Читать книгу Kuba - Jakub Blaszczykowski - Страница 7

EINLEITUNG

Оглавление

Warum er? Für einen Fan, der die Tage von einem Spiel zum nächsten runterzählt, ist das eine rhetorische Frage. „Er“ ist einer der besten polnischen Fußballer der letzten Jahre. Von drei Nationaltrainern hintereinander zum Kapitän der Nationalmannschaft ernannt. Zweimal zu Polens Fußballer des Jahres gewählt. Eine der Stützen von Borussia Dortmund. Einer der schnellsten Außenmittelfeldspieler in Europa. Von den Fans geliebt (ja, das ist keine Übertreibung) und von allen verehrt, die es mit Papst Johannes Paul II. halten, der behauptete, dass „Fußball von allen unwichtigen Sachen auf der Welt die wichtigste“ sei. Ein Fußballstar, der kein Star sein möchte. Ein Fußballer, bei dem, wie der deutsche Hiphopper M.I.K.I. rappt, das „Herz gewonnen“ habe. Warum er? Weil seine Freunde für ihn durchs Feuer gehen würden. Weil er ein Geheimnis in sich trägt, das ihn für mich als Menschen interessant macht. Und weil er ein hundertprozentiger Kerl ist.

Und warum ich? Ich höre schon die überraschten Stimmen der Journalisten, vor allem der Sportjournalisten. Die kennt sich doch im Fußball gar nicht aus. Ich irre mich nicht, stimmt’s? In der Tat, ich bin keine Sportjournalistin, und das ist gut so, vielleicht sogar sehr gut, für die Geschichte, die ich erzählen möchte.

Trotzdem ist die Liebe zum Fußball, wie bei Millionen Menschen, eine, der ich mein ganzes Leben lang die Treue gehalten habe. Ich gehöre zu einer Generation von Fußballfans, die zwei Fußballwelten kennengelernt hat. Die Helden der alten Welt betonen bis heute bei jeder Gelegenheit, dass zu ihrer Zeit nicht nur professionell Fußball gespielt wurde, sondern dass man dazwischen auch einfach gelebt hat. Man machte einen drauf, spielte Poker bis zum Morgengrauen, zechte und sorgte sich nicht besonders um seinen Körper. Jene Fußballer stylten sich nicht wie die heutigen Spieler die Haare oder posierten bei Fotosessions und – das betonen sie unentwegt – sie hielten zusammen in guten und in schlechten Zeiten. Und heute? Gel im Haar, Kopfhörer mit Dr. Dre auf den Ohren, die Playstation immer dabei – und dazu lukrative Werbeverträge. Mit einem Wort: der Himmel auf Erden.

Die Subkultur des Fußballs wird heute heftig angegriffen. Von den spottenden, allgegenwärtigen Medien bis zu kompromisslosen Schreihälsen in den Fankurven auf der ganzen Welt hält sich niemand zurück. Bei Facebook, Twitter und Instagram kann man das Leben eines Fußballers mitverfolgen. Das macht es für den nicht unbedingt leichter. Jede Miene, Geste, jedes Stück Pizza im Mund wird millionenfach festgehalten. Kann es besser geeignete Medienhelden geben als den unberechenbaren Balotelli, den bissigen Suárez oder den göttlichen Messi mit ihren oft an den Haaren herbeigezogenen Skandalmeldungen aus einem Leben als Promi? Auch wenn vielen Frauen – und nicht nur den fußballinteressierten – „ungezogene“ Jungs à la George Best oder besagtem Balotelli gefallen, führen Alkoholexzesse und wilde Nächte mit den schönsten Frauen der Welt in den seltensten Fällen zu fußballerischem Ruhm. Sir Alex Ferguson hat recht, wenn er sagt, dass ein Fußballer an der Schwelle des Ruhmes zwischen zwei Wegen entscheiden muss. Entweder er wählt wie George Best die „dunkle Seite der Macht“, oder er tritt in die Fußstapfen eines Ryan Giggs. Allerdings hatte der, wie sich später herausstellte, acht Jahre lang eine Affäre mit der Frau seines eigenen Bruders. So oder so: Den Traum eines Jungen von einem Leben als Fußballstar wecken nur die besten unter ihnen. Die modernen Gladiatoren (Gladiator ist Błaszczykowskis Lieblingsfilm – ein Zufall?) verkörpern wie sonst wohl nur Rockstars unsere Fantasie von einem erfolgreichen, erfüllten Leben. Wenn du willst, dass die Massen auf der ganzen Welt deinen Namen skandieren, musst du Fußballer werden. Ein Krieger mit Kopfhörern auf den Ohren und beneidenswerten Muskeln. Ein Athlet, der auf dem Spielfeld im Namen der Fans für den Sieg kämpft.

