Читать книгу Tanja vs. Schweinehund - Irene Dorfner - Страница 4
Der Zeitpunkt für den Countdown ist da!
ОглавлениеEs ist Mitte November und leider ist heuer das Wetter so gut, dass ich doch noch einmal im Garten arbeiten muss. Verdammter Mist!. Nicht nur, dass das Gras viel zu hoch ist, sondern es liegt auch noch jede Menge Laub herum. Ich hatte ja bis heute darauf gehofft, dass sich eine dicke Schicht Schnee darüberlegt und man dadurch das hohe Gras und das viele Laub nicht mehr sieht, aber da hatte ich echt Pech gehabt. Von meinen Nachbarn wurde ich schon mehrfach auf meinen ungepflegten Garten dezent hingewiesen. Was geht die das eigentlich an? Jetzt muss ich wohl in den sauren Apfel beißen. Mit einem Blick in meinen Garten verzichte ich darauf, das Laub zu rechen, sondern hole den Rasenmäher. Damit schlage zwei Fliegen mit einer Klappe. Lustlos mähe ich mit ausgeleierten Jeans und einem alten T-Shirt in diesem Jahr hoffentlich zum letzten Mal meinen Rasen. Ich ärgere mich darüber, dass ich nach jedem Meter den Fangkorb des Rasenmähers leeren muss. Die letzten beiden Säcke, die ich in der Garage gefunden habe, sind schon voll! Da ich sowieso keine Säcke mehr habe, nehme ich den Fangkorb ab und lasse alles liegen – ist doch sowieso Natur. Habe ich nicht sogar irgendwo gelesen, dass das gut für meinen Rasen ist? Das ist mir jetzt auch schon egal, denn ich bin sauer. Das Schnittgut fliegt mir über meine Schuhe, die nun vollkommen dreckig sind. Hätte ich vielleicht doch Gummistiefel anziehen sollen? Ich habe sie nicht gefunden und deshalb sind meine Hausschuhe und die Socken nun ruiniert.
Nach getaner Arbeit schreite ich durch meinen Garten, der auch dieses Jahr nicht sehr gepflegt und umsorgt wurde. Ich überlege, was ich nächstes Jahr auf jeden Fall machen werde:
Bei der ersten Gelegenheit, wenn der Winter vorbei ist, spendiere ich meinem Rasen einen Dünger. Hat der überhaupt schon jemals einen gesehen?. Dann steche endlich das viele Unkraut ab, das meine wenigen Grashalme immer mehr verdrängt. Dort hinten in der rechten Ecke werde ich die hässliche Hecke endgültig rausreißen. An die Stelle kommt eine wunderschöne Laube, unter der ich dann mit Freunden sitzen kann. Vor allem könnte ich dort in einem traumhaft schönen Bikini auf einer Holzliege mit weißen Polstern liegen. Ich sehe dieses Bild vor mir und werde euphorisch.
In wunderschönen Kübeln, die schon seit Jahren im Schuppen stehen, pflanze ich die tollsten und edelsten Blumen. Mit denen dekoriere ich dann die schmucklose Terrasse mit den schiefen Steinplatten, die dringend gereinigt werden müssen (ein passender Dampfreiniger steht auch schon seit zwei Jahren in der Garage. Habe ich den überhaupt schon mal benutzt?).
Dort hinten in der linken Ecke reiße ich ebenfalls die alten, verwachsenen Pflanzen raus und baue dort einen Grillplatz. Die passenden Pflasterscheine habe ich schon vor Jahren ausgesucht. Wo ist eigentlich der Prospekt abgeblieben?
Gut – der halbe Garten ist gedanklich schon fertig!
Die Wegplatten, die vom Rasenmähen total versaut sind, werden ebenfalls erneuert. In den letzten Jahren haben sie sich nicht nur sehr stark gesenkt, sondern sind auch mit Unkraut überwuchert. Der Einfachheit halber fahre ich immer mit dem Rasenmäher drüber, mit der Hoffnung, die Überbleibsel wuchern nicht weiter – tja, falsch gedacht.
