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Vorwort
Оглавление„Er [der Osteopath] erkennt, dass er all die das Leben störenden Ursachen finden kann, die Krankheiten hervorrufen und wachsen lassen, die Samen von Krankheit und Tod.“1 *
Andrew Taylor Still benutzte den Begriff Faszien wechselweise mit dem Begriff Membranen. Er bezog sich demnach bei der Verwendung dieser beiden Begriffe auf fibröse oder seröse und/oder auf muköse Membranen (Schleimhäute).
Obgleich es ungewöhnlich ist, in einer Einführung gleich die Schlussfolgerung voranzustellen, sind deren Auswirkungen für die Osteopathie zu bedeutend, um sie erst ans Ende dieser umfangreichen, von Viola Frymann DO, FAAO, FCA als „eine hervorragende Tiefenstudie der philosophischen Fundamente der Osteopathie“ bezeichneten Arbeit zu setzen, deren Hauptteil zur besagten Schlussfolgerung führt und sie bestätigt.
A. T. Still studierte „Gott und Erfahrung“ und das „Große Buch der Natur“. Er folgte den „Wahrheiten in der Natur“, beschrieb diese aber auf seine ganz eigene Art. Mit Faszien oder Membranen meinte er wie gesagt sowohl fibröse bzw. seröse wie auch muköse Membranen, wobei unter fibrösen Membranen die Aponeurosen bzw. das Periost zu verstehen sind, unter serösen Membranen das Peritoneum sowie die Mesenterien und unter mukösen Membranen die epitheliale Auskleidung der Verdauungs-, Atmungs- und Fortpflanzungssysteme.
Diese Art der Membranen-Klassifizierung ähnelt mehr jener von Xavier Bichat (1771–1802) als der histologischen Einteilung unserer Tage, die fibröse und seröse Membranen als Bindegewebe bezeichnet, wohingegen die mukösen Membranen dem Epithelgewebe zugeordnet werden.
Mit dem wiederauflebenden Interesse an Stills Original-Philosophie kann eine erneute, aus dem damaligen Kontext heraus erfolgende Bewertung seines Werks helfen, einige seiner bisher unterschätzten Äußerungen besser zu verstehen.
So bekommen beispielsweise auf die Rolle der Faszien bezogene Feststellungen wie „Durch ihre Aktion leben wir, durch ihr Versagen schrumpfen oder schwellen und sterben wir“ eine reichere Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass hier auch die epithelialen Auskleidungen der Organe gemeint sind.
Der möglicherweise signifikanteste Aspekt dieser überraschenden Entdeckung ist aber, wie Still an diese Gewebearten heranging – nämlich durch Befreien des „lokalen Nervenplexus“, der jene Bereiche versorgt. Dies setzt natürlich voraus, dass der Osteopath die Anatomie bis ins Kleinste kennt.
„Wenn wir über die in den Faszien lokalisierte Lebenskraft nachdenken, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass sie den ganzen Körper durchziehen. Finden wir einen funktionsgestörten Körperbereich, können wir ihn durch den lokalen Nervenplexus befreien, der das betreffende Organ und diesen Bereich innerviert.“
Seit ihren Anfängen vor über einem Jahrhundert stellt die Osteopathie eine führende Therapieform dar. Mit ihrem Potenzial ist es möglich, an Erkrankungen oder an Schmerzen im neuromuskulären System leidende Menschen gleichermaßen zu behandeln.
Dieses Potenzial zur Behandlung von Krankheiten an deren Ursprung steht in Gefahr, für immer verloren zu gehen, weil der Kontakt zu den Wurzeln der Osteopathie – insbesondere zu Stills Faszienkonzepten – mit jeder Generation mehr und mehr zu schwinden scheint.
37 Osteopathen und osteopathische Mediziner, die gemeinsam 1222 Jahren osteopathischer Weisheit und Erfahrung repräsentieren, sowie Experten aus anderen Bereichen haben in ausführlichen Interviews, von denen viele hier eingearbeitet worden sind, ihren Beitrag zu dieser Studie geleistet.
Einige dieser Kontributoren hat die Osteopathie seit Abschluss der Studie allerdings leider verloren:
Anne L. Wales, DO, FAAO, FCA, DSC, (1. August 2005)
William L. Johnston, FAAO, DO, (10. Juni 2003)
David Vick, DO, FAAO, FCA, (22. Februar 2006)
Herbert Yates, DO, FAAO, (5. Oktober 2002)
Schmerzlich vermisst wird auch Dr. Robert Davis, (17. Juli 2004), vom Humanities Department of Pikeville College in Kentucky. Davis, Absolvent der Princeton University, besaß einen Ph. D. in Religionswissenschaften und in Philosophie. Er war stets ein begeisterter Leser von A. T. Still und bezeichnete ihn als „schlichtweg DAS amerikanische Genie des 19. Jahrhunderts“.
Da die historische Forschung im Rahmen der Studie parallel zu den Interviews erfolgte, zeigte sich bald, dass jeder einzelne Osteopath von der Bedeutung, die Still den Faszien zugeschrieben hat, ein ganz eigenes Verständnis besaß wie einen Edelstein und dass nur dann, wenn man all diese einzelnen Juwelen zu einem Ganzen zusammensetzte, die Faszienkonzepte der Osteopathen jene von A. T. Still widerspiegelten.
Wenn Osteopathen den menschlichen Körper als funktionelle Einheit betrachten, könnte umgekehrt der menschliche Körper von den vereinten Bemühungen der Osteopathen profitieren, sich untereinander über ihre Arbeit auszutauschen, um gemeinsam die Mysterien und Antworten zu entdecken, die in der göttlichen Konstruktion und Funktionsweise des Körpers verborgen sind.
Möge die vorliegende Studie der erste Schritt sein auf dem Weg zu einer Einigkeit im osteopathischen Denken.
Jane Stark
September 2006