Man muss sich die Biografien der ganz Großen ansehen, um zu verstehen, dass ein Anwärter auf den Titel Fußballgladiator neben überdurchschnittlichen Fähigkeiten, Talent, körperlicher Eignung und Tausenden Trainingsstunden auch noch das gewisse Etwas mitbringen muss. Etwas, das bewirkt, dass sich die Augen der Fußballwelt auf ihn und nicht auf andere richten. Dass man das Hemd mit seiner Rückennummer trägt und die Fans seinen Namen mit Ehrfurcht aussprechen. Und das passiert dann, wenn diese ihren geliebten Profi gleichermaßen als Spieler und als Mensch betrachten. Ein großartiger Fußballer und ein feiner Kerl.

Als Journalistin habe ich einige Männer getroffen, bei denen mich sowohl der Intellekt, als auch die Willenskraft und Entschlossenheit, ihren Traum von Leben zu verwirklichen, fasziniert haben. Auch solche, bei denen es immer nur bergauf ging und die alles erreichten, was sie sich wünschten. Niemals vergaßen sie, woher sie kamen, und Niederlagen münzten sie in Erfolge um. Auch die gegen sich selbst. Die, denen das gelingt, mag ich am meisten. Über einen von ihnen und mit ihm gemeinsam habe ich ein Buch geschrieben. Wir haben es „Kuba“ genannt.

Und so fing es an: Eines Abends saß mein deutscher Mann vor dem Fernseher und sagte: „Ist er nicht großartig, unser Kuba?“ – „Euer?“ frage ich. „Ja“, antwortet er, „der von Borussia.“ Mein journalistisches Interesse für den Polen, den die Deutschen als „ihren“ bezeichnen, aber auch meine simple Neugier waren geweckt. Ich ahnte damals nicht, dass ich bald schon jemanden treffen würde, der Journalisten beim Gespräch in die Augen sieht, Sinn für Humor hat und bisweilen mit scharfsinnigen Gegenfragen überrascht. Jemanden, der nicht herumdruckst oder schwierigen Fragen ausweicht und der niemals etwas zurücknimmt, was er einmal gesagt hat. Jemanden, der sein Wort hält.

Die Europameisterschaft 2012 näherte sich dem Ende. Unser Held, Kapitän der polnischen Nationalelf, erzielte beim Spiel gegen Russland mit einem eleganten Schuss mit dem linken Fuß das 1:1. Über dreizehn Millionen Polen sahen ihm dabei zu. Ich bat um ein Interview für die Interviewreihe, die ich seit Jahren in der Zeitschrift „Pani“ führe. Błaszczykowski willigte ein. Später erfuhr ich, dass sein Onkel Jerzy Brzęczek (oder Jurek, wie alle ihn nennen) ihn lange überredet hatte. Der Fußballer und die Journalistin. Die sich zugegebenermaßen nicht tagtäglich mit Sport beschäftigt.

Heute, da ich behaupten kann, Kuba Błaszczykowski ein „bisschen“ zu kennen (hier sehe ich ihn still lächeln), habe ich keine Zweifel mehr, dass die Geschichte des Menschen ebenso interessant ist wie die des Fußballers. Eine Lebensgeschichte, die das Zeug zu einem Drehbuch hat (man munkelt, dass es eher früher als später dazu kommen wird.) Wir trafen uns im Juli 2012 in der Warschauer Redaktion der „Pani“ und ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Gast so viel Aufregung unter meinen Kollegen verursacht hätte. Bälle, Fotos und blankes Papier lagen für Autogramme bereit und bei jedem einzelnen fragte Błaszczykowski, für wen es sei. Er lächelte, als er hörte, dass einer seiner Fans, für den seine Mutter um ein Autogramm bat, erst drei Monate alt war.