Eine Holzhütte, von der ich seit Jahren träume, werde ich mir im nächsten Jahr auch endlich gönnen. Den entsprechenden Platz habe ich schon vor einigen Jahren freigeräumt. Wo war der denn eigentlich geplant?
Gut – jetzt ist der ganze Garten gedanklich fertig!
Ich sehe den neuen Garten ganz deutlich vor mir und bin davon überzeugt, alle meine Vorhaben nächstes Jahr auch in die Tat umzusetzen!
Nach einer ausgiebigen Dusche nehme ich mir vor, in Zukunft mit den Glaswänden meiner Dusche pfleglicher umzugehen, denn die sind mittlerweile so verkalkt, dass man kaum mehr durchsehen kann. Ja, ich gebe zu, einige Male im Jahr, vor allem, wenn sich Besuch ankündigt, bringe ich mein ganzes Haus und dabei auch die Duschkabine auf Hochglanz. Damit ist im neuen Jahr Schluss! Dann werde ich nach jeder Dusche das Glas abziehen. Super! Nach dem Garten ist die Duschkabine quasi auch schon Geschichte!
Ich suche in meinem Kleiderschrank nach frischen Sachen zum Anziehen, was sich als sehr mühsam herausstellt. Hier ist nichts aufgeräumt, alles liegt kreuz und quer. Die wenigen nicht verbogenen oder gebrochenen Kleiderbügel sind mehrfach behängt und eine Suche nach den unteren Lagen ist echt ätzend und kompliziert. Ich ärgere mich, denn es dauert ewig, bis ich ein passendes Sweatshirt finde, das nicht verknittert ist (das Bügeln hätte ich mir bei dem Chaos echt sparen können!) Auch hier nehme ich mir vor, dringend auszumisten und das, was ich nicht mehr anziehe (und was mir auch nicht mehr passt) auszusortieren und anderen durch meine großzügige Kleiderspende eine Freude zu machen. Die meisten Stücke sind vollkommen in Ordnung. Sie wurden kaum getragen oder sind Fehlkäufe, zu denen ich mich immer wieder hinreißen lasse (wie das Kleid zu Astrids Hochzeit, aber das passt mir nächstes Jahr ganz sicher). Ich trete einen Schritt zurück und betrachte meinen chaotischen Kleiderschrank. Ja, es ist höchste Zeit, endlich auszumisten und aufzuräumen. Gedanklich sehe ich ordentliche und sortierte Stapel, sauber aufgehängte Kleidung (jeweils nur ein Kleidungsstück auf einem intakten Kleiderbügel) in meinem Schrank, von denen ich mich nur noch bedienen muss. Sofort fühle ich mich besser.
Das Oberteil ist abgehakt und jetzt gehe ich zum nächsten Schrank, denn eine Hose brauche ich auch noch. Diesen Schrank, den kleineren von beiden, habe ich ursprünglich für Rolands Klamotten gekauft. Aber der hat nicht so viele Sachen wie ich und deshalb sind meine Hosen hier deponiert (aber nur in der untersten Hälfte). Ich suche in einem riesigen Berg an Hosen nach einer passenden Jeans, mindestens die Hälfte ist mir seit Jahren zu klein. Die Hosen werde ich nicht aussortieren, denn irgendwann passe ich da bestimmt wieder rein, das ist nur eine Frage der Zeit!
Ich zwänge mich in die viel zu enge Jeans, was auch daran liegt, dass Jeans nach dem Waschen immer zu eng sind. Ich stelle mich vor den riesigen Spiegel und muss erkennen, dass ich aussehe wie eine Presswurst. Das Problem ist nicht die frisch gewaschene Jeans, sondern mein Gewicht (meine Waage ist anscheinend doch nicht kaputt!). Ich gebe ja zu, dass es bei mir mit der Disziplin beim Essen und auch beim Alkohol etwas hapert. Gut, ich will ehrlich sein. Auch dieses Jahr habe ich mich wieder gehen lassen und habe viel zu oft über die Stränge geschlagen. Aber im Neuen Jahr ist Schluss damit, ich muss endlich die Arschbacken zusammenkneifen und mich meinem Hauptproblem stellen: Ab dem 1. Januar werde ich strikt Diät halten und Schritt für Schritt abnehmen. Ja genau, ich werde abnehmen! (habe ich das eben echt laut gesagt?)
