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Ein Wort voraus

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Die Geschichte der DDR ist reich an „Besonderen Vorkommnissen”. Die Öffentlichkeit wurde über sie eher spärlich informiert, und längst nicht alles stimmte, was man den Untertanen verkündete. So wie angesichts der Mangelwirtschaft die Verteilung von Waren und Dienstleistungen reglementiert war, wurden auch Nachrichten nur sehr dosiert abgegeben. Gerüchte und Wandersagen wurden zu einem Schwarzmarkt der Informationen.

Den hielt eine emsig arbeitende Abteilung im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wachsam im Auge. Ihre Aufgabe war die „Vorkommnisuntersuchung“. Sie erfasste jede Abweichung von dem, was den DDR-Medien zu berichten erlaubt war. Die Männer hatten gut zu tun, denn vierzig Jahre lang war die Lage kritisch in dem engen Land. Und es war Eile geboten, denn Gerüchte breiteten sich in der DDR mit einer Geschwindigkeit von etwa vier Stundenkilometern aus, wie streng geheime Erkenntnisse der Stasi ergaben. Die Fama brauchte etwa sieben Tage, um die 678 Kilometer von Sassnitz bis Eisenach zu bewältigen.

Glücklicherweise gelang es trotz Heimlichtuerei nicht, alle Spuren der verschwiegenen Ereignisse zu beseitigen. Nach dem Ende der DDR kam aus den Akten manches Interessante, bisweilen auch wirklich Sensationelles ans Licht. Die Suche nach den wahren Sachverhalten begann oft mit den Erinnerungen von Zeitzeugen oder mit unter der Hand zugänglich gemachten Informationen der damaligen Ermittler. Der Widerspruch ewiger Besserwisser und frustrierter Nostalgiker blieb nicht aus.

Das vorliegende Buch, das keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt, wohl aber den auf eine fundierte Darstellung von Fakten und die gewissenhafte Suche danach, enthält zusammengefasst die Ergebnisse der Recherchen, die teilweise bis in den Spätherbst 1989 zurückreichen – eine Zeit, in der von Datenschutz noch keine Rede war.

Als das aufsehenerregendste Vorkommnis gilt das angebliche Honecker-Attentat von Klosterfelde. Die „Königsebene“ der DDR war fehlender Offenheit und Öffentlichkeit wegen jahrzehntelang besonders geheimnis- und gerüchteumwittert. Hat es wirklich Versuche gegeben, einen Repräsentanten der DDR umzubringen?

Und war der große Rundfunkbrand im Februar 1955 tatsächlich Folge einer Sabotagehandlung, wie bis heute in Büchern ehemaliger Stasi-Mitarbeiter behauptet wird? Oder ist er nur ein typisches Beispiel für die in der DDR herrschende Willkür in Strafverfolgung und Justiz?

Über die Karriere und den Freitod des Planungschefs Erich Apel Anfang der 1960er-Jahre war ebenfalls wenig bekannt. Wollte er wirklich einen Hauch von Marktwirtschaft in der DDR einführen? Und wer half ihm dabei, bevor er sein Fähnchen in den neuen politischen Wind schwenkte?

Apropos Suizid: Warum gehörte der Tod von eigener Hand zu den vielen Tabuthemen im Land? Und was geschah nach dem unrühmlichen Ende der DDR? Wohlfeile Behauptungen wie die, dass der Schmerz über den verpfuschten Sozialismus „mehr Tote als an der Mauer“ gefordert habe, waren zu hinterfragen.

Doch zurück in die vermeintliche Blütezeit der DDR. 1978 rankten sich um den Hubschrauberabsturz des „Kronprinzen“ Werner Lamberz in der Libyschen Wüste mancherlei Gerüchte. Nach den wahren Hintergründen fragte lange niemand. Es wäre damals wohl auch kaum möglich gewesen, mehr zu erfahren als das, was das „Zentralorgan“ mit dickem schwarzem Trauerrand verkündete. Dafür sorgte zuverlässig die Stasi.

Sie behielt auch die schwarzen Schafe in ihren eigenen Reihen im Auge. Um „das Ansehen des Organs in der Öffentlichkeit nicht zu schädigen“, vertuschten Minister Erich Mielke und seine engsten Vertrauten das größte Wirtschaftsverbrechen der DDR. Es ging um rund dreißig Millionen Mark in Ost- und West-Währung sowie in Gold, die ein einziger Mann mit seiner Helferin beiseitegeschafft hatte.

Rätselhaft erschien der Tod des amerikanischen Paradiesvogels Dean Reed. War der Sozialismus für den „roten Elvis“ von Rauchfangswerder trotz Reisefreiheit und anderer Privilegien so enttäuschend, dass er 1986 keinen anderen Weg als den ins Wasser des Zeuthener Sees sah? Oder steckten geheimnisvolle Bedrohungen hinter dem spektakulären Ableben des Sängers und Schauspielers?

Als nach fast fünfzig Jahren die stets als „Freunde“ titulierten sowjetischen Besatzer ihren Abgang vollzogen, offenbarten sich die dunklen Seiten ihrer Herrschaft. Vom Marmeladen-Klau über Vergewaltigungen bis hin zu grausamen Morden – worüber die Bevölkerung lange nur gemunkelt hatte, ließ sich nun mit Namen, Fakten und Daten belegen. Es waren Ausnahmen, aber sie zeigten, dass die kleine DDR trotz aller Freundschaftsbekundungen bis zum Schluss ein besetztes Land und nicht Herr im eigenen Haus war.

Auch wenn wir viele der alten Geschichten heute mit einem Lächeln über die damaligen Zeiten quittieren können, waren sie doch Ausdruck des Zeitgeists in der DDR. Der war allzu oft bestimmt durch Angst und Misstrauen. Solche Gefühle im Volk zu ignorieren oder gar zu pflegen bekommt den Herrschenden nie. Deshalb werden sie noch einmal erzählt, diese alten Geschichten.

Attentat auf Honecker und andere Besondere Vorkommnisse

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