Das Gespräch selbst war sehr aufmerksam und nicht immer einfach. Wie sollte ich Błaszczykowski überzeugen, dass ich die Fragen so und nicht anders formulierte, weil er mich als Mensch interessierte, und dass mir Skandalmeldungen gleichgültig waren? Ich erinnere mich an einen Moment, in dem er zögerte, als ich nach der schwierigen Beziehung zu seinem Vater fragte. Aber er antwortete. Vielleicht begann genau da unser Buch, auch wenn wir, seine Koautoren, es noch nicht wussten. Ich erinnere mich auch, dass er um einen Tee mit Zitrone bat und ein Tyson-T-Shirt trug.

Ein paar Monate später rief Kuba an und lud mich zum WM-Qualifikationsspiel Polen gegen England im Oktober 2012 ein. Seither sprachen wir öfter am Telefon miteinander oder tauschten SMS aus: „Gratuliere zu Ihrem großartigen Spiel, Kuba“, „Frau Domagalik, man erinnert sich nur an die, die Tore schießen, nicht an die, die gut spielen“ usw. Schließlich flog ich auf Einladung von Błaszczykowski zum legendären Spiel des BVB gegen Real Madrid am 24. April 2013, das Dortmund 4:1 gewann und das die Mannschaft dem Champions-League-Finale einen Schritt näher brachte. Ich wohnte in dem Hotel, in dem die Dortmunder vor ihren Spielen residieren. Ich beobachtete die Spieler und spürte die Konzentration und die Anspannung, die in der Luft lagen. Und am Abend hörte ich, wie achtzigtausend Fans im Signal Iduna Park die Namen von Kuba Błaszczykowski und Robert Lewandowski skandierten. Genau wie ich. An meiner Seite saß Anna Stachurska (heute Lewandowska), mit der wir uns an diesem Abend viermal in den Armen lagen, weil ihr damaliger Verlobter viermal den spanischen Torwart überwand.

Und Błaszczykowski? Spielte ebenfalls großartig. Damals sah ich zum ersten Mal, wie die Fans auf ihn reagieren. Eine ältere Dame in einem Aufzug konnte gar nicht glauben, dass mich soeben Błaszczykowski persönlich an die Tür gebracht hatte. „Kennen Sie ihn?“, fragte sie mich mit rotem Gesicht. Glaubt sie also auch, dass Kuba „ihrer“ ist, dachte ich. Wem gehört er denn nun, ihnen oder uns? Heute weiß ich, dass er „unser aller“ ist, der polnischen Elf wie seiner deutschen Mannschaft gleichermaßen ergeben. Keine halben Sachen. Immer bis zum Anschlag.

Entscheidend für die Entstehung dieses Buches war dann aber unser folgendes Treffen. An einem Juniabend 2013 drehte Kuba einen Werbefilm für einen internationalen Kunden. Jurek Brzęczek und ich erwarten ihn vor dem Warschauer Marriott-Hotel. Wir reden über Kubas Pläne für die Zukunft und die Verletzung von Łukasz Piszczek. Danach essen wir an einem der berühmtesten Orte der Hauptstadt gemeinsam zu Abend. An diesem Abend entsteht die Idee zu dem Buch. Kuba sagt, dass die Idee von Jurek stamme, er aber den Koautor „festlege“. Und ich? Aber das ist eine andere Geschichte. Damals beschlossen wir auch, während des Schreibens die Selbstzensur auszuschalten. Sowohl bei den Fragen, als auch bei den Antworten sollte es keine Einschränkungen geben. Ehrlichkeit und Vertrauen sollten unsere Wegweiser sein.

Die Gespräche mit Kuba verliefen, wie vorhersehbar, sehr unterschiedlich. Viele waren nicht gerade einfach. Besonders am Anfang sagte Błaszczykowski oft, dass er sich nicht erinnere. Man mag das Verdrängung nennen, in jedem Fall trennte er in seiner Lebensgeschichte konsequent, was vor und was nach jenem Tag passierte, an dem er in einem Augenblick seine geliebte Mutter und seinen Vater verlor, der für Jahre ins Gefängnis kam. Heute, nach monatelanger Zusammenarbeit, weiß ich, dass ein Journalist manchmal ein Leben lang auf solche Begegnungen mit solchen Helden wartet.

