Читать книгу Der letzte Mohikaner - James Fenimore Cooper - Страница 3

1. Kapitel

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Es war eine Eigenart der Kriege, die in den Kolonien Nordamerikas geführt wurden, daß zuvor große Mühen und Gefahren der Wildnis zu überwinden waren, ehe sich die feindlichen Heere begegnen konnten. Ein breiter Streifen undurchdringlicher Wälder trennte damals die Besitzungen der feindlichen Provinzen Frankreichs und Englands. Der kühne Pflanzer und der geübte Europäer kämpften oft monatelang mit reißenden Strömen und mußten rauhe Gebirgspässe gangbar machen, ehe sie dann ihren Mut im kriegerischen Kampf zu zeigen vermochten. Zusammen mit den eingeborenen Kriegern lernten sie diese Schwierigkeiten überwinden.

Am grausamsten tobten die barbarischen Kriege zu jener Zeit in dem Land, das zwischen den Quellen des Hudsons und den anstoßenden Seen liegt.

Schon drei Jahre führten England und Frankreich einen erbitterten Kampf um jenen Landstrich, der keinem von ihnen später gehören sollte. Die Unfähigkeit der Heerführer und die mangelnde Energie der Staatsmänner hatte Großbritannien von seiner stolzen Höhe herabgestürzt. Erst vor kurzem war ein erlesenes Heer aus dem Mutterlande unter den Befehlen eines Führers, der wegen seiner großen kriegerischen Verdienste besonders geachtet war, von einer Handvoll Franzosen und Indianern schimpflich zersprengt worden. Die bestürzten Kolonisten glaubten nun das Geheul der Wilden in jedem Windstoß zu hören, der aus den endlosen Wäldern des Westens pfiff. Der grausame Charakter der erbarmungslosen Kampfweise vermehrte noch die natürlichen Schrecken des Krieges. Zahllose Gemetzel, bei denen die Eingeborenen in ihrer Grausamkeit die Hauptrolle spielten, lebten noch in ihrer Erinnerung. Selbst die Zuversichtlichsten und Standhaftesten meinten, daß der Ausgang des Kampfes zweifelhaft wäre und daß bald alle Besitzungen der englischen Krone in Amerika an ihre Feinde verlorengingen.

Als daher in dem Fort, das das Südende zwischen dem Hudson und den Seen sichern sollte, die Nachricht eintraf, der französische Heerführer Montcalm käme mit einem Heere, »zahllos wie das Laub auf den Bäumen«, den Champlain-Strom herauf, machten sich bald Furcht und Verzagtheit breit.

Die Nachricht war an einem Sommerabend durch einen indianischen Läufer eingetroffen. Munro, der Befehlshaber eines Festungswerkes am Ufer des »Heiligen Sees«, ließ um schnelle und nachhaltige Verstärkung bitten. Die Entfernung zwischen diesen beiden Festungen betrug etwa fünf Stunden. Der rauhe Pfad, der die Verbindungslinie bildete, war für Wagen erweitert worden, so daß der Weg, den der Sohn der Wildnis in nur zwei Stunden bewältigte, von einem Korps Soldaten mit dem erforderlichen Gepäck bequem an einem Sommertag zurückgelegt werden konnte. Die Engländer hatten eine dieser Waldfestungen »William Henry« und die andere »Fort Edward« genannt. Im Fort »William Henry« lag Munro mit einem Regiment ausgebildeter Soldaten und einer Anzahl Kolonisten. Eine Besatzung, die in der Tat zu schwach war, einer so furchtbaren Macht wie Montcalm und seinem Heer standzuhalten. In der Festung »Edward« befehligte General Webb ein Korps von mehr als fünftausend Mann. Bei einer Vereinigung aller Truppenteile unter dem Befehl des Generals hätte dieser fast die doppelte Anzahl Kämpfer dem Franzosen entgegenzustellen vermocht.

Von ihrem früheren Mißgeschick niedergedrückt, schienen Offiziere und Mannschaften mehr geneigt, die Annäherung ihres furchtbaren Feindes innerhalb ihrer Festungswerke zu erwarten, als sich dem vorrückenden Gegner entgegenzusetzen.