Ich stehe vorm Spiegel und in Gedanken lege ich mir einen Plan über die entsprechenden Ziele der Gewichtsabnahme zurecht, was nicht lange braucht, denn schließlich wird das nicht meine erste Diät (keine Süßigkeiten, nur gesundes Zeug und kein Alkohol. Und natürlich jede Menge Sport! – Was soll dabei schief gehen?).
Ich muss zum Einkaufen und suche in meinem Schuhschrank nach einem passenden Paar Schuhe. Mein Gott! So viele Schuhe! Man muss wissen, dass ich eine Schnäppchen-Jägerin bin, der kein rotes Preisschild entgeht. Zu den Saisonenden kaufe ich bevorzugt ein. Es gibt zwar offiziell keine Sommer- und Winterschlussverkäufe mehr, aber mich kann man nicht täuschen, zu den Zeiten mache ich immer die besten Schnäppchen. Dabei lasse ich mich leider oft von niedrigen Preisen blenden und kaufe Kleidung und Schuhe, die mir nicht so richtig passen. Aber dafür sind sie sehr günstig!
Ich wähle wie so oft die bequemen Turnschuhe, denn auf den hohen Absätzen der vielen anderen, sehr geschmackvollen und noch nie getragenen Modelle kann ich nicht laufen und vor allem nicht Autofahren (warum um Himmels Willen habe ich nur so viele hochhackige Schuhe? Vielleicht hoffe ich einfach darauf, dass eines Tages eine Fee kommt und das Laufen auf diesen Schuhen kein Problem mehr für mich ist!).
Während ich mir mit Mühe und kompliziert die Turnschuhe zubinde (der Knopf der engen Jeans drückt mir dabei schmerzhaft in den Bauchnabel), nehme ich mir auch hier ganz fest vor: Im neuen Jahr wird der Schuhschrank rigoros aussortiert!
Ich nehme meinen Einkaufskorb, in dem außer Kleingeld noch die Kassenbons der letzten Einkäufe, benutzte Papiertaschentücher und Notizzettel liegen. Wollte ich den nicht schon lange mal sauber machen? Egal, ich lege einfach ein Tuch darüber, dann sieht das keiner! Mein cooler Kleinwagen, den ich mir vor vier Jahren aus dem Prospekt bestellt habe, steht mal wieder vor der Garage, denn ich bin immer zu faul, das Garagentor zu öffnen und dann in die Garage zu fahren (das ist jetzt auch noch nicht so wichtig, denn es ist Mitte November und die Scheiben frieren noch nicht zu). Ich bin wahnsinnig stolz auf meinen hellblauen Flitzer, mit dem ich überall problemlos einen Parkplatz bekomme und der sehr sparsam im Verbrauch ist (alle anderen Details, die mir beim Kauf damals vom Autoverkäufer schmackhaft vorgetragen wurden, habe ich wieder vergessen. Ich kenne bis heute nicht alle Funktionen der Knöpfe und Hebel, denn Bedienungsanleitungen lese ich grundsätzlich nicht).
Natürlich lade ich die beiden Schnittgutsäcke in den Kofferraum, die ich auf dem Weg zum Supermarkt auf dem Grünguthof entsorgen möchte. Ein einziges Mal habe ich Schnittgutsäcke im Garten stehen lassen, so etwa für zwei Wochen. Das mache ich nie wieder!! Erstens waren die Säcke vollkommen nass und das Wasser lief mir in die Jackenärmel, und zweitens hat das fürchterlich gestunken, das kann man sich echt nicht vorstellen. Zuerst dachte ich ja, dass sich zwischen das Schnittgut ein totes Tier verirrt hat, aber beim Ausleeren war klar, dass der Gestank vom modrigen Gras kommt.