Was wir nicht ahnen konnten, war, dass im Leben des dreißigjährigen Fußballers ein neues Kapitel aufgeschlagen werden sollte, mit Ereignissen, die die Abläufe veränderten und auch ihn selbst in eine neue Rolle zwangen. Die Rede ist vom Spiel des BVB gegen den FC Augsburg am 25. Januar 2014, in dem Błaszczykowski seine bis dato ernsthafteste Verletzung erlitt: einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie. Danach spielte er 2014 nur drei offizielle Matches. Nicht ein Mal stand er für die Nationalmannschaft auf dem Rasen und wurde auch noch die Kapitänsbinde los. Derweil rutschte Borussia Dortmund nach der Herbstrunde auf den vorletzten Platz der Bundesligatabelle ab und musste im Frühjahr 2015 gar um den Klassenerhalt kämpfen.

Für viele Spieler, selbst die allergrößten, ist eine solche Verletzung existenzbedrohend. Trotzdem, oder gerade deshalb, erhielt ich kurz nach dem Unfall die SMS: „Ich werde kämpfen, ich gebe nicht auf! Wir können auch unser Buch schreiben, jetzt haben wir mehr Zeit“. Nach einer Woche bekam ich die nächste, diesmal von Agata, Kubas Frau: „Die Operation ist überstanden, alles gut verlaufen.“ In diesen für ihn schweren Zeiten hörte ich nicht ein einziges Mal: Verschieben wir das Schreiben auf später. Dafür möchte ich ihm an dieser Stelle danken.

Ich lernte Kubas engste Freunde und Bekannte kennen. Die charismatische Felicja Brzęczek, seine Großmutter, deren innere Stärke ein eigenes Kapitel verdient hätte. Ich traf die Menschen, mit denen Błaszczykowski beruflich verbunden ist. Spieler und Trainer ... Sie sind es, die mit ihren Worten, ihrer Emotion und ihrer Sprache, in der sie über Kuba reden, sein Porträt in diesem Buch zeichnen: das Porträt des Freundes, Ehemannes, Vaters, Fußballers und nicht zuletzt des Menschen. Wir unterhielten uns stundenlang über Fußball, das Leben, den Erfolg, Kubas Träume, aber auch über die Dämonen, die ihn bis heute nicht immer ruhig schlafen lassen. Eine seiner letzten SMS lautet: „Mit dem Bein ist alles in Ordnung, die Hauptsache ist, dass nichts wehtut! Die Zeit der Vorsicht ist vorbei, jetzt gilt es, zu kämpfen!“ Er schoss zwei Tore in Trainingsspielen. Einen Elfmeter und ein Tor aus dem Spiel heraus. Darauf hatte er über ein Jahr gewartet.

PS. Noch bis vor Kurzem kannte ich mich in der Fußballwelt nicht allzu gut aus. Die Intrigen hinter den Kulissen, das Ranking der begehrtesten Spielerfrauen (der wahren und der von den Boulevardmedien gekürten) ... Ein wenig habe ich während der Arbeit an dem Buch über diese Welt erfahren. Mein Eindruck ist, dass es schwer sein mag, ein Fußballstar zu sein, deutlich schwerer aber ist es noch, auf dem Platz und im Leben ein normaler Typ zu bleiben.

Jurek Brzęczek (Kubas Onkel, ehemaliger Kapitän der polnischen Nationalmannschaft, Trainer von Lechia Danzig):

Ich weiß, dass Menschen, die Bücher über Sportler lesen, darin nach Skandalen suchen. Unser Leben, meins und Kubas, war kein Zuckerschlecken, wir wurden nicht ausstaffiert, keiner hat uns zur Schule oder zum Training gefahren oder das Frühstück ans Bett gebracht usw. Für mich sind Menschen interessant, die es trotz dem, was sie durchgemacht haben, bis an die Spitze geschafft haben.