Nachdem sich die erste Bestürzung über diese Nachricht gelegt hatte, lief durch das Lager das Gerücht, daß ein auserlesenes Detachement von eintausendfünfhundert Mann bei Tagesanbruch nach Fort »William« abzugehen habe. Das Gerücht bestätigte sich bald, da aus dem Quartier des Generals an die dazu ausersehenen Korps die Order erging, sich zum schleunigen Abmarsch bereitzuhalten.

Das Wirbeln der Trommeln unterbrach am frühen Morgen den Schlaf des Heeres, als eben der anbrechende Tag die Umrisse einiger hohen Fichten abzuzeichnen begann. Im Augenblick war das ganze Lager in Bewegung. Selbst der einfachste Soldat sprang von seinem Lager auf, um Zeuge des Abmarsches seiner Kameraden zu sein. Bald hatte sich die kleine ausgewählte Truppe in Marschordnung aufgestellt. Während sich die ausgebildeten Soldaten stolz auf den rechten Flügel stellten, bezogen die weniger anspruchsvollen Kolonisten ihre bescheidenere Stellung auf dem linken. Die Patrouillen brachen auf, starke Bewachungen zogen vor und hinter den schwerfälligen Packwagen, dann schwenkte die Hauptmacht der Streiter in eine Kolonne ein und verließ das Lager mit dem Ausdruck soldatischen Stolzes.

Die Marschtritte der bereits entschwundenen Kolonne waren schon verklungen, aber immer noch wurden Anstalten zu einer anderen Abreise getroffen. Vor einem Blockhause stand ein halbes Dutzend Pferde beisammen. Zwei der Tiere schienen, nach ihrem Sattelzeug zu urteilen, für Frauen bestimmt zu sein. Ein drittes Pferd trug das Geschirr und die Waffen eines Stabsoffiziers, während die anderen mit Decken und Reisetaschen beschwert, offenbar für Diener bestimmt waren. In einiger Entfernung stand eine Gruppe neugieriger Zuschauer, unter ihnen auch ein Mann, dessen Äußeres einen höchst ungünstigen Eindruck hinterließ. Seine Glieder besaßen keinerlei Spur von Ebenmaß. Stand er, so überragte er alle, saß er dagegen, so schien er nur die gewöhnliche Größe der Männer zu haben. Sein Kopf war groß, seine Schultern eng, seine Arme lang und schlotternd, seine Hände dagegen klein, seine Beine und Schenkel dünn, ausgemergelt und überlang. Der geschmacklose Anzug dieses Menschen unterstrich noch seine unvorteilhafte Gestalt.

Dieser Mann ging unbedenklich unter den Dienern umher und lobte und tadelte die Pferde.

»Freund, ich möchte fast sagen, dieses Tier stammt nicht aus heimischer Zucht, sondern aus fremden Landen. Vielleicht ist es gar von der kleinen Insel über dem blauen Wasser nach hier gekommen?« sprach er in einem milden und sanften Ton. Da auf diese Rede keine Erwiderung kam, wandte er sich um. Dabei fielen seine Augen auf die schweigsame Gestalt des indianischen Läufers, der die unwillkommene Nachricht vom vorigen Abend in das Lager gebracht hatte. Obgleich der Wilde das aufgeregte und geräuschvolle Hasten nicht beachtete, so lag doch in seiner äußeren Ruhe ein mürrischer Trotz. Der Eingeborene trug den Tomahawk und das Messer seines Stammes. Die Farben auf seinem nach Kriegerart bemalten Gesichte waren ineinandergeflossen und machten seine Gesichtszüge noch wilder. Einen Augenblick nur begegnete sein forschender Blick dem verwunderten Auge des anderen.

Eine allgemeine Bewegung unter den Dienern kündigte das Nahen der erwarteten Personen an. Ein junger Mann, in der Uniform eines Offiziers, führte zwei Damen zu den Pferden. Nachdem die Damen und der Offizier aufgesessen waren, verbeugten sich alle drei gegen General Webb, der auf der Schwelle seiner Wohnung erschienen war. Dann ritten sie, von der Dienerschaft gefolgt, nach dem nördlichen Eingang der Verschanzungen. Während des kurzen Rittes entfuhr der jüngeren Dame ein erschreckter Ausruf, als sie den indianischen Läufer erblickte, der vorüberglitt und auf der Heerstraße ihnen vorauseilte.

Der letzte Mohikaner

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