Читать книгу Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski - Jacob Grimnm - Страница 8
Märchen-Interpretationen
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https://de.wikipedia.org/wiki/Marie-Louise_von_Franz
Marie-Louise von Franz (1915 – 1998), Mitarbeiterin des schweizer Tiefenpsychologen Carl Gustav Jung, war praktizierende Psychotherapeutin sowie Dozentin und Lehranalytikerin in Zürich. Bekannt ist sie für ihre tiefenpsychologischen Deutungen von Märchen.
Ihre Märcheninterpretationen beruhen auf Jungs Ansicht, dass „das Märchen als ein spontanes, naives Produkt der Seele […] wohl nicht anders als das aussprechen [kann], was eben die Seele ist.“ Marie-Louise von Franz verstand Märchen als durchschnittliche Bilder verschiedener Phasen der Erfahrung seelischer Wirklichkeit. Sie sind „der reinste und einfachste Ausdruck kollektiv unbewusster psychischer Prozesse. Die Bedeutung eines Textes ist in der Gesamtheit der Motive und dem spezifischen Verlauf der Handlung entalten. Obschon jedes Märchen ein relativ geschlossenes System mit einer je wesentlichen psychologischen Bedeutung darstellt, umschreiben alle Märchen offenbar doch die gleiche unbekannte und nicht ausschöpfbare seelische Tatsache. Jung nennt diese „das Selbst, welches die seelische Ganzheit eines Individuums wie paradoxerweise auch das regulierende Zentrum des kollektiven Unbewussten ist“. Jeder im Märchen repräsentierte Archetyp repräsentiert zum einen bloß einen Aspekt des kollektiven Unbewussten. Zum anderen repräsentiert er jeweils auch stets das ganze kollektive Unbewusste.
Held und Heldin – die Identifikationsfiguren für die Zuhörer – sind als archetypische Gestalten zu verstehen (nicht als gewöhnliches menschliches Ich) und repräsentieren damit die archetypische Grundlage des Ichkomplexes. Sie sind „wie ein Leitbild für das von der Instinktgrundlage oft abweichende individuelle Bewusstsein“. Zum einen lassen sie sich als Funktion des Selbst auffassen, sind aber Ichhaltung. G. Isler erläutert von Franzens Verständnis dessen: „Sowohl die Figur des Helden wie auch der ganze Verlauf der Märchenhandlung kompensieren die anfänglich ungenügende oder falsche Einstellung des Bewusstseins: Die anfängliche Not- oder Mangelsituation ist am Schluss des Märchens behoben, dieser weist meist eine ‚ganzheitlichere‘ Struktur auf als der Anfang, was einer Erneuerung des nun herrschenden Bewusstseins (ausgedrückt z. B. durch den jungen König) entspricht, das nun ‚richtiger‘ auf die psychische Ganzheit ausgerichtet ist.“ Märchen kompensieren einerseits das individuelle Bewusstsein, aber ebenso eine „ungenügende Einstellung des kollektiven Bewusstseins, welches im europäischen Kulturkreis vorwiegend durch das Christentum geprägt ist“. Das Schicksal der Helden wird folglich nicht, wie häufig in personalistisch-subjektivistischen Deutungsversuchen als individuelle Neurose verstanden, sondern als Schwierigkeiten und Gefahren, die dem Menschen von der Natur auferlegt werden.
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Die strukturalistische Märchenanalyse nach Vladimir Propp „Kinder- und Hausmärchen“.
Wladimir Jakowlewitsch Propp (* 29. April 1895 in Sankt Petersburg; † 22. August 1970 in Leningrad) war ein russischer Folklorist deutscher Abstammung.
https://www.grin.com/document/14048
Zunächst soll diese Gattung anhand ihres Ursprungs, ihres Verständnisses und ihrer Theorien kurz erläutert werden. Dies geschieht zur Einführung in die Thematik. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt allerdings auf Vladimir Propp, genauer: auf dessen Ansatz zur strukturalistischen Märchenforschung. In diesem Teil geht es um Inhalte seines Ansatzes und um ursprüngliche Anwendungsgebiete. Daraufhin soll diese Form der Analyse auf ihre generelle Anwendbarkeit geprüft werden. Zu diesem Zweck werden zwei Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm anhand der strukturalistischen Merkmale analysiert und miteinander verglichen. Abschließend werden noch weitere Forschungsansätze zur Analyse von Märchen vorgestellt.
Märchen gehören, ebenso wie Fabeln und Novellen, zu den phantastischen Erzählungen in kurzer Form. Die märchenhafte Erzählung beinhaltet bedeutungsvolle Augenblicke, in denen unendliche Zusammenhänge der alltäglichen Welt offenbart werden. Märchen sind im Volk entstanden, frei erfunden und mündlich überliefert. Sie zeigen keinerlei räumliche oder zeitliche Festlegung. Die in ihnen beschriebenen Begebenheiten und Gestalten sind phantastisch in dem Sinne, dass sie im Widerspruch zu natürlichen Gegebenheiten stehen.
Die auffälligsten Eigenschaften von Kunst- und Volksmärchen sind das Vorhandensein von Helden und widersprüchlichen Charakteren: die einen sind gut und schön, die Gegner böse und hässlich. Häufig beinhalten diese Märchen Lehren oder Lebensweisheiten und sie sind grausam, da Elemente wie Mord, Raub, Entführung (um nur einige zu nennen) stets vorkommen.