Eldo (polnischer Rapper):

Błaszczykowski ist sich bewusst, dass er zu jenen Fußballern gehört, die einen enormen Einfluss auf junge Spieler in Polen haben. Und er weiß, dass das, was er über sein Leben erzählt, manche von ihnen dazu bringen wird, ihre gelebte Leidenschaft mit anderen Augen zu sehen. Man kann der bescheidenste Mensch der Welt sein, aber in dem Moment, in dem du dich in einem Stadion voller Fans siehst, die ein Trikot mit deinem Namen auf dem Rücken tragen und wo zigtausend deinen Namen skandieren, geht dir auf, was Sache ist, selbst wenn du nicht abhebst. Dir wird klar, dass die Kinder auf den Höfen in Truskolasy, in Warschau und in Poznań nach einem Tor „Błaszczykowski“ schreien.

Toll, dass Kuba dem Buch zugestimmt hat und es die Lebensgeschichte eines Menschen und nicht nur eine Ansammlung von Sprüchen und Anekdoten einer Fußballerkarriere wird.

Ich finde es nicht problematisch, dass du keine Sportjournalistin bist. Skeptikern empfehle ich, ins Archiv zu gehen und die Klatschspalten in Zeitungen aus den 1930er Jahren zu lesen, als auch die Sportler in den Salons verkehrten. Sport wird immer auch Teil des Lebens von künstlerisch interessierten Menschen sein.

Mats Hummels (Spieler beim BVB, Verteidiger, Weltmeister 2014):

Anfangs war ich verwundert, dass jemand ein Buch über einen so jungen Spieler schreibt. Auf der anderen Seite hat Kuba so viel Lebens- und Sporterfahrung, dass es sich lohnt, darüber zu schreiben. Auf jeden Fall ist er ein Mensch mit einer Geschichte. Gut, dass du keine Sportjournalistin bist, denn die sind vor allem auf den Sport fixiert, weniger auf den Menschen und seine Persönlichkeit.

Sebastian Kehl (Spieler und Kapitän beim BVB, Verteidiger. Vor der Saison 2014/15 übergab er die Kapitänsbinde an Mats Hummels. Nach der Saison beendete er seine Spielerkarriere):

Viele Leute kennen seine Geschichte nicht, und wenn sich Kuba jetzt entschieden hat, darüber zu reden, dann ist er mutiger als andere Spieler. Wir haben gehört, was er durchgemacht hat. Die Boulevardpresse hat manchmal darüber geschrieben, aber niemand von uns mit hat ihm darüber gesprochen. Wir schätzen ihn und wollten ihm nicht zu nahe treten. Viele Dinge, die er heute macht, sind die Konsequenz aus dem, was früher in seinem Leben passiert ist. Ich denke, Kuba brauchte Zeit, um mit der Vergangenheit fertigzuwerden. Dass er sich jetzt entschlossen hat, darüber zu sprechen, zeigt seinen starken Charakter.

Jürgen Klopp (Trainer des BVB von 2008 bis 2015):

Ich werde oft gefragt, wann ich endlich ein Buch schreibe. Dann antworte ich: Ich? Was soll ich denn über mich schreiben? Oder vielleicht doch! Ich könnte über die Hinrunde 2014/15 beim BVB schreiben. Wie das ist, wenn du alles versuchst, was in deiner Kraft steht, aber auf dem Platz klappt nichts davon. Das Leben von Kuba ist eine erzählenswerte Geschichte. Das Buch werde ich bestimmt lesen, denn Kuba hat nie über diese tragische Zeit in seinem Leben gesprochen. Er hat auch nie signalisiert, dass er darüber reden möchte.

Pfarrer Prof. Jerzy Kostorz

(Hochschulseelsorger in Oppeln und ein Freund der Familie):

Es wird oft gesagt, dass man über jemanden, dessen Karriere noch nicht beendet ist, oder sogar über jemanden, der noch lebt, kein Buch schreiben sollte. Ich kann mich dem nicht anschließen. Kubas Biografie kann vielen Menschen den Glauben an das, was sie im Leben tun, zurückgeben. Hier können sie sehen, dass es kein Ereignis im Leben gibt, nach dem man nicht wieder aufstehen könnte. Ich bewundere dich, dass du dich dazu entschlossen hast. Die Gefahr besteht, der Sensationslust nachzugeben, oder aber Kuba ein Denkmal zu setzen. Man muss die Mitte finden. Es soll die wahre Geschichte eines dreißigjährigen Lebens sein.

