber auch alles, was wir bisher wissen.“

„Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ich kann das einfach nicht glauben.“

„Hat Ihre Freundin mal von Ihrer Kindheit erzählt? Können Sie sich an irgendetwas erinnern, was uns weiterhelfen könnte?“

„Sie hat mal gesagt, dass sie auf einem Pferdehof aufgewachsen ist. Wir hatten uns während des Studiums mit einem Kommilitonen unterhalten, der neben dem Studium auf einem Pferdehof beschäftigt war. Ich war überrascht, dass Anna, ich weiß nicht wie ich sie sonst nennen soll, daher sage ich weiter Anna, also, dass Anna sich so gut mit Pferden auskannte. Da hat sie erwähnt, dass sie auf einem Pferdehof aufgewachsen ist. Außerdem hat sie erzählt, dass ihre Mutter früh verstorben ist und sie bei ihrem Vater gelebt hat. Mehr weiß ich nicht. Ich war nie bei ihr zuhause, da sie während des Studiums in einer WG in Kiel gewohnt hat.“

„Vielleicht hilft uns das ja schon weiter. Herr Nickel-Dümmer hat mir den Zettel gegeben, den Sie in Ihrer Wohnung gefunden haben. Unsere Kriminaltechnik wird den Zettel auf Fingerspuren überprüfen. Ich möchte Sie daher bitten, uns Ihren Fingerabdruck zu geben, damit wir Sie ausschließen können. Erst einmal vielen Dank für Ihre Hilfe. Auf Wiedersehen Frau Sonne.“

„Das mache ich gern. Ich hoffe, dass Sie bald etwas herausfinden. Auf Wiedersehen Herr Becker.“

Lisa verließ wie im Trance den Raum und ging die Stufen hinunter ohne darauf zu achten, wo sie hintrat. Beinahe wäre sie gefallen, konnte sich aber gerade noch am Treppengeländer festhalten.

Als sie endlich bei ihrem Auto ankam, ließ sie sich auf den Fahrersitz sinken und blieb regungslos sitzen. Immer wieder musste sie daran denken, dass Anna nicht die gewesen ist, für die jeder sie gehalten hatte. Aber wer war sie? Und vor allen Dingen, wo war sie?

Lisa war irgendwie nach Hause gefahren und hatte „Shorty“ auf einen Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung abgestellt. Jetzt saß sie auf ihrem Balkon und konnte immer noch an nichts anderes denken, als an Anna. Schließlich merkte sie, wie erschöpft sie war und ging ins Bett. Das Klingeln des Telefons hörte sie schon nicht mehr.


Sonne, Mond und Mord

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