Historisch einordnen lassen sich Märchen in die Epoche der Romantik (1795-1830), deren bedeutsamste Märchensammlung (die „Kinder- und Hausmärchen“) durch die Gebrüder Jacob und Wilhelm Grimm aufgezeichnet wurde. Angeregt wurden sie dazu u. a. von Achim von Arnim und Clemens Brentano, die die Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ zusammenstellten. Ursprünglich wurden Märchen als Unterhaltungsmittel an Adelshöfen eingesetzt, heutzutage werden sie vorwiegend Kindern als ‚Gute-Nacht-Geschichten’ erzählt.
Die wissenschaftliche Erforschung von Märchen verläuft in unterschiedliche Richtungen. Die Gebrüder Grimm bemühten sich intensiv um eine entstehungsgeschichtliche Darstellung der Märchen, die auf Heldensagen und Mythen basiert. Auch tiefenpsychologische Untersuchungen gab es, beispielsweise von Carl Gustav Jung, der versuchte, auf diese Art und Weise Einblicke in die menschliche Gefühlswelt zu erlangen. André Jolles beschäftigte sich mit Formen und Stil von Märchen und anderen Erscheinungsformen phantastischer Erzählungen. Die Erscheinungsformen von Märchen waren Gegenstand der Arbeit von Max Lüthi. Die strukturalistische Analyse von Vladimir Propp, um die es im Folgenden gehen soll, beschäftigt sich mit morphologischen Kriterien innerhalb einer geschlossenen Märchenstruktur.
2. Der strukturalistische Ansatz von Vladimir Propp
2.1 Darstellung
Der russische Märchenforscher Vladimir Propp beschreitet in seinem Werk „Morphologie des Märchens“, welches 1969 in russischer Sprache erschienen ist (hier aber in deutscher Sprache aus dem Jahr 1972 vorliegt) und seine 1928 entstandene Studie zur Märchenforschung enthält, einen neuen, eigenen Weg zur Erforschung von Märchen. Er wählt einen Ansatz, der sich von anderen Forschungsmethoden insofern abgrenzt als er sich mit strukturellen Gesetzmäßigkeiten innerhalb von Märchen beschäftigt. Propp bemängelt an vorangegangenen Ansätzen hauptsächlich die äußere Betrachtungsweise:
„Obwohl jeder Forschung eine bestimmte Klassifizierung zugrunde liegt, muss diese selbst doch das Ergebnis gewisser Vorarbeiten sein. Bisher können wir aber gerade das Gegenteil beobachten. Die Mehrzahl der Forscher beginnt mit der Klassifizierung. Sie übertragen ihr System von außen auf die betreffenden Märchen, anstatt den umgekehrten Weg zu gehen. Wie wir noch feststellen werden, verstoßen sie dabei außerdem häufig gegen die elementarsten Unterscheidungsregeln.“
Eine Klassifizierung nimmt Propp erst nach der Analyse von Strukturmerkmalen vor, erst dann kann man mit Sicherheit feststellen, um welche Form des Märchens es sich handelt.
Wichtigste Aufgabe so scheint es, ist eine Art revolutionärer Neuerungen innerhalb des Forschungsbereiches. Propp formuliert es wie folgt: „Die Erforschung der Struktur sämtlicher Märchenarten ist die wichtigste Voraussetzung für eine historische Erforschung des Märchens und die Analyse formaler Gesetzmäßigkeiten eine Voraussetzung für die Erforschung historischer Gesetzmäßigkeiten.“ Als Grundlage für seine Untersuchungen nutzt der Autor eine Sammlung russischer Zaubermärchen, die von Alexander Afanasev zusammengestellt worden ist. Zur Eingrenzung des Arbeitsumfanges reichen laut Propp 100 Märchen aus.
Einen Anhaltspunkt zur Entwicklung einer eigenen Methode findet Propp schließlich in der Arbeit der sogenannten finnischen Schule, dabei greift er auf die Theorie von Antti Aarnes zurück, der eine Einteilung in Tiermärchen, eigentliche Märchen und Schwänke vorgenommen hat. Allerdings scheint ihm diese Art der Unterteilung noch zu ungenau, deshalb formuliert er an dieser Stelle seinen Forschungsansatz: „Im Verlauf unserer Arbeit werden wir nachzuweisen versuchen, dass eine Analyse nach einzelnen Bestandteilen die richtige Methode der Erforschung ist.“
Der Hauptbestandteil der Arbeit Propps liegt in der Untersuchung von „31 Funktionen der handelnden Personen“, ihnen widmet er ein ganzes Kapitel (Kapitel 3) und definiert sie dort klar: die im folgenden genannten Funktionen basieren auf vier „Feststellungen“, die Propp zuvor nennt: 1. haben Märchen „konstante“ (dies sind die Funktionen) und variable (dies sind die Personen) „Elemente“; 2. sind die Funktionen begrenzt; 3. folgen die Funktionen dem Gesetz der Reihe und 4. bilden alle „Zaubermärchen“ strukturell betrachtet nur einen Typ. Natürlich hat Propp auch andere Kriterien zur genauen Klassifizierung entwickelt und in seinem Werk beschrieben, diese sind jedoch als ergänzende Hilfsmittel zu betrachten und sollen in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden, da es hier speziell um einen Strukturvergleich geht.
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Kinder- und Hausmärchen
https://www.projekt-gutenberg.org/grimm/khmaerch/khmaerch.html