Ich biege in den Grünguthof ein und dort steht bereits eine lange Autoschlange. Nach einigen Minuten des Wartens steige ich aus und erfahre von dem netten Mann vor mir, dass der Grünguthof heute für dieses Jahr den letzten Tag auf hat und erst ab März wieder öffnet. Da habe ich ja nochmal Glück gehabt (ich möchte mir nicht vorstellen, wie das Schnittgut bis dahin stinkt). Ich stehe neben meinem Wagen und langweile mich. Dabei sehe ich mir meinen Wagen genauer an. Na ja, eine Wäsche und eine Politur würde meinem Flitzer auch guttun. Beim Reifenwechseln vor drei Wochen hat mich der Mann in der Werkstatt bereits schon darauf aufmerksam gemacht und ich habe mich fast für meinen dreckigen Wagen geschämt. Aber mal ehrlich: Wer wäscht denn im Spätherbst seinen Wagen, wenn die schmuddelige Zeit mit verschmutzten Straßen vor einem liegt? Ich nicht!
Wenn ich mir mein Auto so ansehe, nehme ich mir ganz fest vor: Im Neuen Jahr werde ich auch hier ordentlicher und werde regelmäßig, mindestens alle vierzehn Tage, durch die Waschanlage fahren und innen alles sauber aussaugen. Ganz fest versprochen!
Es geht nur langsam voran und endlich bin ich mit meinen lächerlichen zwei Säcken dran, die anderen haben ganze Anhänger voller Schnittgut!
Im Supermarkt betrachte ich mich zufällig in einem Spiegel, der dort völlig überflüssigerweise angebracht wurde (was hat dieser Spiegel in einem Supermarkt verloren?). Um Gottes Willen, wie sehe ich denn aus? Mein Gesicht ist krebsrot und die Haare hängen platt an meinem Kopf! Bin ich von dem Rasenmähen immer noch so fertig? Ich habe doch geduscht und dann noch eine halbe Ewigkeit auf dem Grünguthof verbracht. Eigentlich müsste ich mich doch längst erholt haben!
Nachdem ich mich umblicke und sehe, dass mich niemand beobachtet, gehe ich näher an den Spiegel und was ich sehe, gefällt mir noch weniger! Falten über Falten. Und die Augen haben auch schon strahlender ausgehen! Ist das Licht im Supermarkt so unvorteilhaft? Oder liegt es vielleicht daran, dass in der Deckenlampe meines Badezimmers nur noch eine Glühbirne funktioniert? (die vom Spiegelschrank ist schon vor einem halben Jahr durchgebrannt. Und die Lampe im Schlafzimmer schmeißt nur sehr wenig Licht). Nein, so, wie ich jetzt aussehe, sehe ich tatsächlich in Echt aus!
Jetzt reicht’s! Im neuen Jahr werde ich nicht nur endlich mit Sport beginnen, um endlich fitter zu werden, sondern auch regelmäßig zur Kosmetikerin gehen. Und diesmal werde ich auch durchhalten, ganz bestimmt!
Meine Ziele für das neue Jahr sind also gesteckt und ganz klar formuliert. Die werde ich auf jeden Fall umsetzen!
Meine Einkäufe entsprechen anfangs nicht meinen Gewohnheiten, denn beim Gemüse schlage ich ganz schön zu. Auch von dem verlockenden Obst kaufe ich viel zu viel, aber ich bin immer noch geschockt von meinem Spiegelbild. Langsam beruhige ich mich wieder, denn durch die Angebote werde ich abgelenkt. Außerdem treffe ich eine Nachbarin und wir tauschen den neuesten Tratsch aus (sie wusste noch nichts von dem scheidenden Pfarrer!).
Ich erledige meine Einkäufe und finde, dass ich eine Belohnung für das Rasenmähen verdient habe und gönne mir einige Süßigkeiten, von denen Roland ja schließlich auch isst. Beim Bäcker nach der Kasse sind Streuselkuchen im Angebot. Davon nehme ich auch noch zwei Stücke mit, schließlich habe ich bei der Gartenarbeit bestimmt mehrere Kilos verloren).
Mein Einkaufswagen ist randvoll und ich habe Mühe, alles in meinen Kleinwagen reinzukriegen. In den nächsten Wochen bin ich auf jeden Fall mit Nahrung eingedeckt!