Читать книгу Kleine Pille, große Folgen - Isabel Morelli - Страница 6
ОглавлениеEinleitung
Jeden Tag schlucken weltweit Millionen Frauen und Mädchen allen Alters die Antibabypille. Seit mittlerweile 57 Jahren sind orale Kontrazeptiva auf dem Markt und in dieser Zeit zum beliebtesten Verhütungsmittel der Welt aufgestiegen.
Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit haben so viele absolut gesunde Menschen, völlig freiwillig und ohne es weiter zu hinterfragen, dauerhaft ein so starkes Medikament eingenommen.
Bis zur Markteinführung der ersten Antibabypille in Amerika hätte es niemand für möglich gehalten, dass man Medikamente tatsächlich auch an gesunde junge Frauen verkaufen könnte. Ein Jackpot für die Pharmaindustrie. Sie gehörte schon zu den umsatzstärksten Industrien der Welt, als Medikamente noch ausschließlich zur Behandlung von Symptomen und Krankheiten gedacht waren. Doch mit dieser neu entdeckten Zielgruppe gingen die Umsätze natürlich steil nach oben. Bis heute ist die Antibabypille, die übrigens nur in Deutschland einen solch plakativen Namen trägt, weltweit das meist verschriebene Medikament.
Anfangs hatte niemand damit gerechnet, dass dieser Plan aufgehen könnte. Verständlich. Was für ein verrückter Gedanke. Wie sollte man es auch schaffen, dass Frauen auf der ganzen Welt täglich ein Medikament schlucken, dessen Nebenwirkungen im schlimmsten Fall tödlich sind? Eine Pille, die hoch dosierte synthetische Hormone enthält. Eine kleine Tablette, die damals so neu auf dem Markt war, dass man noch gar nicht abschätzen konnte, welche irreversiblen Folgen auf die Nutzerinnen zukommen könnten. Eine Pille, die nicht nur Einfluss auf das Hormonsystem, sondern auch auf den gesamten Körper und die Psyche hat.
Welche Frau wäre schon dazu bereit, solch ein Medikament einzunehmen, und das »nur«, um eine Schwangerschaft zu vermeiden?
Einige Jahrzehnte später war ich eine dieser Frauen! Und da du diese Zeilen gerade liest, wirst auch du eine dieser Frauen sein. Willkommen im Klub.
Nachdem ich 2010 die Pille abgesetzt hatte, startete meine persönliche gesundheitliche Horrorgeschichte. Das war auch der Zeitpunkt, an dem mein Interesse an der Antibabypille, ihrer Geschichte, der Wirkweise, den Nebenwirkungen und vor allem den damit verbundenen körperlichen Zusammenhängen geweckt wurde. Je mehr ich recherchierte und über dieses oft verharmloste Verhütungsmittel lernte, desto häufiger fragte ich mich:
Wie um alles in der Welt ist es möglich, dass dieses Medikament auch nach so vielen Jahrzehnten »voller Nebenwirkungen« immer noch so beliebt ist? Wissen die Frauen eigentlich, was sie seit Jahren schlucken?
Wahrscheinlich nicht. Denn mittlerweile hat sich die Antibabypille nicht nur zum beliebtesten Verhütungsmittel entwickelt, sondern auch zu einer unheimlich angesagten Lifestyledroge. Gerade junge Mädchen in der Pubertät schwören auf diese »Schönheitspille«. Leichtere Periode, größere Brüste, reinere Haut, vollere Haare, weiblichere Figur, und das alles vereint in einer kleinen, harmlosen Tablette? Klingt nach der optimalen Lösung für alle pubertären Probleme. Was für eine tolle Erfindung!
Doch was ist der Preis für die vermeintlich sichere Verhütung und die optischen Vorteile?
Depressionen, Libidoverlust, Stimmungsschwankungen, Migräne, Schädigungen der Leber, Zysten, Gallensteine, Übelkeit, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Magen- und Darmprobleme, um nur einige zu nennen. Im schlimmsten Fall steigt auch noch das Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken sowie eine Thrombose oder eine Lungenembolie zu erleiden. Nach so vielen Jahren und der Kenntnis über die Unmengen von Nebenwirkungen und Folgen wird es Zeit, sich zu fragen, ob wir tatsächlich noch bereit sind, diesen Preis zu zahlen!
Diskussionen über Pro und Contra, Studien und Mythen über orale Kontrazeptiva gibt es schon seit der Markteinführung in den 1960er-Jahren. Doch es ist leider wirklich nicht einfach, fundierte Informationen zu finden. Tatsächlich wurden mögliche Nebenwirkungen und Folgen der hormonellen Verhütung schon von Beginn an gern verschwiegen, abgestritten, bagatellisiert, geleugnet oder weggelächelt. Um also einen wirklichen Überblick zur Wirkweise der Pille und den eventuellen Beeinträchtigungen der allgemeinen Frauengesundheit, der einzelnen Organe und des Hormonsystems zu bekommen, bedarf es viel Geduld, Literatur und noch mehr Recherche. Mich hat diese Recherche mittlerweile knapp acht Jahre gekostet, in denen ich etliche Fachbücher gelesen, Interviews geführt und viel kompetente Unterstützung von ausgewählten Medizinern bekommen habe. Das Ergebnis findet sich fein säuberlich zusammengefasst in diesem Buch.
Jede Frau sollte die Möglichkeit haben, an alle diese wichtigen Informationen zu gelangen, um sich selbst eine Meinung zu bilden. Das ist die Grundvoraussetzung, um selbstverantwortlich über die Sexualität, Gesundheit und Verhütung entscheiden zu können.
Wissen ist Macht!