Franciszek Smuda (polnischer Nationaltrainer von 2009 bis 2012):

Wissen Sie, in diesem Buch sollte die Wahrheit stehen. Die ganze.

MD Du hast dich zu diesem Buch bereit erklärt, weil …
KB Weil meine Geschichte anderen Menschen helfen kann, den Glauben an sich selbst zu finden.
MD Als wir uns zum ersten Mal getroffen haben, warst du nicht besonders gesprächig.
KB Wenn ich jemanden zum ersten Mal sehe, versuche ich erst mal, ihn kennenzulernen. Das ist normal, oder? Der erste Eindruck ist wichtig. Manchmal sogar entscheidend. (Lacht.) Das Wichtigste ist, dass man sich die Wahrheit sagt. Nicht mit jedem gelingt das.
MD Gibt es Grenzen der Wahrheit?
KB Wenn ich vertraue, dann richtig. Es war kein Zufall, dass wir uns getroffen haben. Ich denke, das sollte so sein. Immer wenn ich Mutter auf dem Friedhof besuche, bete ich dafür, Menschen um mich zu haben, die sie mir schickt. Sollen andere darüber lachen, das ist mir egal. Trotzdem frage ich mich, ob ich so etwas öffentlich sagen sollte. Du weißt nie, was die Leute daraus machen. Aber das Buch kauft bestimmt keiner, der mir nicht gewogen ist, oder was meinst du? (Lacht.)
MD Ich hoffe, dass die es auch kaufen. (Lacht.)
KB Mir ist es wichtig, dass die, die es lesen, daran glauben können, dass immer ein Licht am Ende des Tunnels ist und sie nicht in ständiger Angst leben müssen. Darum geht es auch in diesem Buch. Darum, dass man sich für keine Wahrheit schämen muss. Und das ist auch deine Rolle, Małgorzata, das alles zu beschreiben. Du weißt selbst, wie viele Familien es gibt, die sind wie meine gewesen ist … Ich weiß, dass ich nicht die ganze Welt erlösen kann. Aber wenn jemand aus meiner Geschichte den Glauben daran schöpft, dass es ihm wie mir gelingen kann, da herauszukommen, wäre das ein großer Erfolg für mich. Wenn er den Kampf für sich und ein normales Leben nicht aufgibt. Ich bin selber gespannt, wie all das, worüber wir reden werden, aufgenommen werden wird. Sicher hat dir Dawid [Kubas Bruder] schon vieles erzählt?
MD Dawid hat über das gesprochen, worüber du am Anfang nicht sprechen wolltest.
KB Weißt du, manchmal habe ich mich gefragt, ob ich das, was bei uns zu Hause passiert ist, zugelassen hätte, wenn ich älter gewesen wäre. Ich habe mir die Schuld dafür gegeben, dass ich nicht in der Lage war, etwas zu tun. Kurz vor Mutters Tod legte ich Puzzle im Wohnzimmer und sie löste Kreuzworträtsel. In einer Art Vorahnung ging ich zu ihr und sagte: Mama, ich weiß nicht, was ich mache, wenn ich dich verliere. Ich fing an zu weinen. Mutter sagte damals: Bei euch erwartet mich nichts Gutes. Das ist mir im Gedächtnis geblieben. Ich weiß nicht, ob ich unbewusst etwas kommen sah? Bis heute ist mir der Geruch ihres Parfums im Kopf hängen geblieben … Samstagabend machte Mama immer Schokokuchen und der Staubsauber rauschte. Wenn Agata heute Schokokuchen bäckt und dann manchmal auch den Staubsauger anmacht, lege ich mich sofort aufs Sofa und möchte einschlafen. Es war ein Schock, als „das“ geschehen war. Ungläubigkeit. Aber später wurde es nur noch schlimmer. Es waren nicht so sehr die Fotos, aber die Gerüche, die Geräusche, die Musik, die Mutter hörte. All das erinnert mich ständig daran, dass sie nicht mehr bei mir ist.
Kuba

Подняться наверх